Drucksache 18 / 20 233 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Maik Penn (CDU) vom 12. Juli 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. Juli 2019) zum Thema: Charité und Vivantes: Dienstvereinbarungen und Gefährdungsbeurteilung und Antwort vom 29. Juli 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 30. Jul. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung Herrn Abgeordneten Maik Penn (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/20233 vom 12. Juli 2019 über Charité und Vivantes: Dienstvereinbarungen und Gefährdungsbeurteilung ________________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Anfrage betrifft Sachverhalte, die die Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung nicht aus eigener Kenntnis beantworten kann. Um die Fragen dennoch beantworten zu können, hat der Senat daher die Vivantes Netzwerk für Gesundheit GmbH und die Charité - Universitätsmedizin um Stellungnahmen gebeten, die in die Beantwortung eingeflossen sind. Ich frage den Senat: 1. Welche Dienstvereinbarungen (DV) gibt es, um den gesetzlichen Arbeitsschutz in den Betrieben zu konkretisieren? Zu 1.: Vivantes Bei Vivantes gibt es Betriebsvereinbarungen (BV) zur Bildung von Arbeitsschutzausschüssen , zur Regelung der Umsetzung der Vorschrift 2 der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV2) sowie zur Arbeitsmedizinischen Vorsorge. Charité Der betriebliche Arbeits- und Gesundheitsschutz ist insbesondere durch das Arbeitsschutzgesetz und das Arbeitssicherheitsgesetz umfassend geregelt und findet in der betrieblichen Arbeitsschutzorganisation der Charité seine Umsetzung. Konkretisierende Betriebsvereinbarungen bestehen dazu nicht. Ergänzende Aspekte regeln bspw. die Dienstvereinbarungen zur Durchführung von Normfortbildungen, zur Gestaltung von Arbeitsplätzen, zur betrieblichen Suchtzprävention, zu Dienst- und Schutzkleidung, zum Nichtraucherschutz und zu Rückkehr- und Fehlzeitengesprächen. 2. Seit wann gibt es eine DV Gesundheit und DV Betriebliches Gesundheitsmanagement mit welchen wesentlichen Inhalten und praktischen Maßnahmen? Insoweit es keine solche gibt: warum nicht, bis wann wird dies nachgeholt und wie kommt man bisher entsprechenden Arbeitgeberpflichten nach? - 2 - Zu 2.: Vivantes Das Betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) ist Bestandteil der seit 2008 bestehenden BV „Bildung von Arbeitsschutzausschüssen“. Das bereichsübergreifende Maßnahmenpaket enthält umfängliche Angebote: Die Beratungs- und Unterstützungsangebote werden in einem interaktiven Format bestehend aus Impulsvorträgen und Workshops durch Arbeitspsychologinnen in Kooperation mit dem Bereich Personalentwicklung den Führungskräften vermittelt; ein Pilotprojekt, dass den Roll out in den kommenden Jahren an allen Vivantes-Standorten unterstützen wird. Vertiefende und weiterführende Informationen finden Mitarbeiter und Führungskräfte bereits heute im Intranet-BGM-Portal „VivaVital“. Insbesondere die Angebote „Rücken Aktiv“ und das Deeskalationsmanagement sind seit vielen Jahren feste Bestandteile des BGM. „Rücken Aktiv“ setzt seinen Schwerpunkt neben der Verhaltensprävention auf die Verhältnisprävention, um so die Arbeitsbedingungen kontinuierlich zu verbessern. Im Rahmen des Deeskalationsmanagements werden aktuell Aggressionsereignisse erfasst und ausgewertet, um gezielte Maßnahmen ableiten zu können . Derzeit läuft bereits ein Projekt zum Deeskalationsmanagement in den Vivantes Rettungsstellen . Charité Solche Dienstvereinbarungen bestehen nicht. Inhalte zum gesundheitsförderlichen Arbeits- und Lebensstil der Beschäftigten in Personal- und Organisationsentwicklung, Fehlzeitenmanagement, Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie betriebliches - 3 - Eingliederungsmanagement, werden präventiv durch beauftragte Organisationen (Betriebsärztlicher Dienst, Arbeitssicherheit, Personalabteilung, Ärztliches Direktorat, Arbeitssicherheitsausschuss) bei Bedarf unter Einbeziehung von Arbeitnehmervertretungen gesteuert. 3. Seit wann gibt es eine DGUV Vorschrift 2 (Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit) mit welchen wesentlichen Inhalten und praktischen Maßnahmen? Insoweit es keine solche gibt: warum nicht, bis wann wird dies nachgeholt und wie kommt man bisher entsprechenden Arbeitgeberpflichten nach? Zu 3.: Vivantes Die DGUV Vorschrift 2 stellt seit 2011 eine einheitliche und gleichlautende Konkretisierung des Arbeitssicherheitsgesetzes (ASiG) dar. Eine betriebliche Umsetzung erfolgt innerhalb von Vivantes seit 2013 durch die gleichnamige BV. Wesentliche Maßnahmen dieser BV sind die Feststellung des grund- und betriebsspezifischen Betreuungsbedarfes. Die aus diesen Bedarfen abgeleiteten Maßnahmen werden durch die Geschäftsführung umgesetzt . Die Bedarfsbestimmung erfolgt gemäß BV regelmäßig. Charité Die DGUV Vorschrift 2 ist seit dem 01.01.2011 in Kraft. Hinsichtlich deren Inhalte wird auf die einschlägige Literatur verwiesen. 2011 wurde mit dem Gesamt-Personalrat eine Vereinbarung gemäß DGUV V2 getroffen, in denen sämtliche Handlungsfelder, einschließlich der damit einhergehenden Einsatzstunden für Betriebsärzte/-innen und Fachkräfte für Arbeitssicherheit , auf der Basis des Arbeitssicherheitsgesetzes festgelegt wurden. Nachdem die Vereinbarung 2015 endete, wird die ausreichende an den Aufgaben des Arbeitssicherheitsgesetzes orientierte, bedarfsgerechte Ausstattung des Arbeitsmedizinischen Zentrums mit Betriebsärzten/-innen sowie der Stabsstelle Arbeitssicherheit mit Fachkräften für Arbeitssicherheit (FASI) weiterhin vorgehalten. 4. Seit wann gibt es eine DV Gefährdungsbeurteilung mit welchen wesentlichen Inhalten und praktischen Maßnahmen? Insoweit es keine solche gibt: warum nicht, bis wann wird dies nachgeholt und wie kommt man bisher entsprechenden Arbeitgeberpflichten nach? Zu 4.: Vivantes Die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung ist in zahlreichen Prozessen geregelt. In verschiedenen Betriebsvereinbarungen (z.B. Arbeitsmedizinische Vorsorge oder BEM) wird darauf verwiesen, dass Gefährdungsbeurteilungen durchzuführen und gegebenenfalls zu aktualisieren sind. Seit 2017 steht den Führungskräften zur Durchführung der Gefährdungsbeurteilung ein Excel-basiertes Tool (Basisgefährdungsbeurteilung) zur Verfügung . Eine Anwenderschulung für die Führungskräfte wird zentral durch den Sicherheitstechnischen Dienst durchgeführt. Die Gefährdungsbeurteilung nach § 10 Mutterschutzgesetz ist fest in diese Basisgefährdungsbeurteilung integriert. Die Beratung der Führungskräfte zu den Gefährdungsbeurteilungen nach Mutterschutzgesetz und Biostoffverordnung erfolgt durch die Betriebsärzte. Seit 2016 wird die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen überarbeitet, da das bis dahin angewandte Konzept nicht mehr den Vorgaben in der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) entspricht. - 4 - Charité Eine solche Dienstvereinbarung besteht nicht. Gefährdungsbeurteilungen werden nach den gesetzlichen Regelungen gemäß §§ 5 und 6 des Arbeitsschutzgesetzes durch die zuständigen Stellen durchgeführt. 5. Seit wann gibt es eine DV Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) mit welchen wesentlichen Inhalten und praktischen Maßnahmen? Insoweit es keine solche gibt: warum nicht, bis wann wird dies nachgeholt und wie kommt man bisher entsprechenden Arbeitgeberpflichten nach? Zu 5.: Vivantes Die BV zum Betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM) wurde im April 2013 abgeschlossen . Seitdem finden regelmäßig Gespräche mit den betroffenen Mitarbeitern/-innen statt. Ziel der BV ist es, die Arbeitsunfähigkeit der Mitarbeiter/-innen zu überwinden, den beruflichen Wiedereinstieg zu erleichtern, die Gesundheit zu fördern und zu erhalten und erneuten Arbeitsunfähigkeiten vorzubeugen. Mitarbeiter/-innen, die nicht mehr im Pflegebereich tätig sein können, konnten insbesondere in der Patientenverwaltung eingesetzt werden. Charité Eine solche Dienstvereinbarung besteht nicht. Das Betriebliche Eingliederungsmanagement wird bereits seit 2010 durch eine organisatorische Einheit und auf Basis eines festgelegten Verfahrensablaufs durchgeführt, der jeweils anhand der gesammelten Erfahrungen ständig optimiert wird. 6. Welche Struktur und Personalausstattung für das BEM gibt es, wie viele BEM-Gesprächsangebote wurden den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den vergangenen drei Jahren gemacht und wie viele BEM-Gespräche haben tatsächlich stattgefunden? Wird das BEM evaluiert und welche Erfolge sind seit 2016 festzustellen? Zu 6.: Vivantes Die BEM-Verfahren werden durch die jeweils zuständigen Personalleitungsteams geplant und regelmäßig durchgeführt. In den letzten drei Jahren wurden über 1.000 BEM- Verfahren durchgeführt. Dabei konnte bei sehr vielen Mitarbeitern/-innen die Arbeitsunfähigkeit überwunden und diese erfolgreich an die bisherigen Arbeitsplätze zurückgeführt bzw. leidensgerechte Arbeitsoptionen geschaffen werden. Die dezentralen Personalleitungsteams sind über eine BEM-Arbeitsgruppe vernetzt. Durch einen regelmäßigen Austausch zu laufenden BEM-Verfahren kann die Qualität der Verfahren weiter verbessert werden. Zu den Sitzungen der Arbeitsgruppe werden regelmäßig Ansprechpartner eingeladen , die ebenfalls im BEM-Verfahren involviert sind (z.B. Betriebsärztlicher Dienst, Schwerbehindertenvertretung). Charité Das BEM – Fallmanagement ist dem Bereich Sozialberatung des Arbeitsmedizinischen Zentrums zugeordnet und wird von 1,75 VK durchgeführt. 2016 erfolgten 111 Angebote, 2017 139 Angebote und 2018 133 Angebote. Es erfolgten 2016 63 Erstgespräche bei 163 BEM – Gesprächen insgesamt, 2017 86 Erstgespräche bei 159 BEM – Gesprächen insgesamt und 2018 83 Erstgespräche bei 160 BEM – Gesprächen insgesamt. Eine digitale Datenerfassung erfolgt derzeit aus Datenschutzgründen nicht, so dass eine Evaluation lediglich anhand von manuell ausgewerteten Eckdaten erfolgen kann. - 5 - Als Erfolg kann eine anhaltend hohe Annahmequote der BEM – Verfahren gewertet werden (60 % und höher) sowie ein überwiegend positiver Abschluss der BEM – Verfahren (70 % und höher). Das gesamte BEM – Verfahren befindet sich auf der Grundlage gesammelter Erfahrungen in einem Optimierungs- und Anpassungsprozess. 7. In welcher Form wird sichergestellt, dass die betroffenen Beschäftigten aktiv in die Gefährdungsbeurteilung (insbes. der psychischen Belastungen) einbezogen werden? Zu 7.: Vivantes Das Konzept für die Gefährdungsbeurteilung, insbesondere zu den psychischen Belastungen , entspricht den Vorgaben der staatlichen und berufsgenossenschaftlichen Aufsichtsbehörden , wie diese in der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) formuliert sind. Als partizipatives Element werden in der Mitarbeiterbefragung 22 Fragen zu den Merkmalen der psychischen Belastung regelmäßig erhoben. Die Ergebnisse dieser Befragung werden durch die Führungskraft in Workshops mit den Mitarbeitern diskutiert. Aus dieser Analyse werden dann Maßnahmen abgeleitet und umgesetzt. Die regelmäßige wiederkehrende Mitarbeiterbefragung stellt dann in der Folge neben der erneuten Analyse auch eine Art der Wirksamkeitskontrolle für die abgeleiteten Maßnahmen dar. Auf diese Weise soll sowohl die Fortschreibung der Gefährdungsbeurteilung als auch eine kontinuierliche Verbesserung der Arbeitsbedingungen sichergestellt werden. Charité Gemäß Arbeitsschutzgesetz ist nach der erfolgten Pflichtenübertragung durch den Vorstand die zuständige Führungskraft bzw. eine von ihr beauftragte Person für die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung verantwortlich. Die Mitarbeitenden werden an der Gefährdungsermittlung beteiligt, damit alle bestehenden Gefährdungen abgebildet werden können. Die Betriebsärzte/-innen und Fachkräfte für Arbeitssicherheit unterstützen diesen Prozess im Rahmen ihres gesetzlichen Beratungsauftrages. Entsprechend des inklusiven Ansatzes stellt die Ermittlung der psychischen Belastung bei der Arbeit einen Unterpunkt der allgemeinen Gefährdungsbeurteilung dar, bei dem Fragen aus der Handlungshilfe der Unfallkasse Berlin zur Durchführung der psychischen Gefährdungsbeurteilung Berücksichtigung finden. Die Realisierung erfolgt nach einem zwischen der Unfallkasse Berlin, der Stabsstelle Arbeitssicherheit und dem Arbeitsmedizinischen Zentrum sowie den Personalräten und dem Vorstand abgestimmten Konzept. Die in diesem Fall im besonderen Maße erforderliche Partizipation der Mitarbeitenden wird auf unterschiedliche Weise sichergestellt , z.B. durch Einbindung in die unmittelbare Erhebung, durch Befragung, durch Workshops , sowie vereinzelt auch durch Interviews. Auf jeden Fall ist ein Feedbackmechanismus für die Mitarbeitenden vorgesehen. Der Prozess wird auch hier durch die Arbeitsschutzberaterinnen und Arbeitsschutzberater (FASI/BÄ) aktiv begleitet. Berlin, den 29. Juli 2019 In Vertretung Barbara König Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung