Drucksache 18 / 20 187 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Sven Kohlmeier (SPD) vom 10. Juli 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. Juli 2019) zum Thema: 1 Jahr Mobilitätsgesetz – Zur Umsetzung des Berliner Mobilitätsgesetzes (4): „Jeht wat mit dem Radverkehr in Berlin“? und Antwort vom 23. Juli 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 24. Juli 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz Herrn Abgeordneten Sven Kohlmeier (SPD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/20187 vom 10. Juli 2019 über 1 Jahr Mobilitätsgesetz – Zur Umsetzung des Berliner Mobilitätsgesetzes (4): „Jeht wat mit dem Radverkehr in Berlin“? Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Gem. § 40 Abs. 1 Satz 1 MobG BE ist der Senat verpflichtet, einen Radverkehrsplan zu entwickeln. Was ist der aktuelle Stand bei der Aufstellung des Radverkehrsplans? Frage 2: Wann ist mit der Fertigstellung des Radverkehrsplans zu rechnen? Frage 3: Wie wird sichergestellt, dass die Bürgerinnen und Bürger bei der Entwicklung des Plans beteiligt sind? Zusammenfassende Antwort zu 1 bis zu 3: Die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz verfolgt den im Mobilitätsgesetz angegebenen Zeitplan, den Radverkehrsplan erstmalig innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes aufzustellen. Der Beteiligungsprozess zum Radverkehrsplan startete mit einer Auftaktveranstaltung im Mai 2019 und soll bis Anfang 2020 unter Einbeziehung verschiedener Gremien und Akteurinnen und Akteuren und im Rahmen thematischer Workshops fortgeführt werden. Der erste Workshop, der sich mit den Zielen des Radverkehrsplans, Handlungsschwerpunkten und der Entwicklung des Radverkehrsnetzes befasste, fand im Juni 2019 statt. Ziel des Beteiligungsprozesses ist es, neben einer Konkretisierung des Mobilitätsgesetzes, ebenso auch in den verschiedenen Themenfeldern wie Radverkehrsinfrastruktur, Vernetzung und Evaluation entsprechende Maßnahmen und Vorgaben zu entwickeln. An 2 den Beteiligungsprozess schließt sich die Erstellung des Entwurfs des Radverkehrsplans an. In den Beteiligungsprozesses zum Radverkehrsplan sind verschiedene Akteure und Interessenvertretungen einbezogen, die die Belange der Bürgerinnen und Bürger vertreten, beispielsweise der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club e.V. (ADFC), Changing Cities, FUSS e.V., Verkehrsclub Deutschland e.V. (VCD) und der Allgemeine Deutsche Automobil-Club (ADAC). Frage 4: Gem. § 41 Abs. 1 Satz 1 MobG BE soll das Berliner Radverkehrsnetz insbesondere Wohngebiete, Arbeitsstätten, Bildungsstätten, Einkaufsgelegenheiten, kulturelle, soziale und Gesundheitseinrichtungen, Sportzentren sowie Erholungsgebiete in allen Teilen Berlins gleichwertig miteinander verknüpfen. Sind alle Teile Berlins mit einem gleichwertigen Radverkehrsnetz ausgestattet? Frage 5: Wenn nein: Warum nicht? Frage 6: Wenn ja: Wie begründet der Senat dies? Frage 7: Was wird unternommen, um das Radverkehrsnetz in allen Teilen Berlins gleichwertig im Sinne des Mobilitätsgesetzes auszugestalten? Frage 17: Gem. § 42 Abs. 1 Satz 1 soll ein Vorrangnetz innerhalb des Berliner Radverkehrsnetzes definiert werden. Welche Kriterien werden angewandt, um Wege des Vorrangnetzes zu definieren? Frage 18: Welche Straßen gelten bereits jetzt als Vorrangnetz (Aufschlüsselung nach Bezirk)? Zusammenfassende Antwort zu 4 bis 7 und 17 bis 18: Das gemäß § 41 des Berliner Mobilitätsgesetzes zu entwickelnde Berliner Radverkehrsnetz befindet sich derzeit noch in der Planung. Hierzu hat die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz Anfang 2019 einen Auftrag an ein Ingenieurbüro vergeben. Der Planungsauftrag beinhaltet u. a. auch die Vorgaben aus dem Mobilitätsgesetz, wozu neben der gleichwertigen radverkehrlichen Erschließung aller Teile Berlins auch die Entwicklung eines Vorrangnetzes und der hierfür anzuwendenden Kriterien bzw. Qualitätsstandards gehören. Eine konkrete Zuordnung von Straßen und anderen Radverkehrsverbindungen, die zum Vorrangnetz zugehörig sein werden, ist bislang noch nicht erfolgt. Der Kriterienkatalog für die zu definierenden Vorrangstrecken befindet sich ebenfalls wie das gesamte Netz noch in der Erarbeitung. 3 Frage 8: Der Senat hat zehn Radschnellverbindungen in Auftrag gegeben. Wie viele der in § 45 Abs. 2 Satz 1 MobG BE anvisierten 100km Radschnellverbindungen sind bereits gebaut worden? Frage 9: Welche Kosten sind für den Bau der Radschnellverbindungen bisher angefallen, und wie viel wird der Ausbau der zehn Radschnellwege insgesamt benötigen (Aufschlüsselung der Ausgaben nach Bezirk)? Frage 10: Wem obliegt bei den Baumaßnahmen die Entscheidung über die konkrete Strecke der Radschnellverbindungen? Frage 11: Gibt es beim Bau der Radschnellverbindungen eine Priorisierung? Frage 12: Wenn ja: anhand welcher Kriterien wird priorisiert? Frage 13: Gibt es Weisungen seitens InfraVelo, wohin und wann Radschnellverbindungen gebaut werden? Frage 14: Zu welchen geplanten Radschnellverbindungen gibt es bereits Machbarkeitsstudien? Frage 15: Wird es zusätzliche Radschnellverbindungen in Berlin geben? Frage 16: Wenn ja, welche Radschnellverbindungen sind zudem geplant?? Zusammenfassende Antwort zu 8 bis zu 16: § 45 des Berliner Mobilitätsgesetzes gibt vor, dass mindestens 100 Kilometer Radschnellverbindungen in der Stadt entstehen sollen. Die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz hat deshalb bereits in den letzten Jahren insgesamt 30 Trassenkorridore auf ihre Potentiale hin untersuchen lassen. Für zunächst 10 Trassenkorridore aus der Potenzialuntersuchung (potenzielle Streckenlänge in Summe über 100 Kilometer) wurde im letzten Jahr entschieden, dass vertiefte Machbarkeitsuntersuchungen durchgeführt werden sollen (vgl. https://www.berlin.de/senuvk/verkehr/politik_planung/rad/schnellverbindungen/). Die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz ist Vorhabenträgerin für alle Radschnellverbindungs-Projekte. Die Projektsteuerung und Bauherrenfunktion wurde an die GB infraVelo GmbH übertragen. Die GB infraVelo GmbH hat daraufhin im letzten Jahr für die 10 Trassenkorridore weiterführende Untersuchungen in europaweiten Vergabeverfahren ausschreiben lassen. Die 10 Trassenkorridore teilen sich wie folgt auf drei Lose auf: 4 Los I: Teltowkanalroute, Y-Trasse, Trasse Königsweg-Kronprinzessinnenweg. Los II: Trasse Mitte-Tegel-Spandau, West-Route, Ost-Route, Trasse Spandauer Damm - Freiheit, Trasse Nonnendammallee - Falkenseer Chaussee, Reinickendorf-Route. Los III: Panke-Trail. Laut Aufgabenstellung der jeweiligen Ausschreibung sollen für jeden Trassenkorridor eine grundlegende Machbarkeitsuntersuchungen sowie erste bauvorbereitende Planungsleistungen nach der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure durchgeführt werden. Ziel ist es, entsprechende Entwurfsvorschläge für rechtlich, planrechtlich und verkehrstechnisch machbare Routenverläufe im Radschnellverbindungs-Standard in den jeweiligen Trassenkorridoren und damit belastbare Handlungsempfehlungen sowie Kostenabschätzungen für das weitere Vorgehen auszuarbeiten. Für alle drei Lose konnten Auftragnehmer gefunden werden. Die Ausschreibungen sowie der Bearbeitungsstart der drei Lose verliefen zeitlich versetzt. Die Untersuchungen zu Los I starteten bereits im August 2018. Die anderen beiden Lose konnten im Januar 2019 starten. Die Ergebnisse der Machbarkeit und damit erste belastbare Kostenschätzungen zu den drei Trassenkorridoren aus Los I werden noch in diesem Sommer vorliegen, zu den anderen Trassenkorridoren entsprechend zeitlich versetzt. Die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz wird dann für jeden Trassenkorridor entscheiden, für welche Routenvariante im Trassenkorridor die weiteren Planungsleistungen und damit verbundene detailliertere Kostenabschätzungen vorgenommen werden. Da sich Radschnellverbindungen ideal für Pendlerverkehre eignen, wird für die radialen Trassenkorridore, die von der Innenstadt in Richtung der äußeren Bezirke verlaufen, geprüft, ob eine Weiterführung in das Umland möglich ist. Im Rahmen der Machbarkeitsuntersuchung wird deshalb auch der Anschluss an die Radverkehrsanlagen der Umlandgemeinden in Brandenburg sowie an bestehende Fernradwege untersucht. Erste Gespräche mit den Zuständigen Vertreterinnen und Vertretern aus Brandenburg fanden bereits statt. Weitere Abstimmungen werden noch folgen. Die Planungen für eine elfte Radschnellverbindung, hier plant die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz eigenständig, werden ebenfalls weiter vorangetrieben. Dabei handelt es sich um eine Radschnellverbindung im Zuge der „Tangentialen Verbindung Ost (TVO)“ zwischen der B1/B5 im Bezirk Marzahn-Hellersdorf im Norden und der Straße An der Wuhlheide im Bezirk Treptow-Köpenick im Süden. Eine Machbarkeitsstudie für diese Radschnellverbindung erfolgt in diesem Fall nicht, da sich die Planungen und die Realisierung der Radschnellverbindung entlang der TVO als Auftrag aus den Richtlinien der Regierungspolitik ableiten. Eine perspektivische Anbindung in Richtung des Trassenkorridors „Ost-Route“ wird dabei unbedingt angestrebt. Frage 19: Der Senat soll gem. § 48 Abs. 1 Satz den Zustand der Anlagen des Berliner Radverkehrsnetzes regelmäßig erheben. Gibt es bereits eine solche Erhebung? 5 Frage 20: Wenn nein: Wann ist mit einer Erhebung zu rechnen? Frage 21: Wenn ja: wie schätzt der Senat den Zustand der Anlagen des Berliner Radverkehrsnetzes ein (Aufschlüsselung nach Bezirk)? Zusammenfassende Antwort zu 19 bis zu 21: Hierfür sind zunächst die erforderlichen Voraussetzungen zu schaffen. Eine Erfassung des baulichen Zustandes des Berliner Radverkehrsnetzes gemäß Berliner Mobilitätsgesetz § 48 Absatz 1 ist bisher nicht erfolgt. Gegenwärtig wird für die Straßen in der Baulast Berlins ein Erhaltungsmanagementsystem (EMS-S) aufgebaut. Für die Erfassung des Zustandes der Fahrbahnen existiert ein bundesweit gültiges Regelwerk, das die zu erfassenden Merkmale und deren Bewertung definiert. Dieses Regelwerk kann nicht unverändert für Radverkehrsanlagen übernommen werden, ebenso nicht die dort beschriebene Erfassungstechnik. Es wurde deshalb im Zusammenwirken mit Gremien der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen und anderen Kommunen die Aufnahme des Projektes „Erfassung und Bewertung des baulichen Zustandes von städtischen Radverkehrsanlagen“ in das Forschungsprogramm Stadtverkehr (FoPS) 2019/20 erreicht. Das Projekt wird durch das Radverkehrsreferat im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur betreut. Ziel ist, die Erarbeitung standardisierter Erfassungs- und Bewertungsverfahren. Nach Vorliegen des daraus resultierenden Regelwerkes kann die Zustandserfassung des Berliner Radverkehrsnetzes erfolgen. Ein Termin kann hierfür noch nicht genannt werden. Frage 22: Gibt es bereits ein im Sinne von § 48 Abs. 3 Satz 1 gefordertes Mängelregister zur Radverkehrsinfrastruktur? Frage 23: Wenn nein: Warum nicht?? Frage 24: Wenn ja: welche Mängel sind bereits vermerkt (Aufschlüsselung nach Bezirk)? Zusammenfassende Antwort zu 22 bis zu 24: Ein Mängelregister existiert im umfassenden Sinne des Berliner Mobilitätsgesetzes § 48 Absatz 3 bislang nicht. Jedoch ist es bereits heute möglich, über verschiedene Kanäle Mängelmeldungen abzugeben. Über das Service-Portal „Ordnungsamt-Online“, welches auch als App für mobile Endgeräte verfügbar ist, können bereits seit 2015 Mängel im öffentlichen Raum gemeldet werden, seit 2018 sind auch die bezirklichen Straßen- und Grünflächenämter integriert. Über das Portal können beispielweise Radwegschäden, fehlerhafte Verkehrszeichen oder fehlender Grünschnitt gemeldet werden. Die Eingaben werden an die zuständigen Stellen entsprechend weitergegeben. 6 Frage 25: Ist der Beantwortung von Seiten des Senats noch etwas hinzuzufügen? Antwort zu 25: Das Berliner Mobilitätsgesetz enthält eine Vielzahl von Festlegungen, für deren Umsetzung Prozesse und Verfahren sowie klare Aufgabenzuständigkeiten festgelegt werden müssen. Auch konnten vor Inkrafttreten im letzten Jahr noch nicht alle für die Umsetzung der Ziele des Berliner Mobilitätsgesetzes benötigten personellen Ressourcen sowie notwendigen Sachmittel festgelegt werden. Die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz ist im Rahmen vorhandener Ressourcen dabei, diese noch offenen Prozesse zu identifizieren und Lösungswege zu erarbeiten sowie erforderliche Personal- und Sachmittel für den Berliner Landeshaushalt anzumelden. Berlin, den 23.07.2019 In Vertretung Stefan Tidow Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz