Drucksache 18 / 20 458 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Tom Schreiber (SPD) vom 29. Juli 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. August 2019) zum Thema: Organisierte Kriminalität – Geschäftsmodell der Zwangsversteigerungen bundesweit und Antwort vom 26. August 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. August 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung Herrn Abgeordneten Tom Schreiber (SPD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/20458 vom 29. Juli 2019 über Organisierte Kriminalität - Geschäftsmodell der Zwangsversteigerungen bundesweit Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welche Erkenntnisse haben das Landeskriminalamt Berlin (LKA) und die Berliner Staatsanwaltschaft darüber, dass insbesondere Vertreter aus Phänomenbereichen der Organisierten Kriminalität (beispielsweise Clankriminalität oder Rockerkriminalität) bei den Zwangsversteigerungen im Land Berlin mitsteigern, um ihr illegales Vermögen durch Geldwäsche abzusichern? (Gegebenenfalls Aufstellung und Zuordnung zu den Phänomenbereichen erbeten.) Zu 1.: Neben den Erkenntnissen aus dem aus der Presseberichterstattung wegen des Verdachts der Geldwäsche geführten Verfahren zu den „77 Immobilien“, zu dem die in der Antwort zu der Schriftlichen Anfrage Nr. 18/20457 mitgeteilten Erkenntnisse vorliegen, wird ein weiteres Ermittlungsverfahren in diesem Umfeld geführt, in dem eine Immobilien in einem Zwangsversteigerungsverfahren erworben wurde. 2. Kann die sogenannte Identitätsprüfung eines Bieters sicherstellen, ob eine Person im Auftrag eines kriminellen Clans handelt oder nicht? Zu 2.: Derzeit werden im gerichtlichen Zwangsversteigerungsverfahren den gesetzlichen Vorgaben entsprechend lediglich die Personalien der Bieterinnen und Bieter durch Vorlage von Personaldokumenten (Personalausweis/Reisepass) festgestellt. Anhand der in diesem Wege festgestellten Daten allein können Erkenntnisse zu Sachverhalten, zu deren Ermittlung kriminalistische Methoden erforderlich sind, nicht gewonnen werden. 3. Was spricht für bzw. gegen die Einführung einer sogenannten „OK-Klausel“ bei Zwangsversteigerungen, um in einem Gerichtsverfahren Immobilien - im Fall der Ersteigerung durch illegales Vermögen - der Gemeinschaft oder dem ursprünglichen Eigentümer zurückzugeben? Zu 3.: Eine Bewertung, was für bzw. gegen die Einführung einer sogenann-ten „OK- Klausel“ bei Zwangsversteigerungen spricht, ist jedenfalls so lange nicht möglich, als der Inhalt und insbesondere die konkreten Rechtsfolgen einer solchen „OK-Klausel“ nicht näher ausgestaltet sind. Auch sind dabei die zwingenden bundesgesetzlichen Vorgaben für die Durchführung des Zwangsversteigerungsverfahrens zu berücksichtigen. 2 4. Welche Anzeichen bzw. belastbare Indizien gibt es dafür, dass über Jahre hinweg im Land Berlin und darüber hinaus das Geschäftsmodell der Ersteigerung von Immobilien über Dritte mit anschließender Rückführung in Clanstrukturen professionalisiert und praktiziert wurde, um Geldwäsche zu betreiben? Zu 4.: Über die Erkenntnisse aus den zu 1. erwähnten Ermittlungsverfahren, zu deren Einzelheiten mit Blick auf eine mögliche Gefährdung des Ermittlungszwecks keine Auskunft erteilt werden kann, hinausgehend liegen keine Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung vor. 5. Welche konkreten Maßnahmen sind im Land Berlin geplant, um der Geldwäsche mittels Immobilienhandels , z.B. durch Zwangsversteigerungen wie im Fall der 77 beschlagnahmten Immobilien, zukünftig einen Riegel vorzuschieben, welche gesetzlichen Rahmenbedingungen müssen hierfür geschaffen werden und ab wann sollen diese Maßnahmen wirksam werden? (Aufstellung erbeten.) Zu 5.: Die gesetzlichen Regelungen zum Immobilienerwerb und zur Zwangsversteigerung liegen primär im Zuständigkeitsbereich des Bundesgesetzgebers, wo derzeit im Zuge der Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur vierten EU-Geldwäscherichtlinie (EU 2018/843) Änderungen debattiert werden, die auch den angesprochenen Bereich der Geldwäsche mittels Immobilienhandels betreffen. Der Senat hat sich diesem Themenkomplex angenommen. So ist im Geschäftsbereich der Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung geplant, den Aufsichtsbereich über die Notare bei dem Präsidenten des Landgerichts Berlin personell zu verstärken, damit dieser seiner Aufsichtspflicht in Bezug auf die Pflichten der Notare nach dem Geldwäschegesetz noch intensiver nachkommen kann. Zudem sind umfangreiche Schulungsmaßnahmen mit Blick auf potentielle Geldwäschegeschäfte für das betreffende Personal beabsichtigt. Der Senat wird die weitere Entwicklung im Blick behalten. 6. Waren Zwangsversteigerungen als Erscheinungsform Organisierter Kriminalität in den letzten Jahren ein Thema bei der Innenministerkonferenz und wenn ja, mit welchen konkreten Inhalten und Beschlüssen? Zu 6.: Nein. Berlin, den 26. August 2019 In Vertretung Dr. Brückner Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung