Drucksache 18 / 20 844 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Jeannette Auricht und Tommy Tabor (AfD) vom 27. August 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 28. August 2019) zum Thema: Ist Zwangsverheiratung Ausdruck kultureller Vielfalt in der wachsenden Stadt? und Antwort vom 13. September 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. Sep. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung Frau Abgeordnete Jeannette Auricht (AfD) und Herrn Abgeordneten Tommy Tabor (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/20844 vom 27. August 2019 über Ist Zwangsverheiratung Ausdruck kultureller Vielfalt in der wachsenden Stadt? ________________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Abgeordneten: In der Antwort zur Drucksache 18/20328 wird die aktuelle Auflage „Zwangsverheiratung – Informationen des Berliner Arbeitskreises gegen Zwangsverheiratung“ mit Stand 2018 erwähnt. Einige der folgenden Fragen nehmen Bezug auf diese Veröffentlichung. Für eine effizientere Lesbarkeit wird sie im weiteren Verlauf mit „Broschüre Zwangsverheiratung“ abgekürzt. 1. Welche Priorität hat für den Senat der Kampf gegen Zwangsverheiratung bei der Gleichstellung von Mann und Frau, die sich u.a. auch mit Themen wie Gender Pay Gap oder Frauenquoten befasst, wenn eine Zwangsverheiratung als eine Form von häuslicher und meist auch sexualisierter Gewalt gesellschaftliche Teilhabe und Chancengleichheit unmöglich macht oder zumindest stark einschränkt und laut einer UN-Arbeitsgruppe im Juni 2001 als eine moderne Form der Sklaverei gebrandmarkt wurde? Zu 1.: Der Senat misst der Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen in seiner Gleichstellungspolitik eine sehr hohe Bedeutung zu. Das Leitbild „Gleichstellung im Land Berlin“, das allen Senats- und Bezirksverwaltungen und ihren nachgeordneten Einrichtungen als Orientierungsrahmen für die gleichstellungspolitische Ausgestaltung ihrer fachlichen Aufgaben dient, sieht vor, dass Frauen und Männer sich im privaten wie im öffentlichen Raum sicher fühlen und frei von Gewalt und sexistischer Diskriminierung leben. Die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen in jeglicher Form – somit auch von Zwangsverheiratungen - ist eine zentrale Zielsetzung sowohl der Richtlinien der Regierungspolitik des Senats als auch des Gleichstellungspolitischen Rahmenprogramms für die 18. Legislaturperiode. 2. Plant der Senat, eine repräsentative wissenschaftliche Erhebung zur Bezifferung des Ausmaßes von Zwangsverheiratung in Berlin zu veranlassen und diese in regelmäßigen Zeitabständen zu wiederholen, um die Wirksamkeit der Maßnahmen zur Prävention und zum Schutz vor Zwangsverheiratung aus dem Koalitionsvertrag evaluieren zu können? 2 2.1. Wenn ja, wann findet die erste Erhebung statt? 2.2. Wenn ja, wird es eine Dunkelfeldstudie geben? 2.3. Wenn ja, mit welchem zeitlichen Abstand wird diese Erhebung wiederholt? 2.4. Wenn nein, wie sonst möchte der Senat die Wirksamkeit der Maßnahmen zur Prävention und zum Schutz vor Zwangsverheiratung aus dem Koalitionsvertrag evaluieren? Zu 2.: 2009 hat das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend eine Studie zu „Zwangsverheiratung in Deutschland – Anzahl und Analyse von Beratungsfällen“ in Auftrag gegeben. Das primäre Ziel der 2011 veröffentlichten Untersuchung galt einer empirisch gestützten Annäherung an Betroffenheit und Umfang von Zwangsverheiratungen in Deutschland. Auf eine Repräsentativerhebung wurde aufgrund der damit verbundenen methodischen Problematiken sowie des sehr hohen finanziellen Aufwands nach Diskussion mit Expertinnen und Experten verzichtet (https://www.bmfsfj.de/blob/95584/d76e9536b0485a8715a5910047066b5d/zwangsver heiratung-in-deutschland-anzahl-und-analyse-von-beratungsfaellen-data.pdf, S. 15ff). Vor diesem Hintergrund plant der Senat keine repräsentative wissenschaftliche Erhebung zum Ausmaß von Zwangsverheiratung. Die Umfragen des Berliner Arbeitskreises gegen Zwangsverheiratung, vor allem aber der Austausch mit Expertinnen und Experten sind nach Ansicht des Senats eine gute Grundlage für die Bewertung und Weiterentwicklung der Maßnahmen zur Bekämpfung von Zwangsverheiratung. 3. Was versteht der Senat unter patriarchalischen Gesellschaften und welche Herkunftsländer in Berlin lebender Migranten fallen unter dieses Zitat aus der Broschüre Zwangsverheiratung: „Zwangsverheiratung hat ihre Ursache vielmehr in Traditionen und Bräuchen, die eng mit dem Begriff der Ehre verknüpft und insbesondere in patriarchalischen Gesellschaften lebendig sind.“? Zu 3.: Patriarchale Gesellschaften zeichnen sich durch ein ungleiches Machtverhältnis zwischen den Geschlechtern zum Nachteil von Frauen aus. Gewalt gegen Frauen ist weltweit häufig Ausdruck dieses Machtverhältnisses. Auch in Deutschland sind nach wie vor patriarchale Strukturen gegeben. Der Senat vertritt die Auffassung, dass „Gesellschaft“ nicht immer identisch mit einem Staat und somit einem eventuellen Herkunftsland ist. Eine Auflistung von Herkunftsländern im Sinne der Frage ist daher nicht möglich und erscheint dem Senat auch nicht zielführend. 4. Welchen Herkunftsländern können in Berlin bekanntgewordene Fälle von Zwangsverheiratung zugeordnet werden? (Bitte in absoluten und prozentualen Zahlen für die Jahre 2010-2019 auflisten inklusive der diese Länder prägenden Religionen.) Zu 4.: Die Beantwortung der Frage erfolgt auf der Grundlage sehr unterschiedlicher und nicht direkt vergleichbarer Datenquellen, die daher gesondert dargestellt werden: Die sich auf das Jahr 2017 beziehende Abfrage des Berliner Arbeitskreises gegen Zwangsverheiratung benennt als Herkunftsländer der Betroffenen, zu denen entsprechende Angaben gemacht wurden, arabische Länder (48%), Türkei (20%), Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawiens sowie Bulgarien und Rumänien (15%) und die kurdischen Gebiete (6%). In einer früheren, sich auf das Jahr 2013 beziehenden Abfrage hatten 32% der Betroffenen türkische Wurzeln, 22% stammten aus arabischen Ländern und 18% aus den Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien sowie aus Rumänien und Bulgarien. 