Drucksache 18 / 20 222 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Maik Penn (CDU) vom 11. Juli 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. Juli 2019) zum Thema: Berliner Polizei und Ordnungsämter – Aufgaben, Zuständigkeiten, Unterstützung und Perspektiven und Antwort vom 31. Juli 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 02. Aug. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Inneres und Sport Herrn Abgeordneten Maik Penn (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/20222 vom 11. Juli 2019 über Berliner Polizei und Ordnungsämter – Aufgaben, Zuständigkeiten, Unterstützung und Perspektiven ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welchen Bedarf sehen der Senat und der Rat der Bezirksbürgermeister, die Aufgaben und Zuständigkeiten zwischen der Polizei und den Ordnungsämtern neu zu ordnen? Zu 1.: Ein Bedarf, Aufgaben oder Zuständigkeiten zwischen Polizei und Ordnungsämtern grundsätzlich neu zu ordnen, wird durch den Senat nicht gesehen. 2. Welche wesentlichen Aufgabenzuwächse ergaben sich in den letzten zehn Jahren für Polizei und Ordnungsämter? Zu 2.: In der Aufgabenbewältigung ist eine größere Vielfalt festzustellen. So eröffnen der allgemeine gesellschaftliche und wirtschaftliche Aufschwung sowie die technologischen Entwicklungen in den Bereichen der Neuen Medien, Finanzdienstleistungen, Kommunikations- und Unterhaltungselektronik neue Kriminalitätsfelder, denen sich die Polizei und die Ordnungsämter widmen müssen. Neben der Vielfalt der Aufgaben hat auch deren Menge zugenommen. Allein der Zuwachs der Bevölkerung ist auch immer mit einem „Mehr“ in der Aufgabenerfüllung verbunden. Nicht zuletzt stellte der Zustrom von Geflüchteten nach Deutschland und insbesondere nach Berlin sowohl die Polizei Berlin als auch die Stadt vor eine große Herausforderung. Daneben hat sich in den vergangenen zehn Jahren eine starke Diskussionskultur in unserer Gesellschaft herausgebildet, in deren Folge es u.a. zu einer außerordentlichen Erhöhung des Versammlungsgeschehens kam. Seite 2 von 10 Die einheitliche Ämterstruktur der bezirklichen Ordnungsämter gibt es erst seit Beginn der 17. Wahlperiode im Dezember 2011. Aufgaben, die einzelne Bezirke schon seit Beginn der Errichtung der bezirklichen Ordnungsämter am 1. September 2004 diesen zugeordnet hatten oder in den folgenden Jahren sukzessive in einzelnen Bezirken zum Aufgabenbereich hinzukamen, gehören seitdem in allen Bezirken zu den Aufgaben des Ordnungsamtes. Dabei handelt es sich um die Aufgabenfelder des Veterinär- und Lebensmittelaufsichtsamtes, des Gewerbeamtes und der unteren Straßenverkehrsbehörde. Letzterer Fachbereich ist seit dem 1. Juli 2018 berlinweit nicht mehr Teil der bezirklichen Ordnungsämter. Neben diesen strukturellen Neuzuschnitten der bezirklichen Ordnungsämter gibt es darüber hinaus auch noch weitere Aufgaben, die den Ordnungsämtern zugeordnet wurden. Die Aufgabenzuwächse der Ordnungsämter in den letzten 10 Jahren haben unterschiedliche Hintergründe: Einige Aufgabenzuwächse der Ordnungsämter beruhen auf der Neufassung von geltendem Recht bzw. neugeschaffenem Recht der Europäischen Union, das nun in nationales Recht umzusetzen ist. Dieses betrifft vorrangig den Bereich der Veterinär- und Lebensmittelaufsichtsämter und der Gewerbeämter. Einige neue Aufgaben dienen der Genehmigung, Kontrolle, Überwachung und Ahndung von neugeschaffenem bzw. modifiziertem Bundesrecht, das bei der Umsetzung in die kommunale Zuständigkeit fällt. Das Abgeordnetenhaus von Berlin und der Senat erlassen neue Rechtsnormen, deren Umsetzung, Überwachung und Ahndung dann in die Zuständigkeit der bezirklichen Ordnungsämter fallen. Aufgabenaufwüchse zu folgenden Themenfeldern haben die bezirklichen Ordnungsämter seit 2009 zu verzeichnen: E-Mobilität (u.a Elektrokleinstfahrzeuge) Landesweite Testkäufe zum Jugendschutz Erweiterte Themenfelder beim Jugendschutz (insbesondere durch die neuen Medien) Jugendschutz bei E-Zigaretten Qualitätskontrolle des Schulessens Kontrolle der Schwarzarbeit Berliner Hundegesetz Tierschutz bei Pferdekutschen Verbot des Einsatzes von Heizpilzen Berliner Spielhallengesetz Prostituiertenschutzgesetz Finanzanlagenvermittlung und -beratung Laserspiele, Paintball, X-treme-Fight Zuverlässigkeitsprüfung von angestellten Wachpersonen nach der Gewerbeordnung im Rahmen des Genehmigungsverfahrens Bettelverordnung Kreislaufwirtschaftsgesetz (u.a. Elektrorücknahmeverordnung; Batterierücknahmepflicht) Textilkennzeichnungsgesetz und –verordnung. Seite 3 von 10 Darüber hinaus haben sich in den zurückliegenden Jahren bei zahlreichen bestehenden Aufgaben die Art und der Umfang der Kontrollaufgabenwahrnehmung stark verändert. 3. Welcher Personalaufwuchs – über die Kompensation von Pensionierungen hinaus – ist bis 2021 bei der Polizei und jeweils in den 12 bezirklichen Ordnungsämtern geplant? Bitte um Angaben zu allen Direktionen und Ordnungsämtern. Zu 3.: Wegen des derzeit laufenden Aufstellungsverfahrens für den Doppelhaushalt 2020/2021 kann der Personalaufwuchs bei der Berliner Polizei noch nicht dargestellt werden. Für die bezirklichen Ordnungsämter haben die Bezirke im Oktober 2018 über das vom Abgeordnetenhaus von Berlin beschlossene „Aktionsprogramm ‚sauberes Berlin‘: Für eine attraktive, saubere und lebenswerte Hauptstadt“ insgesamt 102 zusätzliche Vollzeitadäquate (VZÄ) erhalten. Nachfolgend wird die jeweils für den Bezirk erfolgte Zuteilung der VZÄ angegeben. Charlottenburg-Wilmersdorf 9 Friedrichshain-Kreuzberg 11 Lichtenberg 6 Marzahn-Hellersdorf 5 Mitte 12 Neukölln 11 Pankow 9 Reinickendorf 8 Spandau 6 Steglitz-Zehlendorf 8 Tempelhof-Schöneberg 9 Treptow-Köpenick 8 Summe (102) Der Personalaufwuchs (die geplanten zusätzlichen Stellen) für 2019, 2020 und 2021 der bezirklichen Ordnungsämter werden nachfolgend tabellarisch dargestellt. Da der Senat hierzu über keine eigenen Erkenntnisse verfügt, werden die Zulieferungen der Bezirke wiedergegeben. Seite 4 von 10 k.A. = keine Angabe Aussagen zum geplanten Personalaufwuchs (zusätzlichen Stellen) für 2020/2021 in den bezirklichen Ordnungsämtern können zum jetzigen Zeitpunkt nur vorbehaltlich der teilweise noch nicht erfolgten Beschlussfassung des Bezirkes über den Bezirkshaushalt 2020/2021 oder noch gar nicht getroffen werden. Bezirk Stellen AOD Beschäftigungspositionen PRK Stellen ZAB Stellen SBK Stellen LMK StellenVet Stellen Gewerbe Stellen belVA Stellen sonstige Verwaltung Stellen Leitung Planprobennahme Charlottenburg- Wilmersdorf k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. Friedrichshain- Kreuzberg 0 nur bei Neueinführung von Parkraumbew irtschaftungszonen 0 k. A. 1 2 1 0 0 0 0 Lichtenberg 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Marzahn-Hellersdorf k. A. k. A. k. A. k. A. 1 3 k. A. k. A. 1 k. A. k. A. Mitte 0 34 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Neukölln 1 k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. Pankow 0,5 k. A. k. A. k. A. 2 1,5 0,5 2,5 k. A. k. A. k. A. Reinickendorf 0 k. A. k. A. k. A. k. A. 0 k. A. k. A. 0 k. A. k. A. Spandau 0 0 0 0 0 0 2 0 0 0 0 Steglitz-Zehlendorf 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Tempelhof- Schöneberg k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. Treptow-Köpenick k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. 2 k. A. k. A. geplanter Personalaufwuchs (zusätzliche Stellen) in den bezirklichen Ordnungsämtern für 2019 (Angaben der Bezirke - Stand 19.7.2019) Bezirk Stellen AOD Beschäftigungspositionen PRK Stellen ZAB Stellen SBK Stellen LMK StellenVet Stellen Gewerbe Stellen belVA Stellen sonstige Verwaltung Stellen Leitung Planprobennahme Charlottenburg- Wilmersdorf 7,95 k. A. k. A. k. A. 1 k. A. 3 4 3 k. A. k. A. Friedrichshain- Kreuzberg 3 k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. Lichtenberg 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Marzahn- Hellersdorf k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. 1 k. A. k. A. 1 k. A. 1 Mitte 4 70 0 0 2 0 0 1 0 0 0 Neukölln k. A. k. A. k. A. k. A. 1 k. A. k. A. 2 k. A. k. A. k. A. Pankow k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. Reinickendorf 3 k. A. k. A. k. A. k. A. 2 k. A. k. A. 2 1 k. A. Spandau 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Steglitz- Zehlendorf 0 0 0 0 0 2 0 0 0 0 0 Tempelhof- Schöneberg 5,2 10 0 2 5 4 2 1 3 1 0 Treptow- Köpenick k. A. k. A. k. A. k. A. 1 k. A. k. A. k. A. 2 k. A. k. A. geplanter Personalaufwuchs (zusätzliche Stellen) in den bezirklichen Ordnungsämtern für 2020 (Angaben der Bezirke - Stand: 19.7.2019) Seite 5 von 10 k.A. = keine Angabe Des Weiteren wird erwähnt, dass sich aufgrund der Planungen des Senats für eine Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung innerhalb des Berliner S-Bahnrings voraussichtlich ein Personalaufwuchs ergeben wird, der zum jetzigen Zeitpunkt allerdings noch nicht beziffert werden kann. 4. Wie erfolgen Auswahl und Ausbildung von neuen Dienstkräften für die Ordnungsämter? Wie viele wurden und werden jeweils seit 2011 bis 2021 jährlich neu ausgebildet? Zu 4.: Dem Senat liegen keine eigenen Erkenntnisse über die Auswahl und Ausbildung von neuen Dienstkräften in den bezirklichen Ordnungsämtern vor. Überwiegend kann hier im Hinblick auf die Auswahl die Aussage getroffen werden, dass alle einzustellenden Dienstkräfte in den bezirklichen Ordnungsämtern nach öffentlicher Stellenausschreibung durch ein jeweils am Anforderungsprofil orientiertes strukturiertes Auswahlverfahren ausgewählt werden. Eine Ausbildung gemäß Berufsbildungsgesetz (BBiG) gibt es ausschließlich für Lebensmittelkontrolleure. Darüber hinaus gibt es berufsbegleitende Qualifikationen im Aufgabenbereich der bezirklichen Ordnungsämter, z.B. für die Außendienstkräfte des Allgemeinen Ordnungsdienstes (AOD) und Parkraumüberwachungskräfte (PRK). Nachfolgend werden die Zulieferungen der Bezirke zur Ausbildung der Lebensmittelkontrolleure dargestellt. Charlottenburg-Wilmersdorf: Im Zeitraum 2011 bis heute wurden insgesamt vier Lebensmittelkontrollsekretäranwärter im FB Veterinär- und Lebensmittelaufsicht ausgebildet, ab November 2019 ist die Ausbildung von zwei weiteren Lebensmittelkontrollsekretäranwärtern vorgesehen. Die Auswahl erfolgt gemäß den rechtlichen Vorgaben der "Lebensmittelkontrolleur-Verordnung" vom 17. August 2001 (BGBl. I S. 2236) in der Bezirk Stellen AOD Beschäftigungspositionen PRK Stellen ZAB Stellen SBK Stellen LMK StellenVet Stellen Gewerbe Stellen belVA Stellen sonstige Verwaltung Stellen Leitung Planprobennahme Charlottenburg- Wilmersdorf k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. Friedrichshain- Kreuzberg 3 k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. Lichtenberg 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Marzahn- Hellersdorf 5 k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. Mitte 0 70 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Neukölln k.A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. Pankow k.A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. Reinickendorf k.A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. Spandau 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Steglitz- Zehlendorf 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Tempelhof- Schöneberg k.A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. Treptow- Köpenick k.A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. geplanter Personalaufwuchs (zusätzliche Stellen) in den bezirklichen Ordnungsämtern für 2021 (Angaben der Bezirke - Stand 19.7.2019) Seite 6 von 10 derzeit geltenden Fassung, hier insbesondere §§ 1und 2 (Anforderungen und Befähigungen). Die Ausbildung erfolgt auf Grundlage der o.g. Lebensmittelkontrolleur-Verordnung sowie aufgrund der "Verordnung über die Ausbildung und Prüfung für die Laufbahn des mittleren Lebensmittelkontrolldienstes (APOmD LK)" vom 30. August 2006 (GVBl. S. 916). Friedrichshain-Kreuzberg: 2015 wurde 1 Lebensmittelkontrolleur ausgebildet. 2020 wird voraussichtlich ebenfalls mindestens 1 Lebensmittelkontrolleur ausgebildet. Lichtenberg: keine Angabe zur Ausbildung von Lebensmittelkontrolleuren Marzahn-Hellersdorf: Für Lebensmittelkontrolleure besteht Weiterbildungspflicht, für 2020 ist eine Ausbildung an der Akademie für Gesundheit geplant. In 2011 wurde ein FMK ausgebildet. Mitte: Die Ausbildungen erfolgen im Lebensmittel- und Veterinärbereich über die Akademie für öffentliches Gesundheitswesen und andere Einrichtungen die das hier erforderliche Spezialwissen vermitteln können. Neukölln: Die Ausbildung von Lebensmittelkontrolleuren erfolgt seit Einstellung der Ausbildung durch die VAK an der Akademie für öffentliches Gesundheitswesen Düsseldorf am Standort Berlin. Es werden alle 2 Jahre 2 Lebensmittelkontrolleur ausgebildet. Die Ausbildungszeit der gegenwärtigen Auszubildenden begann in 12/2017 und endet 11/2019. Der folgende Zyklus beginnt 4/2020 und endet 3/2022 mit voraussichtlich ebenfalls 2 Auszubildenden. Pankow: Ausbildung Lebensmittelkontrolleure: zweijährige Ausbildung, Theorie erfolgt an der Akademie für öffentliches Gesundheitswesen in Düsseldorf 2011: zwei Azubis, 2015: zwei Azubis, 2019: vier Azubis Reinickendorf: Die Ausbildung zum Lebensmittelkontrolleur orientiert sich an den Vorgaben der „Verordnung über die Ausbildung und Prüfung für die Laufbahn des mittleren Lebensmittelkontrolldienstes“ vom 30. August 2006. Zwischen 2011 und 2019 wurde eine Lebensmittelkontrolleurin ausgebildet. Spandau: Die Anwärter/-innen im Lebensmittelkontrolldienst absolvieren eine zweijährige Ausbildung zum/zur Lebensmittelkontrolleur/-in. Detaillierte Angaben zu den seit 2011 besetzten Stellen können in der Kurzfristigkeit leider nicht ermittelt und mitgeteilt werden. Steglitz-Zehlendorf: Derzeit werden keine Mitarbeitenden ausgebildet. Seite 7 von 10 Tempelhof-Schöneberg: keine Angabe zur Ausbildung von Lebensmittelkontrolleuren Treptow-Köpenick: Im Ordnungsamt Treptow-Köpenick werden keine Dienstkräfte spezialisiert ausgebildet. Lebensmittelkontrolleure werden in Treptow-Köpenick nicht ausgebildet. 5. Wer, mit welchem Konzept und Personalbedarf soll die ab September anberaumten Diesel Fahrverbote im Innen-stadtbereich durchsetzen bzw. kontrollieren? Zu 5.: Die Überwachung von Durchfahrtverboten obliegt ausschließlich der für die Kontrolle des Fließverkehrs zuständigen Polizei Berlin. Konkrete Aussagen zum Personalbedarf sind nicht möglich, da die taktische Durchführung von Verkehrskontrollen nach taktischen Erwägungen unter interner Prioritätensetzung erfolgt. 6. Zählt die „Berliner Linie“ noch, wonach Hausbesetzungen innerhalb von 24 Stunden beendet werden sollen? In welchen Fällen wurde aus welchen Gründen hiervon abgewichen? Zu 6.: Die „Berliner Linie“ wurde im Jahr 1981 durch die Polizei Berlin zum Zweck der rechtskonformen und konsequenten Bearbeitung des Phänomens der Hausbesetzungen mit dem formulierten Ziel „neu besetzte Häuser innerhalb von 24 Stunden zu räumen“ entwickelt. Seitdem ist sie an die rechtlichen und polizeitaktischen Erfordernisse angepasst worden; so wurde bereits 1985 die sogenannte 24-Stunden-Regelung nicht fortgeschrieben. Die „Berliner Linie“ der 1980er Jahre wird durch die Polizei Berlin in dieser Form nicht mehr angewandt. 7. Mit welchen Maßnahmen sollen soziale Brennpunkte befriedet werden, um insbesondere Jugendliche in Problemkiezen frühzeitig vor kriminellen Karrieren zu bewahren oder aus der Kriminalität herauszuholen? Zu 7.: Die Tatsache, dass eine geringe Anzahl junger Täterinnen und Täter für einen hohen Anteil an Straftaten – vor allem Gewalttaten – verantwortlich ist, bildet die Grundlage der in Berlin seit Mitte der 1990er Jahre etablierten Täterorientierten Ermittlungsarbeit (TOE). Kern dieses Ansatzes ist eine personengebundene Sondersachbearbeitung für intensiv kriminell handelnde junge Tatverdächtige. Delikts- und tatortunabhängig werden weitestgehend sämtliche Ermittlungsvorgänge derselben Dienstkraft zugewiesen. Durch die Ein-Hand-Bearbeitung soll einerseits eine Informationsbündelung, andererseits eine spezialpräventive Wirkung durch die sondersachbearbeitende Dienstkraft auf den jungen Menschen erreicht werden. Dies basiert auf kriminologischen und entwicklungspsychologischen Erkenntnissen, wonach auf junge Menschen eine verhaltenssteuernde Wirkung von Personen ausgeht, die für sie eine Autorität darstellen und zu denen sie eine Beziehung aufgebaut haben. Die langjährige TOE-Praxis zeigt, dass kriminelle Karrieren junger Intensivtäterinnen und -täter sich oft schon im Kindes- oder frühen Jugendalter abzeichnen. Eine erhöhte Gewalt- und Kriminalitätsbereitschaft ist regelmäßig bereits in diesem Alter erkennbar. Bislang bestehende Mechanismen der TOE greifen jedoch erst nach wiederholter und intensivierter Straftatbegehung; regelmäßig also erst dann, wenn sich problematische Verhaltensstrukturen bereits verfestigt haben. Seite 8 von 10 Die Polizei Berlin hat sich daher in den letzten Jahren anhand von zwei Pilotprojekten mit der Neuausrichtung im Themenfeld Jugenddelinquenz beschäftigt. Hierbei handelt es sich um die Projekte „Strategische Ausrichtung im Themenfeld Jugenddelinquenz“ (StrAus) und „Täterorientierte Intervention“ (TOI). Beide Modelle verfolgen dasselbe Ziel, wenn auch mit unterschiedlichen Ansätzen: Verhinderung krimineller Karrieren von Kindern und Jugendlichen durch frühestmögliche Intervention. Mit den Projekten StrAus und TOI soll es nunmehr gelingen, sich abzeichnende kriminelle Karrieren frühzeitig zu erkennen und somit die Jugendbehörden in die Lage zu versetzen, geeignete Maßnahmen zu prüfen und möglichst frühzeitig zu intervenieren. Kernelemente der Projekte: StrAus: - täterorientierte Repression und Prävention auf Abschnittsebene - Wechsel vom Tatort- zum Wohnortprinzip bei sogenannten „Abschnittsdelikten“ - Ein-Hand-Bearbeitung (sogenannte Sachbearbeiterbindung); die Jugendsachbearbeitung behält die Entwicklung der tatverdächtigen Person im Blick - Zeitliche Freiräume für präventive und aufsuchende Arbeit der Sachbearbeitung sowie Netzwerkarbeit TOI: - reine Prävention auf Direktionsebene - Recherche in POLIKS, niedrigerschwellig als beim TOE-Programm - Tiefenprüfung, Prognose anhand von Risiko- und Schutzfaktoren - Präventionsgespräch mit der tatverdächtigen Person und den Erziehungsberechtigten - umfassender Bericht an die Jugendbehörde Beide Projekte wurden im Rahmen einer Pilotphase mit positivem Ergebnis ausgewertet. StrAus wurde zum 1. April 2019 eingeführt. TOI soll bis spätestens 1. Januar 2020 behördenweit erstreckt sein. Bereits seit Mitte April 2019 haben nahezu alle Direktionen bei den Intensivtäter-Kommissariaten Dienstkräfte für die TOI-Arbeit etabliert. 8. Wie begegnet der Senat der zunehmenden Gewalt und Aggression gegenüber Dienstkräften der Polizei und Ordnungsämter? Zu 8.: Grundsätzlich ist eine zunehmende Gewaltbereitschaft gegenüber Polizeidienstkräften festzustellen. Um die Einsatzkräfte der Polizei Berlin zukünftig noch besser vor gewalttätigen Übergriffen zu schützen, wurden unter anderem Maßnahmen zur Verbesserung der Eigensicherung getroffen. Neben der persönlichen Schutzausstattung ist auch die Sicherung der Einsatzfahrzeuge gegen Steinwürfe ein wichtiger Aspekt. Die Anzahl der Einsatzfahrzeuge mit entsprechenden Schutzfolien wurde zum Ende des Jahres 2018 auf 238 Stück erhöht. In den vergangenen Jahren wurden in den Aus- und Fortbildungskonzepten der Polizei Berlin unter anderem die Inhalte zum Umgang mit psychisch erkrankten Personen und mit bewaffneten Straftätern angepasst. Seite 9 von 10 Die Möglichkeiten der Polizei Berlin, der zunehmenden Gewaltbereitschaft gegenüber Polizeidienstkräften zu begegnen, sind jedoch aktuell auf die beschriebenen Maßnahmen beschränkt. Um einer weiteren negativen Entwicklung tatsächlich wirksam begegnen zu können, ist ein gesamtgesellschaftlicher Ansatz unter Einbindung aller relevanten Akteure erforderlich. Bei den bezirklichen Ordnungsämtern gibt es in der Grundqualifikation und der berufsbegleitenden Qualifizierung der Außendienstkräfte des Allgemeinen Ordnungsdienstes (AOD) und der Parkraumüberwachungskräfte (PRK) verschiedene Lernfelder, in denen sich inhaltlich und praxisnah mit der zunehmenden Gewalt und Aggression gegenüber den Beschäftigten der Ordnungsämter befasst wird. Zum Beispiel beinhaltet das Lernfeld „Umgang mit Konflikten und die Deeskalation“ das Erkennen von Konflikten, die Analyse der Konfliktursache (subjektiv und objektiv), die Eskalationsprävention und Konfliktlösungsstrategien. Im Lernfeld „Interkulturelle Kompetenz und Diversity Management“ wird auf Kultur und kulturelle Prägungen, auf Auswirkungen kultureller Einflüsse auf soziale Wahrnehmung, Kommunikation und Verhalten eingegangen. Erkennen und Wissen um kulturelle Unterschiede, Umgang mit Mehrdeutigkeiten, Gesprächsführung und Aufeinander zugehen sind weitere Schwerpunkte. Das „Einsatztraining“ ist Inhalt eines weiteren Lernfeldes, in dem es u.a. um den Umgang mit Gewalt, Verhaltens- und Verteidigungstechniken, Umgang mit Schlagstock und Pfefferspray und die Eigensicherung geht. Darüber hinaus setzt sich die Landeskommission Berlin gegen Gewalt mit der Kampagne „Respekt? Ja, bitte!“ seit Jahren für einen respektvollen Umgang mit Polizeibediensteten, Feuerwehrleuten, Lehrkräften und Mitarbeitenden der Ordnungsämter des Landes Berlin ein. In Video-, Radio- und Filmspots wurden nicht nur die Berufsbilder nähergebracht, sondern auch ein Bewusstsein in der Bevölkerung für die besonderen beruflichen Herausforderungen geweckt. Diese Kampagne wurde im letzten Jahr ergänzt durch die Plakat- und Social Media- Kampagne „Zeit, einfach mal danke zu sagen!“. Hier wird ausdrücklich den Menschen gedankt, die im Dienst unserer Gesellschaft unterwegs sind. Mit diesem guten Vorbild soll der ablehnenden Haltung gegen staatliche Einsatz- und Dienstkräfte entgegengewirkt werden. 9. In welchem Umfang und in welcher Form wird in Berlin die Abschiebung vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer durchgesetzt, insbesondere der Polizei die nötige politische Unterstützung gegeben, Recht und Gesetz durchzusetzen? Zu 9.: Die Polizei Berlin gewährleistet bei ausreisepflichtigen Ausländern die Durchführung der Abschiebung und, soweit es zur Vorbereitung und Sicherung dieser Maßnahmen erforderlich ist, die Festnahme und Beantragung der Haft. In diesem Rahmen werden vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer auf Ersuchen der Ausländerbehörde entweder an der Wohnanschrift festgenommen und im Rahmen von freiheitsbeschränkenden Maßnahmen dem Überstellungsort oder im Rahmen von freiheitsentziehenden Maßnahmen auf Grundlage eines richterlichen Beschlusses Seite 10 von 10 einer Hafteinrichtung überführt. Darüber hinaus erfolgt durch die Polizei Berlin im Vorfeld einer Abschiebung die Prüfung von ärztlichen Attesten, die Feststellung der Reisefähigkeit und bei der Abschiebungsdurchführung ggf. die medizinische und sanitätsdienstliche Versorgung/Begleitung der Abzuschiebenden. Dies geschieht stets auf Grundlage der geltenden Rechtslage durch Bundes- und Landesgesetzgebung. 10. Inwiefern werden rechtsfreie Räume im Land Berlin geduldet? Dürfen eingesetzte Polizeikräfte in der Rigaer Straße uneingeschränkt, unmittelbar und selbstständig Recht und Gesetz durchsetzen oder sind hierfür Rücksprachen mit Vorgesetzten notwendig? Zu 10.: Rechtsfreie Räume sind dem Senat nicht bekannt. Polizeiliche Maßnahmen können auch in der Rigaer Straße uneingeschränkt durchgeführt werden. Sofern gewaltsam in ein sog. Linke Szene Objekt eingedrungen werden muss, stehen weitere polizeiliche Maßnahmen unter dem Vorbehalt der Zustimmung des höheren Dienstes der Polizei. Die Strafverfolgungspflicht ist damit nicht ausgesetzt. 11. Warum steht dem Land Berlin nur „ein halber“ Polizeihubschrauber zur Verfügung? Ist dies ausreichend, wann sind ggf. welche Erweiterungen geplant? Zu 11.: Nach der Wiedervereinigung wurde im Jahr 1992 die Polizeihubschrauberstaffel Berlin gegründet. Ein Einsatz der ursprünglich verwendeten Polizeihubschrauber des Typs „Mi 2“ war nicht mehr wirtschaftlich. Im Jahr 2004 wurde die bis heute geltende Kooperation mit der Bundespolizei geschlossen. Darin wurde vereinbart, dass ein gemeinsamer Stützpunkt „Bund/Berlin“ gebildet wird und hier ein Hubschrauber wechselseitig für beide Behörden zum Einsatz kommt. Die Kooperation hat sich bewährt. Über die Ausweitung wird derzeit nachgedacht, um den veränderten Anforderungen Rechnung zu tragen. Berlin, den 31. Juli 2019 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport