Drucksache 18 / 20 421 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Martin Trefzer (AfD) vom 05. August 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 05. August 2019) zum Thema: RefRat der Humboldt-Universität verweigert Transparenz. Sind Senat und Humboldt-Universität eingeknickt? und Antwort vom 23. August 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. Aug. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Der Regierende Bürgermeister von Berlin Senatskanzlei - Wissenschaft und Forschung - Herrn Abgeordneten Martin Trefzer (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/20421 vom 05. August 2019 über RefRat der Humboldt-Universität verweigert Transparenz. Sind Senat und Humboldt-Universität eingeknickt? ___________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Verwaltung: Die Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat nicht ohne Beiziehung der Humboldt- Universität zu Berlin beantworten kann. Diese wurde um Stellungnahme gebeten. Vorbemerkung des Abgeordneten: In der Antwort des Senats vom 08. Juni 2018 auf meine Anfrage vom 17. Mai 2018 (Drucksache 18 / 15078) führt der Senat u.a. aus, dass die Humboldt-Universität zu Berlin zum Zeitpunkt der Anfrage keine Angaben darüber machen könne, welche Personen als Referenten und als stellvertretende Referenten des Referent Innenrates (RefRat) der Humboldt-Universität zu Berlin fungieren. Der RefRat sei aber von Seiten der Universität wiederholt aufgefordert worden, die vollständigen Namen der gegenwärtig amtierenden Referenten sowie stellvertretenden Referenten zu übermitteln. In einem Artikel der Tageszeitung taz v. 02. August 2019 heißt es, der Senat habe der Humboldt-Universität im Juni 2019 mitgeteilt, dass eine Übermittlung der Namen der amtierenden Referenten und stellvertretenden Referenten nunmehr vom Senat nicht mehr gefordert werde. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Welche Schritte hat die Humboldt-Universität zu Berlin seit Anfang 2018 eingeleitet, um in Erfahrung zu bringen, welche Personen als Referenten und stellvertretende Referenten des RefRat amtieren? Zu 1.: Die Hochschulleitung ersuchte den ReferentInnenrat im ersten Halbjahr 2018 mehrfach schriftlich um Nennung der den Referaten des ReferentInnenrates vorstehenden Referentinnen und Referenten und ihrer Stellvertretungen. 2. Wurde dabei auch Auskunftsklage beim Verwaltungsgericht gegen den RefRat geführt? Wie war der Verlauf und wie ist der aktuelle Sachstand in dieser juristischen Auseinandersetzung? - - 2 Zu 2.: Am 24. Juli 2018 erhob die Humboldt-Universität zu Berlin Klage gegen die Verfasste Studierendenschaft beim Verwaltungsgericht Berlin mit dem Antrag, die Beklagte zu verurteilen , der Klägerin die Namen der Referentinnen und Referenten der einzelnen Referate gemäß § 8 Abs. 1 der Satzung der StudentInnenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin ab dem Wintersemester 2016/2017 bis einschließlich Sommersemester 2018 unter Angabe der Daten zum Amtsantritt und -ende bekannt zu geben. Das verwaltungsgerichtliche Verfahren ist noch nicht abgeschlossen. 3. Trifft es zu, dass die Auskunftsklage der Humboldt-Universität auf Anweisung der Senatskanzlei erfolgte? 4. Ist es richtig, dass die Anweisung des Senats, den Weg der Auskunftsklage zu beschreiten, vor dem Hintergrund meiner Anfragen Drs 18 / 13307 und Drs 18 15078 erfolgte? 5. Trifft es zu, dass der Senat in dem Schreiben vom Juli 2018 an die Humboldt-Universität seine damalige Rechtsauffassung dargelegt hat, dass der RefRat die Angaben zu den amtierenden Referenten und stellvertretenden Referenten bereitzustellen habe, und dass keine datenschutzrechtlichen Hindernisse bestünden? Zu 3., 4. und 5.: Der Senat ersuchte die Humboldt-Universität zu Berlin mit Schreiben vom 13. Juli 2018 unter Bezugnahme auf die vorgenannten Schriftlichen Anfragen um Auskunft, welche Referentinnen und Referenten den Referaten des ReferentInnenrates vorstehen. Davon ausgenommen wurden Angaben mit Bezug auf Zuständigkeitsbereiche, aus denen sich Rückschlüsse auf besondere personenbezogene Daten im Sinne von § 9 Abs. 1 der Datenschutz -Grundverordnung ziehen lassen. Darüber hinaus bat der Senat um Angabe des Beginns der jeweiligen Amtszeit. Für den Fall, dass diese Daten nicht vorliegen, wies der Senat die Humboldt-Universität zu Berlin an, erforderliche rechtsaufsichtliche Schritte einzuleiten . 6. Sind die Namen der amtierenden Referenten und stellvertretenden Referenten der Humboldt-Universität mittlerweile bekannt? Zu 6.: Soweit Mitglieder des ReferentInnenrates an die Humboldt-Universität zu Berlin adressierte Schreiben und E-Mails namentlich unterzeichnet haben, sind deren Namen der Humboldt -Universität zu Berlin bekannt. 7. Sind die Namen der amtierenden Referenten und stellvertretenden Referenten dem Senat mittlerweile bekannt? Zu 7.: Soweit Mitglieder des ReferentInnenrates an den Senat adressierte Schreiben und E-Mails namentlich unterzeichnet haben, sind deren Namen dem Senat bekannt. 8. Trifft der Bericht der taz zu, dass der Senat im Juni 2019 die Aufforderung an die Humboldt-Universität, die Angaben über die amtierenden Referenten und stellvertretenden Referenten an den Senat zu übermitteln , zurückgezogen hat? Zu 8.: Der Senat widerrief mit Schreiben vom 19. Juni 2019 seinen Bescheid vom 13. Juli 2018. - - 3 9. Trifft es zu, dass der Senat seine Auffassung vom Juli 2018, dass der RefRat die Angaben zu den amtierenden Referenten und stellvertretenden Referenten bereitzustellen habe, und dass keine datenschutzrechtlichen Hindernisse bestünden, mittlerweile revidiert hat? Zu 9.: Der Senat sah sich veranlasst, seine Auffassung über die Reichweite datenschutzrechtlicher Hindernisse in Bezug auf amtierende Referentinnen und Referenten und deren Stellvertretungen mit Blick auf die geänderten rechtlichen Rahmenbedingungen zu modifizieren . 10. Falls ja, aufgrund welcher Überlegungen hat der Senat seine Rechtsauffassung revidiert? 11. Warum und aufgrund welcher rechtlichen, insbesondere datenschutzrechtlichen und parlamentsrechtlichen Gesamteinschätzung sollen nach Auffassung des Senats die Angaben über die amtierenden Referenten und stellvertretenden Referenten nunmehr den Mitgliedern des Abgeordnetenhauses vorenthalten werden dürfen? 12. Welche rechtlichen Gründe sprachen aus Sicht des Senats im Juli 2018 für eine Nennung der Personen der amtierenden Referenten und stellvertretenden Referenten an den Senat und an die Mitglieder des Abgeordnetenhauses ? 13. Welche rechtlichen Gründe sprechen aus Sicht des Senats heute für eine Nennung der amtierenden Referenten und stellvertretenden Referenten an den Senat und an die Mitglieder des Abgeordnetenhauses? 14. Welche rechtlichen Gründe sprachen aus Sicht des Senats im Juli 2018 gegen eine Nennung der Personen der amtierenden Referenten und stellvertretenden Referenten an den Senat und an die Mitglieder des Abgeordnetenhauses? 15. Welche rechtlichen Gründe sprechen aus Sicht des Senats heute gegen eine Nennung der Personen der amtierenden Referenten und stellvertretenden Referenten an den Senat und an die Mitglieder des Abgeordnetenhauses ? Zu 10. bis 15.: Bereits in der Antwort auf die Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Trefzer vom 26. Januar 2018 zum Thema „Studentenvertretungen an Berliner Hochschulen“ (Drucksache 18/13307) führte der Senat unter Verweis auf § 20 Abs. 1 Satz 2 des Berliner Datenschutzgesetzes in der Fassung vom 17. Dezember 1990 (BlnDSG-alt, GVBl. 1991 S. 16, 54), zuletzt geändert am 2. Februar 2018 (GVBl. S. 160), in Verbindung mit § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) vom 20. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2954), zuletzt geändert am 30. Oktober 2017 (BGBl. I S. 3618), aus, dass der Veröffentlichung der Namen ehemaliger Referentinnen und Referenten sowie stellvertretender Referentinnen und Referenten schutzwürdige Interessen der Betroffenen entgegen stünden, die gegenüber dem Interesse des Abgeordneten, Informationen über die Studierendenschaften der Berliner Hochschulen zu erlangen, überwögen. Die Betroffenen müssten nach dem Ausscheiden aus ihrer offiziellen Funktion nicht mehr mit einer Nennung in einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage rechnen. Am 25. Mai 2018 ist die Neufassung des BDSG (BGBl. I 2017, S. 2097) in Kraft getreten, am gleichen Tag die Gültigkeit der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO, ABl. EU L 119 vom 4. Mai 2016, S. 1) eingetreten und am 24. Juni 2018 die Neufassung des Berliner Datenschutzgesetzes (BlnDSG-neu, GVBl. S 418) in Kraft getreten. Die grundlegende Reformierung des Datenschutzrechts gab Anlass zur Überprüfung der bisherigen Rechtsauffassung . - - 4 Anders als das BlnDSG-alt sieht das BlnDSG-neu keine Rechtsgrundlage über die Herausgabe von Daten an das Abgeordnetenhaus mehr vor. Daraus kann angesichts des in Art. 45 Abs. 1 der Verfassung von Berlin (VerfBln) verbrieften Rechts der Abgeordneten, schriftliche Anfragen zu stellen, und des in Art. 45 Abs. 2 VerfBln geregelten Rechts, Einsicht in Akten und sonstige amtliche Unterlagen der Verwaltung zu nehmen, nicht der Rückschluss gezogen werden, dass Behörden und sonstige öffentliche Stellen keine personenbezogenen Daten mehr an das Abgeordnetenhaus herausgeben dürfen. Allerdings ist Art. 45 VerfBln im Lichte der DS-GVO, die gegenüber nationalem Recht Anwendungsvorrang genießt, europarechtskonform auszulegen. Dabei ist der Umstand, dass Schriftliche Anfragen und die Antworten auf diese gemäß § 50 der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses von Berlin veröffentlicht und auf diese Weise einem unbeschränkt großen Empfängerkreis dauerhaft offengelegt werden, insbesondere unter den Aspekten der Datenminimierung und der Speicherbegrenzung (vgl. Art. 5 Abs. 1 Buchst. c und e DS-GVO) bei der Prüfung, ob private Interessen an der Geheimhaltung der Übermittlung der erfragten Daten entgegenstehen, maßgeblich zu berücksichtigen. Bereits vor diesem Hintergrund erscheint die zunächst noch vorgenommene Differenzierung zwischen nicht mehr amtierenden und noch amtierenden Mitgliedern Allgemeiner Studierendenausschüsse nicht mehr sachgerecht. Bewerben sich Studierende um ein Amt als Mitglied eines Organs der Verfassten Studierendenschaft und üben sodann dieses Amt aus, so vollzieht sich dies – auch im Hinblick auf die Aufgaben der Studierendenschaft gemäß § 18 Abs. 2 BerlHG – grundsätzlich und in erster Linie gegenüber einer durch die Mitglieder oder Angehörigen der eigenen Hochschule konstituierten und darauf beschränkten Öffentlichkeit. Auch dann, wenn sie dieses Amt noch ausüben, müssen sie nicht damit rechnen, dass ihre Namen gegenüber einer uneingeschränkten Öffentlichkeit dauerhaft mit diesem Amt in Verbindung gebracht werden kann, solange sie nicht selbst namentlich und in ihrer Funktion an eine über die Hochschule hinausreichende Öffentlichkeit getreten sind. Es ist ferner Art. 9 Abs. 1 DS-GVO zu berücksichtigen. Danach ist die Verarbeitung personenbezogener Daten, aus denen u.a. die Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen hervorgehen, sowie von Daten zum Sexualleben und zur sexuellen Orientierung einer natürlichen Person untersagt. Von vornherein stand dies der Nennung der Namen von Mitgliedern der Allgemeinden Studierendenausschüsse im Zusammenhang mit der Angabe von Zuständigkeitsbereichen entgegen, die Rückschluss auf in diesem Sinne sensitive Daten zugelassen hätten (bspw. Referate für Antifaschismus , Antirassismus, Ausländerinnen und Ausländer, Queer/Feminismus, Lesben, Schwule , Bisexuelle, Trans und Inter der Humboldt-Universität zu Berlin). Im taz-Artikel vom 02. August 2019 wird HU-Pressesprecher Hans-Christoph Keller mit folgenden Aussagen zitiert: „Wir haben den RefRat nicht über diese Änderungen informiert, da sie für unsere Zusammenarbeit und die konstruktiven Lösungen, die wir gemeinsam erarbeitet haben, unerheblich sind. Wir hoffen, auf Grundlage unserer gemeinsamen Vereinbarung in der Zukunft noch vertrauensvoller zusammenarbeiten zu können“. 16. Welche ‚konstruktiven Lösungen‘ haben der RefRat und die Humboldt-Universität gemeinsam erarbeitet? 17. Wie lautet der Inhalt der gemeinsamen Vereinbarung von Humboldt-Universität und RefRat? 18. Wann wurde diese Vereinbarung getroffen? 19. Wer hat diese Vereinbarung erarbeitet? Wer waren die Beteiligten? 20. Ist die genannte Vereinbarung informeller Natur oder von welchen Gremien wurde sie verabschiedet? - - 5 21. Beinhaltet diese Vereinbarung auch den Umgang mit den Angaben zu den amtierenden Referenten und stellvertretenden Referenten des RefRat? 22. Was haben RefRat und Humboldt-Universität zum Umgang mit den Angaben zu den amtierenden Referenten und stellvertretenden Referenten des RefRat im Hinblick auf parlamentarische Anfragen durch Mitglieder des Abgeordnetenhauses vereinbart? Zu 16. bis 22.: Der Hochschulleitung liegt ein Entwurf für eine Vereinbarung zur Übermittlung der Referatsbesetzungen im ReferentInnenrat vor. Dieser wurde von der Hochschulleitung und dem ReferentInnenrat erarbeitet. Berlin, den 23. August 2019 In Vertretung Steffen Krach Der Regierende Bürgermeister von Berlin Senatskanzlei - Wissenschaft und Forschung -