Drucksache 18 / 20 487 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Michael Dietmann (CDU) vom 07. August 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. August 2019) zum Thema: Scheinbar unmögliche Absicherung des Fußgängerverkehrs am Märkischen Zentrum wegen paradoxer Verwaltungsrichtlinien (II) – Nachfrage zur Beantwortung vom 16.04.2019 und Antwort vom 27. August 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 29. Aug. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz Herrn Abgeordneten Michael Dietmann (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/20487 vom 7. August 2019 über Scheinbar unmögliche Absicherung des Fußgängerverkehrs am Märkischen Zentrum wegen paradoxer Verwaltungsrichtlinien (II) - Nachfrage zur Beantwortung vom 16.04.2019 Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Warum hat sich der Senat in seiner Antwort vom 16.04.2019 auf meine Frage nach der letzten im Bereich Senftenberger Ring nördlich des Einkaufszentrums Märkische Zeile durchgeführten Verkehrszählung nicht auf die jüngere Zählung vom 06.11.2017 berufen, sondern die für die Begründung seiner Antwort günstigeren Zahlen vom 02.11.2015 dargestellt? Frage 3: Wer war Auftraggeber der Verkehrszählung vom 06.11.2017 und warum sind die Zahlen in der zuständigen Senatsverwaltung nicht verfügbar gewesen? Antwort zu 1 und 3: Die Heranziehung der Verkehrszählung aus dem Jahr 2015 statt aus dem Jahr 2017 ist irrtümlich geschehen. Bei der Menge an Standorten, die in der AG Förderung des Fußverkehrs / Querungshilfen bearbeitet werden, ist solch ein Versehen bedauerlich und nicht völlig auszuschließen. Auftraggeber der Verkehrszählung 2017 war die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz. Auch die Ergebnisse dieser Verkehrszählungen zeigen (vgl. Antwort zu Frage 2), dass die Errichtung eines Fußgängerüberweges gemäß der Frequenztabelle für Kfz/ Fußgänger in Ziffer 2.3 (2) der Richtlinie für die Anlage und Ausstattung von Fußgängerüberwegen (R-FGÜ 2001) in der Regel nicht möglich ist. Zudem wird in der Antwort zur Frage 3 zur Schriftlichen Anfrage Nr. 18/18444 deutlich darauf hingewiesen, dass die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz seit langem eine gesicherte Querungsstelle an ebendieser Stelle für notwendig hält und daher am 19.06.2017 einen Antrag auf Einrichtung eines Fußgängerüberweges (FGÜ), am 2 Senftenberger Ring nördlich des Märkischen Zentrums, an die dafür zuständige Straßenverkehrsbehörde des Bezirksamtes Reinickendorf übergeben hat. Frage 2: Ist die Verkehrszählung vom 06.11.2017 durchgeführt worden, um die Auswirkungen der damals neu errichteten Skaterbahn am Senftenberger Ring und die Zuzüge im Zusammenhang mit dem Stadtumbau West beurteilen zu können? Wie sind die Ergebnisse im Vergleich zur der Zählung von 2015? Antwort zu 2: Ja, die erneute Verkehrszählung im November 2017 wurde aus den genannten Gründen durchgeführt. Die letzte der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz vorliegende Verkehrszählung vom 06.11.2017 ergab, dass in der Spitzenstunde des Fußverkehrs 454 Fußgängerinnen und Fußgänger den Senftenberger Ring überquerten, bei einer zur selben Stunde vorliegenden Kraftfahrzeugbelegung von 343 Kraftfahrzeugen. Die absolut höchste Kraftfahrzeugbelegung pro Stunde betrug 347 Kraftfahrzeuge. Die Verkehrszählung vom 02.11.2015 ergab, dass in der Spitzenstunde des Fußverkehrs 261 Fußgängerinnen und Fußgänger den Senftenberger Ring überquerten, bei einer zur selben Stunde vorliegenden Kraftfahrzeugbelegung von 364 Kraftfahrzeugen. Die absolut höchste Kraftfahrzeugbelegung pro Stunde betrug 411 Kraftfahrzeuge. Demzufolge hat sich das Fußverkehrsaufkommen erhöht, während der Kfz-Verkehr rückläufig ist. Frage 4: Wie war 2015 die Stellungnahme der Polizei zur Anordnung eines Fußgängerüberwegs/ einer Mittelinsel ausgefallen und wann ist die Polizei zuletzt um eine Stellungnahme zum Bau einer gesicherten Fußgängerquerung im Zuge des nördlichen Ausgangs des Märkischen Zentrums über den Senftenberger Ring gebeten worden und wie lautet das Ergebnis? Antwort zu 4: Seitens der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz wurde die Polizei letztmalig im Dezember 2015 um eine Stellungnahme zur Anordnung eines Fußgängerüberweges am nördlichen Ausgang des Märkischen Zentrums gebeten. Die Polizei hatte damals erhebliche verkehrliche Bedenken gegenüber der geplanten Einrichtung eines Fußgängerüberweges. Zudem wurde bei einer Bevorrechtigung des Fußverkehrs eine unverhältnismäßige Benachteiligung des Fahrzeugverkehrs angenommen. Eine Stellungnahme der Polizei zur Anordnung einer Mittelinsel liegt nicht vor, weil diese planerisch nicht konkretisiert wurde. Frage 5: Bleibt der Senat unter Berücksichtigung der Verkehrszählungsdaten von 2017 bei seiner in der Antwort vom 16.04.2019 auf die Frage 4 formulierten Aussage, dass „durchaus, trotz der Tempo-30-Zonen-Regelung, gemäß der Ziffer 2.1 (3) der ‚Richtlinien für die Anlage und Ausstattung von Fußgängerüberwegen (R-FGÜ 2001)‘ an diesem Standort ein FGÜ angeordnet werden“ könnte? Wie lautet ggf. die fachliche Begründung dafür oder gibt es eine Neueinschätzung? 3 Frage 6: Bleibt der Senat unter Berücksichtigung der Verkehrszählungsdaten von 2017 bei seiner in der Antwort vom 16.04.2019 auf die Frage 5 formulierten Aufforderung an die Straßenverkehrsbehörde des Bezirksamtes Reinickendorf, „eine Anordnung wohlwollend zu prüfen, da eine Überschreitung der generell maximal zugelassenen Fußgängeranzahl um nur 11 in einer einzigen Stunde eines 12-Stunden-Zeitraums, zu verzeichnen war. Innerhalb der restlichen 11 Stunden des Erhebungszeitraumes ermöglichen die ermittelten Verkehrszahlen der zu Fuß Gehenden als auch Kraftfahrzeuge den Einsatz eines FGÜ eindeutig. Eine Ausnahmeprüfung durch die Oberste Straßenverkehrsbehörde wurde aufgrund der zu vernachlässigenden Werte von nur 11 Fußgängerinnen und Fußgänger in 3 nur einer Stunde daher von der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz als unverhältnismäßig eingeschätzt.“? Wie lautet ggf. die fachliche Begründung dafür oder gibt es eine Neueinschätzung? Antwort zu 5 und 6: Aufgrund des hohen Fußverkehrsaufkommens bei der Verkehrszählung im Jahr 2017 ist es aufgrund der Richtlinien deutlich schwieriger, einen Fußgängerüberweg am Senftenberger Ring zu errichten. Während die Zählung aus dem Jahr 2015 eine Überschreitung der generell maximal zugelassenen Fußgängerzahl um nur 11 Personen feststellte, liegt der Wert aus dem Jahr 2017 bei über 450 Fußgängerinnen und Fußgängern in der Spitzenstunde. Die Errichtung eines Fußgängerüberweges gemäß den Richtlinien für die Anlage und Ausstattung von Fußgängerüberwegen ist damit im Regelfall nicht möglich. Die R-FGÜ ermöglicht die Einrichtung eines Fußgängerüberweges bei dieser Verkehrsstärke nur bis zu einer Fußgängerverkehrsstärke von bis zu 250 zu Fuß Gehenden in der Spitzenstunde. Dieser Wert ist auf die Tatsache zurückzuführen, dass bei einer höheren Fußverkehrsbelastung die Möglichkeit besteht, den fließenden Verkehr zum Erliegen zu bringen und ggf. auch Rückstaus zu verursachen. Oberhalb des für FGÜ möglichen Einsatzbereiches sind in der Regel Lichtsignalanlagen (LSA) erforderlich. Jedoch sind Lichtsignalanlagen in Tempo 30-Zonen nicht zulässig (§ 45 Abs. 1c StVO) In begründeten Ausnahmefällen sind FGÜs auch außerhalb der möglichen Einsatzbereiche anzuordnen. Dabei müsste eine Einzelfallprüfung unter Einbeziehung der Umbaupläne erfolgen, ob ein Ausnahmefall vorliegen könnte. Dieser kann unter Umständen gegeben sein, wenn es sich dort um pulkartiges Fußgängeraufkommen beispielsweise in Verbindung mit Fußgängerzonen oder einem einer Fußgängerzone ähnelnden Verhalten von zu Fuß Gehenden handelt. Zudem wäre gegebenenfalls auch ein Fußgängerüberweg mit Mittelinsel zulässig, weil die maßgebliche Kraftfahrzeugstärke nach den R-FGÜ für den in einem Zug zu überquerenden Fahrbahnteil gilt, d.h. bei Mittelinseln für die jeweils stärker belastete Fahrtrichtung. Daher wäre die Anlage einer Mittelinsel, und wenn das nicht ausreicht, eine Ergänzung mit einem Fußgängerüberweg vorstellbar. Zuständig wäre dafür das Bezirksamt. Die Senatsverwaltung würde die Prüfung einer solchen Lösung unterstützen. Weiterhin wäre auch eine erneute Zählung jetzt oder nach dem Umbau vorstellbar, da die letzte Zählung schon zwei Jahre alt zurück liegt. Frage 7: Welche Möglichkeit zur Sicherung des Fußgängerverkehrs favorisiert der Senat nunmehr für den Bereich im Zuge des nördlichen Ausgangs des Märkischen Zentrums über den Senftenberger Ring und welche Unterstützung kann er dafür anbieten? 4 Antwort zu 7: Neben den oben geschilderten Möglichkeiten, wären eine farbliche, nicht amtliche Markierung des Querungsbereiches oder eine [farbliche] Aufpflasterung sowie weitere Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung des Senftenberger Rings möglich. Dies könnte die Querungssituation verdeutlichen, das Geschwindigkeitsniveau reduzieren und eine bessere Querbarkeit für die zu Fuß Gehenden sicherstellen. Eine Finanzierung der Maßnahme wäre mit Mitteln der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz möglich. Berlin, den 27.08.2019 In Vertretung Stefan Tidow Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz