Drucksache 18 / 20 380 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Tino Schopf (SPD) vom 22. Juli 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 01. August 2019) zum Thema: Gewährleistung von stadtraumverträglichen und mobilitätsgerechten Bike- Sharing- und E-Scooter-Angeboten im gesamten Stadtgebiet von Berlin und Antwort vom 15. August 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 20. Aug. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz Herrn Abgeordneten Tino Schopf (SPD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/20380 vom 22.07.2019 über Gewährleistung von stadtraumverträglichen und mobilitätsgerechten Bike- Sharing- und E-Scooter-Angeboten im gesamten Stadtgebiet von Berlin Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Hält es der Senat für sinnvoll und notwendig, dass nicht nur in der Innenstadt, sondern auch in den Außenbezirken von Berlin Fahrrad-Verleih-Möglichkeiten angeboten werden? Wenn ja, wie will der Senat dieses Ziel umsetzen und gewährleisten? Antwort zu 1: Ja, der Senat hält berlinweite Mietfahrradangebote, unabhängig vom Geschäftsmodell, perspektivisch für sinnvoll. Aktuell wurde bislang mit dem Anbieter Nextbike ein Aufbau von Mietfahrradstationen vereinbart. Der Stationsaufbau erfolgt bedarfsorientiert und mit dem räumlichen Fokus auf den S-Bahn-Ring als Kerngebiet. Eine Ausdehnung über diesen Bereich hinaus ist möglich und erwünscht, und wird auch heute schon im Bezirk Lichtenberg realisiert. Es finden diesbezüglich Gespräche zwischen weiteren interessierten Bezirken und dem Betreiber statt. Hinsichtlich stationsunabhängiger Mietfahrradangebote bestehen aktuell keine Genehmigungspflichten. Entsprechend hat der Senat keine Handhabe, um auf die örtliche Ausgestaltung dieser Angebote Einfluss zu nehmen. Im Rahmen des laufenden Prozesses zur Erweiterung des Berliner Mobilitätsgesetzes (MobG) prüft die für den Verkehr zuständige Senatsverwaltung aktuell mögliche Steuerungsinstrumente. Frage 2: Ist in den bestehenden vertraglichen Regelungen zwischen dem Land Berlin und dem Betreiber „Deezer Nextbike“ für das mit öffentlichen Mitteln geförderte, öffentliche Fahrradverleihsystem vorgesehen, dass der Betreiber ein Verleihangebot auch in den Außenbezirken vorhalten muss? Wenn nein, warum nicht? 2 Antwort zu 2: Eine derartige Zielvorgabe existiert vertraglich nicht. Im Rahmen der Ausschreibung, welche dem Abgeordnetenhaus vorlag, wurde der S-Bahn-Ring als Kerngebiet vorgegeben. Diese Vorgabe zielte insbesondere darauf ab, die notwendige Dichte an Stationen zu erreichen, die eine sinnvolle Nutzung für Kundinnen und Kunden ermöglicht. Konkret laufen unter anderem Gespräche zwischen Bezirken und dem Betreiber, die an das Kerngebiet (S-Bahn-Ring) angrenzen. Zum Teil wurden hier bereits Stationen errichtet, weitere befinden sich in der Antragsphase. Frage 3: Welche Laufzeit hat der bestehende Vertrag mit dem Betreiber „Deezer Nextbike“ und ist seitens des Landes Berlin eine Verlängerung geplant? Wie wird der Senat in diesem Kontext die unter Pkt. 1. und 2. genannten Zielsetzungen für die Vorhaltung eines Angebotes auch in den Außenbezirken rechtlich verbindend regeln? Antwort zu 3: Die Laufzeit des seit 2016 bestehenden Vertrages zum öffentlichen Mietfahrradsystem endet am 31.07.2021. Gemäß dem bestehenden Vertrag kann eine zweite Stufe (umfasst einen Zeitraum von drei Jahren) vom Auftraggeber abgerufen werden, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind: - die Bewilligung der entsprechenden Haushaltsmittel durch das Berliner Abgeordnetenhaus, - die Erreichung der definierten Ziele für den Aufbau und Betrieb des öffentlichen Fahrradverleihsystems (für die Erreichung der definierten Ziele für den Aufbau und Betrieb des öffentlichen Fahrradverleihsystems können dabei lediglich die Punkte Berücksichtigung finden, die der Steuerbarkeit durch den Auftragnehmer unterliegen), - die Akzeptanz des Systems bei den Kunden sowie - die Zufriedenheit des Auftraggebers mit der Zusammenarbeit mit dem Betreiber. Die Akzeptanz des Systems seitens der Kundinnen und Kunden ist gut (Ergebnis des regelmäßigen Monitorings), auch die Stiftung Warentest bestätigte aktuell die Qualität des Systems („nextbike als Testsieger von sechs getesteten Angeboten“, Heft 5/2019). Die Zusammenarbeit mit dem Betreiber läuft aus Sicht des Landes sehr gut. Inwieweit bei einer Verlängerung eine vertragliche Anpassung des räumlichen Fokus vorgenommen werden soll, ist derzeit noch offen. Frage 4: Teilt der Senat meine Auffassung, dass das „wilde und ungeordnete Abstellen“ von Leihfahrrädern im öffentlichen Raum, die von Kunden bei stationslosen Anbietern ausgeliehen werden, für das Stadtbild störend und unverträglich sind? Wie will der Senat diesen Zustand nachhaltig und verbindlich verbessern? 3 Antwort zu 4: Grundsätzlich ja, maßgeblicher ist allerdings die damit verbundene Behinderung und gegeben falls Gefährdung des Fußverkehrs auf Gehwegen. Aus Sicht des Senats ist seit Veröffentlichung der „Hinweise und Anforderungen für das Abstellen von stationslosen Fahrradverleihsystemen im öffentlichen Straßenland im Land Berlin“ eine erhebliche Verbesserung im Hinblick auf die Mietfahrräder eingetreten. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 16 und 17 der Schriftlichen Anfrage, Drucksache 18/20263, verwiesen. Frage 5: Der Antwort des Senats auf die Schriftliche Anfrage vom 23. April 2019 (Drs. 18/18754) ist zu entnehmen, dass „weder Bikesharing-Fahrräder noch Carsharing-Fahrzeuge aufgrund der aktuellen Rechtslage einer Genehmigung zur Teilnahme am Straßenverkehr (bedürfen). Lediglich die Stationen von Bike-Sharing- Angeboten für die Inanspruchnahme öffentlichen Straßenlandes benötigen eine Sondernutzungserlaubnis“. Bedeutet dies, dass die Leihfahrräder von stationslosen Anbietern „wahllos“ im öffentlichen Raum abgestellt oder hingeworfen werden können, ohne dass dies für die Kunden oder den Anbieter rechtliche Konsequenzen zur Folge hat, u.a. zumindest im Sinne einer Ordnungswidrigkeit? Antwort zu 5: Nein, wahlloses, störendes oder behinderndes Abstellen kann Konsequenzen nach sich ziehen. Die Überwachung und Kontrolle des ordnungsgemäßen Abstellens von Fahrrädern erfolgt durch die Ordnungsämter der jeweiligen Bezirksämter. Die Kontrollmöglichkeiten gestalten sich vielfältig. Grundsätzlich wird geprüft, ob die Miet- Fahrräder ordnungsgemäß abgestellt sind. Bei Verstößen wird der Betreiber aufgefordert, für ein sachgemäßes Abstellen zu sorgen. Von den abgestellten Miet-Fahrrädern ausgehende Gefahren, zum Beispiel durch eine gehäufte Aufstellung werden unverzüglich beseitigt, auch durch ein Umstellen der Miet-Fahrräder. Stellen die Mitarbeitenden des Außendienstes der Ordnungsämter entsprechend dem Kriterienkatalog (Hinweise und Anforderungen für das Abstellen stationsloser Fahrradverleihsysteme im Land Berlin) der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz mehr als vier Fahrräder gebündelt fest, wird geprüft, ob eine unerlaubte Sondernutzung nach dem Berliner Straßengesetz (BerlStrG) vorliegt. Zusätzlich werden die Betreiber in diesen Fällen aufgefordert, die geschaffene Verkehrsbeeinträchtigung, zu beseitigen. Gegebenenfalls werden auch Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet. Frage 6: Wenn die Antwort zu 5. mit Ja beantwortet wird: Welche rechtlichen oder gesetzlichen Wege müssten beschritten werden, um das ungeordnete und stadtbildunverträgliche Abstellen und Hinwerfen von Leihfahrrädern im öffentlichen Raum zu sanktionieren und dadurch möglichst zu vermeiden? Welche rechtlichen oder gesetzlichen Maßnahmen wären notwendig, um Anbieter von Leihfahrrädern zur Errichtung von Stationen zu verpflichten? Antwort zu 6: Entfällt. 4 Frage 7: Wie beurteilt der Senat die absehbar zunehmende Attraktivität und Entwicklung bei den Verleih-Angeboten von E-Scootern und welche Maßnahmen will er analog zu den unter Pkt. 1.-6. aufgeführten Sachverhalten ergreifen? Antwort zu 7: Inwiefern die Angebote von Miet-E-Tretrollern zu einer effizienteren Ausgestaltung des Verkehrs beitragen können, kann im Zeitraum von acht Wochen noch nicht bewertet werden. Nach derzeitigen Feststellungen, dass die E-Tretroller überwiegend von Touristinnen und Touristen genutzt werden, lässt sich gegenwärtig ein Mehrwert bezüglich Ergänzung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) noch nicht beurteilen. Seit April 2019 steht der Senat mit den Anbietern im Austausch, ohne dass vertragliche Beziehungen mit dem Land Berlin bestehen. Den Unternehmen wurde mitgeteilt, dass für den Betrieb eines Verleihsystems von E-Tretrollern die gleichen Regelungen gelten wie für den stationslosen Fahrradverleih. Der Kriterienkatalog („Hinweise und Anforderungen für das Abstellen von stationslosen Fahrradverleihsystemen auf öffentlichen Straßen im Land Berlin“) wurde mit der Bitte um entsprechende Beachtung ausgehändigt. Zusätzlich werden die Betreiber in konkreten Fällen aufgefordert, die geschaffene Verkehrsbeeinträchtigung zu beseitigen. Auch in diesen Fällen werden gegebenenfalls Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet. In einem Gespräch in der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz mit der Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, den Bezirksbürgermeistern von Mitte und Neukölln sowie der Polizeipräsidentin in Berlin haben die Anbieter zugesagt, im Wege der Selbstverpflichtung bestimmte Plätze und Bereiche vom Aufstellen ihrer Fahrzeuge auszunehmen. Gestartet wird mit den Bereichen um das Brandenburger Tor und dem Denkmal für die ermordeten Juden Europas („Holocaust-Mahnmal“); weitere sogenannte „No-Parking-Zones“ werden mit den Bezirksämtern von Berlin abgestimmt. Darüber hinaus werden in den Bezirken Friedrichshain-Kreuzberg, Mitte und Neukölln Flächen als „Parkzonen“ außerhalb von Gehwegbereichen bestimmt und straßenverkehrsrechtlich angeordnet, auf denen E-Tretroller künftig abgestellt werden können. Berlin, den 15.08.2019 In Vertretung Ingmar Streese Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz