Drucksache 18 / 20 956 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Thorsten Weiß (AfD) vom 04. September 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. September 2019) zum Thema: Speicherung personenbezogener Daten Minderjähriger und Antwort vom 24. September 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 01. Okt. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 4 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Herrn Abgeordneten Thorsten Weiß (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/20956 vom 4. September 2019 über Speicherung personenbezogener Daten Minderjähriger ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung des Senats: Die Speicherung personenbezogener Daten durch die Verfassungsschutzbehörde Berlin richtet sich nicht nach dem Berliner Datenschutzgesetz und der Verordnung (EU) 2016/679, sondern nach den Speichervoraussetzungen der Verfassungsschutzgesetze. Vorwort: Gemäß Berliner Datenschutzgesetz und im Sinne von Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 ist die Speicherung von personenbezogenen Daten im öffentlichen Interesse auch für minderjährige Berliner zulässig. 1. Von wie vielen Minderjährigen werden die Daten mit Stand 01.09.2019 in den Akten des Berliner Verfassungsschutzes und der Berliner Polizei seit wann gespeichert? Ich bitte wenn möglich um Aufschlüsselung nach: deutsche Staatsbürger / Bürger des EU-Auslands und Bürger eines Drittstaates bzw. im Asyl-oder Duldungsverfahren befindliche Mitbürger sowie Staatenloser. Zu 1.: Polizei Berlin: Im Polizeilichen Landessystem für Information, Kommunikation und Sachbearbeitung (POLIKS) werden elektronische Daten zu Personen und Vorgängen gespeichert. Neben Straftaten werden auch Ordnungswidrigkeiten (nicht verkehrsrechtlich), Verkehrsunfälle und sonstige polizeiliche Maßnahmen und Tätigkeiten im POLIKS erfasst. Die Personen können beispielsweise Anzeigende, Zeugen, Geschädigte oder Tatverdächtige im Strafverfahren sein, aber auch Betroffene einer Ordnungswidrigkeit oder eines Verkehrsunfalles. Es gelten jeweils unterschiedliche Löschfristen. Seite 2 von 4 Eine Erhebung des Datenbestandes zu einem Stichtag, der in der Vergangenheit liegt, ist nicht möglich. Um die Anfrage sinngemäß beantworten zu können, erfolgte ersatzweise am 12. September 2019 eine Abfrage der Personen, die am 31. August 2019 jünger als 18 Jahre waren. Diese ergab, dass im POLIKS polizeiliche Daten zu 133.916 Personen gespeichert waren, davon waren 92.456 deutsche Staatsangehörige, 8.657 Staatsangehörige eines EU-Staates, 32.705 Staatsangehörige eines Drittstaates und 98 Minderjährige als „staatenlos“ erfasst. Eine Auswertung, wie viele Personen davon sich aktuell im Asyl- oder Duldungsverfahren befinden, ist nicht möglich. Seit wann die Personen gespeichert sind, ist nicht in einer Übersicht darstellbar, da zu jeder Person individuelle Speicherdaten bestehen. Die Personendatensätze werden mit erstmaliger Vorlage eines Erfassungsgrundes erstellt und unterliegen verschiedenen Löschfristen. Im Fachverfahren der Bußgeldstelle waren zum Stichtag 1. September 2019 Daten zu 1.916 Personen unter 18 Jahren gespeichert. Eine Selektierung nach Staatsbürgerschaft oder Aufenthaltsstatus ist nicht möglich, da diese Daten im Fachverfahren der Bußgeldstelle nicht erfasst werden. Ein Abgleich nach Minderjährigen, die sowohl im POLIKS als auch im Fachverfahren der Bußgeldstelle gespeichert sind, ist nicht möglich. Somit dürfte die Addition der beiden Werte zu einer Überzählung führen. Verfassungsschutz Berlin: Eine Auskunft über die zu einem bestimmten Stichtag gespeicherten Personen ist dem Berliner Verfassungsschutz retrograd nicht möglich. Mit Stand 12. September 2019 sind bei dem Berliner Verfassungsschutz insgesamt zehn Minderjährige suchfähig gespeichert. Diese wurden zwischen 2017 und 2019 erstmalig gespeichert. Unter den Personen befinden sich sowohl deutsche Staatsbürger als auch solche von Nicht-EU-Staaten. Zu wenigen ist eine Asylantragstellung vermerkt. Eine detailliertere Einzelaufschlüsselung nach Zeitpunkt Erstspeicherung, Staatsangehörigkeit, Asylstatus und zugeordnetem Phänomenbereich könnte angesichts der geringen Anzahl der erfassten Personen eine Identifizierung möglich machen und Rückschlüsse über den Erkenntnisstand des Verfassungsschutzes in Bezug auf einen bestimmten Personenkreis zulassen. Die Antwort des Senats muss insoweit als Verschlusssache des Geheimhaltungsgrades „VS – Vertraulich“ nach § 5 Absatz 1 der Verschlusssachenanweisung für die Behörden des Landes Berlin (VSA) eingestuft werden und kann nicht im Rahmen der Beantwortung einer Schriftlichen Anfrage veröffentlicht werden. 2. Von wie vielen Minderjährigen wurden die Daten jeweils in den Jahren 2015 bis 2018 durch den Verfassungsschutz und/oder die Polizei gespeichert? Zu 2.: Polizei Berlin: Die Beantwortung der Frage ist nicht möglich. Der Datenbestand im POLIKS verändert sich aufgrund der Vorgangsbearbeitung und des automatisierten Löschens von Datensätzen fortwährend und kann nicht für den Stand von 2015 bis 2018 reproduziert werden. Im Fachverfahren der Bußgeldstelle sind Daten grundsätzlich nur bis zu 14 Monate retrograd auswertbar. Verfassungsschutz Berlin: Eine rückwirkende Bestimmung der in den vergangenen Jahren vom Berliner Verfassungsschutz jeweils gespeicherten und neu erfassten Personendatensätze ist technisch nicht möglich. Seite 3 von 4 3. Wie bewertet der Senat die Speicherung von Daten Minderjähriger bei der Polizei und dem Verfassungsschutz bezogen auf eine positive oder negative Entwicklung, was die Anzahl der Personen, das jeweilige Alter der Minderjährigen, die Phänomenbereiche oder sonstige Veränderungen angeht? Zu 3.: Polizei Berlin: Wie in der Antwort zu Frage 2 beschrieben, ist die Entwicklung der Gesamtzahl der gespeicherten Minderjährigen und somit auch die Entwicklung einzelner Merkmale, wie Alter oder Staatsangehörigkeit, nicht darstellbar und damit auch nicht zu bewerten. Für den Teil der Minderjährigen, die als Tatverdächtige in Strafverfahren ermittelt und gespeichert werden, erfolgt eine fortlaufende Bewertung im Rahmen der kriminalstatistischen Analyse. Die Aussagen dazu sind den jährlich veröffentlichten Berichten zur Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) Berlin zu entnehmen. Verfassungsschutz Berlin: Die Anzahl der bei der Berliner Verfassungsschutzbehörde gespeicherten Minderjährigen zeigt, dass eine am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierte Speicherung personenbezogener Daten, besonders in Bezug auf den angesprochenen Personenkreis, praktiziert wird. Eine „positive oder negative Entwicklung“ lässt sich daran nicht festmachen. 4. Wie viele der Minderjährigen in den oben dargestellten jeweiligen Altersklassen werden vom Verfassungsschutz und/oder der Polizei den Phänomenbereichen Linksextremismus, Islamismus oder Extremismus mit Auslandsbezug zugerechnet? Zu 4.: Polizei Berlin: Grundlage für die Beantwortung bildet der Kriminalpolizeiliche Meldedienst in Fällen Politisch motivierter Kriminalität (KPMD-PMK). Personen, die im KPMD-PMK erfasst sind, werden auch im POLIKS gespeichert. Zu tatverdächtigen Kindern wird im KPMD-PMK nur das Geburtsdatum erfasst, zu allen weiteren Daten erfolgt eine sofortige Anonymisierung. Eine Auswertung in Bezug auf Minderjährige ist im Sinne der Frage daher nur für jugendliche Tatverdächtige möglich. Der Phänomenbereich Politisch motivierte Ausländerkriminalität (PMAK) wurde mit Wirkung vom 1. Januar 2017 in die Phänomenbereiche Politisch motivierte Kriminalität - ausländische Ideologie (PMK - AI) und Politisch motivierte Kriminalität - religiöse Ideologie (PMK - RI) unterteilt. Im KPMD-PMK sind mit dem Erhebungsstand 11. Februar 2019 insgesamt 476 Jugendliche gespeichert. Davon werden 125 dem Bereich PMK – links zugeordnet. 87 fallen in die Bereiche PMAK, PMK – AI oder PMK-RI, darunter 29 unter Islamismus/Fundamentalismus. Der Vollständigkeit halber wird mitgeteilt, dass 196 Jugendliche dem Bereich PMK – nicht zuzuordnen zugerechnet werden und 68 dem Phänomenbereich PMK –rechts. Verfassungsschutz Berlin: Die vom Berliner Verfassungsschutz gespeicherten Minderjährigen sind den Phänomenbereichen Islamismus, Extremismus mit Auslandsbezug und dem in der Frage nicht genannten Phänomenbereich des Rechtsextremismus zugeordnet. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Seite 4 von 4 5. Von wie vielen der unter Frage 2 genannten Minderjährigen werden die Daten gespeichert, weil die Eltern zu den jeweiligen Phänomenbereichen gehören? Zu 5.: Polizei Berlin: Zu keinem Minderjährigen werden die Daten gespeichert, weil die Eltern einem der genannten Phänomenbereiche angehören. Verfassungsschutz Berlin: Grundlage der Speicherung durch den Berliner Verfassungsschutz sind stets individuell zurechenbare tatsächliche Anhaltspunkte für die in § 5 Absatz 2 des Berliner Verfassungsschutzgesetzes genannten Bestrebungen oder Tätigkeiten. Berlin, den 24. September 2019 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport