Drucksache 18 / 20 535 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Ülker Radziwill (SPD) vom 14. August 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. August 2019) zum Thema: Wie geht es weiter im Klosterviertel? und Antwort vom 29. August 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. Sep. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen Frau Abgeordnete Ülker Radziwil (SPD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr.18/20535 vom 14.08.2019 über Wie geht es weiter im Klosterviertel? Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Schriftliche Anfrage betrifft teilweise Sachverhalte, die der Senat nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Frage zukommen zu lassen und hat daher den Bezirk Mitte um eine Stellungnahme gebeten, die von dort in eigener Verantwortung erstellt und dem Senat übermittelt wurde. Sie wird nachfolgend wiedergegeben. Frage 1: Bezüglich des Umbaus/Rückbaus der Grunerstraße – der für die Umsetzung des Bebauungsplans Molkenmarkt /Klosterviertel zentral ist – hat der Senat angekündigt, dass die Ausführungsplanung und die Vergabe der Bauleistungen für den Hauptstraßenzug im III. Quartal 2019 abgeschlossen sein sollen: Wann beginnt der Bau und bleibt es aus heutiger Sicht bei der Fertigstellung des Hauptstraßenzuges im III. Quartal 2023? Antwort zu 1: Die Ausführungsplanung liegt vor, das Vergabeverfahren ist abgeschlossen und der Auftrag für die Bauhauptleistungen wurde Ende Juni 2019 erteilt. Der Baubeginn vor Ort erfolgt im September 2019, die Fertigstellung ist im Herbst 2023 geplant. Frage 2: Laut einem Artikel in der Berliner Zeitung vom 24. Juni 2019 („Gestaltungsvorschläge gesucht - Was wird aus dem Campus Klosterviertel?“) plant die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, den „groben und holzschnittartigen“ Bebauungsplan Molkenmarkt/Klosterviertel in Bezug auf das frühere Areal des Gymnasiums zum Grauen Kloster zu ändern, weil sich seit seinem Beschluss im Jahr 2016 die Bedingungen drastisch verändert und Historiker, Denkmalschützer und Stadtplaner neue Spielregeln für den Umgang mit historischen Orten erarbeitet hätten. Welche Bedingungen haben sich seit 2016 geändert und wo können die neuen Spielregeln für den Umgang mit historischen Orten nachgelesen werden? Antwort zu 2: Der gesamte Quartierbereich wird in den kommenden Jahren in einem städtebaulichen Qualifizierungsverfahren und daraus abgeleiteten hochbaulichen und freiraumplanerischen Wettbewerben hinsichtlich seiner gestalterischen und funktionalen Rahmenbedingungen detailliert. Die inhaltliche Auseinandersetzung erfolgt im Dialog mit der interessierten 2 Stadtgesellschaft, den zukünftigen Nutzer/innen sowie der Politik. Ausgangspunkt ist dabei der rechtsgültige Bebauungsplan 1-14 Molkenmarkt. Für den Standort „Graues Kloster“ wird der Bezirk Mitte zeitnah eine aktualisierte Bedarfsplanung starten, bei der auch eine denkmalverträgliche Baumasse zu berücksichtigen ist (s. Antwort zu 6. und 7.) Frage 3: Welche Änderungen am Bebauungsplan plant der Senat in Bezug auf das Gelände des Grauen Klosters? Antwort zu 3: Ein Planerfordernis zur Änderung des rechtsgültigen Bebauungsplans besteht derzeit nicht, weil noch kein Nutzungs- und Bebauungskonzept erarbeitet wurde (s. Antwort zu 2.) Frage 4: Mit Drucksache 18/18300 hat der Senat mitgeteilt, dass sich zu den Grundstücken des Gymnasiums zum Grauen Kloster ein Restitutionsvorgang im Rechtsmittelverfahren der Klage befinde, zu dem das noch offene Verfahren beim Verwaltungsgericht zurzeit ruhe. Es werde versucht, eine gütliche Einigung zwischen allen Beteiligten auszuhandeln. Gibt es gegenwärtig außergerichtliche Verhandlungen mit dem Restitutionsantragsteller? Wenn ja, wann haben diese begonnen und welche Schritte hat der Senat in den Jahren 2018 und 2019 unternommen, um eine gütliche Einigung mit dem Restitutionsantragsteller zu erreichen? Wenn nein, warum nicht? Frage 5: Welchen Einfluss hat das Restitutionsverfahren - zeitlich und inhaltlich - auf die zukünftige Nutzung des Areals? Antwort zu 4 und 5: Die Klage gegen den ablehnenden Bescheid des Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen auf Rückübertragung der ehemals im Eigentum des Gymnasiums zum Grauen Kloster stehenden Grundstücke im Klosterviertel ist seit 2004 ruhend gestellt. Bis zum heutigen Zeitpunkt konnte eine Einigung über die Rückübertragung der Grundstücke trotz anhaltender Vergleichsbemühungen nicht getroffen werden. Über die Gründe können aufgrund des laufenden Verfahrens keine näheren Angaben gemacht werden. Der Restitutionsantrag löst, solange das Verfahren läuft, die Pflicht aus, den Abschluss dinglicher Rechtsgeschäfte oder die Eingehung langfristiger vertraglicher Verpflichtungen zu unterlassen. Diese Unterlassungspflicht bewirkt kein gesetzliches Verfügungsverbot, sie wirkt nur schuldrechtlich im Innenverhältnis zwischen den am Verfahren beteiligten Parteien. Zu unterlassen sind aber dennoch tatsächliche Veränderungen der Substanz oder der Nutzungsart, wenn sie die künftige Dispositionsfreiheit über den Vermögenswert mehr als unerheblich beeinträchtigen. Die Missachtung der Verfügungssperre kann Schadensersatzansprüche auslösen. Eine Sicherung des Rückübertragungsantrags wird noch dadurch erzielt, dass der Restitutionsantrag durch die Eintragung eines sogenannten Anmeldevermerks im Grundbuch (Abteilung II) transparent gemacht wird. Frage 6: Welche Vorstellungen bezüglich der zukünftigen Nutzung und Gestaltung des Geländes des Gymnasiums zum Grauen Kloster hat der Senat? Frage 7: Sind mit Haushaltsmitteln des Landes Berlin oder des Bezirks Mitte (teil)finanzierte Aktivitäten oder Veranstaltungen geplant, bei denen die zukünftige Nutzung und Gestaltung des Geländes des Gymnasiums zum Grauen Kloster erörtert wird? Wenn ja, an wen richten sich die Veranstaltungen und wann finden sie 3 statt? Antwort zu 6 und 7: Die Ruine der ehemaligen Franziskaner Klosterkirche befindet sich im Fachvermögen des Bezirks Mitte von Berlin. In dessen Verantwortung liegt damit zum einen die programmatische Ausrichtung und Sicherstellung einer öffentlichen kulturellen Nutzung des Baudenkmals. Für die Umsetzung des Veranstaltungsprogramms in der Ruine der ehem. Franziskaner Klosterkirche sind bezirkliche Mittel im Haushaltsplan 2020/21 eingestellt. Das geplante Ausstellungs- und Veranstaltungsprogramm beschäftigt sich mit der vielschichtigen Geschichte und möglichen Zukunft des Standortes und legt den Fokus dabei auf eine künstlerische Auseinandersetzung. Der öffentliche Zugang (April- November) zu diesem einzigartigen Baudenkmal wird durch den Bezirk Mitte von Berlin gewährleistet. Die Sichtbarkeit des Baudenkmals im Stadtraum wird durch eine denkmalgerechte Architekturbeleuchtung und eine künstlerische Lichtinstallation („unfinished histories“) in den Wintermonaten gestärkt. Das Programm richtet sich an Berliner Schüler/innen, Berliner/innen, Besucher/innen aus In- und Ausland sowie Fachpublikum, Hochschulen und Universitäten. Zum anderen liegt dort der Erhalt des Baudenkmals und die Entwicklung eines nachhaltigen Nutzungskonzepts im Zusammenhang mit der städtebaulichen Neugestaltung des Gebiets Molkenmarkt/Klosterviertel. Bisher liegt ein Nutzungskonzept vor, das die bisherigen Flurstücke 65 und 67 einbezieht und die Entwicklung des Gesamtstandortes betrachtet: 1. Erhalt und Sicherung der historischen Bausubstanz; 2. Verbesserung der Nutzungsmöglichkeit unter Berücksichtigung der denkmalpflegerischen Belange für einen öffentlichen Ort in Berlin-Mitte, an dem eine künstlerische Auseinandersetzung mit Geschichte und Fragen der Zukunft ermöglicht wird; 3. Verbesserung der Lesbarkeit und Anschaulichkeit der (Bau-)Geschichte des Ortes inklusive seiner räumlichen Bezüge u. a. Ergänzungsbau auf Grundlage der archäologischen Grabungen und des mittelalterlichen Grundrisses der Klosteranlage und seiner stadträumlichen Lage an der Berliner Stadtmauer. Eine Änderung des Bebauungsplanes 1-14 Molkenmarkt wird für die Umsetzung des Konzepts empfohlen. Anstelle der bislang vorgesehenen Neubebauung soll ein maximal dreigeschossiger Neubau im Baufenster des Refektoriums der ehemaligen Klosteranlage geplant werden, um eine öffentliche Nutzung des Neubaus durch die Jugendkunstschule Mitte, die kulturellen Bildungsverbünde Mitte sowie für museumspädagogische Labore zur Vermittlung von Baukultur, Denkmal(pflege) und Stadtplanung (Mitte Museum) anzubieten. Zudem hält der Bezirk Mitte von Berlin an seiner Stellungnahme zum Bebauungsplan 1-14 Molkenmarkt/Klosterviertel fest und lehnt die bauliche Einfassung des mittelalterlichen Areals durch einen rekonstruierten Kolonnadengang aus dem 19. Jahrhundert ab. Bisher fehlen vor allem Personalkapazitäten in den bauenden und planenden Bereichen des Bezirks für Sanierungsmaßnahmen und die Weiterentwicklung des Standortes im Zusammenhang mit der städtebaulichen Neugestaltung des Gebiets Molkenmarkt/Klosterviertel. Dies betrifft zum Beispiel eine vorgesehene zweiphasige Machbarkeitsstudie des bereits vorliegenden Nutzungskonzeptes: - Phase 1 Sanierung und Sicherung der Bausubstanz; 4 - Phase 2 Bauliche Weiterentwicklung der Ruine der ehem. Franziskaner Klosterkirche und deren Bezüge zum historischen Areal der bisherigen Flurstücke 65 und 67. Zur Finanzierung der Machbarkeitsstudie in 2020/2021 erfolgt eine Priorisierung der Baumaßnahme Ruine des ehem. Franziskaner Klosterkirche im Bezirk Mitte von Berlin erfolgt in der 36. KW 2019. Die Entwicklung und Erarbeitung der Machbarkeitsstudie soll in enger Abstimmung mit dem Senat sowie den bezirklichen Bildungsnetzwerke Urbane Künste, Bildungscampus KMA, Haus der Statistik, Stiftung Stadtmuseum und weiteren lokalen Akteur/innen erfolgen. Im Rahmen des durch den Senat geplanten und durchgeführten beteiligungs- und Kommunikationsformats „Stadtwerkstatt“ werden hierzu entsprechend den o.g. Entwicklungsvorstellungen Informations- und Beteiligungsformate entwickelt und in den kommenden Jahren angeboten. Eine konkrete Planung liegt hierzu nicht vor. Berlin, den 29.08.2019 In Vertretung Lüscher ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen