Drucksache 18 / 20 746 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katrin Vogel (CDU) vom 20. August 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. August 2019) zum Thema: Ausstieg aus der Prostitution und Antwort vom 10. Sep. 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. Sep. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung Frau Abgeordnete Katrin Vogel (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/20746 vom 20. August 2019 über Ausstieg aus der Prostitution ________________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Prostituierte wurden pro Jahr mit der Ausstiegsberatung von Hydra e.V., Hilfe für Jungs e.V. und Frauentreff Olga erreicht? 2. Wie vielen Frauen konnten durch diese Beratungen ein Ausstieg aus der Prostitution ermöglicht werden? Zu 1. und 2.: Die genannten Projekte erheben nicht die Anzahl der Personen, die die Beratungsstellen aufsuchen, sondern die Zahl der Kontakte bzw. Nutzungen. Hierbei werden Beratungsanlässe teilweise gebündelt erfasst, so dass die Zahl der Ausstiegsberatungen nicht absolut ausgewiesen werden kann. Zudem sind die Beratungsprozesse sehr unterschiedlich: sie reichen von kurzen, anonymen Kontakten bis hin zu langfristigen Beratungsverläufen mit intensiver psychosozialer Begleitung. Neben der expliziten Ausstiegsberatung kann das Thema aber auch im Kontext anderer Beratungskontexte (z.B. Krankenversicherung, soziale Absicherung etc.) relevant werden. Eine Statistik hinsichtlich der Erfolge wird nicht geführt, da nicht alle Ratsuchenden in dauerhaftem Kontakt zur Beratungsstelle verbleiben. 3. Wofür wurden die finanziellen Zuwendungen von insgesamt 901.154,00€ (Drs.18/20 105) an die o.g. Vereine konkret verwendet? Zu 3.: Die finanziellen Zuwendungen werden für folgende Aufgaben eingesetzt: Zu den Schwerpunkten von Hydra gehören u.a. die Steuer-, Rechts- und Berufsberatung einschließlich Ausstieg und berufliche Neuorientierung, die Gesundheitsberatung mit Schwerpunkt auf der Prävention zu HIV/AIDS, sexuell übertragbaren Infektionen sowie 2 Hepatitiden und der Unterstützung von Frauen in Krisensituationen sowie bei Ausbeutung und Gewalt. Zudem berät Hydra auch in Fragen zu dem Prostituiertenschutzgesetz. Darüber hinaus bietet der Träger im Wege der Straßensozialarbeit Informationen für die Klientel niedrigschwellig an den Orten der Prostitution an. Menschen, die der Prostitution nachgehen, sich aber nicht anmelden, haben starke Ängste sich mit ihren Fragen an Facheinrichtungen zu wenden. Die Entwicklung und Ausarbeitung von Zugangswegen für diese Klientel ist eine weitere Aufgabe des Trägers. Der Frauentreff Olga bietet Sexarbeitenden u.a. Maßnahmen zur Gesundheitsprävention, muttersprachliche aufsuchende Sozialarbeit, Krisenintervention und Beratung an. Der Frauentreff engagiert sich zudem für ein möglichst konfliktarmes Miteinander im Kurfürstenkiez. Hydra bietet auch eine niedrigschwellige medizinische Versorgung an. In diesem Rahmen werden Information, Beratung, medizinische Behandlung auch für nichtversicherte und drogenabhängige Frauen sowie die Vermittlung in weiterführende Hilfen angeboten. Der Träger Hilfe für Jungs e.V. berät u.a. mit seinen Angebotsbereichen subway und SMART-Berlin männliche Sexarbeiter im Rahmen der aufsuchenden Sozialarbeit und der Sozialberatung sowie in Selbsthilfeangeboten. Durch das Projekt werden Information, Beratung und Hilfe zu gesundheitlichen und rechtlichen Themen, aber auch zu grundsätzlichen Fragestellungen in Zusammenhang mit Prostitution für die Klientel angeboten. 4. Wie bewertet der Senat die Effektivität der Ausstiegsberatung durch diese Träger? 5. Wie bewertet der Senat das inzwischen ausgelaufene Bundes-Modellprojekt DIWA hinsichtlich seiner Wirksamkeit für Berlin? Zu 4. und 5: Der Senat hält es für außerordentlich wichtig und auch zielführend, dass eine Beratung zum Ausstieg aus der Prostitution in einem Umfeld erfolgen kann, in dem die Sexarbeitenden sich nicht stigmatisiert fühlen; zudem hält er eine hohe Professionalität in der Beratung für unumgänglich. Diese Voraussetzungen sind bei den o.g. Trägern gegeben. Auch die wissenschaftliche Evaluierung des Bundesmodellprojekts „Unterstützung des Ausstiegs aus der Prostitution“, das von 2009/2010 bis 2014 an drei Standorten durchgeführt wurde, betont die Komplexität der Beratungsvorgänge, die zum Teil durch die persönlichen Lebensumstände der Prostituierten, zum Teil aber auch in der gesellschaftlichen Stigmatisierung von Sexarbeitenden begründet ist. Am Standort Berlin wurde das Projekt DIWA („Der individuelle Weg zur Alternative“) gemeinsam von Hydra e.V., Goldnetz e.V. und Goldrausch e.V. KONTOUR durchgeführt. Zentrale Bestandteile waren die Entwicklung und Erprobung verschiedener Qualifizierungsangebote für ausstiegsinteressierte Prostituierte sowie der Aufbau eines Leit- und Begleitsystems zum Abbau von Zugangsbarrieren in Abstimmung mit den zwölf Jobcentern. Die Besonderheit von DIWA lag in der engen Zusammenarbeit von Bildungsträgern mit einer Beratungseinrichtung, wodurch die jeweiligen Expertisen effektiv zusammengeführt werden konnten. Nach Auslaufen der Modellphase konnten Landesmittel für die Fortsetzung von DIWA bei Hydra e.V. bereitgestellt werden; seit 2018 ist die damit verbundene Personalstelle in die dortige reguläre Zuwendungsfinanzierung aufgenommen worden. Durch die enge 3 Vernetzung Hydras e.V. mit den anderen Beratungsstellen ist der Transfer der Erfahrungen und Ergebnisse des Bundesmodellprojekts in die Um- und Ausstiegsberatung der anderen Beratungsstellen gewährleistet. Auch die während der DIWA-Laufzeit etablierten Kontakte zu den Jobcentern erweisen sich nach wie vor als hilfreich, müssen allerdings auch intensiv gepflegt werden. 6. Wird der Senat Aktivitäten entwickeln, um auf Bundesebene für eine Verstetigung derartiger Ausstiegsprojekte für Prostituierte zu werben? Zu 6.: Nach der Verstetigung des ursprünglichen DIWA-Angebotes bei Hydra e.V. sind entsprechende Aktivitäten des Senats auf Bundesebene bislang nicht vorgesehen. Berlin, den 10. September 2019 In Vertretung Barbara König Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung