Drucksache 18 / 20 439 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Maik Penn (CDU) vom 05. August 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 06. August 2019) zum Thema: Nutzungsverträge für freie Träger, Rahmenbedingungen für bürgerschaftliches Engagement in Berlin am Beispiel des Müggelheimer Heimatvereins e.V. – Unterstützung nur ein Lippenbekenntnis? und Antwort vom 28. August 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 28. Aug. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Der Regierende Bürgermeister von Berlin - Senatskanzlei – Herrn Abgeordneten Maik Penn (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei – G Sen – A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18 / 20 439 vom 5. August 2019 über Nutzungsverträge für freie Träger, Rahmenbedingungen für bürgerschaftliches Engagement in Berlin am Beispiel des Müggelheimer Heimatvereins e.V. – Unterstützung nur ein Lippenbekenntnis? ___________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welche konkreten Ziele und Maßnahmen, hier insbesondere hinsichtlich räumlicher Unterstützung, leiten sich aus nachstehender Aussage des Regierenden Bürgermeisters vom Februar 2019 ab: „Das bürgerschaftliche Engagement ist wichtig für das Zusammenleben in unserer Stadt. Wir wollen dafür die richtigen Rahmenbedingungen schaffen.“? 11. Was plant der Senat zur Unterstützung von ehrenamtlich-bürgerschaftlichem Engagement im Bereich der mietfreien Überlassung von Gebäuden bzw. Räumlichkeiten? Zu 1. und zu 11.: Der Senat fördert auf vielfältige Weise das bürgerschaftliche Engagement in Berlin, unter anderem auch durch die Bereitstellung von Räumen für zivilgesellschaftliche Gruppen und Vereine sowie engagierte Ehrenamtliche (z.B. in den Stadtteilzentren und zahlreichen anderen öffentlichen bzw. öffentlich geförderten Einrichtungen ). Die Thematik wird auch im Rahmen der Erarbeitung einer Landes-Engagement- Strategie für Berlin (Beschluss des Abgeordnetenhauses in seiner 40. Sitzung am 4.4.2019) als Baustein zur Stärkung des Bürgerschaftlichen Engagements aufgegriffen . Diese wird bis Sommer 2020 ressortübergreifend und mit den Bezirken sowie einem breiten Spektrum der Berliner Zivilgesellschaft erarbeitet und wird konkrete Handlungsempfehlungen für die Berliner Politik und Verwaltung, Zivilgesellschaft und 2 Wirtschaft beinhalten. Ziel ist es, das vielfältige Engagement der Berlinerinnen und Berliner in den verschiedensten Lebensbereichen durch gute Rahmenbedingungen zu stärken, eine breite Teilhabe an Engagement und Beteiligung zu ermöglichen und gemeinsam eine sozial lebendige und solidarische Gesellschaft zu gestalten. Auf Bundesebene setzt sich der Senat im Rahmen einer Bundesratsinitiative für eine Gewerbemietpreisbremse ein, um den teilweise explosionsartigen Anstieg von Gewerbemieten zu bremsen und so dazu beizutragen, bezahlbare Gewerberäume nicht nur für viele kleine und mittlere gewerbliche Betriebe zu erhalten, sondern auch für soziale Einrichtungen, zivilgesellschaftliche Gruppen und Vereine sowie engagierte Ehrenamtliche, die für ihre Arbeit ebenfalls Gewerberäume nutzen. 2. Warum wird bzw. wurde die Bewirtschaftung von Gebäuden an freie Träger übergeben und nicht in der Verantwortung von Bezirksämtern belassen bzw. zurückgeführt? Zu 2.: In den Immobilienbeständen im Zuständigkeitsbereich der Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM GmbH) erfolgt eine Übergabe der Bewirtschaftung von Gebäuden an Dritte nur im Rahmen von Erbbaurechtsverträgen in Umsetzung vorheriger Gremienentscheidungen. Ansonsten schließt die BIM GmbH nur Miet- und/ oder Nutzungsverträge mit freien Trägern ab. 3. Ist dem Senat bekannt, dass die durch Beschlüsse von Bezirksverordnetenversammlungen autorisierten Nutzungsverträge mit freien Trägern, welche wichtige ehrenamtliche Aufgaben übernehmen, nach Prüfung des Landesrechnungshofs wieder gekündigt wurden und durch Mietverträge ersetzt werden sollen, welche die Vereine mit gewerblichen Mietern gleichstellen? Wenn ja, wie viele und welche Fälle sind dem Senat bekannt und wie passt das zur Aussage des Regierenden Bürgermeisters zu 1.? Zu 3.: Dieser Sachverhalt liegt in der Zuständigkeit der Bezirke. Der Bezirk Treptow- Köpenick arbeitet nach eigener Aussage intensiv daran, dass die freien Träger im Bezirk ihre kulturelle Arbeit zu günstigen Konditionen fortsetzen können. Weitere Informationen liegen dem Senat nicht vor. 4. Welche Auswirkungen hat es nach Ansicht des Senats für die Arbeit ehrenamtlich tätiger Träger, wenn sie diese Mietverträge erfüllen müssen, die gewerblichen Konditionen ähnlich sind? 5. Von welchen Kosten ist auszugehen, wenn freie Träger ihre ehrenamtliche Arbeit und die Bewirtschaftung der Gebäude einstellen und das Land Berlin bzw. die Bezirke deren Leistung übernehmen müssten? (Bitte nach Leistungsart aufschlüsseln.) 10. Welche Auswirkungen hat die Umsetzung der Empfehlungen des Landesrechnungshofes in diesem Fall auf die Kulturarbeit von freien Trägern in vergleichbarer Situation berlinweit? Zu 4. und 5. und 10.: Daten hierüber liegen dem Senat nicht vor. 6. Unter welchen Umständen und auf welchen Grundlagen kann ehrenamtlich engagierten Vereinen aus den Bereichen Sport, Kinder und Jugend, Soziales sowie Kultur Gebäude bzw. Räumlichkeiten rechtssicher mietfrei zur Verfügung gestellt werden? Zu 6.: Nach § 63 Absätze 3 bis 5 der Landeshaushaltsordnung dürfen Vermögensgegenstände , zu denen auch Gebäude gehören, nur dann zu einem geringerem als dem vollen Wert zur Nutzung überlassen werden, wenn dies im Haushaltsplan zuge- 3 lassen wurde, der Wert gering ist oder ein dringendes Interesse Berlins besteht. Darüber hinaus können Verwaltungsvorschriften des Senats weitere Ausnahmen regeln. Beispiel hierfür ist die Sportanlagennutzungsverordnung. Die vorübergehende Überlassung leerstehender Immobilien zur Zwischennutzung wird durch das Haushaltsgesetz (§ 8 Abs. 2 HG 18/19) ermöglicht. Hier sind aber mindestens die damit verbundenen Betriebs- und Unterhaltungskosten zu übernehmen. Sofern freie Träger von den Kosten für die Anmietung von Immobilien entlastet werden sollen, ist im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel die entsprechende Erhöhung der Zuwendungen vorzusehen. 7. Auf welcher Grundlage basiert die Entscheidung des Landesrechnungshofes und mit welcher Begründung , die durch BVV-Beschluss autorisierten Nutzungsvereinbarungen mit dem Müggelheimer Heimatverein e.V. als nicht rechtskonform zu bezeichnen? Welche Position vertritt der Senat hierzu? Zu 7.: Der Rechnungshof von Berlin ist eine unabhängige, nur dem Gesetz unterworfene oberste Landesbehörde. Ihm obliegt die Überwachung des Verwaltungshandelns nach den haushaltsrechtlichen Regelungen. Der Senat kommentiert Prüfungsergebnisse des unabhängigen Rechnungshofs zum Verwaltungshandeln Anderer nicht. 8. Welche Kosten entstehen voraussichtlich, wenn der Müggelheimer Heimatverein e.V. die Bewirtschaftung des Gebäudes „Alte Schule Müggelheim“ einstellt und wer muss diese Kosten tragen? Zu 8.: Das Bezirksamt Treptow-Köpenick teilt dazu mit: Der Verein nutzt die Liegenschaft . Er „bewirtschaftet“ diese finanziell derzeit lediglich in Form der Zahlung einer Betriebskostenpauschale in Höhe von 620 € p.a. Alle weiteren Bewirtschaftungskosten sowie die Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten trägt das Land Berlin. Im Jahr 2018 betrugen diese 8.439 € (9.059 € abzüglich 620 €). Da die Höhe der verbrauchsabhängigen Betriebskosten nicht vorhersehbar ist, können die Gesamt- Bewirtschaftungskosten für die Liegenschaft, die zunächst das Land Berlin in voller Höhe tragen müsste, für die Zukunft nicht weiter beziffert werden. 9. Welche Auswirkungen hat die Umsetzung der Empfehlungen des Landesrechnungshofes in diesem Fall auf die Arbeit des Müggelheimer Heimatvereins e.V.? Zu 9.: Das Bezirksamt Treptow-Köpenick teilt dazu mit: Sollte der Müggelheimer Heimatverein nach bisheriger Lage den angebotenen Mietvertrag nicht unterschreiben , wäre die weitere Gebäudenutzung nicht mehr möglich und aus Sicht des Bezirksamtes müsste die kulturelle Arbeit für den Ort zunächst eingestellt werden. Durch Neuausschreibung müsste ein neuer Kulturverein gefunden werden, der die Arbeit des freien Trägers übernehmen würde. Das Bezirksamt würde diesen Schritt zutiefst bedauern. Durch die Entwicklung des „Musketier-Modells“, dem alle betroffenen freien Träger im Bezirk Treptow-Köpenick im Grundsatz zugestimmt haben (darunter auch der Müggelheimer Heimatverein) und das diese umsetzen möchten, hat sich jedoch eine völlig neue und hoffnungsvollere Lage ergeben. Nach dem Motto „Einer für alle“ mietet ein Träger als Mieter alle kommunalen Kultureinrichtungen, die dem Bezirk gehören , vom Bezirksamt an. Dieser Mieter schließt mit den Kulturvereinen wie bisher Nutzungsvereinbarungen ab, das Amt für Weiterbildung und Kultur schließt Zielvereinbarungen mit den Kulturvereinen ab. Der Mieter wird die benötigten Mieten und 4 Betriebskosten als Zuwendung sowie eine Entschädigung für den Verwaltungsaufwand im kommenden Doppelhaushalt erhalten. Berlin, den 28. August 2019 Der Regierende Bürgermeister In Vertretung Christian Gaebler Chef der Senatskanzlei