Drucksache 18 / 20 850 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Thomas Seerig (FDP) vom 29. August 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 29. August 2019) zum Thema: Inklusive Gesellschaft – Hier Justiz und Antwort vom 16. Sep. 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. Sep. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung Herrn Abgeordneten Thomas Seerig (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/20 850 vom 29. August 2019 über Inklusive Gesellschaft – Hier Justiz ---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welche Bedeutung hat die umfassende Umsetzung der UN-BRK für den Senat und welchen Stellenwert hat Inklusion in allen Lebensbereichen für ihn? Zu 1.: Für den Senat und insbesondere die Berliner Justiz haben die Umsetzung der UN- BRK (UN-Behindertenrechtskonvention) sowie Inklusion einen sehr hohen Stellenwert, denn eine bürgernahe Justiz muss unbedingt auch dem Anspruch an Barrierefreiheit gerecht werden. Die Schaffung von Barrierefreiheit wird seitens der Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung ausdrücklich befürwortet und unterstützt . 2. Inwieweit sind alle Gerichte in Berlin umfassend barrierefrei, d.h. für die Rollstuhlnutzer geeignet? Zu 2.: Auf Grund der baulichen Gegebenheiten, insbesondere der großen Anzahl an sehr alten Gerichtsgebäuden, sind nicht alle Berliner Gerichte vollumfänglich barrierefrei. 3. In welchen Gerichtsgebäuden Berlins gibt es ein Blindenleitsystem? Zu 3.: Ein Blindenleitsystem ist in keinem Gerichtsgebäude vorhanden. 4. Welche Unterstützung gibt es im Zuge der Verhandlungen für Menschen mit Sinneseinschränkungen (Gehörlos/Blind) bzw. kognitiven Einschränkungen, soweit diese als Richter Schöffen Angeklagte Anwalt Nebenkläger Zeugen Sachverständige Zuhörer beteiligt sind? (Gebärdendolmetscher, Vorlesefunktion, Leichte Sprache) 2 Zu 4.: Für die ordentliche Gerichtsbarkeit, die Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit kann mitgeteilt werden, dass Richterinnen und Richter, sollte der Bedarf bestehen, in den Verhandlungen und Erörterungsterminen die Möglichkeit haben, sich derselben Hilfsmittel zu bedienen, die ihnen im beruflichen Kontext zur Verfügung stehen. Der Einsatz, wie auch verfahrensleitende Entscheidungen zur Berücksichtigung individueller Einschränkungen von Verfahrensbeteiligten, liegen im – der richterlichen Unabhängigkeit unterfallendem – Ermessen der Richterinnen oder des Richters. Angeklagte, Nebenklägerinnen und Nebenkläger, Zeuginnen und Zeugen sowie Parteien /Beteiligte eines Verfahrens erhalten im Bedarfsfall nach einzelfallabhängiger Prüfung entsprechende Hilfe beispielsweise durch die Hinzuziehung von Hilfspersonen wie Dolmetschern oder Vorlesekräften. Insgesamt erfolgt keine Erfassung der Formen der Unterstützung. In den Häusern erstellte Dokumente können bei Bedarf als durchsuchbare Dokumente (USB-Stick oder CD) zur Verfügung gestellt werden gemäß der Rahmenvereinbarung zwischen der Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung und dem Allgemeinen Blinden- und Sehbehindertenverein Berlin gegr. 1874 e.V., welche auf die Zugänglichmachungsverordnung (ZMV) vom 26.02.2007 fußt. Unter anderem die Amtsgerichte Pankow/Weißensee und Lichtenberg haben auf der Grundlage der ZMV einen Leitfaden verfasst und im Intranet veröffentlicht. Darüber hinaus wird auf die Gemeinsame Geschäftsordnung I der Berliner Verwaltung verwiesen, die für den Schriftverkehr im Allgemeinen gültig ist und den Einsatz einer leicht verständlichen Darstellung und einfachen Sätzen in Form einer adressatengerechten Sprache verlangt. Darüber hinaus ist das vom Kammergericht erstellte Merkblatt für den Umgang mit gehörlosen und schwerhörigen Menschen in den Häusern seines Geschäftsbereichs bekanntgegeben worden. Bei den Berliner Gerichten für Arbeitssachen sind keine blinden oder gehörlosen Richterinnen und Richter beschäftigt, so dass es derzeit keiner Unterstützungsmaßnahmen bedarf . Für die übrigen genannten Prozessbeteiligten der arbeitsgerichtlichen Verfahren gibt es bei Bedarf entsprechende Gebärdendolmetscher oder Vorleser. Das Schreibwerk wird grundsätzlich barrierefrei erstellt. Für Zuhörer sind keine besonderen Maßnahmen getroffen. 5. Inwieweit sind die Justizvollzugsanstalten in Berlin, Justizvollzugsanstalt des Offenen Vollzuges Berlin, die Jugendstrafanstalt Berlin, die Jugendarrestanstalt Berlin-Brandenburg und das Justizvollzugskrankenhaus Berlin (nachstehend gemeinsam Anstalten) umfassend barrierefrei, d.h. für Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrer geeignet? Bitte nach den Anstalten differenzieren. Zu 5.: Umfassend barrierefrei sind die Justizvollzugsanstalt (JVA) Heidering, die JVA für Frauen Berlin am Standort Lichtenberg sowie das Justizvollzugskrankenhaus Berlin. In Teilbereichen barrierefrei sind die Jugendarrestanstalt Berlin-Brandenburg, die Jugendstrafanstalt Berlin, die JVA für Frauen Berlin am Standort Reinickendorf und am Standort Pankow, die JVA des Offenen Vollzuges Berlin am Standort Robert-von Ostertag-Straße und am Standort Niederneuendorfer Allee, die JVA Plötzensee, die JVA Moabit und die JVA Tegel. Nicht barrierefrei sind die JVA für Frauen Berlin am Standort Neukölln sowie die JVA des Offenen Vollzuges Berlin am Standort Kieferheider Weg und am Standort Kisselnallee. 3 6. Gibt es Anstalten mit Blindenleitsystem? Wenn ja, welche? Für Insassen und/oder Besucher. Bitte nach den Anstalten differenzieren. Zu 6.: Ein Blindenleitsystem ist in keiner der Berliner Anstalten vorhanden. 7. Gibt es Justizangestellte, die Gebärdensprache beherrschen? Wenn ja, wie viele in welchen Bereichen? Zu 7.: Die Anzahl der Beschäftigten, welche die Gebärdensprache beherrschen, wird statistisch nicht erhoben. 8. Wie viele Insassen der Anstalten sind auf einen Rollstuhl angewiesen? Bitte nach den Anstalten differenzieren . Zu 8.: Die Anzahl der Gefangenen, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind, verteilt sich in den Anstalten wie folgt: Justizvollzugsanstalt JVA Moabit 1 Gefangener JVA Tegel 1 Sicherungsverwahrter JVA Plötzensee 2 Gefangene JVA Heidering 0 JVA für Frauen Berlin 0 Jugendstrafanstalt 0 JVA des offenen Vollzuges 2 Gefangene Jugendarrestanstalt 0 9. Wie viele Insassen der Anstalten sind gehörlos und wie viele sind blind bzw. hochgradig sehbehindert? Bitte nach den Anstalten differenzieren. Zu 9.: Die Anzahl der Gefangenen, die gehörlos, hochgradig sehbehindert oder blind sind, ergibt sich aus der folgenden Tabelle: Justizvollzugsanstalt Gehörlos Hochgradig sehbehindert/blind JVA Moabit 0 1 Gefangener JVA Tegel 1 Gefangener 0 JVA Plötzensee 1 Gefangener 1 Gefangener JVA Heidering 0 0 JVA für Frauen Berlin 0 0 Jugendstrafanstalt 1 Gefangener 0 JVA des offenen Vollzuges 0 1 Gefangener Jugendarrestanstalt 0 0 4 10. Wie hat sich die Zahl der Insassen mit Mobilitäts- bzw. Sinnesbehinderung in den letzten fünf Jahren entwickelt? Zu 10.: Eine entsprechende Statistik wird nicht geführt. Berlin, den 16. September 2019 In Vertretung Margit Gottstein Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung