Drucksache 18 / 20 265 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Bernd Schlömer (FDP) vom 16. Juli 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. Juli 2019) zum Thema: Digitale Innovationsakteure in Berlin. Abgrenzung und Nutzen von CityLab, Digitalagentur und Co? – Teil 1 und Antwort vom 05. August 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 06. Aug. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe Herrn Abgeordneten Bernd Schlömer (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/20265 vom 16. Juli 2019 über Digitale Innovationsakteure in Berlin. Abgrenzung und Nutzen von CityLab, Digitalagentur und Co? – Teil 1 ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Was ist die konkrete Aufgabenstellung und Zielsetzung der neuen Digitalagentur in den Handlungsfeldern „Raum für offene Digitalisierung“, „Unterstützung und Konzeption“ sowie „IT- Sicherheit“ (bitte für jeden Bereich die konkreten Aufgaben und Zielsetzungen separat auflisten)? Zu 1.: Die Digitalisierung verändert das wirtschaftliche, gesellschaftliche und politische Leben tiefgreifend, wie es zuvor der Buchdruck, die Dampfmaschine oder das Fließband taten. Disruption, Vernetzung sowie neue Möglichkeiten der Datenerhebung und -verarbeitung fordern etablierte, eingespielte soziale und wirtschaftliche Handlungsmodelle heraus. Die Fähigkeit der Berliner Unternehmen, auf die Herausforderungen der digitalen Transformation zu reagieren und Anpassungsstrategien zu entwickeln, ist von großer Bedeutung für die Zukunft des Wirtschaftsstandortes Berlin. Je kleiner ein Unternehmen ist, desto problematischer stellt sich dessen Lage bei der digitalen Transformation dar, wie u.a. Studien und Erhebungen der IHK Berlin und des DIW darlegen. Hier besteht ein großer Bedarf an Unterstützung. Die Digitalagentur Berlin GmbH soll die Berliner Unternehmen in diesem Veränderungsprozess begleiten und unterstützen. Sie soll bestehende Unterstützungsangebote privater und öffentlicher Akteure überblicken, bündeln, zielgruppenspezifisch aufbereiten und durch direkte Ansprache in der gesamten Breite der Berliner Unternehmerschaft niedrigschwellig vermitteln. Die Arbeit der Digitalagentur Berlin GmbH wird im Rahmen von drei thematischen Säulen stattfinden: 1. Raum für offene Digitalisierung; 2. Unterstützung und Konzeption; 3. IT-Sicherheit. 2 Raum für offene Digitalisierung: Die Zielsetzung ist, Unternehmen für digitale Themen zu sensibilisieren und zu öffnen. Hierbei werden folgende Aufgabenfelder gesehen: - Unternehmen bei einer realistischen, ernsthaften Auseinandersetzung mit Chancen und Risiken der Digitalisierung für ihr Unternehmen bezogen auf ihr Produkt und/oder Dienstleistung, Geschäftsmodell, Prozesse und Motivation der Mitarbeitenden zu unterstützen; - Unternehmen durch Beispiele, eine kreative Umgebung und Methoden zu inspirieren und für neue Ansätze und Versuche zu öffnen; - Unternehmen neue Partnerschaften und Allianzen auch außerhalb ihrer Sektoren zu ermöglichen. „Unterstützung und Konzeption“: Die Zielsetzung ist, Beratungs- und Unterstützungsangebote in der Stadt transparent und einfacher nutzbar zu machen. Hierbei werden folgende Aufgabenfelder gesehen: - Unternehmen die Förder- und Unterstützungsmöglichkeiten des Landes, des Bundes und der EU zu zeigen und an die entsprechenden Stellen zu verweisen; - Aufbau einer Plattform für Beratungs- und Umsetzungsangebote in den Bereichen digitale Transformation, IT-Infrastruktur (Programme, Hosting, Breitband, etc.), Daten/ Datenschutz, usw. IT-Sicherheit: Die Zielsetzung ist, eine Anlaufstelle für das Thema IT-Sicherheit zu schaffen. Hierbei werden folgende Aufgabenfelder gesehen: - Unternehmen in allen Fragen der IT-Sicherheit zu unterstützen; - sektorenübergreifende Zusammenarbeit bei IT-Sicherheitsthemen zu unterstützen. 2. Was beinhaltet aus Sicht des Senats die Gewährleistung von IT-Sicherheit bzw. Informationssicherheit für die Berliner Unternehmen? Zu 2.: Das Bedrohung- und Schadenspotential ist im Bereich IT-Sicherheit bzw. Informationssicherheit für die Berliner Unternehmen sehr hoch und stetig steigend: Zu nennen sind u. a. Spam, Schadprogramm-Spam, Phishing, Wirtschaftsspionage und Social Engineering, die Nutzung von Botnetzen für Angriffe, die Bedrohung durch Ransomware, Schwachstellen in der Netzwerksicherheit, im Bereich Hard- und Software. Nach Analysen von Bitkom- Research wird der Schaden für die letzten zwei Jahre in Deutschland auf 43 Mrd. € beziffert. Aus Sicht des Senats beinhaltet die Gewährleistung von IT-Sicherheit bzw. Informationssicherheit in den Berliner Unternehmen in erster Linie ein hohes Maß an Aufmerksamkeit und Verständnis für die bestehenden Sicherheitsrisiken und ein strukturiertes Management dieser Risiken. Ein wichtiges Themenfeld der Digitalagentur Berlin GmbH soll daher die Unterstützung der Berliner Unternehmen in diesen Fragen sein. 3 3. Für welche konkrete Art von Unternehmen in Berlin wird die Digitalagentur tätig und wie wird die Digitalagentur auf die unterschiedlichen Erfordernisse und Bedarfe der Unternehmen reagieren? Zu 3.: Im Fokus der Tätigkeit der Digitalagentur Berlin GmbH sind insbesondere klein- und mittelständische Unternehmen (KMU). KMU verfügen meist nicht über Unternehmensstrukturen, die sich systematisch um digitale Veränderungsprozesse kümmern können. Die Weiterentwicklung des Geschäftsmodells, neue Arbeitsmodelle, IT-Sicherheit, Weiterentwicklung der digitalen Infrastruktur etc. werden daher häufig nicht oder nicht systematisch betrieben. Diese Lücke soll schwerpunktmäßig durch die Digitalagentur adressiert werden. Die Digitalagentur Berlin GmbH steht jedoch grundlegend allen Berliner Unternehmen offen, die einen Bedarf zum Thema Digitalisierung haben. Wie die Digitalagentur Berlin GmbH in den Themenfeldern der Digitalisierung und der IT-Sicherheit vorgehen wird, wurde in der Antwort zu Frage 1 bereits skizziert. Wie auf konkrete Bedarfe und Erfordernisse im Einzelfall eingegangen wird, muss in den komplexen Themenfeldern jedoch von Fall zu Fall betrachtet werden. 4. Auf welche Weise wird die Digitalagentur mit vergleichbaren Einrichtungen anderer Bundesländer oder des Bundes kooperieren? Zu 4.: Grundsätzlich denkbar sind Kooperationen mit Digitalagenturen anderer Bundesländer, wie beispielsweise der DigitalAgentur Brandenburg GmbH, oder mit der geplanten Digitalagentur des Bundes. Da die benannten Einrichtungen aber noch nicht gegründet wurden bzw. sich im Aufbau befinden, kann die Art der Kooperation derzeit nicht abgeschätzt werden. Hinzu kommt, dass die benannten Digitalagenturen teils andere Ziele und Zielgruppen definiert haben. Die DigitalAgentur Brandenburg GmbH verfolgt bspw. das Ziel, Einzelaktivitäten und Projekte im Kontext der Digitalisierung sowie deren operative Unterstützung auf Landes- und regionaler Ebene zu verknüpfen; Zielgruppen sind Landkreise, Kommunen sowie Bürgerinnen und Bürger. Die geplante Digitalagentur des Bundes sieht eine Bündelung von Kompetenzen, Unterstützung der politischen digitalen Agenda sowie einen nachhaltigen Aufbau von Digitalisierungskompetenz als Ziele vor. Zielgruppen der Bundesdigitalagentur sind Unternehmen, Bürgerinnen und Bürger sowie andere Behörden. 5. Bestehen zwischen dem Aufgabenbereich der Digitalagentur mit dem CityLab Überschneidungen? Wenn ja, in welchen Bereichen? Wenn nein, wie werden die einzelnen Aufgabenbereiche voneinander abgegrenzt? Zu 5.: Das CityLAB Berlin verfolgt das Ziel, ein Ort der Begegnung und des Austauschs von Akteurinnen und Akteuren aus Politik, Verwaltung, Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft zu sein, die gemeinsam neue Ideen für das Land Berlin erarbeiten. Es ist zudem als Experimentierlabor ein offener Ort für alle Akteure, die praxistaugliche Lösungsansätze und -ideen für die „Stadt der Zukunft“ gemeinsam diskutieren, konzipieren und erproben möchten. 4 6. Wie unterscheiden sich die Aufgaben der Digitalagentur von den Aufgaben der Berliner Beauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit? Zu 6.: Die Berliner Beauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit informiert Bürgerinnen und Bürger über ihre Datenschutz- und Informationsfreiheitsrechte und unterstützt sie bei deren Durchsetzung. Sie unterrichtet die Öffentlichkeit regelmäßig über zentrale Datenschutzfragen, aktuelle Ereignisse und wichtige technische und rechtliche Entwicklungen. Die Beauftragte kontrolliert und berät zudem öffentliche Stellen und Behörden. Beschwerden von Bürgerinnen und Bürgern zu dort stattfindenden Datenverarbeitungen geht die Beauftragte nach und beanstandet diese gegebenenfalls. Schließlich berät und kontrolliert die Beauftragte auch Privatunternehmen. 7. Wie unterscheiden sich die Aufgaben der Digitalagentur von den Aufgaben des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI)? Zu 7.: Zu den Aufgaben des BSI zählt die präventive Förderung der Informations- und Cyber-Sicherheit, um den sicheren Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnik zu ermöglichen und voranzutreiben. Mit Unterstützung des BSI soll IT-Sicherheit in Verwaltung, Wirtschaft und Gesellschaft als wichtiges Thema wahrgenommen und eigenverantwortlich umgesetzt werden. So erarbeitet das BSI beispielsweise praxisorientierte Mindeststandards und zielgruppengerechte Handlungsempfehlungen zur IT- und Internet-Sicherheit, um Anwender bei der Vermeidung von Risiken zu unterstützen. Das BSI ist ebenso für den Schutz der IT- Systeme des Bundes verantwortlich. Hierbei geht es um die Abwehr von Viren, Trojanern und anderen technischen Bedrohungen gegen die Computer und Netze der Bundesverwaltung. Zu den Aufgaben des BSI gehören weiterhin: Erkennung und Abwehr von Angriffen auf die Regierungsnetze; Prüfung, Zertifizierung und Akkreditierung von IT-Produkten und -Dienstleistungen; Warnung vor Schadprogrammen oder Sicherheitslücken in IT-Produkten und –Dienstleistungen; IT-Sicherheitsberatung für die Bundesverwaltung und andere Zielgruppen; Information und Sensibilisierung der Bürgerinnen und Bürger für das Thema IT- und Internet-Sicherheit; Entwicklung einheitlicher und verbindlicher IT- Sicherheitsstandards; Entwicklung von Kryptosystemen für die IT des Bundes. 8. Wie unterscheiden sich die Aufgaben der Digitalagentur von den Aufgaben der IHK und deren vergleichbarer Institutionen? Zu 8.: Zu den Aufgaben der IHK Berlin zählt die Unterstützung des Wirtschaftsstandortes Berlin und der Berliner Unternehmen ein. Die IHK Berlin vertritt die Interessen der Berliner Wirtschaft und ist in allen Wirtschaftsfragen Gesprächspartner für Senat und Behörden sowie anderer Interessengruppen. Die IHK Berlin nimmt zu Gesetzesoder Verwaltungsvorhaben, die die Wirtschaft berühren, Stellung und steht als Gutachter oder Berater in Fachausschüssen oder als Partner bei vielen unterschiedlichen Initiativen in Berlin zur Verfügung. 5 9. Wir unterscheiden sich die Aufgaben der Digitalagentur von den Aufgaben der weiteren Interessengruppen, wie zum Beispiel dem Start-Up-Verband? Zu 9.: Zu den Aufgaben von politischen Interessengruppen, wie dem Bundesverband Deutsche Startups e.V., zählt das Werben für innovatives Unternehmertum, die Vertretung der Interessen von Startups gegenüber Gesetzgebung, Verwaltung und Öffentlichkeit, sowie die Netzwerkbildung im Startup-Ökosystem. 10. Auf welche Weise wird die Digitalagentur mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) in Fragen der Informationssicherheit zusammenarbeiten? 11. Welcher Austausch und welche Kooperationskanäle sind zwischen der neuen Digitalagentur, dem CityLab, der Technologie-Stiftung, dem BSI, der IHK und anderen - bereits bestehenden - vergleichbaren Einrichtungen auf Landesebene zur Vermeidung von doppelter Arbeit vorgesehen? Zu 10. und 11.: Zur Vermeidung von Dopplungen im Tätigkeitsfeld wurde eine Umfeldanalyse über Angebote auf Landesebene und Bundesebene (u.a. CityLAB, InfraLAB, IoT- und FinTech-Hub, BMWi-Kompetenzzentren, u.a.) erstellt. Bei der Analyse wurde deutlich, dass bestehende Einrichtungen im Land Berlin primär nicht dieselben Aufgaben erfüllen, die als Tätigkeitsfelder für die Digitalagentur Berlin GmbH vorgesehen sind. Die Digitalagentur Berlin GmbH soll insbesondere Angebote anderer Institutionen zusammenführen, für KMU zugeschnittene Angebote zusammenstellen und mit diesen Angeboten aktiv auf Unternehmen zugehen. Die Digitalagentur Berlin GmbH soll somit als neutrale Instanz bestehenden Angebot der verschiedenen Akteure verbinden bzw. einen Überblick über die vielfältigen Angebote bieten und als Lotse dienen. Um die Rolle als „Lotse“ umzusetzen, sind Kooperationen mit den genannten Akteuren vorgesehen. Der Aufbau von effektiven Kommunikationskanälen zu potentiellen Kooperationspartnern obliegt der neuen Geschäftsführung und kann daher zu diesem Zeitpunkt noch nicht dargestellt werden. 12. Wer koordiniert die Digitalisierungsvorhaben und Initiativen übergreifend zwischen CityLab, Digitalagentur und weiteren Innovationsakteuren, wie z.B. der Technologie-Stiftung, im Bundesland Berlin? Zu 12.: Grundlegend erfolgt eine Koordinierung im Sinne einer Vermeidung von Dopplungen durch die voneinander konzeptionell abgetrennten Aufgabenbereiche der einzelnen Organisationen. Des Weiteren erfolgt ein steter Austausch auf Fach- und auf Leitungsebene bei digitalisierungsrelevanten Vorhaben und Initiativen. Im Rahmen des Erstellungsprozesses der Digitalisierungsstrategie für das Land Berlin wird aktuell ein Überblick über die bestehenden Strategien, Programme und Maßnahmen in der Verantwortung der verschiedenen Senatsverwaltungen erstellt und Synergien und Beziehungen zwischen den Aktivitäten systematisch untersucht. Ziel ist es, eine strategische Orientierung für staatliches Handeln für Berlin zu schaffen. 6 13. Welche Kontrollmöglichkeiten besitzt das Abgeordnetenhaus von Berlin gegenüber der Digitalagentur und dem CityLab? Wie wird durch die vorgesehene Unternehmensform die parlamentarische Kontrollmöglichkeit realisiert? 14. Welche Informations- und Transparenzpflichten bestehen seitens der Digitalagentur und dem CityLab gegenüber dem Abgeordnetenhaus? Zu 13. und 14.: Die Fragen werden im Zusammenhang beantwortet, da die Kontrollmöglichkeiten mit den Informations- und Transparenzpflichten des Abgeordnetenhauses korrespondieren .: Dem Abgeordnetenhaus werden im Rahmen des jährlich herausgegebenen Beteiligungsberichts u.a. Wirtschaftsdaten aus den testierten Jahresabschlüssen und Bilanzkennzahlen zu jedem Unternehmen zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus werden die jährlich vom Senat beschlossenen finanz- und fachpolitischen Vorgaben für die Beteiligungsunternehmen des Landes Berlin (Zielbilder) dem Abgeordnetenhaus vorgelegt. Das CityLAB Berlin wird aus Mitteln der Senatskanzlei finanziert, der Betrieb erfolgt durch die Technologiestiftung Berlin. Berlin, den 05. August 2019 In Vertretung Christian R i c k e r t s ......................................................... Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe