Drucksache 18 / 20 541 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Sibylle Meister (FDP) vom 14. August 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. August 2019) zum Thema: DIESE Schriftliche Anfrage und Antwort vom 29. August 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 02. Sep. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen Frau Abgeordnete Sibylle Meister (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18 / 20541 vom 14.08.2019 über DIESE Schriftliche Anfrage Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie beurteilt der Senat die geplante jährliche 4%ige Mieterhöhung der DIESE eG im Vergleich zur 2%igen Mieterhöhung, die landeseigene Wohnungsbaugesellschaften erheben dürfen? Antwort zu 1: Die DIESE eG ist keine städtische Wohnungsbaubaugesellschaft, weshalb für sie die Regelungen des allgemeinen Mietrechts gelten. Frage 2: Wie vertragen sich diese Erhöhungen mit der Mietpreisbremse und dem geplanten Mietendeckel? Antwort zu 2: Sämtliche Wohnraumanbieter sind dazu verpflichtet, geltendes Recht einzuhalten. Frage 3: Wie bewertet der Senat vor dem Hintergrund der sehr geringen Fluktuationsrate in Berlin von unter 3% (in Genossenschaften vermutlich noch geringer) die Vergabe von Belegungsrechten von 30% in einer Genossenschaft? 2 Antwort zu 3: Die Genossenschaftsförderung für den Bestandserwerb sieht vor, dass für einen Anteil von 25 Prozent der Wohnungen bei deren Freiwerden Mietpreis- und Belegungsbindungen begründet werden. Der Senat hält das angesichts des Umstands, dass kein Haushalt durch den Eigentümerwechsel seine Wohnung verlieren soll, für eine angemessene Gegenleistung für die Förderung. Frage 4: Wann werden diese 30% realistisch erreicht werden? Antwort zu 4: Der Senat kann hierzu keine seriöse Schätzung abgeben, da die Fluktuationsrate in einem Objekt maßgeblich von individuellen Entscheidungen der dort lebenden Haushalte abhängig ist. Frage 5: Welcher Kaufpreis muss von der DIESE eG insgesamt für alle fünf bislang vorgekauften Häuser jeweils beglichen werden? Antwort zu 5: Der Senat gibt keine Auskunft über die Inhalte privatrechtlicher Verträge von Dritten. Frage 6: Wie viele MieterInnen müssen mindestens GenossInnen werden, damit der Bezirk das Vorkaufsrecht ausübt und das Land bezuschusst? Antwort zu 6: Ob der Bezirk das Vorkaufsrecht ausübt, liegt nicht in der Entscheidung der Mieterschaft. Jedoch steht die DIESE eG als Vorkaufsbegünstigte nur zur Verfügung, wenn (nach eigener Aussage) mindestens 70 Prozent der Mieterinnen und Mieter eine Mitgliedschaft anstreben. Frage 7: Können MieterInnen auch GenossInnen sein, ohne Wohnungsanteile von 500€/qm zu kaufen? Antwort zu 7: Gemäß Satzung der DIESE eG kann eine natürliche Person, die in einem Haus wohnt, dessen Eigentümer die Genossenschaft ist oder wird, Mitglied der Genossenschaft werden, wenn sie mindestens einen Geschäftsanteil i.H.v. 100 Euro zeichnet und einzahlt. Da Mietverhältnisse unabhängig davon, an wen ein Haus veräußert wird, weiter Bestand haben, ist die vorhandene Mieterschaft nicht gezwungen, wohnungsbezogene Geschäftsanteile zu erwerben. 3 Frage 8: Ist dem Senat bekannt, wie viel Eigenkapital bei jedem der bisher getätigten fünf Vorkäufe für die DIESE eG über die gezeichneten Genossenschaftsanteile (Finanzierungssäule 1 der DIESE eG) vorhanden war? Antwort zu 8: Die Eigenkapitalverhältnisse der DIESE eG beziehen sich nicht auf einzelne Häuser, zu deren Dritterwerb sich die Genossenschaft verpflichtet hat, sondern ergeben sich aus den Beitritts- und Zeichnungserklärungen bzw. Einzahlungen darauf durch die Mitglieder der DIESE eG. Vor der Zusage von Förderdarlehen bzw. Zuschüssen muss für jedes Haus mindestens 10 Prozent der Gesamtkosten als Eigenkapital nachgewiesen werden. Frage 9: Falls ja, lagen diese Daten bereits zum Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts vor? Antwort zu 9: Der unter Frage 8 erläuterte Sachverhalt war zum Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts bekannt. Frage 10: In welcher Höhe liegt/lag jeweils Eigenkapital aus der Zeichnung von Genossenschaftsanteilen vor? Antwort zu 10: Siehe Antwort zu Frage 8. Frage 11: Falls nein, wie kann ohne die Kenntnis dieser Zahlen eine belastbare Liquiditätsprüfung durchgeführt werden? Antwort zu 11: Laut Aussagen der zuständigen Bezirke erfolgte die Prüfung auf Grundlage der Wirtschaftlichkeitsberechnungen für jedes Vorhaben. Frage 12: Gibt es für die fünf bereits ausgeübten Vorkäufe zugunsten der DIESE eG jeweils gesicherte (vertraglich oder mündlich) Finanzierungszusagen einer oder mehrerer Banken (Finanzierungssäule 4 der DIESE eG)? Antwort zu 12: Da die Dritterwerbsfälle durch die DIESE eG innerhalb eines längeren Zeitraums erfolgten, befinden sich die Prüf- und Zusageprozesse durch die Banken jeweils in unterschiedlichen Stadien. Aktuell liegen der DIESE eG für drei Dritterwerbsfälle beidseitig unterzeichnete Kreditverträge vor. 4 Frage 13: Falls ja, lagen diese Daten bereits zum Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts vor? Antwort zu 13: Laut Aussage des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg war die Zwischenfinanzierung Teil der Wirtschaftlichkeitsberechnung. Frage 14: Jeweils in welcher Höhe liegen diese Finanzierungszusagen für welche Vorkaufsfälle von welchen Geldinstituten vor? Antwort zu 14: Nach Kenntnis des Senats wurde für die drei Vorhaben Boxhagener Straße 32, Forster Straße 1 und Krossener Straße 36 durch die DIESE eG eine Vorfinanzierung mit der GLS Gemeinschaftsbank eG abgeschlossen. Die Höhe der Finanzierungszusage beläuft sich auf den Kaufpreis zuzüglich 17,14 Prozent Nebenkosten für Grunderwerbsteuer (6 Prozent), Notarkosten für den Ersterwerb und den Dritterwerb (4 Prozent) und Maklerkosten (7,14 Prozent). Frage 15: Falls keine Zusagen vorliegen oder das Senat darüber keine Kenntnisse hat, wie kann so eine belastbare Liquiditätsprüfung durchgeführt werden? Antwort zu 15: Siehe Antwort zu Frage 14. Frage 16: Gibt es für die fünf bereits ausgeübten Vorkäufe zugunsten der DIESE eG jeweils gesicherte (vertraglich oder mündlich) Darlehens-/Finanzierungszusagen des Landes Berlin bzw. der IBB im Rahmen der öffentlichen Genossenschaftsförderung (Finanzierungssäule 3 der DIESE eG)? Antwort zu 16: Es gibt keine mündlichen oder vertraglichen Zusagen seitens des Landes Berlin. Frage 17: Falls ja, lagen diese Daten bereits zum Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts vor? Frage 18: Jeweils in welcher Höhe liegen diese Darlehens-/Finanzierungszusagen für welche Vorkaufsfälle vor? 5 Antwort zu 17 und 18: Siehe Antwort zu Frage 16. Frage 19: Falls keine Zusagen vorliegen oder das Senat darüber keine Kenntnisse hat, wie kann so eine belastbare Liquiditätsprüfung durchgeführt werden? Antwort zu 19: Die IBB führt vor Entscheidung über die Bewilligung von Fördermitteln eigene Wirtschaftlichkeitsberechnungen durch und legt diese zur Beurteilung der wirtschaftlichen Tragfähigkeit der Vorhaben dem Bewilligungsausschuss vor. Frage 20: Wie viel Kapital befindet sich bereits im sogenannten "Nachbarschaftsfonds" (Finanzierungssäule 5 der DIESE eG)? Antwort zu 20: Nach Auskunft des Vorstands der DIESE eG mussten bei dem Nachbarschaftsfonds formale Gesichtspunkte in der Ausgestaltung nach juristischer Fachprüfung noch einmal überarbeitet werden. Das hat dazu geführt, dass die Einzahlungen in diesen Fonds, die bereits von verschiedenen Seiten zugesagt wurden, bisher noch nicht erfolgen konnten. Mit der abschließenden Klärung sei kurzfristig zu rechnen. Frage 21: Lagen diese Daten bereits zum Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts vor? Antwort zu 21: Siehe Antwort zu Frage 20. Frage 22: Falls der Senat darüber keine Kenntnisse hat, wie kann so eine belastbare Liquiditätsprüfung durchgeführt werden? Antwort zu 22: Der Nachbarschaftsfonds bleibt bei der Betrachtung der wirtschaftlichen Tragfähigkeit der Vorhaben unberücksichtigt. Frage 23: Gibt es für die fünf bereits ausgeübten Vorkäufe zugunsten der DIESE eG jeweils gesicherte (vertraglich oder mündlich) Darlehens-/Finanzierungszusagen des Landes Berlin bzw. der IBB im Rahmen der öffentlichen Genossenschaftsförderung (Finanzierungssäule 3 der DIESE eG)? 6 Frage 24: Falls ja, lagen diese Daten bereits zum Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts vor? Frage 25: Jeweils in welcher Höhe liegen diese Zuschusszusagen für welche Vorkaufsfälle vor? Antwort zu 23, 24 und 25: Es gibt keine mündlichen oder vertraglichen Zusagen seitens des Landes Berlin. Frage 26: Falls keine Zusagen vorliegen oder das Senat darüber keine Kenntnisse hat, wie kann so eine belastbare Liquiditätsprüfung durchgeführt werden? Antwort zu 26: Siehe Antwort zu Frage 19. Frage 27: Gibt es außer den genannten Finanzierungssäulen 1-5 weitere Finanzierungssäulen oder weitere Kapitalgeber der DIESE eG? Antwort zu 27: Ein Teil der Finanzierung erfolgt über Treuhanddarlehen. Dabei handelt es sich jedoch auch um Fremdkapital, dass über die Hausbank der Genossenschaft zur Verfügung gestellt wird. Des Weiteren lässt die DIESE eG derzeit die Emission einer Anleihe prüfen. Gleichzeitig wird die Öffnung der Satzung für investierende Mitglieder mit Dividendenrechten diskutiert. Frage 28: Falls ja, seit wann hat der Senat Kenntnis darüber? Antwort zu 28: Die Möglichkeit der Inanspruchnahme verschiedener Finanzierungsinstrumente ist durch die Verantwortlichen der Genossenschaft frühzeitig kommuniziert worden. Frage 29: Falls ja, um welche Kapitalsumme handelt es sich dabei? Antwort zu 29: Die zur Prüfung angefragte Anleihe bezieht sich nach Angaben des Vorstands der Genossenschaft auf ein Volumen von mindestens 20 Millionen Euro. Der Bedarf von investierenden Mitgliedern in Abgrenzung von Einlagen in den Nachbarschaftsfonds könne aktuell noch nicht belastbar beurteilt werden. 7 Frage 30: Der Beschluss, dass auch Genossenschaften und insbesondere die DIESE eG mit Zuschüssen des Landes Berlin aus Mitteln des Landes Berlin für Vorkaufsfälle gefördert werden können, wurde erst am vergangenen Mittwoch (07.08.2019) getroffen. Die fünf Häuser in Friedrichshain-Kreuzberg wurden vor diesem Datum zugunsten der DIESE eG vorgekauft. Ist eine Inanspruchnahme der genannten Förderung für diese genannten fünf Häuser nun auch nachträglich möglich? Antwort zu 30: Der Beschluss des Hauptausschusses über Zuschussmöglichkeiten an Genossenschaften im Falle der Ausübung kommunaler Vorkaufsrechte und die in der parlamentarischen Diskussion aufgeworfenen rechtlichen Fragestellungen werden derzeit noch geprüft. Frage 31: Falls nicht, welche Auswirkung hat dies auf die Zahlungsfähigkeit der DIESE eG? Antwort zu 31: Laut Aussage des Vorstands der DIESE eG kann die Genossenschaft durch die Vorfinanzierung der GLS Bank die Zahlungsverpflichtungen aus den bereits geschlossenen Kaufverträgen einhalten. Würden die Zuschüsse nicht gewährt, müssten sie zu höheren Kosten finanziert werden, was wiederum in den Wirtschaftlichkeitsberechnungen der IBB zu berücksichtigen wäre. Frage 32: Wie sieht die versprochene Vermögensbildung für finanzschwache MieterInnen über spezielle Förderungen aus, die nur im Rahmen des DIESE eG-Modells möglich sei? Antwort zu 32: Grundsätzlich besteht für einkommensschwache Haushalte mit Wohnberechtigungsschein die Möglichkeit, Förderung für den Erwerb von Geschäftsanteilen einer Genossenschaft in Anspruch zu nehmen. Die IBB gewährt zu diesem Zweck zinslose Darlehen bis zu 50.000 Euro. Sofern der fördernehmende Haushalt dauerhaft einkommensschwach ist, wird ihm nach drei Vierteln der Darlehenslaufzeit ein Tilgungsverzicht i.H.v. 25 Prozent gewährt. Auch die KfW bietet seit längerem ein ähnliches Förderprogramm an (KfW- Wohneigentumsprogramm 134). Frage 33: Unter welchen Voraussetzungen kann der Vorkaufsbescheid, sollte die DIESE eG ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen, vom Bezirksamt oder dem Senat aufgehoben werden? Antwort zu 33: Für die (etwa notwendige) Aufhebung eines Ausübungsbescheids bei Vorkaufsrechten in sozialen Erhaltungsgebieten ist der Bezirk zuständig, der den Bescheid erlassen hat. Die Voraussetzungen für die Aufhebung richten sich nach den §§ 48, 49 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG). § 49 VwVfG regelt den Widerruf eines 8 rechtmäßigen Verwaltungsakts, § 48 VwVfG die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts. Diese Rechtsgrundlagen gelten unabhängig davon, zu wessen Gunsten das Vorkaufsrecht ausgeübt wurde (z.B. landeseigene Wohnungsbaugesellschaft oder Genossenschaft). Frage 34: Welche Risiken kommen mit einer solcher Aufhebung auf das Land und den Bezirk zu? Antwort zu 34: Nach der Aufhebung eines Verwaltungsakts – hier des Ausübungsbescheids – kann der Bezirk Schadensersatzansprüchen bzw. Ansprüchen auf Ausgleich entstandener Vermögensnachteile der ursprünglichen Parteien des Kaufvertrags ausgesetzt sein. Frage 35: Hat das bezirkliche Rechtsamt oder die Senatsverwaltungen Bedenken geäußert, dass eine Aufhebung des Vorkaufsbescheids überhaupt möglich ist? Antwort zu 35: Die Aufhebung des Ausübungsbescheids ist grundsätzlich möglich (siehe Antwort zu Frage 33). Frage 36: Aus welchen Mitteln wird der Bezirk oder das Land die Vorkäufe finanzieren, falls die DIESE eG ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommt und eine Aufhebung des Vorkaufsbescheids nicht möglich ist? Antwort zu 36: Siehe Antwort zu Frage 35. Frage 37: Für welche Objekte liegt ein Antrag auf Förderung bei IBB oder Senat vor, für welche nicht? Frage 38: Wann wurde der Antrag jeweils eingereicht? 9 Antwort zu 37 und 38: Objekt Datum Antragseinreichung Boxhagener Straße 32 17.06.2019 Forster Straße 1 17.06.2019 Krossener Straße 36 17.06.2019 Gleditschstraße 39, 41, 43 09./11.08.2019 Heckmannufer 8 09./11.08.2019 Holteistraße 19 09./11.08.2019 Rigaer Straße 101 09./11.08.2019 Frage 39: Wurde über die Anträge jeweils bereits entschieden? Antwort zu 39: Die Entscheidungen über die Anträge stehen noch aus. Frage 40: Wann sind die Kaufpreise der Vorkaufsobjekte jeweils fällig? Antwort zu 40: Aktuell wurde erst in einem Vorkaufsfall für den Dritterwerber die Kaufpreisfälligkeit festgestellt. Termin ist hier der 2. September 2019. Berlin, den 29.08.2019 In Vertretung Scheel ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen