Drucksache 18 / 20 880 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Gunnar Lindemann (AfD) vom 30. August 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. September 2019) zum Thema: Fahrplansicherheit im Berliner ÖPNV und Antwort vom 17. September 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 20. Sep. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz Herrn Abgeordneten Gunnar Lindemann (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/20880 vom 30.08.2019 über Fahrplansicherheit im Berliner ÖPNV Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Verwaltung: Die Schriftliche Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Anfrage zukommen zu lassen und hat daher die Deutsche Bahn AG (DB AG) und die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) um Stellungnahmen gebeten, die von dort in eigener Verantwortung erstellt und dem Senat übermittelt wurden. Sie werden in der Antwort an den entsprechend gekennzeichneten Stellen wiedergegeben. Frage 1: Wieviel Ausfälle fahrplanmäßiger Fahrten in den Bereichen Bus, Tram, U-Bahn und S-Bahn gab es in den Jahren 2016, 2017, 2018 und im laufenden Jahr 2019? Bitte nach Bereich und Jahr einzeln angeben. Antwort zu 1: Die Ausfälle fahrplanmäßiger Fahrten bei der U-Bahn, bei der Straßenbahn und beim Bus der BVG werden zweckmäßigerweise nicht gezählt, sondern in ausgefallenen Nutzkilometern und teilweise in Beförderungsstunden ausgewiesen. Die für alle Verkehrsmittel verfügbaren ausgefallenen Nutzkilometer nach vom Land Berlin bestelltem Fahrplan können der folgenden Tabelle entnommen werden: Bereich 2016 2017 2018 2019 (bis Juli) U-Bahn 169.092 330.475 581.410 373.124 Straßenbahn 360.961 201.591 645.384 523.653 Bus 516.812 512.495 1.413.344 949.325 2 Die Ausfälle in Nutzkilometern nach von der BVG veröffentlichtem Fahrplan sind in der folgenden Tabelle zu finden: Bereich 2016 2017 2018 2019 (bis Juli) U-Bahn 169.092 292.426 450.682 186.087 Straßenbahn 213.164 201.591 645.384 495.658 Bus 516.812 512.495 1.413.344 949.325 Ursache der Abweichungen zwischen dem vom Land bestellten und dem von der BVG veröffentlichten Fahrplan sind die Leistungsreduzierungen aufgrund des Fahrzeugmangels bei der U-Bahn seit 2017 und des Fahrpersonalmangels bei der Straßenbahn 2016 und 2019. Aus Gründen der Vergleichbarkeit sind in den vorgenannten Tabellen die Ausfälle nicht enthalten, die aufgrund der Streiks bei der BVG von Februar bis April 2019 aufgetreten sind. Sie belaufen sich: · bei der U-Bahn auf 88.564 Nutzzugkilometer, · bei der Straßenbahn auf 83.776 Nutzzugkilometer und · beim Bus auf 609.106 Nutzwagenkilometer. Die Ausfälle fahrplanmäßiger Fahrten bei der S-Bahn in den Jahren 2016, 2017, 2018 und 2019 sind in der nachfolgenden Tabelle dargestellt: Jahr 2016 2017 2018 2019 (bis Juli) Anzahl ausgefallener Fahrten 42.455 38.194 79.419 27.562 Hierbei handelt es sich um kumulierte Werte aus bau- und störungsbedingten Minderleistungen für die Länder Berlin und Brandenburg. Darin enthalten sind auch Züge, die nicht ausgefallen sind, deren Abfahrt jedoch verfrüht erfolgte oder deren Verspätung über der Taktzeit der jeweiligen Linie lag. In die angegebenen Summenwerte geht jede vollständig ausgefallene Zugfahrt mit dem Wert 1 ein. Nur teilweise ausgefallene Zugfahrten werden entsprechend des prozentualen Anteils des ausgefallenen Streckenabschnitts mit einem Wert zwischen 0 und 1 berücksichtigt. Frage 2: Wieviel Verspätungen von mehr als fünf Minuten bei fahrplanmäßigen Fahrten in den Bereichen Bus, Tram, U-Bahn und S-Bahn gab es in den Jahren 2016, 2017, 2018 und im laufenden Jahr 2019? Bitte nach Bereich und Jahr einzeln angeben. Antwort zu 2: Die Anzahl der Verspätungen von mehr als fünf Minuten lässt sich für die BVG- Verkehrsmittel U-Bahn, Straßenbahn und Bus nicht mit vertretbarem Aufwand ermitteln. Stattdessen werden in der folgenden Tabelle die verfügbaren Pünktlichkeitsquoten ausgewiesen: 3 Bereich 2016 2017 2018 2019 (bis Juli) U-Bahn 98,7 % 98,8 % 98,3 % 98,4 % Straßenbahn 91,4 % 91,0 % 90,1 % 89,3 % Bus 87,2 % 87,2 % 86,8 % 87,5 % Dabei gilt eine erbrachte Fahrt als pünktlich, wenn sie innerhalb eines Zeitfensters von 90 Sekunden vor der fahrplanmäßigen Abfahrtszeit bis 210 Sekunden nach der fahrplanmäßigen Abfahrtszeit stattfindet. Unpünktlich ist eine erbrachte Fahrt, die mehr als 210 Sekunden bis zur nächsten planmäßigen Abfahrt (maximal jedoch 10 Minuten) verspätet ist. Alle anderen Abfahrten, d.h. Fahrten mit mehr als 90 Sekunden Verfrühung oder mehr als 10 Minuten bzw. Taktabstand (bei Takten unter 10 Minuten) Verspätung, gelten nicht als unpünktlich, sondern sind unregelmäßig und werden bei der Quotenermittlung nicht berücksichtigt. Auch für die S-Bahn lässt sich die Anzahl der Verspätungen von mehr als fünf Minuten nicht mit vertretbarem Aufwand ermitteln. Stattdessen werden in der folgenden Tabelle die vorliegenden Pünktlichkeitsquoten ausgewiesen: Jahr 2016 2017 2018 2019 (bis Juli) Pünktlichkeitsgrad 95,5 % 94,4 % 95,0 % 96,2 % Erfasst werden dabei Verspätungen der tatsächlich erbrachten Zugfahrten ab vier Minuten, unabhängig von der Verspätungsursache. Frage 3: Wie beurteilen die Verkehrsunternehmen BVG und S-Bahn Berlin diese Entwicklung und welche Maßnahmen zur Verbesserung der Fahrplansicherheit sind geplant? Antwort zu 3: Bezüglich der BVG wird auf die Antwort zu Frage 9 der Schriftlichen Anfrage Nr. 18/18032 verwiesen. Die DB AG teilt hierzu mit: „Die S-Bahn Berlin GmbH hat im Februar 2018 gemeinsam mit dem DB-Konzern und den Infrastrukturbetreibern DB Netz AG, der DB Station&Service AG und der DB Energie GmbH ein umfassendes Programm zur Qualitätssteigerung aufgesetzt (Qualitätsoffensive S-Bahn PLUS). Im Rahmen dieses Programmes wurden u.a. Maßnahmen zur technischen Stabilisierung der Fahrzeugflotte, zur Absicherung einer ausreichenden Verfügbarkeit an Triebfahrzeugführern und zur Verbesserung der Schieneninfrastruktur identifiziert. Die Umsetzung der Maßnahmen erfolgt seit Juli 2018 und dauert derzeit an. Die Maßnahmen sind erfolgreich, denn die Anzahl der Fahrzeugstörungen sind bereits in diesem Jahr zwischen Januar und August gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 23 % zurückgegangen und die Anzahl der Störungen an Anlagen der Leit- und Sicherungstechnik um 12 %. Seit Anfang 2018 wurden bei der S-Bahn Berlin GmbH bereits 210 Triebfahrzeugführerinnen und Triebfahrzeugführer erfolgreich ausgebildet. Über den Fortgang des Programms unterrichtet die S-Bahn Berlin GmbH regelmäßig die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz und die VBB [Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg] GmbH. 4 Die S-Bahn Berlin GmbH bewertet die aufgezeigte Entwicklung unter den Rahmenbedingungen stetig steigernder Fahrgastzahlen, des zunehmenden Alters der Fahrzeugflotte und der nicht abgeschlossenen Grunderneuerung des Berliner S-Bahn- Netzes als durchweg positiv.“ Frage 4: Wie beurteilt der Senat diese Entwicklung und die Pläne zur Verbesserung der Fahrplansicherheit der Verkehrsunternehmen? Antwort zu 4: Bei der BVG sind in Bezug auf die Pünktlichkeit und insbesondere in Bezug auf die Ausfälle in den letzten Jahren merkbare Verschlechterungen in der Betriebsqualität eingetreten. Die Ausfälle haben sich in 2019 (bis Juli, ohne Berücksichtigung der streikbedingten Ausfälle) noch einmal über das Niveau des Vorjahres erhöht, welches bereits durch eine sehr hohe Ausfallsituation gekennzeichnet war. In den Betriebsbereichen Straßenbahn und Bus sind Engpässe beim einsatzbereiten Fahrpersonal die überwiegende Ursache für die Ausfälle. Bei der U-Bahn dominieren fahrzeugbedingte Ausfälle. Hintergrund bei der U-Bahn sind längere Werkstattstandzeiten aufgrund des hohen Durchschnittsalters der Fahrzeugflotte, der Werkstattorganisation sowie von Vandalismus/Graffiti und die steigende Zahl der dauerhaft aufgrund von Rissbildungen abgestellten Fahrzeuge der Baureihe F79. Aufgrund der Ausfallmengen hat der Aufgabenträger die BVG aufgefordert, die Ausfallprobleme und erforderliche Schritte für eine Rückkehr zur stabilen Erbringung der Verkehrsleistung mit höchster Priorität anzugehen. Die BVG hat bereits Maßnahmen eingeleitet und unternimmt weitere Anstrengungen. Hierzu gehören unter anderem das Einstellen und Ausbilden zusätzlicher Fahr- und Werkstattpersonale sowie eine Verjüngung und Vergrößerung der Fahrzeugflotte, um die fahrzeugbedingten Ausfälle zu reduzieren. Darüber hinaus wurde bei der BVG ein neuer Vorstand Betrieb bestellt, zu dessen Aufgaben schwerpunktmäßig die betrieblichen Herausforderungen zur Verbesserung und zum Ausbau des Verkehrsangebots gehören. Diese Maßnahmen werden großteils jedoch erst mittelfristig wirksam. Bei der U-Bahn und bei der Straßenbahn hat die BVG einen eingeschränkten Fahrplan eingeführt, sodass trotz verminderter Kapazitäten zumindest die Verlässlichkeit und Regelmäßigkeit des Angebotes für die Fahrgäste erhöht wird. Für den Bus hat der Aufgabenträger die BVG ebenfalls um Prüfung der Einführung eines eingeschränkten Fahrplans gebeten, um das verbleibende Busangebot stabiler und verlässlicher zu machen. Bei der S-Bahn Berlin GmbH war im Zeitraum 2017 bis zur ersten Jahreshälfte 2018 eine Verschlechterung in der Betriebsqualität (Pünktlichkeit und Ausfälle) feststellbar. Ab dem 2. Halbjahr 2018 und in 2019 ist eine allgemeine Verbesserung bei der Pünktlichkeit und Stabilität des Angebotes erkennbar. Trotzdem bestehen aus Sicht des Senats weiterhin Verbesserungspotenziale. Die im Jahr 2018 von der DB AG gestartete Qualitätsoffensive S-Bahn PLUS wird vom Senat begrüßt und beinhaltet zahlreiche sinnvolle Maßnahmen, um die Stabilität und Pünktlichkeit des S-Bahn-Angebotes zu verbessern. Das Qualitätsprogramm ist über mehrere Jahre angelegt, da darin zum Teil Maßnahmen enthalten sind, die sich nicht kurz- 5 oder mittelfristig umsetzen lassen (z.B. Baumaßnahmen an der Infrastruktur). Ein größerer Teil der Maßnahmen wird sich somit nicht sofort, sondern erst allmählich auswirken. Grundsätzlich ist jedoch bereits – wie oben dargestellt – eine allgemeine positive Entwicklung bei der Betriebsqualität erkennbar. Der Senat erwartet, dass die DB- Unternehmen dieses Qualitätsprogramm konsequent weiterverfolgen, um die positive Entwicklung bei der Betriebsqualität zu verstetigen. Berlin, den 17.09.2019 In Vertretung Ingmar Streese Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz