Drucksache 18 / 20 862 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Emine Demirbüken-Wegner (CDU) vom 28. August 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 30. August 2019) zum Thema: Wie groß ist der tatsächliche Kita-Platz-Bedarf zu Beginn des neuen Kita-Jahres 19/20 und welche Prognose trifft der Senat für das Kita-Jahr 19/20 insgesamt? und Antwort vom 16. September 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. Sep. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie Frau Abgeordnete Emine Demirbüken-Wegner (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/20862 vom 28. August 2019 über Wie groß ist der tatsächliche Kita-Platz-Bedarf zu Beginn des neuen Kita- Jahres 19/20 und welche Prognose trifft der Senat für das Kita-Jahr 19/20 insgesamt ? ___________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Kita-Plätze sind zu Beginn des neuen Kita-Jahres 19/20 frei geworden und wie viele Kita-Plätze wurden bis dahin gebraucht, um den Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz im Land Berlin zu erfüllen? Wie hoch ist demnach die Differenz zwischen frei gewordenen Plätzen und dem realen Bedarf? 3. Wie viele Kinder, die einen Rechtsanspruch haben, werden von ihren Eltern überhaupt nicht in eine Kita geschickt? Wie viele sind es insgesamt und wie viele bezogen auf die einzelnen Bezirke? 4. Wie sieht die reale bezirkliche Versorgung mit Kita-Plätzen zu Beginn des neuen Kita-Jahres 19/20 aus (bitte um bezirkliche Auflistung: frei gewordene Plätze, neu besetzte Plätze, Anzahl der unversorgten Kinder mit Kita-Gutschein)? Zu 1, 3 und 4.: Laut Integrierter Software Berliner Jugendhilfe (ISBJ) 1 haben 34.223 Kinder zum Ende des Kitajahres am 31.07.2019 ihre Kindertageseinrichtung verlassen. Wiederum wurden 18.839 Kinder zu Beginn des neuen Kitajahres 2019/2020 (August 2019) neu in einer Kindertageseinrichtung betreut (bezirkliche Aufstellung siehe Tabelle 1). Rechnerisch sind somit 15.384 Plätze in Kindertageseinrichtungen noch nicht vertraglich gebunden. Zusätzlich werden rd. 5.400 Kinder von einer Tagespflegeperson betreut (siehe Frage 7). Demgegenüber wurde für 2.478 Kinder die zum Beginn des Kitajahres 2019/20 einen Betreuungswunsch hatten, noch kein Vertrag registriert. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Träger 3 Monate Zeit haben ihre Verträge (auch rückwirkend) zu registrieren. Insofern kann gegenwertig keine abschließend belastbare Zahl der nicht versorgten Kinder auf 1 Kita Monitoring Stichtag 31.08.2019, Stand 03.09.2019 - -2 Landes- und Bundesebene angezeigt werden. Da die Vertragszahlen noch unvollständig sind, kann noch keine endgültige Anzahl an Kindern ermittelt werden die von Ihrem Rechtsanspruch keinen Gebrauch machen. Ein Indikator stellt diesbezüglich die festgeschriebene Betreuungsquote2 vom 31.12.2018 dar (Tabelle 2). Tabelle 1: frei gewordene und neu belegte Plätze zum August 2019 (Quelle: ISBJ/Kita Fachverfahren- Stand 10.09.2019) Bezirk Anzahl Kinder Kita verlassen Anzahl Kinder neu in Kita Mitte 3.842 2.185 Friedrichshain-Kreuzberg 3.068 1.645 Pankow 4.510 2.550 Charlottenburg-Wilmersdorf 2.447 1.357 Spandau 2.057 1.001 Steglitz-Zehlendorf 2.554 1.499 Tempelhof-Schöneberg 3.009 1.754 Neukölln 2.770 1.370 Treptow-Köpenick 2.389 1.329 Marzahn-Hellersdorf 2.563 1.410 Lichtenberg 2.812 1.695 Reinickendorf 2.202 1.044 Berlin gesamt 34.223 18.839 Tabelle 2: Betreuungsquoten zum 31.12.2018 nach Altersstufen und Bezirk (Quelle: ISBJ/Kita- Festschreibung) Bezirk Betreuungsquote 31.12.2018 1 bis u3 Jahre 3 bis u6 Jahre 6 bis u7 Jahre Mitte 59,7% 90,7% 30,5% Friedrichshain-Kreuzberg 71,2% 94,3% 33,9% Pankow 79,3% 95,6% 33,0% Charlottenburg-Wilmersdorf 65,7% 90,6% 28,0% Spandau 54,6% 86,8% 30,4% Steglitz-Zehlendorf 74,1% 94,1% 26,2% Tempelhof-Schöneberg 67,2% 91,4% 31,2% Neukölln 58,6% 90,4% 31,1% Treptow-Köpenick 74,5% 93,0% 31,4% Marzahn-Hellersdorf 67,6% 92,0% 35,8% Lichtenberg 69,1% 91,6% 34,3% Reinickendorf 58,4% 89,7% 30,6% Berlin gesamt 67,1% 91,9% 31,5% 2 Die Betreuungsquote ist definiert als der prozentuale Anteil der betreuten Kinder des Bezirkes (unabhängig davon, in welchen Bezirk die Betreuung stattfindet) an dem gleichaltrigen Einwohnerinnen und Einwohner des Bezirks. - -3 2. Sind nunmehr alle Rechtsanspruchskinder mit einer Alternativbetreuung mit einem Kita-Platz versorgt oder sind Eltern bei den Alternativbetreuungen für ihr/ für ihre Kinder geblieben, die sie wegen Platzmangels eingehen mussten? Wenn ja, um wie viele Kinder handelt es sich dabei? 8. Wie viele Eltern haben bis jetzt auf Erstattung der Betreuungskosten geklagt, wie viele Eltern insgesamt bekommen ihre Betreuungskosten für eine privat organisierte Betreuung erstattet und wie informiert der Senat Eltern über die Möglichkeit dieser Alternativbetreuung? 9. Inwieweit trifft die Kritik zu, dass Eltern zu lange auf die Erstattung der Betreuungskosten warten müssen und des-halb ungebührlich lange dafür in Vorleistung zu treten haben? Zu 2, 8 und 9.: Das Verfahren zur Finanzierung einer selbstbeschafften Ersatzbetreuung durch die bezirklichen Jugendämter für das Kitajahr 2018/2019 war bis zum 20.08.2019 befristet. Für das Kitajahr 2019/2020 wurde das Verfahren für Neufälle ab dem 01.09.2019 erneut erlassen und bis zum 20.08.2020 befristet. Im Kitajahr 2018/2019 wurden nach Meldung der bezirklichen Jugendämter mit insgesamt 425 Familien Vereinbarungen über die Erstattung der Kosten für eine selbstbeschaffte Ersatzbetreuung mit unterschiedlichen Laufzeiten abgeschlossen . Nach Meldung der Jugendämter bestanden am 20.08.19 für 335 Kinder Vereinbarungen mit Familien über eine entsprechende Finanzierung. Für das Kitajahr 2019/2020 wurde bisher für ein Kind eine Vereinbarung über eine selbstbeschaffte Ersatzbetreuung mit Gültigkeit bis zum 30.09.2019 gemeldet. Die Erstattung der Kosten für eine selbstbeschaffte Ersatzbetreuung an die Eltern kann erst nach Vorlage der jeweiligen Rechnungen für die erbrachte Betreuung erfolgen. Der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie (SenBJF) liegen weder Informationen noch Beschwerden über die Bearbeitungszeiten in den Jugendämtern vor. Der SenBJF sind keine Klagen auf Erstattung von Betreuungskosten bzw. Kosten einer selbstbeschafften Ersatzbetreuung bekannt. Über die Möglichkeit und das Verfahren zur Finanzierung einer selbstbeschafften Ersatzbetreuung informieren die bezirklichen Jugendämter . Vorrang hat in jedem Falle die Vermittlung eines geeigneten Platzes in einer Kindertageseinrichtung oder in Kindertagespflege. 5. Welche Prognosen hinsichtlich fehlender Kita-Plätze trifft der Senat für das gesamte Kita-Jahr 19/20? Wie sehen die Prognosen bezogen auf die Bezirke aus (bitte um konkrete Übersicht)? Welche Maßnahmen will der Senat ergreifen, um dem wiederum erwarteten Kita-Platzmangel vorzubeugen? Zu 5.: Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie (SenBildJugFam) hat mit dem „Gesamtbericht Kindertagesstättenentwicklungsplanung“ (siehe Rote Nummer 2317G) eine Prognose über die Entwicklung des Platz- und Fachkräftebedarfs in der Kindertagesbetreuung für den Zeitraum der Kitajahre 2016/2017 bis 2020/2021 veröffentlicht. Darin geht die SenBildJugFam im Kitajahr 2020/2021 von einem gesamtstädtischen maximalen Platzbedarf in Höhe von rd. 193.000 Betreuungsplätzen für Kinder von 0 bis unter 7 Jahren aus. Die SenBildJugFam erwartet, dass sich der Bedarf im Rahmen dieser Prognose bewegt . Eine Bewertung und Fortschreibung dieser Kindertagesstättenentwicklungsplanung erfolgt in Zusammenarbeit und Abstimmung mit den Bezirken auf Basis der von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen (SenStadtWohn) im 2. Halbjahr avisierten neuen Bevölkerungsprognose. - -4 Angesichts der Herausforderung, den Rechtsanspruch sicherzustellen, hat die Senatsverwaltung vielfältige Maßnahmen initiiert, um auf die steigende Nachfrage nach Betreuungsplätzen kurz- und langfristig reagieren zu können. Neben der Vereinfachung des Verfahrens zur Überbelegung und dem Fortführen des Platzgewinnungsprogramms sind das u.a. folgende Maßnahmen: - Zielvereinbarung mit den Eigenbetrieben: Um den Fachkräftebedarf sicherzustellen und das Angebot in den Kindertagesstätten zu erweitern, wurde zwischen den zuständigen Bezirken und Eigenbetrieben Zielvereinbarungen geschlossen. Wichtige Bestandteile sind unter anderem eine mittelfristige Erhöhung der Ausbildungsquote sowie eine Steigerung der Ausschöpfungsquote auf 95 Prozent. - Gewinnung zusätzlicher Personalressourcen: Mit der Regelung „Fachkräfte in Tageseinrichtungen für Kinder“ ist der Einsatz von Fachkräften, Quereinsteigenden und sonstigen geeigneten Personen in Kindertagesstätten seit August 2018 neu geregelt worden. Die Liste der in Kindertageseinrichtungen anerkannten Berufsabschlüsse sowie der anerkannten verwandten Berufe wurde erweitert und der Quereinstieg für Personen im Verfahren der Feststellung der Gleichwertigkeit ausländischer Berufsabschlüsse vereinfacht. Neu aufgenommen wurde die Personengruppe zur Umsetzung einer besonderen Konzeption. Als Quereinsteigende unter Anrechnung auf den gesetzlich festgelegten Personalschlüssel gelten seit 01.08.2018 Personen aus verwandte Berufsgruppen, Personen in berufsbegleitender Ausbildung, Personen im Anerkennungsverfahren einer im Ausland erworbenen pädagogischen Qualifikation, Native Speaker, Personen zur Umsetzung einer besonderer Konzeption und anrechnungsfähige sonstige geeignete Personen. - Platzausbau wird weiter vorangetrieben: Mit Beginn des Kitajahres 2018/2019 wurde die bestehenden Förderobergrenzen erneut angehoben: Für Um- und Ausbaumaßnahmen auf bis zu 15.000,- Euro pro Platz sowie für Neubau- und Erweiterungsmaßnahmen auf bis zu 25.000,- Euro pro Platz, um die Voraussetzungen für einen fortgesetzten Ausbau auch im Rahmen des Landesprogramms „Auf die Plätze – Kitas – los“ zu schaffen. 6. Welche Erkenntnisse hat der Senat hinsichtlich der Personalsituation in den Kitas? Wie viele Erzieherinnen und Erzieher fehlen in Berlin insgesamt und wie sieht die Situation bezogen auf die Bezirke aus (bitte auflisten Anzahl der Stellen im Vergleich zu besetzten und unbesetzten Stellen)? Zu 6.: Laut Statistik der Kinder- und Jugendhilfe betrug die Anzahl des pädagogisch tätigen Personals in Berliner Kitas zum Stichtag 01. März 2019 rd. 32.600 Personen, das sind rd. 2.000 Personen mehr als ein Jahr zuvor. Dies entspricht einem Aufwuchs von 6,6 Prozent. Umgerechnet in Vollzeitstellenäquivalente (VZÄ) waren zum selbigen Stichtag rd. 27.200 VZÄ in Kitas vorhanden, verglichen zum Vorjahr ein Plus von rd. 1.600 VZÄ. Die Statistik der Kinder- und Jugendhilfe über tätige Personen in Berliner Kindertageseinrichtungen wird vom Amt für Statistik Berlin Brandenburg jährlich erhoben und veröffentlicht. Zur Einschätzung des gesamtstädtischen Bedarfs an sozialpädagogischen Fachkräften in Kindertageseinrichtungen veröffentlichte die SenBildJugFam zuletzt mit dem „Gesamtbericht Kindertagesstättenentwicklungsplanung“ (KEP, siehe Rote Nummer 2317G) eine Prognose für den Zeitraum der Kitajahre 2016/2017 bis 2020/2021. Darin geht die Sen- BildJugFam im Kitajahr 2020/2021 von einem Fachkräftebedarf im Umfang von insgesamt rd. 30.000 Vollzeitstellenäquivalenten (VZÄ) aus. Die Fachkräfteprognose bilanziert den gesamtstädtischen Bedarf und wird nicht für einzelne Bezirke differenziert. Tatsächlich - -5 belegen die hohen Zugangszahlen von Fachkräften, dass die eingeleiteten Maßnahmen zur Fachkräftegewinnung und -sicherung erfolgreich sind und die Zielmarke von 30.000 Fachkräften-VZÄ bis zum Jahr 2021 realistisch erreicht werden kann. Die Träger der Kindertageseinrichtungen sind aufgefordert, nicht besetzte Stellen der Bundesagentur für Arbeit (BA) zu melden: Sowohl Stellengesuche als auch Stellenangebote werden durch die BA gesammelt, um ein bestmögliches Matching und eine erfolgreiche Arbeitsvermittlung erzielen zu können. In der Statistik der Bundesagentur für Arbeit waren im Juni 2019 berlinweit 365 freie Arbeitsplätze für den Beruf Kinderbetreuung und - erziehung registriert, eine bezirkliche Aufstellung wird in der Statistik der BA nicht vorgenommen . 7. Wie viele Tagespflegeplätze werden zurzeit betrieben (bitte insgesamt auflisten und bezogen auf die Bezirke )? Gibt es für die Tagespflegeplätze bezirkliche Vormerklisten? Wenn ja, wie viele Eltern warten auf einen Tagespflegeplatz für ihr Kind (bitte mit den Zahlen die Liste zu ergänzen)? Zu 7.: Tabelle 3 zeigt die aktuelle Anzahl der angeboten und belegten Plätze in der Kindertagespflege . Aufgrund einer abweichenden Zählweise in der Kindertagespflege ist die Anzahl der belegten Plätze hier identisch zu den angebotenen Plätzen.3 Tabelle 3: Anzahl Kinder in Tagespflege (Betreuungsbezirk) zum 31.08.2019 (Quelle: ISBJ- Fachverfahren, Monitoring) Bezirk Anzahl Kinder in Tagespflege Mitte 614 Friedrichshain-Kreuzberg 411 Pankow 340 Charlottenburg-Wilmersdorf 630 Spandau 562 Steglitz-Zehlendorf 472 Tempelhof-Schöneberg 971 Neukölln 371 Treptow-Köpenick 192 Marzahn-Hellersdorf 256 Lichtenberg 212 Reinickendorf 315 Berlin gesamt* 5.346 *135 Kinder werden in einer Tagespflegestelle in Brandenburg betreut Der Senatsverwaltung liegen keine Informationen zum Umfang vorgemerkter Plätze in der Kindertagespflege vor. Die Beantragung eines Bedarfsgutscheins gilt gleichermaßen für die Betreuung in der Kindertageseinrichtung sowie durch eine Tagespflegeperson. 3 Die in den jeweiligen Bezirken zuständigen Sozialarbeiter in der Tagespflege ermitteln die individuelle Anzahl an Kindern die eine Tagespflegeperson aufnehmen darf und belegen diese. - -6 10. Hat der Senat seine Zusage hinsichtlich des Kita-Navigators eingehalten? Wenn ja, seit wann können die Eltern mit dem Navigator arbeiten? Wenn nein, aus welchen Gründen verschiebt sich der Einsatz des Kita-Navigators zum wiederholten Male? Zu 10.: Der Kita-Navigator wird nach derzeitiger Planung zum Ende des III. Quartals 2019 produktiv gehen. Dann haben zunächst Träger die Möglichkeit, die bestehenden Angaben zu den Einrichtungen zu aktualisieren und die vorhandenen Vormerkungen einzupflegen bzw. zu migrieren. Im Anschluss erhalten Eltern ab Mitte Oktober 2019 transparente und vollständige Informationen über vorhandene Angebote. Diese Projektplanung entspricht der bisherigen Kommunikation zur Bereitstellung des Kita-Navigators. Berlin, den 16. September 2019 In Vertretung Sigrid Klebba Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie