Drucksache 18 / 20 216 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Frank Henkel und Sven Rissmann (CDU) vom 12. Juli 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. Juli 2019) zum Thema: Die voraussichtliche Schließung von „Clärchens Ballhaus“ in Mitte und Antwort vom 22. Juli 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 25. Juli 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe Herrn Abgeordneten Frank Henkel (CDU) und Herrn Abgeordneten Sven Rissmann (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/20216 vom 12. Juli 2019 über Die voraussichtliche Schließung von „Clärchens Ballhaus“ in Mitte ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Verwaltung: Die Schriftliche Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat nur zum Teil in eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Anfrage zukommen zu lassen und hat daher das Bezirksamt Mitte von Berlin um eine Stellungnahme gebeten, die von dort in eigener Verantwortung erstellt und dem Senat übermittelt wurde. Sie wurde bei der Beantwortung berücksichtigt . Vorbemerkung der Abgeordneten: Laut aktuellen Medienberichten wurde der Mietvertrag für das Tanzlokal „Clärchens Ballhaus“ zum 31. Dezember 2019 gekündigt. Somit droht eine Schließung des beliebten, über 100 Jahre alten Veranstaltungsortes . Dies würde den Verlust eines weiteren Ortes in unserer Stadt bedeuten. 1. Sind dem Senat die benannten Umstände bekannt? Zu 1.: Dem Senat ist aus den Medienberichten bekannt, dass der Vertrag des Betreibers des Tanzlokals „Clärchens Ballhaus“ zum Jahresende ausläuft. Der neue Eigentümer will behutsam renovieren und den Betrieb fortführen. Die Pacht für Clärchens Ballhaus soll nach der Renovierungsphase neu vergeben werden. Der Senat ist weder durch den Investor noch durch das Bezirksamt konsultiert worden und hat auch keine materielle Zuständigkeit in der Sache. Nichtsdestotrotz hält der Senat den Erhalt aus touristischen, wirtschaftlichen, aber insbesondere kulturellen Gesichtspunkten für wünschenswert. 2. Wenn ja, - seit wann? - welche Schritte hat der Senat bisher unternommen, um einen Weiterbetrieb bzw. den Erhalt des beliebten Tanzlokals „Clärchens Ballhaus“ zu unterstützen/ermöglichen? 2 Zu 2.: Siehe zu 1. 3. Sind dem Senat weitere Immobilien in Berlin bekannt, die der neue Eigentümer (Roth-Holding) der Liegenschaften in der Auguststraße 24 erworben hat? Zu 3.: Dem Senat sind keine weiteren Immobilien in der Auguststraße 24, die der neue Eigentümer (Roth Holding) erworben hat, bekannt. 4. Wenn ja, wann hat er diese erworben und um welche Immobilien handelt es sich? Zu 4.: Siehe zu 3. 5. Wie bewertet der Senat die im Jahr 2018 vom Bezirksamt Mitte beabsichtigte Sicherung der derzeitigen Nutzungsart des Gebäudes in der Auguststraße durch einen Bebauungsplan? Zu 5.: Im rechtskräftigen Bebauungsplan I-B5ca ist in den Allgemeinen Wohngebieten (WA) und Besonderen Wohngebieten (WB) die Sicherung von Wohnnutzungen primäres Ziel. Um den Erhalt des Ballhauses in dem ansonsten in seinem Erscheinungsbild homogenen Allgemeinen Wohngebiet entlang der Auguststraße zu sichern , wurde für „Clärchens Ballhaus“ und die angrenzenden Freiflächen im Bebauungsplan ein erweiterter Bestandsschutz (WA 1) festgesetzt. Der erweiterte Bestandsschutz ermöglicht im konkreten Fall, dass bauliche Änderungen und Erneuerungen für den Gewerbebetrieb einschließlich der Nutzung der angrenzenden Freiflächen ausnahmsweise zulässig sind. 6. Wie bewertet der Senat das Scheitern dieses Vorhabens durch angeblichen Personalmangel (längerer Ausfall einer zuständigen Mitarbeiterin im Bauamt)? Zu 6.: Die Äußerungen des Stadtrats in der BVV zur Personalsituation bezogen sich auf eine Anfrage hinsichtlich der Ausübung des Vorkaufsrechts. Unabhängig von der Personalsituation stellt sich dazu die Situation folgendermaßen dar: Ein gemeindliches Vorkaufsrecht gem. § 24 Satz 1, Nr., 4 BauGB für das Grundstück Auguststraße 24 besteht grundsätzlich, da das Grundstück in einem Erhaltungsgebiet liegt. Die Ausübung des Vorkaufsrechts kann gerechtfertigt sein, wenn durch den Kauf und den damit verfolgten Zweck die Schutzziele des § 172 BauGB beeinträchtigt werden, also insbesondere die bauliche Anlage entgegen den Zielen und Zwecken der Erhaltungsverordnung geändert werden soll. Wegen des mit der Ausübung des Vorkaufsrechts verbundenen Eingriffs in die Rechtsposition des Käufers müssen dafür auf Tatsachen gegründete Erkenntnisse vorliegen. Solche Erkenntnisse (Abriss- oder Neubaubegehren) lagen zum Zeitpunkt der Prüfung des Vorkaufsrechts nicht vor. Deshalb konnte von der Ausübung des Vorkaufsrechts kein Gebrauch gemacht werden . Ergänzend ist hinzuzufügen, dass mit der Ausübung des Vorkaufsrechts auf Grundlage des städtebaulichen Gestaltschutzes keinerlei Gewähr für einen bestimmten Nutzungszweck oder einen bestimmten Nutzer erfolgen kann, sondern nur hinsichtlich des Erhalts der gebauten Substanz. 7. Welche Erkenntnisse hat der Senat über vergleichbare Initiativen mit ggf. gleichem Ausgang auf Bezirks- und/oder Landesebene? Zu 7.: Hierüber hat der Senat keine Erkenntnisse. 3 8. Ist dem Senat ersichtlich, dass dem Bezirksamt zum damaligen Zeitpunkt eventuell bereits bekannt war, dass der Verkauf der Liegenschaft zum Jahresende 2018 beabsichtigt wird? Zu 8.: Der Bezirk hat mit Eingang des Antrags auf Erteilung eines Negativzeugnisses am 16.11.2018 von dem beabsichtigten Verkauf erfahren. Am 7.01.2019 wurde nach erfolgter Prüfung das Negativzeugnis erteilt. 9. Beabsichtigt der Senat den Eigentümer (Roth-Holding) im Zuge der Sanierung mit Auflagen zur Schaffung von Wohnraum zu verpflichten? Zu 9.: Der Bezirk befindet sich in Gesprächen mit dem Eigentümer. 10. Welche Initiativen sieht der Senat gegeben, um kulturelle Einrichtungen vor der drohenden Vertreibung durch Immobilienerwerb und/oder Sanierung zu bewahren? Zu 10.: Da es sich hier um privatrechtliche Vertragsverhältnisse bzw. Mietverträge handelt, hat der Senat keine direkten Einflussmöglichkeiten. Die Senatsverwaltung für Kultur und Europa versucht jedoch regelmäßig, sich im Falle gefährdeter künstlerischer Einrichtungen aktiv in die Gespräche mit den Eigentümerinnen und Eigentümern bzw. Vermieterinnen und Vermietern einzuschalten und zu vermitteln. Eine solche Initiative führte beispielsweise dazu, dass für das Theater o.N. eine Mietvertragsverlängerung erreicht und die Existenz der Einrichtung gesichert werden konnte. Das Ziel des Senats ist es, Kulturnutzungen so weit wie möglich in landeseigenen Liegenschaften unterzubringen oder Kulturstandorte durch Ankauf nachhaltig zu sichern (siehe Radialsystem an der Holzmarktstraße). Berlin, den 22. Juli 2019 In Vertretung Barbro D r e h e r ......................................................... Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe