Drucksache 18 / 20 808 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Maik Penn (CDU) vom 25. August 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. August 2019) zum Thema: Barrierefreies Bauen in Berlin – Konzept, Umsetzung und Kontrolle und Antwort vom 10. September 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. Sep. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen Herrn Abgeordneten Maik Penn (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/ 20808 vom 25. August 2019 über Barrierefreies Bauen in Berlin - Konzept, Umsetzung und Kontrolle Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie wird das Senatskonzept „Barrierefrei“, insbesondere bei Neubauvorhaben, im Land Berlin umgesetzt? Antwort zu 1 Ein ‚Senatskonzept „Barrierefrei“‘ ist nicht bekannt. Sollte das "Konzept Barrierefrei“ im Rahmen der Allgemeinen Anweisung für die Vorbereitung und Durchführung von Bauaufgaben Berlins (Anweisung Bau-ABau) gemeint sein, so wird dies als obligatorischer Bestandteil für Landesprojekte gefordert. Es gibt überwiegend gut durchgearbeitete Konzepte, die im Genehmigungsverfahren vorgelegt werden. Barrierefreiheit wird so durch die am Bau Beteiligten im gesamten Planungsprozess gesteuert. Damit sind thematische Auseinandersetzung und Prüfung gewährleistet und werden ebenso erleichtert. Frage 2: In welchen Rechtsgrundlagen ist das barrierefreie Bauen in Berlin wie konkret und verbindlich geregelt? Antwort zu 2: „Barrierefreiheit“ wird über folgende gesetzliche Grundlagen geregelt: Gesetz über die Gleichberechtigung von Menschen mit und ohne Behinderung (Landesgleichberechtigungsgesetz - LGBG-) § 4 LGBG - Barrierefreiheit, Begriffsdefinition als Grundlage für BauOBln § 15 LGBG – Außerordentliches Klagerecht Es besteht ein Klagerecht in Bezug auf § 50 Abs. 1 Satz 1 oder des § 51 der Bauordnung für Berlin oder des § 16 der Betriebs-Verordnung und den Vorschriften des § 3 Abs. 1 Satz 2 2 oder des § 4 Abs. 1 der Gaststättenverordnung oder zu Vorschriften des § 10 Abs. 2 Satz 3 des Sportförderungsgesetzes bzw. des § 7 Abs. 3 des Berliner Straßengesetzes. Bauordnung für Berlin (BauOBln), zuletzt geändert durch das vierte Gesetz zur Änderung der Bauordnung für Berlin vom 09. April 2018 (GVBl. S. 205) Das Gesetz regelt verbindlich. Abweichungsvoraussetzungen werden in §67 geregelt. Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (VV TB Bln) vom 19. April 2018 (ABl. S. 2095) einschließlich Anlage vom 6. Februar 2019 Die VV TB Bln ist als normenkonkretisierende Verwaltungsvorschrift verbindlich. Abweichungen erfolgen schutzzielorientiert oder formal. - DIN 18040-1 Barrierefreies Bauen- Planungsgrundlagen –Öffentlich zugängliche Gebäude Die Norm ist als Technische Baubestimmung gemäß VV TB Bln eingeführt. - DIN 18040-2 Barrierefreies Bauen- Planungsgrundlagen- Wohnungen Die derzeitige Anwendung als Technische Baubestimmung gemäß VV TB Bln, wird mit in Kraft treten der Barrierefreies Wohnen Verordnung Berlin ab 01.01.2020 entfallen. Verordnung über bauliche Anforderungen an barrierefreies Wohnen (Barrierefreies Wohnen Verordnung Berlin) vom 29. Januar 2019 (GVBl. S. 36) Die Verordnung tritt ab 01.01.2020 in Kraft. Die Barrierefreies Wohnen Verordnung Berlin regelt umfänglich und detailliert die Anforderungen für barrierefreies Wohnen gemäß § 50 (1) BauO Bln. Verordnung über den Betrieb von baulichen Anlagen (Betriebs-Verordnung - BetrVO) vom 10. Oktober 2007 (GVBl. S. 516) zuletzt geändert durch Verordnung vom 10. Mai 2019 (GVBl. S. 273) Die BetrVO trifft verbindliche Regelungen zur Barrierefreiheit in Beherbergungsstätten und Versammlungsstätten. Abweichungen sind nach §67 BauBln möglich. Verordnung über Bauvorlagen und das Verfahren im Einzelnen (Bauverfahrensverordnung - BauVerfV) vom 15. November 2017 (GVBl. S. 636) In der BauVerfV wird die Darstellung der Elemente des Barrierefreien Bauens in den Bauvorlagen bestimmt. Das `Konzept Barrierefrei` soll in der nächsten Änderung der Verordnung verpflichtend für alle öffentlich zugänglichen Gebäude aufgenommen werden. Ausführungsvorschriften zu § 50 der Bauordnung für Berlin (BauO Bln) über Stellplätze für Kraftfahrzeuge für schwer Gehbehinderte und Behinderte im Rollstuhl und Abstellmöglichkeiten für Fahrräder (AV Stellplätze) vom 11. Dezember 2007 Die AV Stellplätze bestimmt die Quantität und Qualität von Stellplätzen für Menschen mit Behinderung und befindet sich z.Z. in Überarbeitung auf Grund aktueller barrierefreier Entwicklung des ÖPV. Ausführungsvorschriften zu § 8 Abs. 2 und 3 der Bauordnung für Berlin (BauO Bln) - Notwendige Kinderspielplätze - (AV Notwendige Kinderspielplätze) vom 22. Juli 2019 Die AV regelt unter § 9 den barrierefreien Zugang zu Spielplätzen. Allgemeine Anweisung für die Vorbereitung und Durchführung von Bauaufgaben Berlins (Anweisung Bau-ABau) Die ABau fordert obligatorisch ein ‚Konzept barrierefrei` für landeseigene Projekte mit Anforderungen zu sachgerechter Projektplanung, Gestaltung der Planungsprozesse und Beteiligung auf der Grundlage der Handbücher Berlin -Design for all - Barrierefreies 3 Planen und Bauen - in Berlin. Diese enthalten zusätzliche Planungsvorgaben in Selbstverpflichtung des Landes Berlin. Frage 3: In welchen Zuständigkeiten werden diese Regelungen überwacht? Antwort zu 3: Gemäß § 58 Abs. 1 BauO Bln haben die Bauaufsichtsbehörden bei der Errichtung, Änderung, Nutzungsänderung und Beseitigung sowie bei der Nutzung und Instandhaltung von Anlagen darüber zu wachen, dass die öffentlich-rechtlichen Vorschriften eingehalten werden, soweit nicht andere Behörden zuständig sind. Die Anforderungen des barrierefreien Bauens nach § 50 BauO Bln sind in der Genehmigungsfreistellung nach § 62 BauO Bln und im Vereinfachten Baugenehmigungsverfahren nach § 63 BauO Bln nicht im bauaufsichtlichen Prüfprogramm enthalten. Die Entwurfsverfassenden haben eigenverantwortlich die materiellen Regelungen u.a. des Bauordnungsrechts – und damit auch die Anforderungen des barrierefreien Bauens – umzusetzen. Im Baugenehmigungsverfahren nach § 64 BauO Bln wird die Einhaltung der Anforderungen des barrierefreien Bauen geprüft. Politisches Element zur Wahrung von Barrierefreiheit sind die Sitzungen der AG Bauen und Verkehr barrierefrei, in denen monatlich bedeutende Projekte des Landes und des Bundes zur Einflussnahme vorgestellt und diskutiert werden. Frage 4: Wie viel Personal steht im Land Berlin für die Kontrolle des barrierefreien Bauens zur Verfügung? (Bitte Auflistung nach Land und Bezirken – jeweils zum 31.12.2016, 31.12.2017, 31.12.2018 unter Angabe von Plan- und Ist-Stellen sowie Stellenplan für die Haushaltsjahre 2019, 2020, 2021). Antwort zu 4: In den Bezirken steht abgesehen von den Beauftragten für Menschen mit Behinderung, die überwiegend mit sozialen Aufgaben betraut sind, kein gesondertes Personal für die „Kontrolle des barrierefreien Bauens“ zur Verfügung. Bei der Prüfung von Bauanträgen nach §64 Baugenehmigungsverfahren achtet jede/r technische Sachbearbeiter/in im Rahmen des Prüfprogramms des Baugenehmigungsverfahrens nach § 64 BauO Bln auf die Umsetzung der gesetzlichen Forderungen. Bei der für das Bauwesen zuständigen Senatsverwaltung war die Koordinierungsstelle für barrierefreies Bauen bis zum 31.12.2017 mit einer Stelle und danach mit 1 Stelle und einer befristeten Stelle besetzt. Die mit Bauvorhaben des Landes Berlin betrauten Dienstkräfte der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen und der Bezirke werden seitens der Koordinierungsstelle für barrierefreies Bauen geschult. Frage 5: In wie vielen Fällen pro Jahr ist in den letzten drei Jahren seitens der Aufsichtsbehörden die nicht vorhandene Barrierefreiheit festgestellt worden (bitte Auflistung nach Kalenderjahr und öffentliche Gebäude/Privatgebäude)? Frage 6: In wie vielen Fällen, in denen eine fehlende Barrierefreiheit festgestellt wurde (Frage 5), wurde diese nachträglich eingerichtet (bitte Auflistung nach Kalenderjahr und öffentliche Gebäude/Privatgebäude)? Antwort zu 5 und 6: Hierzu wurden keine auswertbaren Daten erfasst. 4 Frage 7: Von welchem Bedarf geht der Senat – auch mit Blick auf die demografische Entwicklung – an barrierefreiem Wohnraum in den nächsten 20 Jahren aus, welches Angebot steht dem aktuell gegenüber und welche konkreten Maßnahmen werden mit welchem Zeitplan ergriffen? Frage 8: Welchen heutigen und geplanten Anteil barrierefreien Wohnraums haben städtische Wohnungsbaugesellschaften? (Bitte um Angabe nach Bezirken und jeweiliger aktuell vorhandener und zu wann geplanter Anzahl der Wohnungen). Antwort zu 7 und 8: Hierfür steht in Berlin kein ausreichendes aktuelles Datenmaterial zur Verfügung, sodass bislang auf der Grundlage von älteren Schätzungen, Annahmen und Prognosen zumindest annähernde Aussagen bzw. Forderungen von den die Belange von Menschen mit Behinderungen vertretenden Organisationen getroffen werden. Bezüglich des barrierefreien Wohnraums der städtischen Wohnungsbaugesellschaften wird auf die Antwort zur Schriftlichen Anfrage 18-18994 vom 07.06.2019 verwiesen. Der demografische Wandel ist eine der zentralen Herausforderungen in den kommenden Jahrzehnten und wirkt sich stark auf die Konzeption von Wohngebäuden aus. Mit der 2017 in Kraft getretenen Novellierung der Bauordnung Berlin (BauO Bln) müssen ab 2017 ein Drittel, ab 2020 die Hälfte (50 %) der Wohnungen in Gebäuden mit Aufzügen barrierefrei sein. Im Rahmen der Weiterentwicklung der Wohnungsbauförderungsbestimmungen ist eine Zuschusskomponente bei der Errichtung von „barrierefrei und uneingeschränkt mit dem Rollstuhl nutzbarer Wohnungen“ gemäß DIN 18040-2 („R“) eingeführt worden. Berlin, den 10.09.2019 In Vertretung Lüscher ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen