Drucksache 18 / 20 237 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Maik Penn (CDU) vom 12. Juli 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. Juli 2019) zum Thema: Berliner Rahmenvertrag – Wie ernst ist es dem Senat mit der Finanzierung „Guter Arbeit“? und Antwort vom 29. Juli 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 31. Juli 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales Herrn Abgeordneten Maik Penn (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/20237 vom 12. Juli 2019 über Berliner Rahmenvertrag - Wie ernst ist es dem Senat mit der Finanzierung "Guter Arbeit"? ------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Inwieweit ist es Bestandteil des Grundsatzes der „Guten Arbeit“, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter frei gemeinnütziger Träger auf dem Niveau des öffentlichen Dienstes vergütet werden? Zu 1.: Im neuen Berliner Rahmenvertrag Soziales, der am 05.06.2019 unterzeichnet wurde, bekennen sich die Vertragsparteien zu den Grundsätzen der „Guten Arbeit“, zu denen Arbeitsbedingungen, Entlohnung und Entwicklungsmöglichkeiten gehören. Der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder bzw. dessen Niveau, auf das hier Bezug genommen wird, gilt für alle Beschäftigten des Landes Berlin. Die jeweiligen tatsächlichen Arbeitsentgelte bzw. die Niveaus der Personalkosten der Anbieter können höchst unterschiedlich sein, da es – so vorhanden – unterschiedliche Tarifvertragswerke gibt. Bspw. sind dies im Bereich der Kita-Erzieherinnen und - Erzieher: AVR Johanniter, AVR-DWBO, TVöD-SuE West, DRK-Reformtarif, AVB Paritäter, AVR Caritas Berlin. Auf die konkrete Ausgestaltung der Tarifwerke hat das Land Berlin keinen Einfluss, da die Tarifautonomie gilt. Gleichwohl hat der Gesetzgeber mit dem Auflagenbeschluss Nummer 7 zum Doppelhaushalt 2018/2019 das Ziel formuliert, die nach Trägern differierende Lücke zum Niveau des TV-L und den Spielraum zu dessen schrittweiser Schließung zu ermitteln. Im Kontext eines auch im sozialen Bereich spürbaren Fachkräftemangels ist es von hoher Bedeutung, dass die Bindungskraft von Tarifverträgen erhöht wird. 2 Im Schlussbericht zu den Auflagenbeschlüssen 7a und 7b zum Doppelhaushalt 2018/2019 (Rote Nummer 1407 C) empfiehlt der Senat, in Richtung Zuwendungsempfangenden und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu kommunizieren, dass keine Zuwendung deshalb verweigert wird, weil die Beschäftigten nah am Tarifniveau des Landes bezahlt werden sollen und zudem die benötigten Mittel für weitere Tarifanpassungen bereitzustellen. Damit sollen Zuwendungsempfangende in die Lage versetzt werden, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der tariflichen Entwicklung teilhaben zu lassen. 2. Welche Auswirkungen hat das ggf. auf die Refinanzierung der Entgelte im Bereich der Eingliederungshilfe, als auch der Wohnungslosenhilfe, der Hilfe für geflüchtete Menschen und der Jugendhilfe? Zu 2.: Inwieweit sich das Land Berlin im Bereich der Entgeltverhandlungen für soziale Dienstleistungen in den Verhandlungen zwischen dem Land Berlin und den Spitzenverbänden der Freien Wohlfahrtspflege grundsätzlich am TV-L orientiert, hängt von den zwei Arten von Verhandlungen/Systematiken ab, in die die Verhandlungen unterteilt werden können: In den Entgeltbereichen „Kita“ und „Schule (EFöB [ehemals Hort])“ werden, nicht zuletzt auch aufgrund des dort eingesetzten Landespersonals, einschlägige Tarifanpassungen aufgrund von Vereinbarungen in den jeweiligen Rahmenverträgen ab dem Zeitpunkt ihres tariflichen Inkrafttretens zeitgleich (und entsprechend auch unterjährig) weitergegeben. Für die Entgeltbereiche „Schule (außer EFöB [ehemals Hort])“, „Eingliederungshilfe/Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten (HzÜ)“, „Hilfen zur Erziehung“ sowie „Hilfen zur Pflege“ werden die Sach- und Personalkostenfortschreibungen (einschließlich etwaig zu bewertender Fortschreibungskomponenten aus dem Tarifabschluss) prospektiv, das heißt für einen zukünftigen festen Zeitraum, verhandelt. Insofern und soweit Zuwendungsempfängerinnen und Zuwendungsempfänger für soziale Projekte durch entsprechende Anwendung des TV-L betroffen sind, wird dies nach Maßgabe der rechtlichen Vorgaben durch die zuwendungsgebenden Stellen berücksichtigt werden. Dies setzt jedoch einen nachvollziehbaren Nachweis im Einzelfall voraus. 3. Welche Auswirkungen hat das ggf. für zuwendungsfinanzierte Projekte freier Träger? Zu 3.: In Abhängigkeit von ihrer tarif- bzw. arbeitsvertraglichen Situation legen Träger von projektbezogenen Förderungen mit der Beantragung der Zuwendungen Finanzierungs- und Stellenpläne vor, in denen die jeweilige Entwicklung der Entgelte abgebildet wird. Unter Beachtung der haushaltsrechtlichen Vorgaben nach §§ 23, 44 Landeshaushaltsordnung (LHO) nebst den jeweiligen Nebenbestimmungen – insbesondere des Besserstellungsverbots – werden Mittel für Entgelt- bzw. Tarifanpassungen Teil des Zuwendungsantrages. Die Senatsverwaltungen und die Bezirke sind durch die jährliche Tariffortschreibung in die Lage versetzt, die dafür notwendigen Mittel auch bereitzustellen. Die Zuwendungsempfangenden können damit ihre Beschäftigten an der Tarifentwicklung teilhaben lassen. 3 4. Ergeben sich daraus ggf. auch Ansätze für eine vollständige Refinanzierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Kita-Bereich bei frei gemeinnützigen Trägern? Zu 4.: Grundlage für die Finanzierung von Personal- und Sachkosten im Bereich der Kindertageseinrichtungen ist die Rahmenvereinbarung über die Finanzierung und Leistungssicherstellung der Tageseinrichtungen (RV Tag) mit einer Laufzeit bis zum 31.12.2021. Sie enthält sowohl Regelungen hinsichtlich der Entgeltfortschreibung (TV- L-analoge Personalkostenfortschreibung und verbraucherpreisindexbasierte Fortschreibung der sonstigen Kosten zuzüglich einer Korrektur aufgrund der Gestehungskostenanalyse) als auch Regelungen zur Entwicklung des Trägereigenanteils (stufenweise Abschmelzung auf 5 %). Die Regelungen für den Folgezeitraum werden Gegenstand von Verhandlungen im Jahr 2021 sein, denen hier nicht vorgegriffen werden kann. Die grundsätzliche Existenz eines kalkulatorischen Eigenanteils ergibt sich aus § 23 Abs. 1 S. 2 Kitatagesförderungsgesetz (KitaFöG). Mit ihrem Beitritt zur RV Tag verpflichten sich die Träger im Übrigen zu einer angemessenen und ortsüblichen Vergütung ihres pädagogischen Fachpersonals.“ 5. Inwieweit werden dann künftig auch bei den Sachkosten die entsprechend TV-L erbrachten Vergütungen für Personal im Rahmen der Entgelte vollständig refinanziert (je nach Leistungstyp sind etwa zwei Drittel bis drei Viertel aller Sachkosten im Regelfall auf dahinterstehende Personalkosten zurückzuführen)? Zu 5.: Das Thema der Berücksichtigung von Personalkosten in den sonstigen Kosten ist in den meisten Entgeltbereichen regelmäßig Bestandteil der Entgeltverhandlungen und somit vom jeweils erzielten Verhandlungsergebnis grundsätzlich abhängig. In einigen Entgeltbereichen wird das pauschale System durch die Möglichkeit der trägerindividuellen Einzelverhandlung ergänzt, was einerseits dazu führt, dass die (angemessenen) Personalkosten sowohl im Rahmen der eigentlichen Leistung als auch im Rahmen der sonstigen Kosten auskömmlich berücksichtigt werden, und andererseits, dass diese Tatsache bei der Verhandlung der pauschalen Entgelte/Entgeltfortschreibungen berücksichtigt wird. 6. Wie hoch schätzt der Senat die jährliche Mehrbelastung für den Landeshaushalt Berlins ein, wenn alle freigemeinnützigen Träger ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf Niveau des öffentlichen Dienstes vergüten? Zu 6.: Der für eine Erhöhung der Zuschüsse für Tarifanpassungen aufzuwendende Betrag kann aufgrund der großen Anzahl der Zuwendungsempfangenden und der ebenso zahlreichen arbeits- und tarifvertraglichen Konstruktionen nur modellhaft hergeleitet werden. Demnach ergeben sich aufwachsende Anpassungsbeträge von rund 16,7 bis 18,0 Mio. Euro, die in die Planungen bis 2021 eingeflossen sind. Für die Bezirke sind für den Zeitraum von 2017 bis 2021 Anpassungsbeträge von rund 0,8 bis 1,8 Mio. Euro jährlich in den Bezirksplafond eingeflossen bzw. für 2020/21 vorgesehen. 4 Im Bereich der Entgelte für soziale Dienstleistungen ergibt sich für den Zeitraum 2017- 2021 ein Volumen von ca. 332 Mio. Euro. Berlin, den 29. Juli 2019 In Vertretung Alexander F i s c h e r _____________________________ Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales