Drucksache 18 / 20 853 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Thorsten Weiß (AfD) vom 27. August 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 30. August 2019) zum Thema: Asylbewerber in Kindertagesstätten (KiTa) und in der Jugendarbeit und Antwort vom 10. Sep. 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 16. Sep. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie Herrn Abgeordneten Thorsten Weiß (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/20853 vom 27. August 2019 über Asylbewerber in Kindertagesstätten (KiTa) und in der Jugendarbeit ___________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Asylbewerber arbeiten nach Wissen des Senats derzeit in Einrichtungen der frühkindlichen Erziehung, der Jugendhilfe, der sozialen Jugendarbeit oder angrenzenden Bereichen? Ich bitte um Auflistung nach Zahl, Einrichtung und Tätigkeitsfeld, falls vorhanden. Zu 1.: Laut Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit (Stichtag 30.06.2018) besitzen von allen 81.650 berlinweit Beschäftigten im Berufsfeld Erziehung, Sozialarbeit und Heilerziehungspflege 75.143 Personen die deutsche und 6.507 Personen eine ausländische Staatsangehörigkeit. Die 6.507 Beschäftigten mit ausländischer Staatsangehörigkeit stammen aus 145 verschiedenen Ländern. Rund 70 Prozent aller Erwerbstätigen im Berufsfeld Erziehung, Sozialarbeit und Heilerziehungspflege sind in der Kinder- und Jugendhilfe beschäftigt. Der aufenthaltsrechtliche Status in Form einer eventuellen Aufenthaltserlaubnis, einer Aufenthaltsgestattung oder einer Duldung wird in den Arbeitgebermeldungen der sozialversicherungspflichtig und geringfügig Beschäftigten nicht erfasst. Die Anzahl der Asyl suchenden Beschäftigten in Einrichtungen der frühkindlichen Bildung, der Jugendhilfe, der sozialen Jugendarbeit und angrenzenden Bereichen ist der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie (SenBildJugFam) somit nicht bekannt. 2. Beziehen genannte Asylbewerber Leistungen oder übergreifende Unterstützungen im Rahmen der IFlaS (Initiative zur Flankierung des Strukturwandels) der Bundesagentur für Arbeit (Berliner Regionaldirektionen) oder Jobcenter (Berliner Bezirke)? Ich bitte um Nennung der gesetzlichen Grundlage hierfür. Zu 2.: Die Initiative zur Flankierung des Strukturwandels (IFlaS) ist zum 31.12.2017 ausgelaufen. Daher können daraus keine Leistungen mehr in Anspruch genommen werden. Sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, deren Einkommen nicht bedarfsdeckend ist, können ergänzende Leistungen nach Sozialgesetzbuch II gewährt werden. Ob dieser Bedarf besteht und in welchem Umfang, hängt von den individuellen Voraussetzungen ab, die im Einzelfall durch das zuständige Jobcenter geprüft werden. 3. Welche Merkmale zeichnen einzelne Asylbewerber für eine Tätigkeit in der Arbeit mit Kindern oder Jugendlichen aus? Wem obliegt die finale Entscheidung im Einzelfall, speziell in Fällen der Uneinigkeit mit dem Bezirk? Zu 3.: Grundsätzlich gilt für die Kinder- und Jugendhilfe das Fachkräftegebot. Dieses ist in § 72 Sozialgesetzbuch - Achtes Buch - Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII) für die Träger der öffentlichen Jugendhilfe und mittelbar über § 74 für freie Träger geregelt. Dieses Fachkräftegebot wird ggf. in Form von rechtlichen Bestimmungen für die jeweiligen Felder der Kinder- und Jugendhilfe konkretisiert. Die Entscheidung über die Einstellung einer sozialpädagogischen Fachkraft trifft der Träger in seiner Funktion als Arbeitgeber. Sofern z.B. im Kita-Bereich eine Person über den Quereinstieg beschäftigt werden soll, ist von dieser ein Antrag auf Anerkennung als Quereinsteigende/r (mit und ohne Fachkraftoption) bei der SenBildJugFam zu stellen. Die rechtlichen Bestimmungen sind im Dokument „Fachkräfte in Tageseinrichtungen für Kinder“, gültig seit August 2018, geregelt. In der Fragestellung erwähnte „Fälle der Uneinigkeit mit dem Bezirk“ sind der SenBildJugFam nicht bekannt. Personen mit im Ausland erworbenen sozialpädagogischen Berufsabschlüssen (und dazu können auch Asylsuchende gehören), haben die Möglichkeit, einen Antrag auf Feststellung der Gleichwertigkeit ihrer Qualifikation mit der staatlichen Anerkennung bei der SenBildJugFam zu stellen. Im Ergebnis der Prüfung kann ein Bescheid mit Auflagen (z.B. Nachweis von Deutschkenntnissen gem. Niveaustufe C 1 des Gemeinsamen Europäischer Referenzrahmens für Sprachen, Rechtsgrundlagen) erteilt werden. Sind die Auflagen erfüllt und die entsprechenden Nachweise gegenüber der SenBildJugFam erbracht, wird nach Vorlage eines erweiterten polizeilichen Führungszeugnisses die Urkunde über die staatliche Anerkennung erteilt. Damit ist die Person eine anerkannte sozialpädagogische Fachkraft in allen sozialpädagogischen Feldern und kann – in Abhängigkeit von ihrem aufenthaltsrechtlichen Status – eine entsprechende Arbeit aufnehmen. Die rechtlichen Grundlagen für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit sind in § 61 des Asylgesetzes definiert. Das fluchtbedingte Fehlen von formalen Zeugnissen erschwert Geflüchteten den Zugang zu der dargestellten Prüfung der Gleichwertigkeit des Abschlusses (und somit den Zugang zu den Arbeitsfeldern der Kinder- und Jugendhilfe) bzw. den dafür einschlägigen Ausbildungswegen. Um Geflüchteten (mit anerkanntem Status oder einer Aufenthaltsgestattung ) mit pädagogischen Vorerfahrungen, die fluchtbedingt keine Qualifikationsnachweise erbringen können, einen Zugang in eine qualifizierte pädagogische Tätigkeit zu ermöglichen, setzt die SenBildJugFam seit 2017 den Schulversuch „Berufsbegleitende Ausbildung Geflüchteter zu Erzieherinnen und Erziehern“ um. Der Schulversuch verläuft erfolgreich, was primär durch eine enge Verzahnung der beteiligten Kooperationspartner bzw. der Regel- und Förderangebote gelingt. Dafür wurden tragfähige Kooperationsstrukturen gebildet, die im Wesentlichen auf Regelsystemen des Landes und des Bundes basieren. Bis heute sind im Schulversuch 77 Geflüchtete in eine berufsbegleitende Ausbildung zur Erzieherin bzw. zum Erzieher eingemündet. Die Schulversuchsgenehmigung sieht eine Platzkapazität von insgesamt 100 Fachschulplätzen und einen letztmaligen Ausbildungsstart im Februar 2020 vor. Die SenBildJugFam unterstützt eine höhere kulturelle Diversität in den Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, weil diese nicht zuletzt auch für die betreuten Kinder und Jugendlichen eine wertvolle Ressource darstellt. 4. In wie vielen Fällen, soweit dem Senat bekannt, sind Menschen mit Duldung und unter Bezug von Leistung im Rahmen des Asylbewerberleistungsgesetzes oder nach Täuschung nach §281 StgB (Missbrauch von Ausweispapieren) durch Träger der Erziehung, der Jugendhilfe – öffentlich und durch die öffentliche Hand Berlins bezuschusst – beschäftigt worden? Ich bitte um Nennung der Zahl, des Datums, des Trägers und des Ergebnisses nach Feststellung. Zu 4.: Während der Durchführung des Asylverfahrens erhalten Asylbewerber und Asylbewerberinnen Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Laut aktuellster monatlicher Statistik des AsylbLG in Berlin vom 31.03.2019, herausgegeben durch die Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung, beziehen in Berlin insgesamt 25.380 Personen Leistungen gemäß AsylbLG, davon sind 25.370 Personen nicht erwerbstätig und 10 Personen erwerbstätig. Inwieweit diese 10 erwerbstätigen Personen mit Leistungen gemäß dem AsylbLG bei Trägern der Jugendhilfe beschäftigt sind, geht aus der genannten Statistik nicht hervor. Indem das Einkommen aus Erwerbstätigkeit den Leistungen aus dem AsylbLG weitestgehend angerechnet wird, tritt der geschilderte Fall des Bezugs von Leistung im Rahmen des AsylbLG und der zusätzlichen Beschäftigung regelhaft nicht ein. Eine Duldung ist die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung (§ 60a Aufenthaltsgesetz). Die Abschiebung kann ausgesetzt werden, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Ein Ausländer und eine Ausländerin, der/die die Duldung besitzt, hat unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Personen mit einer Duldung haben zudem Anspruch auf Sozialleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Laut polizeilicher Kriminalstatistik gab es in Berlin im Jahr 2018 insgesamt 252 Fälle des Missbrauchs von Ausweispapieren, 2 Fälle der Vorbereitung der Fälschung von amtlichen Ausweisen und 165 Fälle des Verschaffens von falschen amtlichen Ausweisen. Inwieweit es sich hier um Asylsuchende handelt und ob die Beschuldigten erwerbstätig sind, geht aus der polizeilichen Kriminalstatistik nicht hervor und ist der SenBildJugFam somit nicht bekannt. Jedoch haben im gesamten Kriminalitätsbereich Urkundenfälschung 44 Prozent der Tatverdächtigen eine deutsche Staatsangehörigkeit. Berlin, den 10. September 2019 In Vertretung Sigrid Klebba Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie