Drucksache 18 / 20 295 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Christian Hochgrebe (SPD) vom 10. Juli 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. Juli 2019) zum Thema: Raserstrecke Kurfürstendamm und Antwort vom 31. Juli 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 02. Aug. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Inneres und Sport Herrn Abgeordneten Christian Hochgrebe (SPD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/20295 vom 10. Juli 2019 über Raserstrecke Kurfürstendamm ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Im allgemeinen Sprachgebrauch werden „illegale Autorennen“ oftmals mit „Profilierungsfahrten“ gleichgesetzt. Hierbei handelt es sich jedoch um unterschiedliche Handlungsweisen/Phänomene. Profilierungsfahrten sind ein Konglomerat von diversen geringfügigen Verkehrsordnungswidrigkeiten, wie z.B. unnötiges Hochdrehen des Motors, Abspielen lauter Musik bei offenen Fenstern, Befahren der Busspur oder unnötiges Hin- und Herfahren mittels hochwertiger und teurer Sportwagen unter dem Motto „sehen und gesehen werden“. Davon abzugrenzen sind verbotene Kraftfahrzeugrennen oder Einzelrennen, welche seit dem 13. Oktober 2017 nach § 315d Strafgesetzbuch (StGB) strafbewehrt sind. 1. Ist dem Senat bekannt, dass der Kurfürstendamm häufig als Raserstrecke für sogenannte „Autoposer“ (Tagespiegel vom 07.06.2019) benutzt wird? Zu 1.: Es ist dem Senat bekannt, dass es in diesem Bereich zu Profilierungsfahrten und verbotenen Kraftfahrzeugrennen kommt. 2. Wie häufig wurde in den letzten drei Jahren eine Verletzung der Verkehrsregeln dokumentiert, insbesondere: Missachtung von Lichtzeichenanlagen („Überfahren von roten Ampeln“), Geschwindigkeitsüberschreitungen, Lärm (z. B. illegale Abgasanlagen) oder illegale Autorennen dokumentiert? (bitte um tabellarische Aufschlüsselung nach Jahren und Verkehrsdelikten) Zu 2.: Die bei polizeilichen Geschwindigkeitskontrollen festgestellten Überschreitungen sind der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen: Seite 2 von 3 Regelverletzung 2016 2017 2018 Festgestellte Geschwindigkeitsübertretungen 103 193 155 (Quelle: Dir E BVkD VSD 3, GÜ-Datenbank, Stand: 16.07.19) Die polizeilich eingeleiteten Strafermittlungsverfahren nach § 315d StGB sind der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen: Regelverletzung 2017 2018 Verbotene Kraftfahrzeugrennen 2 15 (Quelle: Dir E BVkD VSD 3, DWH, Stand: 16.07.19) Valide statistische Angaben zu Verkehrsordnungswidrigkeiten in Bezug auf Missachtung von Lichtzeichenanlagen und Lärmverstößen aufgrund von Fahrzeugveränderungen sind nicht möglich. Lediglich die durch Missachtung von Lichtzeichenanlagen verursachten Verkehrsunfälle sind recherchierbar. Diese sind der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen: Regelverletzung 2016 2017 2018 Verkehrsunfälle durch Rotlicht Verstöße 12 7 7 (Quelle: Dir E BVkD VSD 3, DWH, Stand: 21.07.19) 3. Welche Maßnahmen hat der Senat nach dem tödlichen Autorennen im Februar 2016 zur Sicherheit von Fußgänger*innen und anderen Verkehrsteilnehmer*innen ergriffen? 