Drucksache 18 / 20 538 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Ülker Radziwill (SPD) vom 14. August 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. August 2019) zum Thema: 8 Jahre Bezirksverwaltungsgesetz Berlin – wie arbeiten Bezirksämter und Bezirksverordnetenversammlungen zusammen? und Antwort vom 29. August 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 04. Sep. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 6 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Frau Abgeordnete Ülker Radziwill (SPD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/ 20538 vom 14. August 2019 über 8 Jahre Bezirksverwaltungsgesetz Berlin – wie arbeiten Bezirksämter und Bezirksverordnetenversammlungen zusammen? ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie hat sich das Bezirksverwaltungsgesetz Berlin (BezVwG BE) in den Berliner Bezirken bei der Zusammenarbeit von Bezirksämtern und Bezirksverordnetenversammlungen (BVV´en) bewährt? Zu 1.: Das Bezirksverwaltungsgesetz (BezVG) stammt in seiner ursprünglichen Fassung aus dem Jahr 1958. Über die Jahre wurde es mehrfach angepasst. Der Senat geht nicht davon aus, dass sich die Regelungen des Bezirksverwaltungsgesetzes, welche die Zusammenarbeit zwischen Bezirksämtern und den Bezirksverordnetenversammlungen betreffen, grundsätzlich nicht bewährt hätten. Auf die Antwort zur Frage 15 wird verwiesen. 2. Wie werden die BVV´en von den 12 Bezirksämtern in die Lage versetzt, ihre jeweiligen Aufgaben nach BezVwG, insbesondere bei der Kontrolle bzw. der Anregung von Verwaltungshandeln gegenüber dem jeweiligen Bezirksamt, gerecht zu werden? Zu 2.: Den Fraktionen der Bezirksverordnetenversammlungen werden zur Abgeltung des personellen und sachlichen Aufwandes einschließlich der Unterhaltung ihrer Büros gemäß § 8a Absatz 1 bis 3 des Gesetzes über die Entschädigung der Mitglieder der Bezirksverordnetenversammlungen, der Bürgerdeputierten und sonstiger ehrenamtlich tätiger Personen (BezVEG) finanzielle Zuschüsse gewährt. Weiterhin stellen die Bezirksämter den Fraktionen der Bezirksverordnetenversammlungen angemessene Räumlichkeiten zur Verfügung. Daneben erhalten sie zusätzliche Personalmittel zur Beschäftigung von bis zu drei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nach § 8a Absatz 4 BezVEG. Diese Zuwendungen sollen sie dazu in die Lage versetzen, insbesondere ihren Kontrollrechten gegenüber dem jeweiligen Bezirksamt sachgerecht nachkommen zu können. Seite 2 von 6 3. Wie viele Bürgeranfragen und wie viele schriftliche Anfragen von Bezirksverordneten wurden in den 12 Bezirken seit Beginn dieser Legislaturperiode (bis Stand Ende Mai 2019) an das jeweilige Bezirksamt gerichtet (bitte tabellarisch pro Bezirk auflisten!)? 5. Wie viele der schriftliche Anfragen von Bezirksverordneten sind davon (bis Stand Ende Mai 2019) in den 12 Bezirken nicht innerhalb eines Monats und wie viele nicht innerhalb von zwei Monaten vom jeweiligen Bezirksamt beantwortet worden (bitte pro Bezirk in die Tabelle – vgl. Frage 3 - einpflegen)? 6. Bei wie vielen schriftlichen Anfragen von Bezirksverordneten an das jeweilige Bezirksamt mussten diese länger als 3 Monate auf die Antwort des Bezirksamtes warten (bitte pro Bezirk in die Tabelle – vgl. Frage 3 - einpflegen) oder haben keine Antwort bekommen und wie bewertet der Senat derartige Bearbeitungsfristen mit Blick auf das BezVwG BE? Zu 3., 5., 6.: Zur Beantwortung der Fragen 3., 5. und 6. wurde eine Abfrage bei allen 12 Berliner Bezirksämtern durchgeführt. Diese hat seit Beginn der Legislaturperiode bis Ende Mai 2019 folgende Zahlen ergeben, wobei in den Geschäftsordnungen der Bezirksverordnetenversammlungen vorgesehene sogenannte Große Anfragen und sogenannte Mündliche Anfragen nicht berücksichtigt wurden: Bezirk Anzahl Bürgeranfragen Anzahl Schriftliche Anfragen Antwort > 1 Mo Antwort > 2 Mo Antwort > 3 Mo keine Antwort Charlottenburg - Wilmersdorf 275 395 91 31 78 31 Friedrichshain - Kreuzberg 56 304 57 17 54 1 Lichtenberg 135 323 70 3 7 0 Marzahn- Hellersdorf 69 485 335 innerhalb eines Monats 118 innerhalb von 2 Monaten 28 4 Mitte 114 675 167 57 57 33 Neukölln k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. Pankow 121 601 50 6 3 0 Reinickendorf 226 255 k.A. k.A. k.A. k.A. Spandau 364 367 k.A. k.A. k.A. k.A. Steglitz- Zehlendorf 180 355 73 6 2 0 Treptow- Köpenick 115 843, davon 2 offen k.A. k.A. k.A. k.A. Tempelhof- Schöneberg 181 430 k.A. k.A. k.A. k.A. Die fehlenden Angaben wurden von den Bezirken im Wesentlichen damit begründet, dass Statistiken zu Bearbeitungszeiten von Schriftlichen Anfragen nicht geführt würden . Eine Auswertung über Softwareprogramme sei nicht möglich. Eine manuelle Auswertung sei aufgrund des erheblichen Aufwandes ebenfalls nicht möglich. Fristen zur Beantwortung der Schriftlichen Anfragen der Bezirksverordneten durch die jeweiligen Bezirksämter sind in den Geschäftsordnungen der Bezirksverordne- Seite 3 von 6 tenversammlungen geregelt. Das Bezirksverwaltungsgesetz enthält keine derartigen Regelungen, die vom Senat bewertet werden könnten. 4. Wie viele Anfragen von der Landesebene (Senat) wurden im gleichen Zeitraum an die 12 Bezirke gestellt? Zu 4.: Eine anlässlich dieser Schriftlichen Anfrage bei allen Senatsverwaltungen erfolgte Abfrage hat ergeben, dass eine statistische Erfassung der Anfragen an die zwölf Bezirke nicht erfolgt. Eine Bezifferung ist daher nicht möglich. 7. Wie viele Anträge/Beschlüsse der Bezirksverordnetenversammlungen wurden in den 12 Bezirken seit Beginn der Legislaturperiode (bis Stand Ende Mai 2019) an das jeweilige Bezirksamt gerichtet (bitte pro Bezirk in die Tabelle – vgl. Frage 3 - einpflegen!)? 8. Wie viele Anträge/Beschlüsse der Bezirksverordnetenversammlungen wurden in den 12 Bezirken seit Beginn der Legislaturperiode (bis Stand Ende Mai 2019) vom jeweils zuständigen Bezirksamt nicht innerhalb der von den BVVen vorgegebenen Fristen beantwortet/bearbeitet (bitte pro Bezirk in die Tabelle – vgl. Frage 3 - einpflegen!) 9. Wie viele der Anträge/Beschlüsse der BVVen (vgl. Frage 6) wurden durch die jeweiligen Bezirksämter nicht innerhalb von einem Monat bzw. innerhalb von 3 Monaten beantwortet/bearbeitet (i.d.R. durch VzK) und wie viele dieser verlängerten Bearbeitungsfristen wurden von den jeweiligen Bezirksämtern gegenüber ihrer BVV inhaltlich begründet bzw. durch Zwischenbescheide vorbereitet (bitte pro Bezirk in die Tabelle – vgl. Frage 3 - einpflegen!)? Zu 7. bis 9.: Zur Beantwortung der Fragen 7. bis 9. wurde eine Abfrage bei allen 12 Berliner Bezirksämtern durchgeführt. Diese hat seit Beginn der Legislaturperiode bis Ende Mai 2019 folgende Zahlen ergeben: Bezirk Anzahl Anträge/ Beschlüsse der BVV von BVV gesetzte Frist nicht eingehalten Antwort > 1 Mo Antwort > 3 Mo Inhaltliche Begründung Fristverlängerung Zwischen - nachricht Charlottenburg - Wilmersdorf 825, davon 316 offen k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. Friedrichshain - Kreuzberg ca. 900 k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. Lichtenberg 506, davon 327 offen k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. Marzahn- Hellersdorf 476 418 13 innerhalb eines Monats 45 innerhalb von 3 Monaten k.A. k.A. Mitte 1015 k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. Neukölln k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. Pankow 336, davon 124 offen k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. Reinicken- 479, da- k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. Seite 4 von 6 dorf von sind 183 offen Spandau 1424 k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. Steglitz- Zehlendorf 1091, davon 163 offen k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. Treptow- Köpenick 412, davon 292 offen k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. Tempelhof- Schöneberg 1232 k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. Die fehlenden Angaben wurden von den Bezirken im Wesentlichen damit begründet, dass Statistiken nicht geführt würden, aus denen sich Bearbeitungszeiten von Beschlüssen der Bezirksverordnetenversammlungen durch das jeweilige Bezirksamt ergeben würden. Eine Auswertung über Softwareprogramme sei nicht möglich. Eine manuelle Auswertung sei aufgrund des erheblichen Aufwandes ebenfalls nicht möglich . 10. Welche Aufgaben, Kompetenzen und Durchsetzungsmöglichkeiten gegenüber den Bezirksämtern haben aus Sicht des Senats die BVV-Büros bei der Organisation der Zusammenarbeit zwischen Bezirksämtern und Bezirksverordnetenversammlungen auf Grundlage des BezVwG? Zu 10.: Die Büros der Bezirksverordnetenversammlungen unterstützen die Vorsteherin oder den Vorsteher der Bezirksverordnetenversammlung bei der Organisation der Zusammenarbeit mit den Bezirksämtern. Ihnen sind nach dem Bezirksverwaltungsgesetz keine Aufgaben oder Kompetenzen zugewiesen. 11. Wie beurteilt der Senat nach der Bewertung der Ergebnisse zu den Fragen 3 – 9 die Umsetzung des Bezirksverwaltungsgesetzes in den 12 Berliner Bezirken insbesondere was die Information und die Aufgabenwahrnehmung der BVVen angeht und welche Maßnahmen wären aus Sicht des Senats geeignet, um ggf. der Anwendung des BezVwG BE mehr Nachdruck zu verleihen (Bewertung bitte einzeln pro Bezirk vornehmen!)? Zu 11.: Die Antworten zu den Fragen 3. bis 9. dieser Schriftlichen Anfrage lassen nach Ansicht des Senats keine validen Schlussfolgerungen hinsichtlich der Umsetzung des Bezirksverwaltungsgesetzes, insbesondere in Hinblick auf die Information und Aufgabenwahrnehmung der Bezirksverordnetenversammlungen, in den 12 Berliner Bezirken zu. Hinsichtlich der Antworten zu den Fragen 3., 5. und 6. lässt sich lediglich vermuten, dass Schriftliche Anfragen von Mitgliedern der Bezirksverordnetenversammlungen in größerer Anzahl nicht fristgerecht beantwortet werden. Aus den Zahlen lässt sich insbesondere nicht ableiten, wie viele Schriftliche Anfragen durch die Bezirksämter (ggf. nach Fristverlängerung) fristgerecht beantwortet wurden. Auf Grundlage der Antworten zu den Fragen 7. bis 9. dieser Schriftlichen Anfrage ist nach Ansicht des Senats aufgrund der fehlenden statistischen Erfassung der Bearbeitungsfristen für Beschlüsse der Bezirksverordnetenversammlungen keine Bewertung möglich. Allgemein ist zu berücksichtigen, dass das Bezirksverwaltungsgesetz keine Fristenregelungen zur Beantwortung sogenannter Schriftlicher Anfragen oder zur Bearbeitung von Beschlüssen der Bezirksverordnetenversammlungen durch das jeweilige Seite 5 von 6 Bezirksamt enthält. Solche sind kraft des Selbstorganisationsrechtes der Bezirksverordnetenversammlungen in deren Geschäftsordnungen normiert. 12. Welche Möglichkeiten sieht der Senat für einzelne BVV-Fraktionen oder Bezirksverordnete eine zeitnahe und vollständige Bearbeitung von Anfragen und Beschlüssen gegenüber dem jeweiligen Bezirksamt durchzusetzen? Zu 12.: Bei Verstößen gegen die in den Geschäftsordnungen der Bezirksverordnetenversammlungen enthaltenen Fristenregelungen und auch bei einer unvollständigen Beantwortung von Anfragen ist nach dem Grundsatz der Organtreue zunächst das jeweilige Bezirksamt an die (vollständige) Beantwortung zu erinnern. Erfolgt keine Abhilfe , können einzelne BVV-Fraktionen oder Bezirksverordnete Beschwerde bei der Bezirksaufsicht einlegen. 13. Wird der Senat zukünftig von sich aus regelmäßig (z.B. einmal pro Jahr) entsprechende Abfragen zum Stand der Bearbeitung von schriftlichen Anfragen und Beschlüssen aus den BVVen an die Bezirksämter richten und die Ergebnisse der Bezirksvergleiche veröffentlichen - wenn nein, warum nicht? Zu 13.: Der Senat plant nicht, zukünftig regelmäßig entsprechende Abfragen vorzunehmen, da auf deren Grundlage eine valide Bewertung der Zusammenarbeit der Bezirksverordnetenversammlungen und der jeweiligen Bezirksämter nicht möglich ist (vgl. Antwort zur Frage 11.). 14. Wie schätzt der Senat die Funktion der Bezirksverordnetenversammlung auf Grundlage der vorliegenden Daten ein und mit welche Kosten pro Bezirk und Jahr sind den BVV´s zuzurechnen (bitte tabellarisch unterteilt nach Personalkosten/Aufwandsentschädigungen, Betriebskosten für Fraktionsräume , Tagungsräume etc. und Sachmittel wie Drucksachen, Informationstechnik etc. angeben)? Zu 14.: Valide Schlussfolgerungen zur Funktion der Bezirksverordnetenversammlungen, insbesondere zur Wahrnehmung deren Kontrollfunktion gegenüber den jeweiligen Bezirksämtern , lassen sich aus den vorliegenden Daten nicht ableiten (vgl. Antwort zur Frage 11.). Hinsichtlich der Kosten, die pro Bezirk und Jahr den jeweiligen Bezirksverordnetenversammlungen zuzurechnen sind, wird auf die Bezirkshaushaltspläne verwiesen, die auf der Internetseite der Senatsverwaltung für Finanzen abrufbar sind. Die Bezirkshaushaltspläne enthalten die prognostizierten Kosten unterteilt nach Personalausgaben , sächlichen Verwaltungsausgaben und Zuschüssen an Fraktionen und Gruppen. Betriebskosten für Fraktions- und Tagungsräume können nicht ausgewiesen werden, da derartige Kosten in den allgemeinen Betriebskosten des jeweiligen Bezirksamtes enthalten sind und aus diesen nicht herausgerechnet werden können. 15. Besteht aus Sicht des Senats mit Blick auf die Ergebnisse dieser Anfrage, die vorgesehene Erweiterung der Bezirksämter um eine weitere Stadtratsposition und die zusätzlichen Anforderungen der wachsenden Stadt die Notwendigkeit das BZVwG BE zu novellieren bzw. fortzuschreiben? Wie viele der schriftliche Anfragen von Bezirksverordneten sind davon (Stand Ende März 2019) in den 12 Bezirken nicht innerhalb eines Monats vom Bezirksamt beantwortet worden (bitte pro Bezirk in die Tabelle – vgl. Frage 3 - einpflegen)? Zu 15.: Der Senat prüft im Zusammenhang mit der Umsetzung des „Zukunftspaktes Verwaltung “, in dem unter anderem die Erweiterung des Bezirksamtes um eine zusätzliche Seite 6 von 6 Stadträtin oder einen zusätzlichen Stadtrat vorgesehen ist, weitere Änderungen des Bezirksverwaltungsgesetzes. Zur Beantwortung der zweiten Frage wird auf die Antwort zu den Fragen 3.,5. und 6. verwiesen. Berlin, den 29. August 2019 In Vertretung Sabine Smentek Senatsverwaltung für Inneres und Sport