Drucksache 18 / 20 907 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dirk Stettner (CDU) vom 05. September 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 06. September 2019) zum Thema: Technikbildung an Schulen im Ländervergleich – Licht und viel Schatten? und Antwort vom 23. September 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. Sep. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie Herrn Abgeordneten Dirk Stettner (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/20907 vom 6. September 2019 über Technikbildung an Schulen im Ländervergleich – Licht und viel Schatten? ___________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welchen Stellenwert hat nach Ansicht des Senats die technische Bildung in Berlin an unseren Schulen? Zu 1.: In einer modernen Gesellschaft beeinflusst Technik fast alle Lebensbereiche. Die Herausforderungen, Technik zu beherrschen und technische Entwicklungen kritisch auf ihre Folgen einzuschätzen, wachsen. Technische Grundbildung ist somit wichtiger Bestandteil einer allgemeinen Bildung. 2. In welchen Fächern und in welchem Umfang findet technische Bildung im Rahmen der Rahmenlehrpläne für die Jahrgangsstufen 1-10 statt? Zu 2.: Im Rahmenlehrplan der Jahrgangsstufen 1-10 Berlin Brandenburg (RLP) finden sich Apekte der technischen Bildung im Sinne eines Spiralcurriculums in folgenden Bereichen: Im Sachunterricht ist die technische Perspektive eine von fünf Betrachtungsebenen, in denen Schülerinnen und Schüler ihre Kompetenzen anhand der Beschäftigung mit vielfältigen Phänomenen in ihrer Lebenswelt entwickeln. Das Fach Naturwissenschaften 5/6 trägt wesentlich dazu bei, dass die Schülerinnen und Schüler sich in ihrer durch Technik und Naturwissenschaften geprägten Umwelt zurechtfinden und aktiv an ihr teilhaben können. Inhaltlich verortet ist dies im Themenfeld 3.9 Technik. Bezüge zur technischen Perspektive finden sich in allen 2 neun Themenfeldern. Ab der Klassenstufe 7 wird die technische Perspektive vorwiegend in den naturwissenschaftlichen Fächern, WAT und Informatik abgebildet. Hier sind im RLP Teil C konkrete fachbezogene Hinweise und Vorschläge zu möglichen Kontexten enthalten. Im RLP Teil B Basiscurriculum Medienbildung wird die technische Perspektive vorwiegend in den Kompetenzbereichen Infomieren, Präsentieren und Produzieren in Bezug auf den Schwerpunkt Medientechnik angesprochen und ist somit Querschnittsaufgabe aller Fächer. Die Rahmenlehrpläne für die Jahrgangsstufen 1-10 und die Sekundarstufe II sind zugänglich unter: https://www.berlin.de/sen/bildung/unterricht/faecherrahmenlehrplaene /rahmenlehrplaene/ 3. Durch welche Maßnahmen wird das interdisziplinäre Lernen in Natur- und Technikwissenschaften in welchen Jahrgangsstufen gefördert? Zu 3.: Das interdisziplinäre Lernen in Natur- und Technikwissenschaften ist bis zur Jahrgangsstufe 6 im RLP in den Fächern Sachunterrricht und Naturwissenschaften 5/6 bereits angelegt. Die Perspektive der Medientechnik ist mit der Verankerung im Basiscurriculum Medienbildung Querschnittsaufgabe aller Fächer und somit interdisziplinär. 4. Durch welche Projekte und/oder Kooperationen werden Schulen mit herausragendem Technikunterricht gefördert/ unterstützt? Zu 4.: Die technische Perspektive spielt bei vielen außerschulischen Angeboten für alle Jahrgangsstufen eine zunehmende Rolle. Hier können exemplarisch die Kooperationen mit dem Projekt „Technik und Naturwissenschaft in Schulen“ (TuWaS) und dem Schülerlabornetzwerk GenaU sowie das HELLEUM und die Angebote der LiseLabs genannt werden. Der Wettbewerb Jugend forscht/Jugend experimentiert ist neben vielen weiteren Wettbewerben ein herausragendes Angebot für Schülerinnen und Schüler, sich mit technischen Fragestellungen zu beschäftigen. Das Netzwerk Schule-Hochschule bietet Schulen verschiedene Formate der Unterstützung an. Als herausragender Ort steht allen Berliner Schulen das Deutsche Technikmuseum mit seinen vielfältigen museumspädagogischen Angeboten zur Verfügung. 5. Wie bewertet der Senat, dass Berlin in der aktuellen Studie des VDMA mit 64,8 von 100 möglichen Punkten in der Verlierergruppe mit den Bundesländern mit der schlechtesten technischen Bildung als 14. von 16 abschneidet? Was gedenkt der Senat zu tun, um die technische Bildung in Berlin zu fördern? Zu 5.: Der Verband VDMA (Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau) fordert seit Jahren die Einführung eines Schulfaches Technik. Als beispielhaft wird hier das Vorgehen der Bundesländer Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt und Sachsen bewertet, die der Forderung in Form eines Wahlpflichtfaches Technik nachgekommen sind. Ein integrativer Ansatz, wie er in Berlin verfolgt wird, wird in der Studie argumentativ abgelehnt, weil Lehrkräfte auf die Vermittlung technischer Inhalte in ihrem Studium nicht vorbereitet würden. Der VDMA vertritt die Ansicht, dass „nur durch ein eigenständiges Schulfach Technik … sichergestellt [wird], dass 3 eine entsprechende fachliche und didaktische Ausbildung an den Hochschulen und im daran anschließenden Referendariat erfolgt.“1 Diese Auffassung teilt die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie nicht. Die Ausbildung der Lehrkräfte im Fach WAT wird in Berlin in herausragender Weise durch das Institut für für Berufliche Bildung und Arbeitslehre der Technischen Universität Berlin wahrgenommen. Die Studie verwendet insbesondere zum Themenfeld 1 („Fach Technik“) ein Benchmarking zur Einschätzung der Relevanz der Fächer für die technische Bildung, das „durch kein wissenschaftliches Modell untermauert"2 ist. Wenn ein Fach Technik angeboten wird, wird die höchste Bewertung („Relevanz A“) vergeben, die Naturwissenschaften und das Fach Informatik erhalten lediglich die „Relevanz C“. Das Fach WAT wird mit B gewichtet. Aufgrund dieses Bewertungsverfahrens erhält Berlin im Themenfeld „Fach Technik“ nur 10 von 40 Punkten. In den weiteren vier Themenbereichen dagegen attestiert die Studie dem Berliner Ansatz gute bis sehr gute Ergebnisse. Berlin erhält - im Bereich „Praxis- und Berufsorientierung“ 13,5 Punkte von 15 Punkten, - im Bereich „Technische Allgemeinbildung“ 15 Punkte von 15 Punkten, - im Bereich „Flexible Lernformen“ 14,25 Punkte von 15 Punkten und - im Bereich „Interdisziplinarität“ 12 Punkte von 15 Punkten, also insgesamt in diesen 4 Bereichen 54,75 Punkte von 60 Punkten. Der Sachunterricht mit seiner technischen Perspektive und dem streng interdisziplinären Ansatz wurde in der Studie nicht berücksichtigt. Die im Vergleich zu anderen Bundesländern unterdurchschnittliche Gesamtbewertung des Berliner Ansatzes resultiert ausschließlich daraus, dass in Berlin Unterrichtsthemen mit Bezügen zur technischen Bildung nicht durch ein Unterrichtsfach Technik ausgewiesen werden. Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie ist der Ansicht, dass die technische Bildung in der Berliner Schule in den Curricula der verschiedenen Unterrichtsfächer angemessen berücksichtigt ist und durch weitere Angebote gut unterstützt wird. Ein eigenständiges Fach Technik ist nicht erforderlich. 6. Hat der Senat Kenntnis darüber, wie viele Berliner Schüler im vergangenen Schuljahr an MINT- Schülerwettbewerben teilgenommen haben und wie viele Preisträger unter den Teilnehmern aus Berlin waren? Wenn ja, wie haben sich diese Zahlen in den vergangenen fünf Jahren entwickelt? Zu 6.: Die Daten zur Teilnahme von Berliner Schülerinnen und Schülern an MINT- Schülerwettbewerben werden nicht zentral erfasst. Für einige bundesweite Wettbewerbe veröffentlichen die Ausrichter detaillierte Angaben zu den Teilnehmerinnen und Teilnehmern, die nach Bundesländern aufgeschlüsselt sind. Für drei besonders 1 Presseinformation des VDMA unter: https://bildung.vdma.org/documents/14969637/38443939/19+09+03+PI+VDMA+Schulfach+Technik.p df/58927e9d-2598-5bf4-8565-79a03800e4a2, letzter Aufruf 12.09.2019 12:00 Uhr 2 Technikunterricht in Deutschland, Ergebnisse der einzelnen Bundesländer, Länderdossier Berlin, S.17 unter: https://bildung.vdma.org/documents/14969637/38503682/L%C3%A4nderdossier+Berlin.pdf/56634eba -ebee-1cfc-d00d-4be66a79b0e6, letzter Aufruf 12.09.2019 12:00 Uhr 4 traditionsreiche Wettbewerbe sind die Angaben zur Teilnahme auszugsweise in der Anlage 1 dargestellt. Eine bemerkenswerte Tendenz ist daraus nicht zu entnehmen. Berlin, den 23. September 2019 In Vertretung Beate Stoffers Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie Anlage 1 zur Schriftlichen Anfrage Nr. 18/20907 Teilnehmerzahlen für drei bundesweite Wettbewerbe im MINT-Bereich (absolute und relative Werte1) A Jugend forscht und Schüler experimentieren Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Jahr 2015 2016 2017 2018 2019 Landeswettbewerbe gesamt 11.502 12 058 12.226 12.069 12.150 Davon Landeswettbewerb Berlin 408 (3,5%) 404 (3,4%) 426 (3,5%) 432 (3,6%) 438 (3,6%) In 2019 haben insgesamt 111 Schülerinnen und Schüler am Bundeswettbewerb „Jugend forscht und Schüler experimentieren“ teilgenommen, davon 6 aus Berlin. Dabei haben zwei Teilnehmerinnen bzw. Teilnehmer aus Berlin einen Preis erhalten. B Bundeswettbewerb Mathematik Teilnehmerinnen und Teilnehmer 2015 2016 2017 2018 2019 1. Runde gesamt 1405 1426 1142 1370 1479 davon aus Berlin 74 (5,3%) 44 (3,1%) 50 4,4%) 49 (3,6%) 69 (4,7%) 2. Runde gesamt 204 261 155 255 *) davon aus Berlin 13 (6,4%) 9 (3,4%) 8 (5,2%) 13 (5,1%) *) C Bundeswettbewerb Informatik Teilnehmerinnen und Teilnehmer 2015/16 2016/17 2017/18 2018/19 1. Runde gesamt 1318 1414 1464 1682 davon aus Berlin 76 (5,7%) 92 (6,5%) 58 (3,9%) 101 (6,0%) 2. Runde gesamt 163 233 154 *) davon aus Berlin 16 (9,8%) 13 (5,6%) 5 (3,2%) *) *) Angaben liegen noch nicht vor. 1 Der Anteil Berlins an der Gesamtbevölkerung Deutschlands beträgt ca. 4,3%.