Drucksache 18 / 20 150 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Florian Graf (CDU) vom 04. Juli 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 05. Juli 2019) zum Thema: Auswirkungen der Grundsteuerreform auf das Land Berlin und Antwort vom 17. Juli 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 19. Jul. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1/3 Senatsverwaltung für Finanzen Herrn Abgeordneten Florian Graf (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/20 150 vom 4. Juli 2019 über über Auswirkungen der Grundsteuerreform auf das Land Berlin ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. In welcher Höhe sind Einnahmen aus der Grundsteuer in den Haushaltsplänen seit 2011 bis zum Jahr 2021 geplant bzw. vereinnahmt worden (bitte mit Haushaltstitel und Auflistung nach Plan und Ist)? Zu 1.: Einnahmen aus dem Grundsteueraufkommen in Berlin 2011 bis 2021* Beträge in Mio. Euro Jahr Grundsteuer B** Kapitel 29 00, Titel 07300 Ansatz Ist 2011 765 761 2012 770 757 2013 780 764 2014 780 777 2015 790 781 2016 790 790 2017 800 805 2018 820 817 2019 825 2020 835 2021 845 * Quellen: Haushaltpläne, ggf. Nachtragshaushalte und Haushaltsabschlüsse; 2019-2021: Senatsbeschlüsse vom 18.06.2019 ** Die Grundsteuer A (Land-/ Forstwirtschaft) spielt in Berlin fast keine Rolle (jeweils weniger als 100.000 Euro p.a.). Sie ist in den Einnahmen der Grundsteuer B enthalten. 2. Wie positioniert sich das Land Berlin zu dem Kompromiss, den der Bund und die Länder hinsichtlich der vom Verfassungsgericht geforderten Reform der Grundsteuer gefunden haben? 2/3 Zu 2.: Berlin unterstützt das Reformmodell des Bundes. 3. Wie steht der Senat zu der geplanten Öffnungsklausel, die den Bundesländern ermöglicht, eine Grundsteuer zu erheben, die sich pauschal an der Fläche des Grundstücks orientiert? 4. Plant der Senat, diese Öffnungsklausel zu nutzen und die Berechnung damit nicht von Faktoren wie dem Wert des Bodens und der Durchschnittsmiete abhängig zu machen? 5. Wenn ja, geht der Senat durch die Vereinfachung der Berechnungsgrundlage von einer Entlastung der Finanzämter aus? 6. Wenn nein, geht der Senat von einer Mehrbelastung der Finanzämter durch eine verkomplizierte Berechnungsgrundlage und damit auch von einer Aufstockung des Personals aus? Zu 3. bis 6.: Berlin lehnt Öffnungsklauseln grundsätzlich ab: Sie machen das Verfahren für Bürgerinnen und Bürger, die Beraterschaft und für die Verwaltung aufwändiger (durch unterschiedliche Gesetze mit z. B. verschiedener Flächenberechnung für Gebäude , unterschiedliche Vordrucke, ggf. verschiedene Programme für die Steuererklärung und für die Steuerfestsetzung) und stellen einen Einstieg in einen Wettbewerbsföderalismus dar, bei dem die finanzschwachen Länder nur verlieren können. Berlin unterstützt das Grundsteuer-Reformmodell des Bundes. Es besteht keine Veranlassung , von der Öffnungsklausel Gebrauch zu machen. Ein Personalmehrbedarf für die Durchführung der ersten Hauptfeststellung ergibt sich – auch für ein wertunabhängiges Modell – dadurch, dass alle wirtschaftlichen Einheiten (bundesweit 36 Millionen, in Berlin ca. 800.000) auf einen Stichtag bewertet werden müssen. 7. Wie lange dauert es nach Einschätzung des Senats, bis die Finanzämter die Neuberechnung der Grundsteuer für die einzelnen Grundstücke abgeschlossen haben? Zu 7.: Aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 10.04.2018 muss das Festsetzungsverfahren für die neue Bemessungsgrundlage Mitte 2024 weitgehend abgeschlossen sein, damit der neue Hebesatz festgelegt werden kann und die Grundsteuerbescheide bis Ende 2024 erlassen werden können. 8. Sind die Finanzämter personell auf die Neubewertung der Grundstücke vorbereitet oder hält der Senat eine vorrübergehende Personalverstärkung für erforderlich? Zu 8.: Der Gesetzentwurf der Bundesregierung enthält eine Abschätzung des Erfüllungsaufwands der Verwaltung und geht für die Jahre 2019 bis 2024 von einem bundesweiten Personalmehrbedarf von rd. 2200 Vollzeitäquivalenten aus, die für die „modellunabhängigen Tätigkeiten“ in jedem Fall erforderlich sind. Auch in Berlin wird für die erste Hauptfeststellung eine Personalverstärkung notwendig sein. 9. Welche Auswirkung wird die Grundsteuerreform nach Einschätzung des Senats auf die unterschiedliche Grundsteuermesszahl im ehemaligen Ost- und Westteil Berlins haben? 3/3 Zu 9.: Durch die Anwendung des Grundsteuer-Reformmodells entfallen die unterschiedlichen Messzahlen im Ost- und Westteil Berlins. 10. Wie schätzt der Senat die steuerliche Belastung nach der Grundsteuerreform ein? 11. Geht der Senat von einer Mehrbelastung für die Steuerzahler und damit nach Umlage auch für die Mieter aus? 12. Wenn ja, wie hoch schätzt der Senat die Mehrbelastung für die Bürgerinnen und Bürger ein? 13. Wenn nein, wie gedenkt der Senat eine steuerliche Mehrbelastung zu verhindern? 14. Zieht der Senat eine Senkung des Hebesatzes in Betracht, um die steuerliche Mehrbelastung zu verhindern? Zu 10. bis 14.: Da das Reformmodell die bisherige dreistufige Berechnung der Grundsteuer beibehält (Wert x Messzahl x Hebesatz), kann über Messzahlen und Anpassung des Hebesatzes die Aufkommensneutralität insgesamt gewährleistet werden. Nach derzeitiger Schätzung wird der Hebesatz für die Grundsteuer B in Berlin zwischen 600 % und 700 % (bisher: 810%) liegen müssen, um das bisherige Aufkommen zu erreichen. Bleiben das Aufkommen insgesamt und die Verteilung auf Wohnen und Nichtwohnen weitgehend gleich, ist auch gewährleistet, dass sich die durchschnittliche Belastung mit Grundsteuer nicht verändert. Belastungsverschiebungen im Einzelfall sind unvermeidliche Folge des vom Bundesverfassungsgericht festgestellten gleichheits- und deshalb verfassungswidrigen Zustands. Berlin, den 17. Juli 2019 In Vertretung Dr. Margaretha Sudhof Senatsverwaltung für Finanzen