3 In der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) für Berlin werden Fälle der Zwangsheirat seit 2012 unter dem Erfassungsschlüssel 232500 erfasst. Die Fälle können keinen Herkunftsländern zugeordnet werden. Die Anzahl der zum Delikt Zwangsheirat festgestellten Tatverdächtigen nach Staatsangehörigkeit für die Jahre 2012 bis 2018 ist der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen: Staatsangehörigkeit 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Bangladesch 1 1 Bosnien - Herzegowina 2 Deutschland 5 1 2 3 1 3 Indonesien 1 Irak 3 Libanon 1 1 1 Pakistan 2 Polen 1 Rumänien 3 2 Serbien, Republik 2 2 Syrien, Arabische Republik 1 1 2 Tunesien 1 Türkei 3 2 4 4 1 1 unbekannt 2 2 1 4 1 Quelle: Polizeiliche Kriminalstatistik, Stichtag 31. Dezember des jeweiligen Auswertungsjahres Für den Bereich der bei der Staatsanwaltschaft Berlin geführten Ermittlungsverfahren (seit dem 1.11.2011 bis zum Stichtag 3.9.2019 insgesamt 115 Verfahren) wird auf die in der Anlage beigefügten Tabellen verwiesen, die die über MESTA (Mehrländer- Staatsanwaltschafts-Automation) verfügbaren Daten abbilden (Anlage 1 und 2). Da die Fragestellung nicht erkennen lässt, ob sich die Angabe der Nationalität auf Täter oder Opfer bezieht, werden beide Aspekte in jeweils einer Tabelle abgebildet. Prozentuale Angaben enthalten die Tabellen nicht, weil die Fragestellung nicht erkennen lässt, worauf sich die Prozentangaben beziehen sollen. Angaben zu der Frage, welche Religion in welchem Land „prägend“ ist, weist keinerlei Bezug zum Land Berlin oder der Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden auf und werden in den von den Strafverfolgungsbehörden geführten Verfahrensregistern nicht erfasst. Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass Zwangsverheiratungen eher ein kulturelles als ein religiöses Problem darstellen. 5. Von welchen jährlichen Fallzahlen von Zwangsverheiratung geht der Senat aus, wenn eine quantitativ nicht repräsentative Umfrage des Berliner Arbeitskreises gegen Zwangsverheiratung im Jahr 2017 von 570 Fällen versuchter oder erfolgter Zwangsverheiratung berichtet und eine Mitarbeiterin von Papatya im Tagesspiegel vom 22.11.2018 vom mindestens Zehnfachen dieser Zahl ausgeht? Zu 5.: Der Senat geht davon aus, dass es – wie bei anderen Gewaltphänomenen auch – ein Dunkelfeld gibt. Zugleich ist ihm bewusst, dass auch die vom Arbeitskreis gegen Zwangsverheiratung ermittelten Zahlen nicht als wissenschaftlich gesichert gelten können. Darüber hinaus wird auf die Antwort zur Frage 2 verwiesen. 4 6. Welche weiteren Länder sind dem Senat bekannt, in denen Zwangsverheiratung praktiziert wird, die über die in der Broschüre Zwangsverheiratung erwähnten Länder Türkei, Libanon, Iran, Irak, Serbien, Kosovo und Montenegro hinausgehen und in Bezug auf in Berlin lebende Migranten eine quantitative Relevanz haben? Zu 6.: Zwangsverheiratungen und Kinderehen kommen in vielen Regionen der Welt vor. Nach Ansicht des Senats können aus einer Auflistung von Ländern im Sinne der Frage aufgrund der Heterogenität der Gesellschaften in den jeweiligen Ländern und auch der jeweiligen Communities in Berlin keine qualitativen Aussagen über das sehr komplexe Phänomen Zwangsverheiratung getroffen werden. Daher wird auf eine entsprechende Auflistung verzichtet und auf die Tabellen in der Antwort auf die Frage 4 verwiesen. 7. Bei wie vielen Fällen von Zwangsheirat gemäß § 237 StGB wurde die Polizei wegen eines Anfangsverdachts tätig und wie viele davon führten zu welchen Verurteilungen? (Bitte auflisten von 2011-2019.) 8. Wie viele Fälle von Verschleppungen ins Ausland im Zusammenhang mit einer Zwangsverheiratung gemäß §237 (2) StGB sind dem Senat bekannt? (Bitte für die Jahre 2011-2019 auflisten.) Zu 7. und 8.: In der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) steht zur Erfassung von Fällen der Zwangsheirat lediglich ein Straftatenschlüssel (232500) zur Verfügung. Hierin gehen alle Fälle von Zwangsheirat ein, also sowohl Fälle nach § 237 Abs. 1 als auch nach § 237 Abs. 2 Strafgesetzbuch (StGB). Eine weitere Differenzierung ist nicht möglich. Folgende Fallzahlen wurden seit Beginn der Erfassung im Jahr 2012 in der PKS Berlin erfasst: Zwangsheirat Jahr 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 erfasste Fälle n 11 4 10 5 10 13 10 5 Auf der Basis verlaufsstatistischer Daten (Data-Warehouse Führungsinformation, Stand: 2. September 2019) sind für 2019 bisher fünf Fälle von Zwangsheirat notiert. Bei der Eintragung von Verfahren in den Verfahrensregistern der Strafverfolgungsbehörden wird zwischen den verschiedenen Tatbestandsalternativen des § 237 Abs. 2 StGB nicht unterschieden. Die Frage kann daher nicht beantwortet werden. 9. Unterscheidet der Senat beim Tatbestand der Zwangsheirat gemäß § 237 StGB zwischen religiösen Eheschließungen („Imam-Ehen“) und staatlichen Eheschließungen bzw. sieht der Senat dort eine gesetzgeberische Lücke? Zu 9.: Inwieweit nicht vor einem deutschen Standesamt geschlossene Ehen Gegenstand von Ermittlungsverfahren waren, ist ohne Einzelauswertung aller Akten nicht feststellbar. Auch wenn es derartige Fälle gegeben haben sollte, ist diese Frage von den Dezernentinnen und Dezernenten der Staatsanwaltschaft Berlin selbst zu entscheiden; eine vorgegebene Linie gibt es nicht. 10. Welche Angebote oder Projekte unterstützen von Zwangsverheiratung betroffene heterosexuelle Jungen und junge Männer? Zu 10.: Jungen, männliche Jugendliche und junge männliche Heranwachsende können sich an den Kinder- bzw. Jugendnotdienst wenden. Erwachsene von Zwangsverheiratung betroffene Männer können sich an die Beratung des Vereins Opferhilfe e.V. wenden. Die Angebote können unabhängig von der sexuellen Orientierung in Anspruch genommen werden. 11. Wie unterscheidet sich beim Themenfeld Zwangsverheiratung der „spezifische und komplexe Bedarf von LSBTI“ (Drucksache 18/20328) von den Bedarfen heterosexueller Mädchen und Frauen und heterosexueller Jungen und Männern? Zu 11.: Zwangsverheiratungen an LSBTI richtet sich gegen die sexuelle und geschlechtliche Identität der Personen. Dabei wird in manchen Fällen die Zwangsverheiratung gegenüber LSBTI auch als Instrument eingesetzt, um eine „Korrektur“ der sexuellen oder geschlechtlichen Identität herbeizuführen und sie, gegen ihren Willen, in eine heteronormative Struktur zu zwängen. Dem zugrunde liegt fälschlicherweise oft auch die Annahme, dass Homosexualität oder Transgeschlechtlichkeit „heilbar“ seien. Häusliche Gewalt existiert für viele LSBTI auch unabhängig von einem Outing, insbesondere im familiären Umfeld, das von Homo- und Transphobie gekennzeichnet ist und einer positiven Identitätsentwicklung entgegensteht. Ein Verlassen dieses Umfelds ist dann oftmals nur unter riskanten Bedingungen möglich. Grundsätzlich bedarf es in diesen Fällen konkreter und akuter Schutzmaßnahmen. Die Bedarfe können sich dabei in ihrer Intensität unterscheiden. Sie reichen von einer sicheren und anonymen Unterkunft mit Kriseninterventionsmöglichkeit bis hin zu sozialer Reintegration und psychologischer Betreuung. 6 12. Warum sind die Fördersummen für Projekte, die Zwangsverheiratung als einen Beratungsschwerpunkt haben bzw. aufgrund ihrer grundsätzlichen Ausrichtung von besonderer Bedeutung für Betroffene sind im Verhältnis 1:8,5 bei der Betrachtung LSBTI und Nicht-LSBTI (100.000 € vs. 854.659 € - siehe Drucksache 18/20328), wenn bei der letzten Umfrage des Arbeitskreises gegen Zwangsverheiratung von 570 Fällen nur rund 4% als homosexuell geführt wurden, was einem Verhältnis von 1:25 entspricht? 12.1. Ist die Frage einer Schwerpunktverlagerung Richtung LSBTI anhand dieser Zahlen nicht berechtigt? 12.2. Plant der Senat, die Fördersummen für Nicht-LSBTI dem Verhältnis entsprechend auf 2.500.000 € zu erhöhen? Zu 12.: Eine Verhältnissetzung würde voraussetzen, dass die im Verhältnis zu setzenden Aspekte vergleichbar sind. Im Falle der in der Frage erwähnten Antwort zur Schriftlichen Anfrage Drucksache 18/20328 handelt es sich bei den dargestellten Projekten für Frauen und Mädchen um sehr unterschiedliche Angebote, die von der Kriseneinrichtung bis zu Beratungsstellen reichen, die über eine besondere Expertise zu Zwangsverheiratung verfügen, aber auch andere Aufgaben wahrnehmen. Im Falle des Projektes Krisen- und Zufluchtsunterkunft für LSBTI handelt es sich um eine Einrichtung mit fünf Plätzen im Sinne einer Zufluchtsunterkunft sowie eine extern angegliederte Clearing-Stelle. Die in der bereits erwähnten Antwort zur Schriftlichen Anfrage dargestellten Kosten decken unterschiedliche Leistungen und Angebote ab und sind somit nicht vergleichbar. Zu 12.1.: Eine Schwerpunktverlagerung ist nicht erkennbar. Es handelt sich um ein bedarfsgerechtes und angemessenes Angebot, das das bestehende Hilfs- und Unterstützungssystem um eine Einrichtung mit fünf Plätzen sowie eine extern angegliederte Clearing-Stelle ergänzt . Zu 12.2.: Nein. 13. Welche Projekte zur Aufklärung über Zwangsverheiratung waren bzw. sind an Berliner Schulen beratend aktiv? (Bitte Schulnamen und jeweils erreichte Schülerzahlen für 2018 auflisten.) 14. Welche Schwierigkeiten sind dem Senat bekannt bei der Projektarbeit freier Träger gegen Zwangsverheiratung an Berliner Schulen, wie sie von den Anzuhörenden im Ausschuss für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung am 19. August 2019 angesprochen wurden? Wie kann der Senat bei der Optimierung der Zusammenarbeit von Trägern und Schulen unterstützen? Zu 13. und 14.: Da die Schulen eigenverantwortlich über entsprechende Angebote entscheiden und hierzu auch keine Daten erhoben werden, kann der Senat keine Übersicht über diese Angebote vorlegen. Dem Senat sind aber beispielsweise die Workshops zu Zwangsverheiratung bekannt , die Elisi Evi e.V. regelmäßig an Schulen durchführt. Er weiß auch um die Schwierigkeiten , die angesichts der vielfältigen Aufgaben der Schulen einer intensiveren Zusammenarbeit mit fachkundigen Projekten im Alltag entgegenstehen können. Der Senat wird in Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis gegen Zwangsverheiratung prüfen, wie präventive Angebote effektiver an die Schulen herangetragen werden können. 7 15. Welche verpflichtenden Schulungen für pädagogisches Personal zum Thema Zwangsverheiratung gibt es aktuell in Berlin? Wie viele Pädagogen werden damit jährlich erreicht? Wer ist Anbieter dieser Schulungen ? Ist eine quantitative Ausweitung von Schulungen für pädagogisches Personal zum Thema Zwangsverheiratung geplant? Zu 15.: Es gibt keine verpflichtenden Schulungen für pädagogisches Personal zum Thema Zwangsheirat. Eine Übersicht über die Zahl der Lehrkräfte, die an nicht-verpflichtenden Fortbildungen teilgenommen haben, liegt dem Senat nicht vor. 16. Welche Ansprachemöglichkeiten können Beratungsstellen und Projekte gegen Zwangsverheiratung in oft schwer zugänglichen Migrantenmilieus jenseits von Schulen noch nutzen, um junge Menschen über ihr Recht der freien Partnerwahl und die Strafbarkeit von Zwangsverheiratung aufzuklären? Zu 16.: Die digitalen Medien bieten gute Möglichkeiten, junge Menschen auch außerhalb der Schule zu erreichen. Ein Beispiel hierfür ist das Video #HolDirHilfe von Papatya, das unter folgendem Link abgerufen werden kann: https://www.youtube.com/watch?v=N60QVM6-XE8. 17. Was wird vom Senat unternommen, um den Tätern einer Zwangsverheiratung gemäß § 237 StGB das Fehlerhafte und die rechtlichen Folgen ihres Handelns vor Begehung der Tat zu vermitteln, also auch klarzumachen, dass Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren drohen? Zu 17: Der Senat geht davon aus, dass mögliche Täter und Täterinnen die öffentliche Thematisierung des Themas Zwangsverheiratung wahrnehmen und ihnen der Unrechtsgehalt bekannt ist. Weiterhin hält der Senat es jedoch für wahrscheinlich, dass Personen, die bereit sind, sich in einem derart massiven Ausmaß über die Rechte der Betroffenen hinwegzusetzen , sich auch durch eine genaue Kenntnis des einschlägigen Straftatbestandes von der Begehung der Tat nicht abhalten lassen würden. Die Strafverfolgungsbehörden werden lediglich repressiv tätig. Berlin, den 13 . September 2019 In Vertretung Barbara König Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung 8 Anlage 1: Nationalitäten Beschuldigte Systemeingangsjahr des Verfahrens Nationalitäten Anzahl 2011 Anzahl 2012 Anzahl 2013 Anzahl 2014 Anzahl 2015 Anzahl 2016 Anzahl 2017 Anzahl 2018 Anzahl 2019 Insgesamt ohne 0 1 0 12 3 0 1 5 1 23 AFGHANISTAN 0 0 0 0 0 1 0 4 3 8 AFGHANISTAN; DEUTSCHLAND 0 0 0 1 0 0 0 0 0 1 ÄGYPTEN 0 0 0 1 0 0 0 0 0 1 ALBANIEN 0 0 0 1 0 0 0 0 0 1 ALGERIEN 0 0 0 0 0 0 0 0 1 1 ARMENIEN 0 0 0 0 0 0 0 1 0 1 BANGLADESCH 0 0 0 0 0 0 0 2 1 3 BANGLADESCH; INDIEN 0 0 0 0 1 0 0 0 0 1 BOSNIEN-HERZEGOWINA 0 0 0 0 0 1 0 0 0 1 BULGARIEN 0 0 0 0 0 0 0 0 2 2 DEUTSCHLAND 0 2 1 3 5 3 2 4 0 20 DEUTSCHLAND; IRAK 0 0 0 0 1 1 0 0 0 2 DEUTSCHLAND; LIBANON 0 0 1 2 1 0 0 0 0 4 DEUTSCHLAND; PAKISTAN 0 0 0 0 0 2 0 0 0 2 DEUTSCHLAND; POLEN 0 0 0 1 0 0 0 0 0 1 DEUTSCHLAND; Staatsangehörigkeit ungeklärt 0 0 0 2 0 0 0 0 0 2 DEUTSCHLAND; SYRIEN, ARABISCHE REPUBLIK 0 0 0 0 0 0 1 0 0 1 DEUTSCHLAND; TÜRKEI 0 0 1 1 0 0 0 0 0 2 INDONESIEN 0 0 0 0 0 0 1 0 0 1 JORDANIEN 0 0 0 0 0 0 0 0 1 1 LIBANON 0 0 0 0 0 0 1 0 0 1 MAZEDONIEN 0 0 0 0 0 2 0 0 0 2 PAKISTAN 0 0 0 0 0 7 0 0 0 7 PHILIPPINEN 0 0 0 0 0 0 0 0 1 1 POLEN 0 0 0 0 0 1 0 0 0 1 9 RUMÄNIEN 0 5 0 0 0 0 2 1 0 8 RUSSISCHE FÖDERATION 0 0 0 0 0 0 0 0 4 4 SERBIEN, REPUBLIK 0 0 0 1 0 2 2 0 0 5 SERBIEN UND MONTENEGRO (bis 01.08.2006) 0 0 0 1 0 0 0 0 0 1 Staatenlos 0 0 0 0 1 0 0 0 0 1 Staatsangehörigkeit ungeklärt 0 0 0 1 3 3 3 1 2 13 SYRIEN, ARABISCHE REPUBLIK 0 0 0 0 0 1 1 2 0 4 TUNESIEN 0 0 0 1 0 0 0 0 0 1 TÜRKEI 0 2 3 3 3 3 2 2 2 20 UNGARN 0 0 0 0 0 0 0 1 0 1 UNGARN; SERBIEN, REPUBLIK 0 0 0 0 0 0 0 2 0 2 Summe 0 10 6 31 18 27 16 25 18 151 Anzahl der Nationalitäten der Beschuldigten aus den Js-Verfahren mit § 237 StGB die im Zeitraum 01.07.2011 bis 03.09.2019 eingegangen sind. 10 Anlage 2: Nationalitäten Geschädigte Systemeingangsjahr des Verfahrens Nationalitäten Anzahl 2011 Anzahl 2012 Anzahl 2013 Anzahl 2014 Anzahl 2015 Anzahl 2016 Anzahl 2017 Anzahl 2018 Anzahl 2019 Insgesamt ohne 0 1 0 2 4 2 1 0 1 11 AFGHANISTAN 0 0 0 0 0 1 1 2 1 5 AFGHANISTAN; DEUTSCHLAND 0 0 0 1 0 0 0 0 0 1 ARMENIEN 0 0 0 0 0 0 0 1 0 1 BANGLADESCH 0 0 0 0 1 0 0 2 0 3 BANGLADESCH; DEUTSCHLAND; PHILIPPINEN 0 0 0 0 0 0 0 0 1 1 BOSNIEN-HERZEGOWINA 0 0 0 0 0 1 0 0 0 1 BULGARIEN 0 0 0 0 0 1 0 0 1 2 DEUTSCHLAND 0 0 1 22 7 6 8 7 5 56 DEUTSCHLAND; MONTENEGRO 0 0 0 0 0 0 1 0 0 1 DEUTSCHLAND; PAKISTAN 0 0 0 0 0 1 0 0 0 1 DEUTSCHLAND; RUMÄNIEN 0 0 0 0 0 0 1 0 0 1 DEUTSCHLAND; SERBIEN UND MONTENEGRO (bis 01.08.2006) 0 0 0 1 0 0 0 0 0 1 DEUTSCHLAND; SYRIEN, ARABISCHE REPUBLIK 0 0 0 0 1 0 0 0 0 1 DEUTSCHLAND; TÜRKEI 0 0 1 0 0 0 0 0 0 1 IRAK 0 0 0 0 1 1 1 1 1 5 IRAN, ISLAMISCHE REPUBLIK 0 0 0 1 0 0 0 0 0 1 JORDANIEN 0 0 0 0 0 0 0 0 2 2 MAZEDONIEN 0 0 0 0 0 0 1 1 0 2 PAKISTAN 0 0 0 0 0 1 0 0 0 1 POLEN 0 0 0 1 0 1 0 0 0 2 RUMÄNIEN 0 4 0 0 0 0 0 1 0 5 RUSSISCHE FÖDERATION 0 0 0 0 0 0 0 1 3 4 SERBIEN, REPUBLIK 0 0 0 0 0 4 1 0 0 5 SERBIEN UND MONTENEGRO (bis 01.08.2006) 0 0 0 3 0 0 0 0 0 3 11 Staatsangehörigkeit ungeklärt 0 0 0 2 2 0 3 2 0 9 SYRIEN, ARABISCHE REPUBLIK 0 0 0 0 1 1 2 1 0 5 TÜRKEI 0 0 1 4 2 1 0 3 2 13 UNGARN 0 0 0 0 0 0 0 2 0 2 Summe 0 5 3 37 19 21 20 24 17 146 Anzahl der Nationalitäten der Geschädigten aus den Js-Verfahren mit § 237 StGB die im Zeitraum 01.07.2011 bis 03.09.2019 eingegangen sind.