4. Wie gedenkt der Senat in Zukunft illegale Autorennen, überhöhte Geschwindigkeiten und sogenanntes „Autoposen“ am Kurfürstendamm zu verhindern? Ist die Aufstellung von stationären Geschwindigkeitsüberwachungen geplant, und wenn ja, wo, und wenn nein, warum nicht? Zu 3. und 4.: Der tödliche Verkehrsunfall in der Tauentzienstraße am 1. Februar 2016 wurde zum Anlass genommen, dass die stadtweiten Verkehrsüberwachungsmaßnahmen durch die Polizei Berlin deutlich intensiviert wurden. Ein örtlicher Schwerpunkt wird dabei aufgrund der bekannten besonderen Belastung auf die Straßenzüge der City West gesetzt. Verbotene Kraftfahrzeugrennen sind meist spontan und dauern in der Regel 10 - 30 Sekunden oder bis zur nächsten Kreuzung bzw. Einmündung. Fast jede Straße eignet sich für solche Autorennen. Demzufolge bleiben solche Rennen meist Zufallsfeststellungen der eingesetzten Polizeidienstkräfte. Gezielte Schwerpunktaktionen an relevanten Örtlichkeiten sind vor diesem Hintergrund nur wenig erfolgsversprechend. Über die zu diesem Phänomen speziell fortgebildeten und erfahrenen Dienstkräfte des Verkehrsdienstes der Polizei Berlin hinaus sind zwischenzeitlich auch die im Außendienst mit Verkehrsüberwachungsaufgaben betrauten Mitarbeitenden der Einsatzhundertschaften und örtlichen Polizeiabschnitte zielgerichtet sensibilisiert worden. Zielrichtung der mobilen und stationären Maßnahmen unter Einbeziehung von zivilen Polizeistreifen und Polizeifahrzeugen mit Videoüberwachung ist und bleibt es, konsequent auf „niederschwelliger“ Einschreitbasis jedes Fahrzeug anzuhalten und einer intensiven Verkehrskontrolle zu unterziehen, das durch seine Besetzung, den optischen/technischen Zustand und/oder Fahrweise/Verhalten Phänomen bezogen von polizeilichem Interesse sein könnte. Dabei ist es ohne Belang, ob zuvor ein verkehrswidriges Verhalten beobachtet werden konnte, denn auch verdachtsfreie Verkehrskontrollen potentieller Profilierer haben Wirkung. Sämtliche Verstöße werden unabhängig von ihrer Relevanz für die Verkehrssicherheit zumindest beim potentiellen Klientel konsequent verfolgt. Die seit der Sanktionsverschärfung im Seite 3 von 3 Oktober 2017 gesetzlich zugelassenen Maßnahmen der Fahrzeugeinziehung und Führerscheinbeschlagnahme sind zielführend. Die Errichtung stationärer Geschwindigkeits- und/oder Rotlichtüberwachungsanlagen kann im Rahmen notwendiger polizeilicher Priorisierungsentscheidungen ausschließlich an nachweisbar besonders deliktsbezogenen unfallbelasteten Straßenabschnitten oder Kreuzungs- und Einmündungsbereichen in Frage kommen. Nach polizeilicher Einschätzung ist die Errichtung von stationären Geschwindigkeitsüberwachungsanlagen nur ein bedingt wirkungsvolles Mittel zur Verhinderung verbotener Autorennen oder Profilierungsfahrten. Stationäre Anlagen entfalten nur auf eng begrenztem Raum Wirkung. Potentielle „Raser“ würden die Standorte berücksichtigen, ihre Fahrweise nur an diesen Stellen punktuell anpassen und/oder auf andere Straßen ausweichen. Vor diesem Hintergrund und der oben dargestellten Verkehrsunfalllage wird die Errichtung einer stationären Geschwindigkeitsmessanlage auf dem Kurfürstendamm derzeitig nicht priorisiert. Die Polizei Berlin setzt zur Bekämpfung solcher Phänomene daher vorwiegend auf mobile Kontrollmaßnahmen und auf die Geschwindigkeitsanhänger, um die Berechenbarkeit von Überwachungsmaßnahmen zu erschweren. 5. Inwieweit sieht der Senat die Chance in der Verhinderung von schweren Verkehrsdelikten in der Beruhigung des Verkehrs bzw. der Einrichtung einer autofreien Zone am Kurfürstendamm? Zu 5.: Grundsätzlich begrüßt der Senat Intentionen, die zur Steigerung der Verkehrssicherheit führen können. Zu bedenken ist dabei auch, dass der Kurfürstendamm von zahlreichen Verkehrsteilnehmenden unterschiedlichster Verkehrsarten sowie des ÖPNV genutzt wird und eine Verschiebung der Verkehrsströme in die angrenzenden Nebenstraßen die mögliche Folge sein könnte. Berlin, den 31. Juli 2019 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport