Drucksache 18 / 20 769 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Jürn Jakob Schultze-Berndt (CDU) vom 22. August 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. August 2019) zum Thema: Spezialkammern bei den Zivilgerichten stärker ausbauen und Antwort vom 09. September 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. Sep. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung Herrn Abgeordneten Jürn Jakob Schultze-Berndt (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/20 769 vom 22. August 2019 über Spezialkammern bei den Zivilgerichten stärker ausbauen ---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung des Abgeordneten: Einige Rechtsstreitigkeiten sind sehr komplex und erfordern besonderen Sachverstand, zum Beispiel bei Bausachen oder IT-Recht. Wie in anderen Bundesländern bereits üblich könnten auch beim Landgericht Berlin Spezialkammern diese Verfahren schneller, fachgerechter und damit für die Berliner Unternehmen auch kostengünstiger durchführen. 1. Wie lange dauert aktuell ein Gerichtsverfahren in Bau- oder IT-Streitsachen im Regelfall? Zu 1.: Bausachen werden statistisch gemeinsam mit Architektensachen erfasst. Im Jahr 2018 dauerten die Verfahren in Bau-/Architektensachen beim Landgericht durchschnittlich 14,6 Monate (I. Instanz) bzw. 12,4 Monate (II. Instanz). Die Anzahl an IT-Verfahren wird statistisch nicht gesondert erfasst. 2. Wie viele dieser Verfahren sind aktuell anhängig? Zu 2.: Es sind aktuell (Stand: 3. September 2019) 1.895 erstinstanzliche und 39 zweitinstanzliche Verfahren in Bau- und Architektensachen anhängig. IT-Verfahren werden nicht gesondert erfasst. 3. Für welche Bereiche gibt es in Berlin Spezialkammern? Zu 3.: Die am Landgericht Berlin vom Präsidium eingerichteten Spezialkammern zu den Sondergebieten in Zivilsachen sind im Geschäftsverteilungsplan 2019 enthalten und stellen sich wie folgt dar: Amtshaftungssachen, Architektensachen, Bank- und Finanzgeschäfte , Bausachen, Berliner Betriebssachen, Beschwerden gegen Entscheidungen im Mahnverfahren, Beschwerden in Insolvenzsachen, Betreuungssachen, Entschädigungssachen , Grundstückssachen, Grundbuchsachen, Heilbehandlungssachen, Kapitalanlagesachen , Kartellsachen, Kostensachen, Nachlass- und Teilungssachen, Notarhaftungssachen , Pressesachen, Produktpirateriesachen, Rückerstattungssachen, Sachen aus dem gewerblichen Rechtsschutz, technische Schutzrechte, Unterbringungssachen nach 2 dem Psychisch-Kranken-Gesetz, Urhebersachen, Vergütungsbeschwerden nach dem Vormünder- und Betreuungsvergütungsgesetz, Verkehrsunfallsachen, Versicherungssachen , vormundschaftsgerichtliche Angelegenheiten, Wohnraummietsachen, Wohnungseigentumssachen , Zwangsversteigerungssachen, Zwangsvollstreckungssachen. Daneben bestehen Kammern für Handelssachen, die die Sondergebiete Aktiengesellschaftssachen , energierechtliche Streitigkeiten, Kartellsachen, Registerbeschwerdesachen, Wertpapierbereinigungssachen und Wettbewerbs- und Markensachen abdecken. 4. Wie bewertet der Senat die Möglichkeit, für Streitfälle im Bau- und IT-Recht zusätzliche Spezialkammern einzurichten? Zu 4.: Die Geschäftsverteilung und Zuweisung von Spezialmaterien zu Kammern obliegt – neben den Bestimmungen der obligatorischen Spezialkammern in § 72a des Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) – ausschließlich dem Präsidium des Gerichts. 5. Gibt es derartige Kammern in anderen Bundesländern und mit welchen Erfahrungen? Zu 5.: Obligatorisch sind nach § 72a Satz 1 GVG spezialisierte Spruchkörper bei jedem Landgericht zu bilden für folgende Sachgebiete: 1. Streitigkeiten aus Bank- und Finanzgeschäften, 2. Streitigkeiten aus Bau- und Architektenverträgen sowie aus Ingenieurverträgen, soweit sie im Zusammenhang mit Bauleistungen stehen, 3. Streitigkeiten über Ansprüche aus Heilbehandlungen und 4. Streitigkeiten aus Versicherungsvertragsverhältnissen. Zu den Erfahrungen mit spezialisierten Spruchkörpern in anderen Bundesländern kann der Senat keine Aussage treffen. 6. Welche Voraussetzung wären dafür in finanzieller, personeller und organisatorischer Hinsicht erforderlich? Zu 6.: Die Voraussetzungen zur Einrichtung von Spezialkammern unterscheiden sich je nach Sachgebiet und Fallaufkommen und können vom Senat nicht pauschal angegeben werden, zumal nach § 72a Satz 2 GVG auch den obligatorisch einzurichtenden spezialisierten Spruchkörpern neben der Spezialmaterie auch sonstige Streitigkeiten zugewiesen werden können. Berlin, den 9. September 2019 In Vertretung Dr. Brückner Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung