Drucksache 18 / 20 330 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Franz Kerker (AfD) vom 16. Juli 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. Juli 2019) zum Thema: Leiharbeiter in der Öffentlichen Verwaltung und Antwort vom 05. August 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. Aug. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1/3 Senatsverwaltung für Finanzen Herrn Abgeordneten Franz Kerker (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/20 330 vom 16. Juli 2019 über Leiharbeiter in der Öffentlichen Verwaltung ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung des Abgeordneten: Der Koalitionsvertrag führt u.a. folgendes aus: "Die Ausreichung von Mitteln der Wirtschaftsförderung wird sich auch an dem Kriterium „guter Arbeit“ orientieren. In den Förderrichtlinien werden die bisherigen Kriterien zur Begrenzung von Leiharbeit und anderen Formen prekärer Beschäftigung einschließlich eines Mindestarbeitsentgelts und der Stärkung der Tarifbindung nach Anhörung der Tarifpartner weiterentwickelt. [..] Die Koalition schafft die Voraussetzungen dafür, dass außerhalb des öffentlichen Dienstes erworbene förderliche berufliche Erfahrung auch bei der Besoldung bzw. Vergütung stärker berücksichtigt werden kann. Außerdem werden die Voraussetzungen für einen temporären Einsatz Externer innerhalb der Verwaltung geschaffen." Ein Artikel der TAZ berichtete kürzlich von einem "Modellprojekt", durch welches Langzeitarbeitslose für die öffentliche Verwaltung qualifiziert werden sollen, allerdings nicht wie sonst üblich in der landeseigenen Verwaltungsakademie, sondern bei privatwirtschaftlichen Anbietern. [Manuela Heim: Berliner Projekt für Langzeitarbeitslose. Es hätte ihre Chance sein können. Die TAZ vom 15.7.2019] Das "Neos-Modellprojekt" der von den Jungunternehmern Marco Timur Baslik und Harun Rashid im Mai 2018 gegründeten "alinea Personaldienstleistungen GmbH" sicherte den Teilnehmern ihrer Kurse eine „sozialversicherungspflichtige Beschäftigung bei der alinea Personaldienstleistungen GmbH“ zu, „mit dem Ziel, Sie als Mitarbeiter an die öffentliche Verwaltung des Landes Berlin zu überlassen“. Als Gegenleistung forderte die "alinea Personaldienstleistung" von den Teilnehmern u.a. die Vermittlungsgutscheine des Jobcenters ein, trat diesen gegenüber also als Arbeitsvermittlung und nicht als Leiharbeitsfirma auf. Die "alinea Personaldienstleistungen GmbH" lässt die eigentlichen Schulungen durch vier in Berlin ansässige Partnerunternehmen durchführen, darunter die "Gesellschaft für Personalentwicklung und Bildung " (GPB), bei der die meisten Neos-Kurse stattfinden und in deren Räumen "alinea" ihr Büro hat. Seit Start des Programmes im September 2018 sind rund 1,3 Millionen Euro öffentlicher Mittel an diese privatwirtschaftlichen Weiterbildungs-Anbieter geflossen. Der Artikel der TAZ schildert u.a. das folgende Fallbeispiel: "Beate* zum Beispiel, 54, kaufmännische Angestellte, „schon lange arbeitslos“: Anfang Dezember wurde ihr das Neos-Projekt vom Jobcenter vorgeschlagen, die Einladung zu einer Informationsveranstaltung in den Räumen des Jobcenters Friedrichshain -Kreuzberg liegt der taz vor. „Das Neos-Modellprojekt ist ein Qualifizierungs -und Arbeitsintegrationsmodell für den öffentlichen Verwaltungsbereich und bereitet Sie auf die Arbeit in der öffentlichen Verwaltung vor“, heißt es darin vertrauenerweckend." 2/3 1. Der Koalitionsvertrag sieht Leiharbeit nicht als "gute Arbeit" an, möchte aber gleichzeitig "Voraussetzungen für einen temporären Einsatz Externer innerhalb der Verwaltung" schaffen". Möchte der Senat den temporären Einsatz Externer ausweiten oder möchte er ihn zurückdrängen? Zu 1.: Der temporäre Einsatz Externer bezieht sich auf die Schaffung von günstigen Voraussetzungen für Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger als Personalgewinnungsmaßnahme . Leiharbeit grenzt sich definitorisch davon ab. Der Senat hat am 03.07.2018 den grundsätzlichen Verzicht auf sachgrundlose Befristung beschlossen und strebt gesicherte und unbefristete Anstellungsverhältnisse an. 2. Wie hoch ist der Anteil "temporär eingesetzter Externer" bzw. von "Leiharbeitern" unter den im Öffentlichen Dienst Beschäftigten in Berlin? 3. In welchen Bereichen werden diese schwerpunktmäßig eingesetzt? 4. Wie lange werden diese eingesetzt und wie hoch ist der Anteil der Übernahmen in eine Festanstellung durch das Land Berlin nach wie vielen Jahren in absoluten Zahlen? Zu 2. – 4.: Die Antworten sind der beigefügten Anlage zu entnehmen. 5. Die "alinea Personaldienstleistungen GmbH" hat ihren Betrieb offenbar wider besseren Wissens begonnen ; konkrete Übernahmevereinbarungen mit der Öffentlichen Verwaltung lagen ihr nämlich nicht vor. Weshalb konnte das "Neos-Modellprojekt" in den Räumen des Jobcenters beworben werden? 6. Wurde die "alinea Personaldienstleistungen GmbH" extern zertifiziert? 7. Die TAZ zitiert eine Sprecherin der Jobagentur mit der Aussage, "vor dem Hintergrund des Personalmangels würden die Jobcenter auch weiterhin Bildungsgutscheine zur Qualifizierung für eine Tätigkeit im öffentlichen Dienst ausstellen." Welchen Sinn hat dies, wenn Christine Müller, stellvertretende Leiterin der Verwaltungsakademie Berlin, gegenüber der TAZ Zweifel daran äußert, "dass private Anbieter eine vergleichbar gute Ausbildung gewährleisten könnten", die Übernahme der so Qualifizierten in ein öffentliches Beschäftigungsverhältnis also wenig Erfolgschancen hat? Zu 5.-7.: Die Kunden der Bundesagentur für Arbeit erhalten bei Feststellung eines Weiterbildungsbedarfes einen Bildungsgutschein, der frei bei einem Bildungsträger ihrer Wahl eingelöst werden kann. Die Rahmenbedingungen, also auch welche Bildungsträger in Betracht kommen, liegen nicht im Verantwortungsbereich des Landes Berlin. Das Modellprojekt „NEOS“ der alinea Personaldienstleistungen GmbH sowie andere Arbeitnehmerüberlassungsmodelle werden vom Land Berlin ausdrücklich weder unterstützt noch gefördert. Die Einstellungsangebote der Berliner Verwaltung werden über das Karriereportal veröffentlicht. Dabei werden auch die jeweiligen Bildungsvoraussetzungen für Stellenbesetzungen transparent dargestellt. Absolventinnen und Absolventen von Bildungsmaßnahmen , die einen anerkannten Berufsabschluss erworben haben, können sich auf adäquate Stellenangebote bewerben und werden im Verfahren entsprechend berücksichtigt. Darüber hinaus wird das Ziel verfolgt, dass sich potentielle Weiterbildungsmaßnahmen der Bundesagentur für Arbeit, die für einen Einsatz in der Berliner Verwaltung qualifizieren sollen, am tatsächlichen Bedarf und den geltenden Einstellungsvoraussetzungen orientieren. Hierzu wird das Land Berlin zeitnah mit der Bundesagentur für Arbeit in Kontakt treten. 3/3 Für die bereits betroffenen Personen des Modellprojekts „NEOS“ wird derzeit auf Bezirksebene ein Veranstaltungsformat geplant, um zumindest einen Teil der Absolventinnen und Absolventen dieser Weiterbildungsmaßnahme fest in die Berliner Verwaltung zu integrieren. Richtig ist darüber hinaus, dass Folgendes im genannten TAZ-Artikel „Es hätte ihre Chance sein können“ vom 15.07.2019 zitiert wurde: Dass eine externe Weiterbildung die Chancen der Quereinsteiger erhöhe, sei denkbar , „wenn die Inhalte und die Qualität vergleichbar ist zu dem, was an der Verwaltungsakademie Berlin gelehrt wird“ Berlin, den 05. August 2019 In Vertretung Fréderic Verrycken Senatsverwaltung für Finanzen Fin - IV C 12 Anlage zur Schriflichen Anfrage S-18/20330 06.08.2019 Dienststelle 2) Anzahl an Leiharbeiterinnen und Leiharbeitern [Stichtag 16.07.2019] 3) In welchen Bereichen werden diese eingesetzt? 4) Wie lange eingesetzt, Anteil Übernahme in eine Festanstellung nach wievielen Jahren Abstand Bezirksamt Mitte von Berlin 4 a) Büroservice im Anmeldebereich der VHS b)Hausmeister in den Standorten der VHS a) neun Monate, keine Übernahme b) neun Monate, keine Übernahme Stiftung Zentral- und Landesbibliothek Berlin 2 Office-Management 1) 13.02.2019 - 30.09.2019 (7,5 Monate) 2) 01.06.2019 - 31.12.2019 (7 Monate) Landesarchiv Berlin 1 Kopierwerkstatt 8 Monate (seit dem 21.11.2018), Anteil Übernahme in eine Festanstellung nicht geplant Stiftung Stadtmuseum Berlin 2 Bereichen IT und Finanzen Einsatzdauer: IT – 6 Monate; Finanzen – 3 Monate; Übernahmen sind unter Umständen geplant, es steht aber noch nicht genau fest Berlinische Galerie 4 Abt. Besuchertreuung (Museumsaufsicht, Shop, Information) Wie lange eingesetzt: 9 Monate, keine Übernahme SenBildJugFam 6 Unterstützung der Personalstelle in Sondergruppen (Austritte und Stufenfestsetzung). 12 - 18 Monate, danach erfolgt bei grundsätzlicher Eignung in der Regel eine Übernahme. SenBildJugFam 2 Unterstützung im Sozialpädagogischen Fortbildungsinstitut Berlin-Brandenburg (SFBB), im Bereich des Veranstaltungsmanagements und der Rezeption. 7 - 9 Monate, Übernahmen nicht beabsichtigt. SenBildJugFam 3 Unterstützung des EU-Kompetenzteams im Rahmen des EU-Projektes Erasmus+ im Bereich "EU-geförderte Entsendung von Auszubildenden und Berufsbildungspersonal". Max. 18 Monate, i. d. R. bei Eignung befristete Übernahme nach ca. 6 Monaten für die Dauer des Projekts (2 Jahre). SenUVK 2 Geschäftszimmer Leitung Einsatzdauer: 3 - 4 Monate / davon 1 Übernahme in Festanstellung nach ca. 4 Monaten; ab 01.09.19: 0 Leiharbeit SenUVK 4 Tunnelleitzentrale - Tunnelüberwachung (Schichtdienst) seit 2016 Bezirksamt Pankow 2 Unterhaltsvorschussstelle Jugendamt drei Monate, keine Übernahme Hinweis: Nicht aufgeführte Dienststellen meldeten Fehlanzeige. Fin - IV C 12 Anlage zur Schriflichen Anfrage S-18/20330 06.08.2019 Kindertagesstätten Berlin Süd-West, Eigenbetrieb von Berlin 14 Kindertagesbetreuung KitaFöG/VOKitaFöG Einsatz erfolgt im Rahmen einer Vertretung von ausgesteuerten Planstelleninhaber*innen für die Höchstdauer von 9 Monaten. Übernahme erfolgt in Einzelfällen, nach unterschiedlicher Tätigkeitsdauer, unter der Vorraussetzung, dass die fachliche Qualifikation nachgewiesen werden kann. Von den 14 zum Stichtag eingesetzten Personen wird keine übernommen. Summe 46 Anzahl Beschäftigte (Mai 2019, Quelle: Pstat) 122612 Anteil Leiharbeitende 0,0375% Hinweis: Nicht aufgeführte Dienststellen meldeten Fehlanzeige.