Drucksache 18 / 20 302 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Emine Demirbüken-Wegner (CDU) vom 18. Juli 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 19. Juli 2019) zum Thema: Förderung der Kindergesundheit (1) – frühe Phase der Kindheit und Antwort vom 06. August 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 08. Aug. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie Frau Abgeordnete Emine Demirbüken-Wegner (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/20302 vom 18. Juli 2019 über Förderung der Kindergesundheit (1) – frühe Phase der Kindheit ___________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. In welcher Höhe werden die bezirklichen Netzwerke der frühen Hilfen im Land Berlin durch wen finanziert und welche Angebote werden damit gefördert? (Bitte Bundes-, Landes- und Bezirksmittel bezogen auf die bezirklichen Netzwerke aufführen). Reicht die Finanzierung für den steigenden Bedarf aus, da mehr Kinder geboren werden? 2. Werden in den bezirklichen Netzwerken die gleichen frühen Hilfen in Inhalt und Umfang angeboten und wie werden diese genutzt? Wenn ja, welche frühen Hilfen sind das? Wenn nein, welche Unterschiede gibt es und welche Auswirkungen haben diese auf das Versorgungssystem insgesamt? Zu 1. und 2.: Im Rahmen des Bundeskinderschutzgesetzes vom 22. Dezember 2011 wurden mit dem „Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz“ (KKG), die Rahmenbedingungen für verbindliche Netzwerkstrukturen im Kinderschutz gesetzlich festgeschrieben. Für die Umsetzung der Aufgaben nach § 3 Absatz 4 KKG (Aus- und Aufbau der Netzwerke Frühe Hilfen und des Einsatzes von Familienhebammen auch unter Einbeziehung ehrenamtlicher Strukturen) hat das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) eine Bundesstiftung eingerichtet. Auf der Grundlage einer Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern wird das Stiftungsvermögen mit einer jährlich gleichbleibenden Summe nach einem vereinbarten (u.a. einwohnerbezogenen) Verteilschlüssel an die Bundesländer weitergegeben. Berlin hat für die Haushaltsjahre 2018 und 2019 jeweils 2.919.961 Euro aus dem Stiftungsvermögen erhalten. Ab dem Haushaltsjahr 2020 erwartet das Land Berlin aufgrund der wachsenden Einwohnerzahlen einen Mittelzuwachs bei den Bundesmitteln. Um den steigenden Bedarf aufgrund von Bevölkerungszuwachs und Kostensteigerungen über die Bundesstiftung abzudecken, hat sich die Jugend- und Familienministerkonferenz der Länder (JFMK) zudem gegenüber dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) für eine Dynamisierung bzw. Anpassung der Fördermittel eingesetzt. Ein Ergebnis steht hier aktuell noch aus. 2 Von den Mitteln aus der Bundesstiftung wurden 2019 auf der Grundlage eines in der Lenkungsgruppe zum Netzwerk Kinderschutz und Frühe Hilfen abgestimmten Verteilschlüssels, 2.584.000 Euro an die Bezirke zur auftragsweisen Bewirtschaftung weiter gegeben. Der bezirkliche Verteilschlüssel besteht aus einem Sockelbetrag sowie einwohnerbezogenen Kriterien (Anteil an Einwohnern unter 3 Jahren, Anteil an Einwohnern unter 3 Jahren in Transferleistungsbezügen). Ein Schwerpunkt der Frühen Hilfen in Berlin liegt auf dem Ausbau von Maßnahmen zur psychosozialen Unterstützung von (werdenden) Familien mit Kindern unter 3 Jahren, insbesondere in belastenden Lebenslagen. Über die Bundesstiftung Frühe Hilfen werden in den Bezirken analog der förderfähigen Fördersäulen eine Vielzahl von Projekten und Maßnahmen wie folgt gefördert: Förderbereich Mittel Land Mittel Bezirke Maßnahmen zur Sicherstellung der Netzwerke in den Frühen Hilfen (insbesondere Qualitätsentwicklung und Koordination) 801.998 Euro 2. Maßnahmen zur psychosozialen Unterstützung von (werdenden) Familien durch a. Familienhebammen bzw. Familien-Gesundheits- Kinderkrankenpfleger/innen (FGKiKP) und aufsuchende Ehrenamtsprojekte (z.B. wellcome, Känguru , Großelternpatenschaften) 963.313 Euro 278.903 Euro b. Angebote und Dienste an der Schnittstelle zu anderen Sozialleistungssysteme (z.B. Interdisziplinäre Qualitätszirkel , Lotsenprojekte) 615.630 Euro Landeskoordinierungs- und Servicestelle zur Begleitung der Umsetzung der Bundesstiftung sowie für Maßnahmen zur Qualitätsentwicklung und Angebote mit überbezirklicher Relevanz 260.116 Euro Über die Bundesstiftung Frühe Hilfen hinaus werden auf Landes- und Bezirksebene weitere Angebote für (werdende) Eltern im Rahmen von allgemeiner Familienförderung gemäß § 16 SGB VIII finanziert. Auf Landesebene sind dies insbesondere die Landesprogramme Aufsuchende Elternhilfe (AEH) und Berliner Familienzentren. Die Mittel der Bundesstiftung Frühe Hilfen ergänzen die bestehende Regelangebote. 3. Wie viele Familienhebammen stehen derzeit den jungen Familien zur Verfügung? Wie soll der steigende Bedarf an Familienhebammen durch Aus-, Fort- und Weiterbildung geeigneter Fachkräfte gedeckt werden? Welche Anreize bietet hier der Berliner Senat, um in diesem Bereich den Bestand zu sichern und den Nachwuchs zu fördern? 4. Wie groß ist der Pool an Familien-Gesundheits- und Kinderpflegerinnen und -pflegern im Land Berlin? Kann jede Familie, die es wünscht, durch diese Fachkräfte versorgt werden? Wenn nein, wie will der Senat diesen Bereich stärken? 3 Zu 3. und 4.: Familienhebammen (FamHeb) und Familien-Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerinnen und -pfleger (FGKiKP) sind in ihren Grundberufen ausgebildete Fachkräfte mit einer zertifizierten Zusatzqualifikation. Aufgabe der FamHeb und FGKiKP ist es, über die normale Hebammentätigkeit hinaus (werdende) Eltern und Familien in belastenden Lebenssituationen zu unterstützen. Die Unterstützung erfolgt in der Regel aufsuchend. Die Fachkräfte beraten die Familien und fördern die Elternkompetenzen in den Bereichen Versorgung, Erziehung und Entwicklungsförderung des Kindes und leisten einen Beitrag zur Stärkung der Eltern-Kind-Bindung. Bei Bedarf vermitteln die Fachkräfte an weitere Angebote und Dienste und nehmen somit eine wichtige Lotsenfunktion wahr. Neben der aufsuchenden Tätigkeit werden auch niedrigschwellige offene Beratungs- und Kursangebote bspw. in Kooperation mit den Familien- und Nachbarschaftszentren, über die Bundesstiftung finanziert. In Rahmen der Bundesstiftung Frühe Hilfen waren 2018 insgesamt 34 Fachkräfte mit 584 Wochenstunden tätig. Darüber hinaus werden durch die Bezirke weitere Mittel zum Einsatz der FamHeb/FGKiKP eingesetzt, bspw. im Rahmen des Masterplans Integration und Sicherheit oder aus dem Bezirkshaushalt. Um den Bedarf an ausgebildeten Familienhebammen und Familien-Gesundheits- Kinderkrankenpflegerinnen und -pflegern zu decken, wird in Kooperation mit der Alice- Salomon-Hochschule im Zwei-Jahresturnus ein gemeinsamer Zertifikatslehrgang für FamHeb und FGKiKP für je bis zu 16 Teilnehmern angeboten. Die Kosten für die Weiterbildung werden für Fachkräfte aus Berlin, bis auf einen geringen Eigenbeitrag, von der Landeskoordinierungsstelle Frühe Hilfen übernommen. Während des Lehrganges erhalten die Teilnehmer die Möglichkeit ein Praktikum in den Bezirken zu absolvieren, um schon während der Ausbildung künftige Einsatzorte kennenzulernen . Zur Qualifizierung der Fachkräfte und Qualitätssicherung des Angebotes finanziert die Landeskoordinierungsstelle regelmäßige überbezirkliche Supervision sowie Fortbildungsveranstaltungen zu relevanten Themen. 5. Wie viele Schrei Baby Ambulanzen gibt es zurzeit im Land Berlin und wie sind diese örtlich verteilt? Deckt diese Anzahl den Bedarf? Wurden Anträge auf weitere Schrei Baby Ambulanzen aus finanziellen Gründen abgewiesen? Wenn ja, wie viele waren das seit Beginn der Legislaturperiode? Zu 5.: In 10 Berliner Bezirken haben sich Schreibabyambulanzen etabliert, in zwei weiteren Bezirken laufen die Vorbereitungen zur Umsetzung des Angebots. Es zeichnet sich ab, dass noch mehr Kapazitäten aufgebaut werden sollten. Der Senat hat 2019 aus Mitteln des Aktionsprogramms Gesundheit (APG) einen Träger beauftragt, ein gesamtstädtisches Handlungskonzept für eine flächendeckende Steuerung und Umsetzung der Schreibabyambulanzen zu entwickeln. Die Handlungskonzeption wird zum Ende des Jahres 2019 erwartet, sodass auf dieser Grundlage weitere Maßnahmen aufgebaut werden können. Es ist nicht bekannt, dass Anträge zur Förderung (weiterer) Schreibabyambulanzen beim Senat gestellt oder abgewiesen worden sind. 4 6. Welche Ehrenamtsprojekte der frühen Hilfen werden durch den Senat und welche allein durch die Bezirke finanziert? Welche dieser Projekte haben sich als besonders erfolgreich in ihrer Arbeit erwiesen und welche werden durch die Familien besonders gut angenommen? Zu 6.: Das Land Berlin fördert die Landeskoordination des Ehrenamtsprojektes wellcome - Praktische Hilfe für Familien nach der Geburt. Die Landeskoordination von wellcome leistet fachliche, strukturelle und strategische Beratung und Begleitung der Träger in Berlin, die das Angebot von wellcome in den Bezirken umsetzen. Die Nachfrage nach Angeboten ehrenamtlicher Unterstützung ist seit Jahren ungebrochen hoch bzw. leicht steigend, was darauf verweist, dass diese Unterstützungsform bei Berliner Familien auf hohe Akzeptanz und Zufriedenheit stößt. Laut der wellcome-Statistik gaben 95 % der befragten Familien bei einer Abfrage an, mit dem Einsatz zufrieden zu sein. Auch dies lässt darauf schließen, dass ein wellcome-Einsatz von den Familien als sinnvolle Entlastung und Unterstützung erlebt wird. Inzwischen stehen in allen Bezirken den Familien aufsuchende Ehrenamtsprojekte zur Verfügung. Neben 'wellcome' sind dies 'Erste Schritte' (LebensWelt gGmbH), 'Känguru' (Diakonie), 'Patengroßeltern' der Berliner Familienfreunde e. V., 'bärenstark ins Leben' (Sozialdienst katholischer Frauen e. V.), Großelterndienst 'Enkel Dich fit!' (Berliner Frauenbund 1945 e. V.), Familienpatenprojekt 'Familienfreunde' im SOS-Familienzentrum Berlin, 'Frühchen-Patenschaft' vom DRK Kreisverband Berlin-Zentrum e. V. Die aufsuchenden Ehrenamtsprojekte werden (anteilig) über die Bundesmittel Frühe Hilfen, über bezirkliche Mittel oder andere Drittmittel finanziert. 7. Welche Rolle spielt die aufsuchende Elternhilfe im Netzwerk der frühen Hilfen? Können alle Eltern, die Hilfe benötigen, auch betreut werden oder gibt es Defizite? Wenn ja, welche sind das und wie können sie behoben werden? Zu 7.: Das schon seit 2007 bestehende Landesprogramm Aufsuchende Elternhilfe ist in die seit 2012 geförderten Netzwerke Frühe Hilfen integriert. Die fachliche Zuständigkeit dieses Angebots hat in den Bezirken in der Regel bei den Netzwerkkoordinatorinnen und Netzwerkkoordinatoren Frühe Hilfen. Um Familien auch in der wachsenden Stadt angemessen unterstützen zu können, sieht der vom Senat vorgelegte Entwurf zum Doppelhaushalt 2020/2021 eine Erhöhung der Mittel für Aufsuchende Elternhilfe in Höhe von 125.230 Euro für 2020 und um weitere 76.300 Euro in 2020 vor. 8. Wie und welche Initiativen hat der Senat zur Verbesserung der Mundgesundheit im frühen Kindesalter angestoßen bzw. unterstützt? Konnten solche Programme, wie beispielsweise „“Junge Zähne“ gemeinsam mit der KZV in die Fläche geführt werden? Zu 8.: Der Senat hat insbesondere in der Beantwortung der Schriftlichen Anfrage (Drs. 18/17827) Initiativen zur Verbesserung der Mundgesundheit im frühen Kindesalter aufgezeigt, auf die hier verwiesen wird. Die Initiativen sind darauf ausgerichtet, die Mund- und Zahngesundheit von Kindern flächendeckend zu stärken, mithin den Stellenwert der Zahn- und Mundgesundheit zu erhöhen. 5 9. Welche Verbesserungen des Kinderschutzes gemäß der Integrierten Maßnahmenplanung gegen sexuelle Gewalt (IMP) wurden seit 2016 durch den Senat in das System der frühen Hilfen eingebracht bzw. welche Verabredungen gibt es dafür unter den Partnern der frühen Hilfen? Zu 9.: Das grundsätzliche Ziel der Frühen Hilfen ist die Förderung der Elternkompetenzen und die Stärkung einer positiven Eltern-Kind-Bindung. Somit tragen die Frühen Hilfen präventiv auch zum Kinderschutz bei. Über die Verknüpfungen der Netzwerke Kinderschutz und Frühe Hilfen sowohl auf Landes - als auch auf Bezirksebene, stehen alle Angebote zum Kinderschutz auch den Frühen Hilfen zur Verfügung. Beispielsweise können Träger, die Projekte und Maßnahmen der Frühen Hilfen anbieten, bei Bedarf auf die Kinderschutzambulanzen und die spezialisierten Fachberatungsstellen zurückgreifen. Alle Anbieter von Frühen Hilfen müssen gemäß § 72 SGB VIII sicherstellen, dass keine einschlägig vorbestraften Personen tätig werden und entwickeln für ihre Angebote eigene Kinderschutzkonzepte. Die Landeskoordinierungsstelle Frühe Hilfen bietet zudem regelmäßig Fortbildungen zu fachspezifischen Themen an, die auch die Intentionen des IMP abbilden. Die Familienhebammen und Familien-Gesundheits- Kinderkrankenpfleger/Innen sind qualifiziert, Anzeichen für eine Kindeswohlgefährdung frühzeitig wahrzunehmen. Im Rahmen der Weiterbildung zur Familienhebamme bzw. Familien-Gesundheits- Kinderkrankenpfleger /Innen sowie der ergänzender Qualifizierungsangebote werden Sie zu den Verfahren und Abläufen in Kinderschutzfällen geschult und in der Praxis durch eine fachliche Koordination unterstützt. 10. Wie schätzt der Senat die quantitative und qualitative Zusammenarbeit der unterschiedlichen Netzwerkbeteiligten bei den frühen Hilfen ein? Wo gibt es noch Defizite und wo läuft die Zusammenarbeit bereits optimal ? Welchen Stellenwert nehmen dabei die niedergelassenen Kinderärzte, die Kinder- und Geburtskliniken sowie die Kammern und Verbände ein? Zu 10.: Auf Landesebene sind die Frühen Hilfen seit 2018 in die Projektstruktur des Berliner Netzwerkes Kinderschutz eingebunden. Im Rahmen der Frühen Hilfen konnte insbesondere die Zusammenarbeit von Jugend- und Gesundheitsfachkräften ausgebaut werden. Beispielsweise sind im Netzwerk Kinderschutz und Frühe Hilfen auch der Berliner Hebammenverband e.V. und der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) vertreten. Auch die Einbindung von Geburtskliniken in die Netzwerke Frühe Hilfen ist ein wesentlicher Baustein, um (werdende) Eltern zu erreichen. Deshalb hat die Landeskoordinierungstelle Frühe Hilfen der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie 2016 die modellhafte Umsetzung des Projektes Babylosten an drei Standorten gefördert. Aufgrund der erfolgreichen Umsetzung des Modellprojektes im Rahmen der Bundesmittel Frühe Hilfen, wurde das Projekt 2018 als Landesprogramm in die Landesfinanzierung übernommen. Auf bezirklicher Ebene ist die Zusammenarbeit mit niedergelassenen Kinderärztinnen und Kinderärzten für die Frühen Hilfen von besonderer Bedeutung. Die systematische Vernetzung zwischen Jugendhilfe und niedergelassenen Kinderärzt/innen wird durch die Förderung von dem systemübergreifendem Format der Interdisziplinäre Qualitätszirkel Frühe Hilfen (IQZ) gestärkt. In Kooperation mit der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin 6 konnte 2018 eine Schulung für Ärzte/innen und Fachkräfte der Jugendhilfe zur IQZ- Moderation angeboten werden. Die Kooperation mit niedergelassenen Kinderärzten soll künftig weiter ausgebaut werden. 11. Konnte sich nunmehr in allen Geburtskliniken der Berliner Krankenhäuser das Projekt Babylotsen etablieren , wie vor geraumer Zeit durch den Senat angekündigt? Wenn ja, wie ist die Finanzierung gesichert? Wenn nein, an welchen Geburtskliniken gibt es aus welchen Gründen das Projekt noch nicht? Zu 11.: Das Projekt Babylotsen konnte sich in allen Geburtskliniken der Berliner Krankenhäuser etablieren. Da die Finanzierung zunächst für die Haushaltsjahre 2018 und 2019 gesichert war, sind im Rahmen des Haushaltsplanaufstellungsverfahrens für den Doppelhaushalt 2020/2021 Mittel in Höhe von 1,5 Mio Euro in den vom Senat beschlossenen Haushaltsplanentwurf aufgenommen worden. 12. In welchen Bezirken werden im Rahmen der frühen Hilfen Präventionsketten realisiert und wie unterstützt der Senat dieses Angebot? Wodurch unterscheidet sich dieses Angebot von anderen Hilfeformen? Zu 12.: Alle Berliner Bezirke bauen integrierte kommunale Strategien für Gesundheitsförderung (kurz: Präventionsketten) auf und aus. Fast alle Bezirke haben den Schwerpunkt auf „Gesundes Aufwachsen“ gelegt, die Koordinatorinnen und Koordinatoren der bezirklichen Frühen Hilfen beteiligen sich in den bezirklichen Steuerungsrunden. Bei den Präventionsketten geht es darum, (bestehende) Angebote und Maßnahmen so (neu) auszurichten, dass Hilfe und Unterstützung insbesondere bei benachteiligten Familien , Kindern und Jugendlichen tatsächlich ankommt. Wesentlich ist die konkrete Gestaltung bereichsübergreifender Zusammenarbeit zwischen Gesundheit, Kinder- und Jugendhilfe , Bildung, Stadtentwicklung, etc., sowie der Auf- und Ausbau von bedarfsgerechten Kooperationen und Vernetzungen. Der Auf- und Ausbau der Präventionsketten wird durch die Koordinierungsstelle Gesundheitliche Chancengleichheit Berlin (KGC Berlin, Träger: Gesundheit Berlin-Brandenburg e.V.) begleitet und qualifiziert. Die KGC Berlin wird, wie auch in allen anderen Bundeländern , durch Landesmittel (Berlin: SenGPG, SenStadtWohn) und BZgA/GKV-Mittel im Rahmen des Präventionsgesetzes finanziert. Die KGC Berlin bzw. Gesundheit Berlin-Brandenburg ist Mitglied der Landesgesundheitskonferenz (LGK) und der Landeskommission zur Prävention von Kinderarmut und bringt die Erfahrungen und Ergebnisse mit den Präventionsketten in die Entwicklung der Gesundheitsziele bzw. gesamtstädtischen Strategie mit ein. Ab 01.09.19 beteiligen sich 10 Berliner Bezirke an einem Vorhaben, das Gesundheit Berlin -Brandenburg e.V. durchführt und von der Stiftung Auridis gefördert wird. Hier wird auf die Wirkung der Präventionsketten auf Familien und ihre Kinder geschaut, um daraus Ableitungen für Strukturausbau und Finanzierung von Maßnahmen vorzunehmen. 7 13. Können durch die Kinder- und Jugendgesundheitsdienste alle Ersthausbesuche, die unter dem Programm „Willkommen im Leben“ durchgeführt werden, personell abgedeckt werden? Wie viel Personal haben die Bezirke jeweils für diese Aufgabe eingesetzt? (Bitte Personalstärke pro Bezirk auflisten.) Wie viele Ersthausbesuche kommen dabei auf einen Mitarbeiter? Zu 13.: Die Bezirke halten mit Stand 31.03.2019 insgesamt 141,32 Stellen (VZÄ) Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen vor, die insbesondere Ersthausbesuche sicherstellen. Bezirk Auflistung der VZÄ pro Bezirk Mitte 15,61 Friedrichshain-Kreuzberg 09,22 Pankow 11,52 Charlottenburg-Wilmersdorf 09,40 Spandau 14,19 Steglitz-Zehlendorf 12,07 Tempelhof-Schöneberg 12,75 Neukölln 16,86 Treptow-Köpenick 10,10 Marzahn-Hellersdorf 07,66 Lichtenberg 12,05 Reinickendorf 09,89 Die Anzahl der Ersthausbesuche pro VZÄ wird zentral nicht erfasst. 14. Welchen Stellenwert hat für den Senat das Verbindliche Einladungswesen im System der frühen Hilfen? Welchen Nutzen bringt es insgesamt für die Gesundheitsförderung im frühen Kindesalter und wie will der Senat das verbindliche Einladungswesen weiter fördern? Zu 14.: Das Einladungswesen entfaltet auf Basis des Berliner Kinderschutzgesetzes seit Einführung eine hohe Wirkung, da die Inanspruchnahme der Früherkennungsuntersuchungen für Kinder wesentlich gesteigert und notwendige Maßnahmen zur Frühbehandlung und Frühförderung gesichert werden konnten. Vor diesem Hintergrund beabsichtigt der Senat, Mütter und Väter noch stärker bei der Wahrnehmung ihrer Elternverantwortung z.B. durch ressort- und institutionenübergreifend angelegte Beratungen zu unterstützen. 15. Wie steht der Senat zur Entwicklung eines regionalen Aktionsplanes zur Förderung der Gesundheit in der frühen Kindheitsphase? Welche inhaltlichen Schwerpunkte müssten in diesen Aktionsplan aufgenommen werden? Zu 15: In Berlin ist die Landesgesundheitskonferenz (LGK) für die strategische Entwicklung von gesundheitlichen Schwerpunkten und der Entwicklung von relevanten Handlungsfeldern und Maßnahmen verantwortlich. Die Förderung der Kindergesundheit ist im Gesundheitsziel „Gesund aufwachsen“ verankert. Ergänzend zu den seit 2007 bestehenden Handlungsfeldern „Bewegung“, „Ernährung“, und „Sprachentwicklung“ werden derzeit die neuen Handlungsfelder „Impfen“, „Mund -und Zahngesundheit“ sowie „Lebenskompetenzen“ ausgestaltet. Dabei wird die frühe Kindheitsphase in allen betrachteten Handlungsfeldern 8 einbezogen, da eine gesunde Entwicklung bereits mit der Geburt bzw. schon in der Schwangerschaft beginnt und Gesundheitsförderung und Prävention im frühen Kindesalter das Potenzial haben, lebenslang positive Auswirkungen zu erzielen. Die jeweiligen Rahmendokumente sowie Zielematrixen der Gesundheitsziele erfüllen den Zweck eines Aktionsplanes zur Förderung der Gesundheit. Die Notwendigkeit der Entwicklung eines weiteren regionalen Aktionsplanes zur Förderung der Gesundheit wird nicht gesehen, vielmehr würde dies eine Parallelstruktur darstellen, die es zu vermeiden gilt. Berlin, den 6. August 2019 In Vertretung Sigrid Klebba Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie