Drucksache 18 / 20 224 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Maik Penn (CDU) vom 11. Juli 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. Juli 2019) zum Thema: E-Scooter rollen durch Berlin – Umfang, Erfahrungen und Schlussfolgerungen und Antwort vom 26. Juli 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 01. Aug. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 5 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Herrn Abgeordneten Maik Penn (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/20224 vom 11. Juli 2019 über E-Scooter rollen durch Berlin – Umfang, Erfahrungen und Schlussfolgerungen ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie wird im Land Berlin seit dem 15.06.2019 die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften für E-Scooter sichergestellt? Wie hoch ist die maximal zulässige Geschwindigkeit, wie kann am jeweiligen E-Scooter die technisch mögliche und im Straßenverkehr praktizierte Geschwindigkeit kontrolliert werden? Zu 1.: Die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften für E-Scooter wird durch die bezirklichen Ordnungsämter und die Polizei Berlin im Rahmen der allgemeinen Streifentätigkeit sichergestellt. Erkannte Verstöße werden konsequent geahndet. Die Zuständigkeit der bezirklichen Ordnungsämter beschränkt sich dabei auf den ruhenden Verkehr insgesamt sowie den fließenden Verkehr auf Gehwegen. Die bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit für E-Scooter beträgt gemäß § 1 Absatz 1 der Verordnung über die Teilnahme von Elektrokleinstfahrzeugen am Straßenverkehr (Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung – eKFV) nicht weniger als 6 km pro Stunde und nicht mehr als 20 km pro Stunde. § 2 Absatz 1 Nummer 3 Buchstabe b) eKFV fordert für das Inbetriebsetzen von E-Scootern unter anderem anstelle der in § 59 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 und 6 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung genannten Angaben ein Fabrikschild, auf dem die bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit und die Genehmigungsnummer der Allgemeinen Betriebserlaubnis oder der Einzelbetriebserlaubnis für das Fahrzeug angegeben sein muss. Eine Datenspeicherung von gefahrenen Geschwindigkeiten am Fahrzeug ist nicht gefordert, so dass eine Kontrolle im Nachgang nicht möglich ist. Der Verdacht unzulässiger Überschreitungen kann sich insbesondere aus Beobachtungen oder Messungen beim Nachfahren oder parallelem Mitfahren im Straßenverkehr ergeben. Auch eine Messung der Geschwindigkeit unter Zuhilfenahme von Laser - bzw. Radarmesstechnik ist möglich. Schließlich kann die Fahrzeugsicherstellung mit Beauftragung einer gutachterlichen Untersuchung zur Klassifizierung der Fahrzeugart und Bestimmung der bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit angeordnet werden. Seite 2 von 5 2. Wie hoch sind die Bußgelder, werden diese als ausreichend erachtet? Welche Auswirkungen haben welche Verstöße (Geschwindigkeitsüberschreitung, Alkoholkonsum, rücksichtsloses Fahren oder verschuldete Unfälle), auch auf den Führerschein? Zu 2.: Spezielle, neue Ordnungswidrigkeiten im Zusammenhang mit dem Betrieb von E- Scootern sind in § 14 eKFV geregelt. In diesem Zusammenhang erfolgte über eine Aufnahme von Tatbeständen und Regelsätzen eine Anpassung der Anlage zur Bußgeldkatalog -Verordnung wie folgt (verhaltensbedingt): Lfd.Nr. Tatbestand Elektrokleinstfahrzeuge- Verordnung (eKFV) Regelsatz in Euro (€), Fahrverbot in Monaten 238 Mit einem Elektrokleinstfahrzeug eine nicht zulässige Verkehrsfläche befahren § 10 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 Satz 1, Absatz 3 Satz 1, Absatz 4 Satz 1, § 14 Nummer 5 15 € 238.1 - mit Behinderung § 10 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 Satz 1, Absatz 3 Satz 1, Absatz 4 Satz 1; § 14 Nummer 5; § 1 Absatz 2 StVO; § 49 Absatz 1 Nummer 1 StVO 20 € 238.2 - mit Gefährdung 25 € 238.3 - mit Sachbeschädigung 30 € 238a Mit einem Elektrokleinstfahrzeug nebeneinander gefahren § 11 Absatz 1, § 14 Nummer 6 15 € 238a.1 - mit Behinderung § 11 Absatz 1, § 14 Nummer 6 § 1 Absatz 2 StVO, § 49 Absatz 1 Nummer 1 StVO 20 € 238a.2 - mit Gefährdung 25 € 238a.3 - mit Sachbeschädigung 30 € Gemäß der neuen eKFV handelt es sich auch bei E-Scootern um Kraftfahrzeuge, so dass für sie die allgemeinen Regelungen aus dem Straßenverkehrsgesetz (StVG) und der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) gelten. Somit haben Verstöße im Straßenverkehr für Fahrerinnen und Fahrer von E-Scootern dieselben Auswirkungen wie für Fahrerinnen und Fahrer anderer Kraftfahrzeuge. Neben Bußgeldern oder Strafen sind dies bei verkehrssicherheitsrelevanten Verstößen Punkte im Fahreignungsregister , ebenso kommt die Verhängung eines Fahrverbotes in Betracht, bis hin zur Entziehung der Fahrerlaubnis, sofern vorhanden. Auch gelten für E-Scooter-Fahrer dieselben Alkoholgrenzwerte wie für Autofahrer, so dass bei entsprechenden Werten eine Ordnungswidrigkeit oder Straftat vorliegt, die ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis zur Folge haben kann. Auch bei E-Scootern gilt für Personen vor Vollendung des 21. Lebensjahres das Alkoholverbot für Fahranfänger und Fahranfängerinnen, also 0,0 Promille. 3. Wie hat sich die Anzahl von E-Scootern seit der Einführung entwickelt, bei welcher Anzahl werden Grenzen der allgemeinen Verkehrssicherheit gesehen und wie wird hier ggf. konkret vorgegangen ? Seite 3 von 5 Zu 3.: Nach eigenen Aussagen der Unternehmen wurde zunächst mit etwa 1.000 E- Scootern pro Anbieter gestartet, die Anzahl dann aber kurzfristig erhöht. Der Senat geht entsprechend der Presseverlautbarungen von mittlerweile circa 4.800 Elektrokleinstfahrzeugen (eKF) in Berlin aus. Die Grenzen der allgemeinen Verkehrssicherheit stehen nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit der Anzahl bestimmter Fahrzeuge. 4. Gibt es eine Kaution je in den Verkehr gebrachten E-Scooter, eine Höchstzahl je Standort und feste Mietstationen? Wie bewertet der Senat solche Maßnahmen und welche hiervon werden ordnungspolitisch in Erwägung gezogen? Zu 4.: Es gibt keine Kaution für in den Verkehr gebrachte E-Scooter und eine solche wird auch nicht in Erwägung gezogen. Feste Mietstationen haben die bisherigen Anbieter nicht beantragt. Den Unternehmen wurde mitgeteilt, dass für den Betrieb eines Verleihsystems von E-Scootern die gleichen Regelungen gelten wie für den stationslosen Fahrradverleih. Der Kriterienkatalog („Hinweise und Anforderungen für das Abstellen von stationslosen Fahrradverleihsystemen auf öffentlichen Straßen im Land Berlin“) wurde ausgehändigt. Dieser beinhaltet im Wesentlichen Abstandsregelungen (Grundmaß für den Fußverkehr von mindestens 1,60 m sowie vorgeschriebene Sicherheitsabstände freihalten; Beachtung der Barrierefreiheit; Zugänglichkeit von Haltestellen beziehungsweise Ein- und Ausgängen von U- und S- Bahnhöfen sowie Freihalten von Flächen für Feuerwehr, Rettungsdienste, Polizei, Abfallentsorgung / Straßenreinigung / Winterdienste; keine Beeinträchtigung städtebaulich oder historisch sensibler Bereiche, zum Beispiel Brandenburger Tor und Umgebung, Bebelplatz ). Das maßvolle gebündelte Abstellen von bis zu vier Leihfahrrädern bzw. E- Scootern wird noch als verkehrsüblich angesehen, dagegen bedürfen Rückgabezonen , Sammelstellen beziehungsweise mit vergleichbarem Konzept betriebene Fahrradverleih - bzw. E-Scooter-Leihsysteme einer Sondernutzungserlaubnis. 5. Von welchem Personalbedarf je 1000 E-Scooter bei Polizei und Ordnungsämtern wird ausgegangen ? Mit welchem zeitlichen Aufwand werden Kontrollen durchgeführt? Bitte aufgeschlüsselt nach Datum und Stunden. Zu 5.: Die Anzahl der E-Scooter stellt keine Bezugsgröße für den Personalbedarf dar. Mitarbeitende für den ausschließlichen Einsatz zur Kontrolle von E-Scootern werden in der Polizei Berlin und den bezirklichen Ordnungsämtern nicht beschäftigt. Statistische Daten für zeitliche Kontrollaufwände werden nicht vorgehalten. 6. Wie viele Unfälle mit E-Scootern haben sich seit dem 15.06.2019 in Berlin ereignet? Wie viele verletzte und getötete Menschen gab es hierbei? Zu 6.: Im Zeitraum vom 15. Juni bis zum 16. Juli 2019 sind insgesamt 21 Verkehrsunfälle mit vier Schwer- und 15 Leichtverletzten polizeilich registriert worden. 7. Wie viele derartige Fahrzeuge wurden bereits sichergestellt/ beschlagnahmt? Wie hoch sind Kosten und Aufwand für die Verwahrung? Zu 7.: Dem Senat liegen hierzu derzeitig keine validen Daten vor. Seite 4 von 5 8. Welche Hinweise wurden Polizei und Ordnungsämtern an die Hand gegeben, etwa zur Verkehrsunfall -Aufnahme und zu den Kontrollen? Zu 8.: Die Polizei Berlin hat für ihre Dienstkräfte eine Informationsschrift mit Hinweisen für die Verkehrsüberwachung erstellt. Die Informationsschrift wurde allen bezirklichen Ordnungsämtern zur Weitergabe an ihre Dienstkräfte ebenfalls zur Verfügung gestellt . Darüber hinaus erhielten die Bezirke mit einem Rundschreiben der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz allgemeine Informationen zur eKFV sowie die entsprechenden Anpassungen des Bundeseinheitlichen Tatbestandskatalogs für Straßenverkehrsordnungswidrigkeiten. 9. Welche neuen Ansätze resultieren aus den E-Scootern für die Polizei im Einsatztraining? Zu 9.: Aus den E-Scootern resultieren keine neuen Ansätze für das polizeiliche Einsatztraining . 10. Sieht der Senat die Notwendigkeit für die Einführung einer Helmpflicht? Wann gibt es hierzu ggf. eine Bundesratsinitiative? Zu 10.: Eine Helmtragepflicht sieht die eKFV nicht vor. Das Tragen eines Schutzhelmes wird aber aus Gründen der Verkehrssicherheit empfohlen. Diese Regelung in der eKFV erfolgte seitens des Bundes unter Berücksichtigung der bereits bestehenden Regelung des § 21a Absatz 2 der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO). Hiernach muss, wer Krafträder oder offene drei- oder mehrrädrige Kraftfahrzeuge mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von über 20 km/h führt sowie auf oder in ihnen mitfährt, während der Fahrt einen geeigneten Schutzhelm tragen. E-Scooter dürfen aber nicht mehr als 20 km pro Stunde fahren (§ 1 eKFV) und auf ihnen darf nicht mitgefahren werden. Deshalb wird der Fokus zum Tragen von Helmen bei den Nutzerinnen und Nutzern von E-Scootern auf verkehrserzieherische und aufklärende Maßnahmen gelegt . Durch den Internetauftritt „Klimafreundlich durch die Stadt – aber nicht auf Gehwegen und in Fußgängerzonen“ (https://www.berlin.de/senuvk/verkehr/planung/ e_mobilitaet/de/elektro-tretroller.shtml) werden Nutzerinnen und Nutzer von Elektro- Scootern über die zu beachtenden Verhaltensregeln und Verhaltensvorschriften durch die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz umfassend informiert . 11. Welche Überlegungen gibt es, die sachgerechte Nutzung in die Arbeit der Jugendverkehrsschulen zu integrieren? Zu 11.: Gemäß § 124a des Schulgesetzes von Berlin sind die Bezirke Träger der Jugendverkehrsschulen . Die Bezirke / Jugendverkehrsschulen planen und organisieren ihre Angebote eigenständig. Seitens der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie bestehen jedoch Überlegungen, mit den Bezirken und weiteren Partnern wie der Polizei Berlin einen Austausch zu führen und zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Jugendverkehrsschulen Angebote zur Erlangung der Sachkunde im Umgang mit E-Scootern realisieren könnten. Konkrete Maßnahmen sind dem Senat hierzu zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht bekannt. Seite 5 von 5 Berlin, den 26. Juli 2019 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport