Drucksache 18 / 20 867 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Niklas Schrader (LINKE) vom 30. August 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 02. September 2019) zum Thema: „Gefährder“ und „Relevante Personen“ in Berlin und Antwort vom 12. September 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 16. Sep. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 4 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Herrn Abgeordneten Niklas Schrader (LINKE) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/20867 vom 30. August 2019 über „Gefährder“ und „Relevante Personen“ in Berlin ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Personen sind aktuell durch die Berliner Polizei im Rahmen des „Gefährderprogramms“ aufgrund welcher Indizien als „Gefährder“ bzw. als „Relevante Personen“ eingestuft? Wie viele der „Relevanten Personen“ werden dabei als Führungspersonen, Unterstützer*innen/Logistiker*innen, Akteur*innen bzw. als Kontakt- oder Begleitpersonen gelistet? (Bitte diese und die folgenden Antworten stets nach Phänomenbereich und Kategorie aufgliedern. Falls die Nennung eindeutiger Zahlen aus Sicherheitsgründen für problematisch gehalten wird bitte in Zehnerschritten angeben.) Zu 1.: Die Anzahl der Personen, die aktuell als Gefährder beziehungsweise als Relevante Personen eingestuft sind, entspricht einer Größenordnung im oberen zweistelligen Bereich. Davon werden im Phänomenbereich der PMK -religiöse Ideologie- aktuell Gefährder im oberen zweistelligen Bereich und Relevante Personen im mittleren zweistelligen Bereich geführt. In den Phänomenbereichen PMK -rechts- und PMK - links- liegt die Anzahl der Gefährder jeweils im unteren einstelligen Bereich, die Anzahl der Relevanten Personen im unteren zweistelligen (PMK -rechts-), beziehungsweise oberen einstelligen Bereich (PMK -links-). Im Phänomenbereich PMK -ausländische Ideologie- sind derzeit keine Personen als Gefährder oder Relevante Person eingestuft. Die Anzahl der Relevanten Personen, die als Führungspersonen, Unterstützerinnen oder Unterstützer, Logistikerinnen oder Logistiker, Akteurinnen oder Akteure beziehungsweise als Kontakt- oder Begleitpersonen gelistet sind, befindet sich im oberen zweistelligen Bereich. Davon werden im Phänomenbereich der PMK - religiöse Ideologie- aktuell Relevante Personen im mittleren zweistelligen Bereich als Führungspersonen, Unterstützerinnen oder Unterstützer, Logistikerinnen oder Logistiker, Akteurinnen oder Akteure beziehungsweise als Kontakt- oder Begleitpersonen gelistet. In den Phänomenbereichen PMK -rechts- und PMK -links- Seite 2 von 4 liegt die Anzahl der Relevanten Personen, die als Führungspersonen, Unterstützerinnen oder Unterstützer, Logistikerinnen oder Logistiker, Akteurinnen oder Akteure beziehungsweise als Kontakt- oder Begleitpersonen gelistet sind, im unteren zweistelligen (PMK -rechts-), bzw. im oberen einstelligen (PMK -links) Bereich. Die Veröffentlichung von weiteren Informationen bezüglich der Frage 1 sowie die Veröffentlichung von Informationen beziehungsweise weitergehenden, spezifischeren Informationen zu den Fragen 3, 4, 8, 9 und 12 würde das schützenswerte Interesse des Landes an einer wirksamen Bekämpfung von Kriminalität und Terrorismus und damit das Staatswohl erheblich beeinträchtigen. Die Veröffentlichung dieser Informationen würde die Offenlegung sensibler polizeilicher Vorgehensweisen und Taktiken in einem gefährdungsrelevanten Bereich bedeuten. Die Kenntnisnahme von Informationen aus den angeforderten Bereichen durch kriminelle oder terroristische Kreise würde sich sowohl auf die staatliche Aufgabenwahrnehmung im Gefahrenabwehrbereich wie auch auf die Durchsetzung des staatlichen Strafverfolgungsanspruchs außerordentlich nachteilig auswirken. Daher folgt nach der gemäß Art. 45 Abs. 1 Verfassung von Berlin gebotenen Abwägung zwischen dem parlamentarischen Informationsanspruch und gegenläufigen öffentlichen Belangen von Verfassungsrang, wie hier dem Staatswohl in Gestalt der Funktionsfähigkeit der Straftatenverhütung und Strafverfolgung, dass eine zur Veröffentlichung bestimmte Beantwortung der benannten Fragen ausscheidet. 2. In welchen Datenbanken werden die derart gelisteten Personen erfasst (z.B. Antiterrordatei, Verbunddatei Innere Sicherheit, Staatsschutzdateien der Landespolizei, etc.)? Zu 2.: Die Personen sind in Berlin in den Bearbeitungs- und Auskunftssystemen POLIKS (Polizeiliches Landessystem zur Information, Kommunikation und Sachbearbeitung) und CASA (Computergestützte Anwendung für Sachbearbeitung und Auswertung) erfasst. 3. Findet eine regelmäßige Überprüfung der Voraussetzungen einer weiteren Einstufung als „Gefährder“ statt? Wenn ja, a.in welchen Abständen? b. bei wie vielen Personen ist die Einstufung bislang revidiert worden? Zu 3.: Eine Einstufung unterliegt grundsätzlich der regelmäßigen Prüfung. Eine Kontrolle erfolgt bei Gefährdern spätestens nach sechs Monaten, bei Relevanten Personen spätestens nach einem Jahr. Aus- oder Umstufungen finden nach Veränderungen der Voraussetzungen statt. Da eine statistische Erhebung in automatisiert recherchierbarer Form im Sinne der Fragestellung nicht durchgeführt wird, kann die Teilfrage 3.b nicht beantwortet werden. 4. Wie viele Personen sind in den letzten zwölf Monaten durch Landesbehörden zur verdeckten polizeilichen Beobachtung bzw. gezielten Kontrolle in Landes- oder Bundessystemen oder dem Schengen-Informationssystem ausgeschrieben worden? Wie viele der Betroffenen sind als „Gefährder“ oder „Relevante Person“ eingestuft? Bitte begründen. Seite 3 von 4 Zu 4.: Die Anzahl der durch die Abteilung Polizeilicher Staatsschutz des Landeskriminalamts Berlin im Sinne der Fragestellung ausgeschriebenen Personen befindet sich im oberen zweistelligen Bereich. Die Anzahl der Betroffenen, die als Gefährder oder Relevante Person eingestuft sind, befindet sich im mittleren zweistelligen Bereich. Davon sind im Phänomenbereich der PMK -religiöse Ideologieaktuell Gefährder im mittleren zweistelligen Bereich und Relevante Personen im unteren zweistelligen Bereich betroffen. Im Phänomenbereich PMK -links- liegt die Anzahl der Betroffenen, die als Gefährder eingestuft sind, im unteren einstelligen Bereich, die Anzahl der Betroffenen, die als Relevante Personen eingestuft sind im oberen einstelligen Bereich. In den Phänomenbereichen PMK -rechts- und PMK - ausländische Ideologie- erfolgten in den letzten zwölf Monaten keine Ausschreibungen im Sinne der Fragestellung. Bezüglich der Veröffentlichung von weiteren Informationen siehe Antwort zu Frage 1. 5. Für wie viele Personen sind in den letzten zwölf Monaten längerfristige Observationen angeordnet worden? Wie viele der Betroffenen sind als „Gefährder“ oder „Relevante Person“ eingestuft? Bitte begründen. 6. Für wie viele Personen ist in den letzten zwölf Monaten der Einsatz technischer Mittel außerhalb von Wohnungen angeordnet worden? Wie viele der Betroffenen sind als „Gefährder“ oder „Relevante Person“ eingestuft? Bitte begründen. 7. Wie viele Personen wurden in den letzten zwölf Monaten durch den Einsatz von Vertrauenspersonen beobachtet? Wie viele der Betroffenen sind als „Gefährder“ oder „Relevante Person“ eingestuft? Bitte begründen. Zu 5. bis 7.: Siehe Antwort zu Frage 1. Hinzu kommt, dass eine statistische Erhebung in automatisiert recherchierbarer Form im Sinne der Fragestellung nicht durchgeführt wird. 8. Wie viele Personen in den letzten zwölf Monaten durch den Einsatz von Verdeckten Ermittlern beobachtet? Wie viele der Betroffenen sind als „Gefährder“ oder „Relevante Person“ eingestuft? Bitte begründen. Zu 8.: Siehe Antwort zu Frage 1. 9. Bei wie vielen Personen ist in den letzten zwölf Monaten der Einsatz technischer Mittel in oder aus Wohnungen angeordnet worden? Wie viele der Betroffenen sind als „Gefährder“ oder „Relevante Person“ eingestuft? Bitte begründen. 10. Bei wie vielen Personen ist in den letzten zwölf Monaten die Überwachung der Telekommunikation angeordnet worden? Wie viele der Betroffenen sind als „Gefährder“ oder „Relevante Person“ eingestuft? Bitte begründen. 11. In Bezug auf wie viele Personen wurden in den letzten zwölf Monaten Telekommunikationsverkehrs- und Nutzungsdaten erhoben? Wie viele der Betroffenen sind als Gefährder oder Relevante Person eingestuft? Zu 9. bis 11.: Im Kalenderjahr 2018 wurde gefahrenabwehrrechtlich in keinem Fall der Einsatz technischer Mittel in oder aus Wohnungen angeordnet (siehe Drucksache 18/1722 – Bericht des Senats über die im Jahr 2018 nach § 25 Absatz 4, 4a und 6 des Seite 4 von 4 Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes (ASOG) getroffenen Maßnahmen). Bezüglich des laufenden Kalenderjahres 2019 und der möglichen Relevanz in aktuell laufenden Ermittlungsverfahren wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Bei der Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung wird der Einsatz technischer Mittel innerhalb von Wohnungen statistisch nur erfasst, soweit es sich um akustische Wohnraumüberwachungen (§ 100c StPO) handelt. Da akustische Wohnraumüberwachungsmaßnahmen nicht zum Zeitpunkt ihrer Anordnung und Durchführung, sondern nachträglich statistisch erfasst werden, sind valide Aussagen zur Anzahl der im laufenden Kalenderjahr durchgeführten Maßnahmen nach § 100c StPO aufgrund der bestehenden zeitlichen Vorgaben zur Eintragung erst Anfang nächsten Jahres möglich. Die alsdann -regelmäßig im Januar- von den Strafverfolgungsbehörden mitgeteilte Zahl von Maßnahmen ist Bestandteil des jährlichen Berichts des Senats an den Ausschuss zur Umsetzung von Artikel 13 Absatz 6 Grundgesetz und § 25 Absatz 10 ASOG des Abgeordnetenhauses Berlin. Darüber hinaus wird dem Bundesamt für Justiz eine Statistik über die im Jahr 2019 durchgeführten Maßnahmen nach § 100c StPO gemäß § 101 b Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit § 101b Absatz 4 StPO bis zum 30. Juni 2020 übermittelt. Gleiches gilt für die statistische Erfassung von Maßnahmen nach § 100a Absatz 1 Satz 1 StPO (Frage 10) und § 100g StPO (Frage 11) mit der Maßgabe, dass diese Statistiken lediglich zum 30. Juni 2020 für das Bundesamt für Justiz erstellt werden und nicht auch im Januar. Ob ein Betroffener „Gefährder“ oder „Relevante Person“ ist, wird im Verfahrensregister der Staatsanwaltschaft Berlin nicht erfasst. 12. In Bezug auf wie viele Personen ist in den letzten zwölf Monaten der Einsatz von IMSI-Catchern angeordnet worden? Wie viele der Betroffenen sind als Gefährder oder Relevante Person eingestuft? Zu 12.: Siehe Antwort zu Frage 1. 13. Gegen wie viele Personen wurde seit 2004 eine Überwachung aus Gründen der inneren Sicherheit nach § 54a Aufenthaltsgesetz bzw. seit 1. Januar 2016 nach § 56 AufenthG angeordnet? In wie vielen Fällen wurde zusätzlich eine elektronische Aufenthaltsüberwachung angeordnet? 14. In wie vielen Fällen wurde eine Anordnung der oben genannten Maßnahmen gerichtlich aufgehoben bzw. nachträglich für rechtswidrig erklärt, in wie vielen Fällen gerichtlich bestätigt. Bitte nach Maßnahmen aufschlüsseln. Zu 13. und 14.: Angaben hierzu werden bei der Ausländerbehörde statistisch nicht erhoben. Berlin, den 12. September 2019 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport