Drucksache 18 / 20 615 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Thomas Seerig (FDP) vom 20. August 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 21. August 2019) zum Thema: Pflegeheime und Antwort vom 04. September 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. Sep. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung Herrn Abgeordneten Thomas Seerig (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/20615 vom 20.08.2019 über Pflegeheime ________________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie ist in Berliner Pflegeheimen das Verhältnis zwischen Einzel- und Doppelzimmern? Bitte differenzieren nach Trägerstruktur (Privat, Gemeinnützig, Kommunal). Zu 1.: Zum Verhältnis von Einzel- und Doppelzimmern in Berliner Pflegeheimen liegt eine Auswertung des Amtes für Statistik Berlin-Brandenburg zum Stand 15.12.2017 vor. Für eine Differenzierung nach der Trägerstruktur stehen keine Informationen zur Verfügung. Vollstationäre Pflege Gesamt 1-Bettzimmer 2-Bettzimmer Verfügbare Plätze 33.275 22.021 11.139 Verfügbare Plätze in % von Gesamt 100% 66,2% 33,5% Quelle: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg Pflegestatistik 2017 2. Wie groß ist durchschnittlich ein Einzelzimmer und wie groß ein Doppelzimmer in Berliner Pflegeeinrichtungen ? Bitte ebenfalls differenzieren. Zu 2.: Zur durchschnittlichen Größe von Einzelzimmern und Doppelzimmern in Berliner Pflegeeinrichtungen liegen keine statistischen Erkenntnisse vor. Bei vor Inkrafttreten der WTG-BauV existierenden Bestandseinrichtungen bestimmen die Übergangsvorschriften von § 21 Absatz 3 WTG-BauV, dass die Wohnfläche nach § 23 Absatz 1 Satz 1 der Heimmindestbauverordnung für eine Bewohnerin oder einen Bewoh- - 2 -2 ner mindestens 12 Quadratmeter und für zwei Bewohnerinnen oder Bewohner mindestens 18 Quadratmeter aufweisen muss. Bei Pflegeeinrichtungen, die nach Inkrafttreten der WTG-BauV in Betrieb gingen bzw. sich im Bau oder im baureifen Planungsstadium befanden , sieht § 4 Absatz 3 Satz 1 WTG-BauV vor, dass die Wohnfläche für eine Bewohnerin oder einen Bewohner mindestens 14 Quadratmeter, für zwei Bewohnerinnen oder Bewohner mindestens 22 Quadratmeter betragen muss. 3. In wie vielen Fällen werden die nach Wohnteilhabegesetz vorgesehenen 22 qm für ein Einzelzimmer aus Gründen des Bestandschutzes der Einrichtung unterschritten? Bitte auch hier differenzieren. Zu 3.: Zur Frage der aus Gründen des Bestandschutzes rechtlich möglichen Unterschreitung der nach der WTG-BauV vorgesehenen Mindestwohnfläche von 14 Quadratmeter für Einzelzimmer liegen ebenfalls keine statistischen Erkenntnisse vor. 4. Wie hoch ist der Anteil der Investitionskosten prozentual und absolut an den Heimkosten in Berliner Pflegeheimen ? Bitte nach Träger differenziert. Zu 4.: Der Anteil der Investitionskosten prozentual und absolut an den Heimkosten in Berliner Pflegeheimen, differenziert nach Träger, kann der nachfolgenden Tabelle entnommen werden. Trägerart Anteil Invest.- kosten 1-Bettzimmer Anteil Invest.- kosten 2-Bettzimmer Invest.-kosten mtl. absolut 1-Bettzimmer Invest.-kosten mtl. absolut 2-Bettzimmer Gemeinnützig 16,4% 13,2% 325,47 € 254,32 € Kommunal 16,4% 14,9% 334,48 € 299,11 € privat 24,8% 22,4% 478,25 € 420,78 € Gesamt 20,8% 18,1% 406,17 € 344,81 € Heimkosten = EEE (Pflegesatz PG 3 – Pflegekassen Anteil) + Unterkunft + Verpflegung + Investitionskosten 5. Was ist die Begründung, dass Bewohnern von Pflegeheimen kein Einblick in die Investitionskosten gewährt wird? Zu 5.: Im Fall von Erhöhungen des Investitionsentgeltes sind vom Träger der Pflegeeinrichtung die Regelungen des § 9 des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes (WBVG) zu beachten . In § 9 WBVG Abs. 2 ist festgelegt, dass die beabsichtigte Erhöhung schriftlich vier Wochen vorab mitzuteilen und zu begründen ist. Der Pflegebedürftige (Verbraucher) hat dabei das Recht Einsicht in die Kalkulationsunterlagen des Unternehmens zu erhalten. Die Pflegebedürftigen können sich zu ihren Rechten von der Verbraucherschutzzentrale und von Rechtsanwälten beraten lassen. - 3 -3 Es ist jedoch zu beachten, dass die beratenden Institutionen wie z.B. die Verbraucherzentrale Berlin e.V. nur einen begrenzten Fokus auf bestimmte Pflege- und Betreuungsvertragskonstellationen haben. Eine Einsicht in die vom Sozialhilfeträger geprüften Kalkulationsunterlagen kann den Pflegebedürftigen jedoch nicht gewährt werde, da es sich um betriebliche Daten Dritter handelt , die persönlichen Daten gleichgestellt sind und dem Datenschutz unterliegen. 6. Wie begründet sich insbesondere, dass das Mietern zustehende Recht (Betriebskosten) nicht in Pflegeheimen Anwendung findet? 7. Hält der Senat diesen Unterschied zwischen Mietern und Pflegeheimbewohnern für sozial akzeptabel? 8. Wenn nein, was wird er diesbezüglich unternehmen? Zu 6., 7. und 8: Heime erbringen eine komplexe Sozialleistung, die auch das Wohnen umfasst. Das Finanzierungsrecht von Pflegeheimen ist im siebten Kapitel SGB XI geregelt. Dieses Recht umfasst einen Refinanzierungsanspruch der Pflegeeinrichtungen auf alle Kosten, die einem Heim bei wirtschaftlicher und leistungsfähiger Betriebsführung für die vereinbarten Leistungen (Pflege, Betreuung, Unterkunft und Verpflegung) entstehen (§ 84 Abs. 2). Die Entgelte müssen für alle Bewohnerinnen und Bewohner eines Heimes einheitlich sein und sind prospektiv zu vereinbaren. Nachträgliche Überschüsse verbleiben dem Pflegeheim, Verluste sind von ihm zu tragen § 84 Abs. 2 Satz 7. Aus dieser Vergütungssystematik können einzelne Kostenbestandteile nicht abweichend von den anderen Kostenarten behandelt werden. Für die Prüfung der Angemessenheit der Entgelte hat der Gesetzgeber die Verantwortung den Pflegekassen und dem Sozialhilfeträger übertragen, die dieser Aufgabe mit hoher Fachkompetenz nachkommen. 9. Ist es für den Senat sozial und rechtlich vertretbar, dass Selbstzahler gegebenenfalls höhere Investitionskosten zu tragen haben, als die Sozialhilfeträger mit den Heimträgern vereinbart haben? 11. Was ist die Begründung, dass hier für identische Leistungen unterschiedliche Preise gelten? Zu 9. und 11.: Der Sozialhilfeträger übernimmt die Investitionskosten für Sozialhilfeberechtigte nur, wenn das Pflegeheim vorher eine entsprechende Investitionskostenvereinbarung nach § 75 Abs. 5 SGB XII abgeschlossen hat. Der Sozialhilfeträger vereinbart Investitionskosten für einen bedarfsgerechten Standard. Im SGB XII § 76 Abs. 1 ist geregelt, dass Vereinbarungen dabei „das Maß des Notwendigen “ nicht überschreiten dürfen. Pflegebedürftige, die keine Sozialhilfe erhalten und Pflegeheime haben jedoch Vertragsfreiheit bezüglich des gewünschten Wohnstandards und der Preise. Diese Preise unterliegen keiner staatlichen Kontrolle. In diesen Fällen gilt § 82 Abs. 4 SGB XI wonach die gesonderte Berechnung der zuständigen Landesbehörde lediglich mitzuteilen ist. - 4 -4 10. In welchen Berliner Pflegeheimen wird dies ggf. praktiziert? Bitte ebenfalls nach Trägerstruktur differenzieren . Zu 10.: In der folgenden Tabelle ist der Anteil von Berliner Pflegeheimen ausgewiesen, die Selbstzahlern höhere Investitionskosten berechnen als mit dem Sozialhilfeträger vereinbart sind. Trägerart Anteil Pflegeheime mit höheren Investitionskosten für Selbstzahler Gemeinnützig 8,3 % Kommunal 0,0 % privat 33,9 % Gesamt 23,2 % Berlin, den 04. September 2019 In Vertretung Barbara König Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung