Drucksache 18 / 20 972 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten June Tomiak (GRÜNE) vom 09. September 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. September 2019) zum Thema: Entwicklung der Bedrohungslage durch frauenfeindliche Vernetzung und Incels in Berlin und Antwort vom 24. Sep. 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 26. Sep. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 3 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Frau Abgeordnete June Tomiak (GRÜNE) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/20 972 vom 09. September 2019 über Entwicklung der Bedrohungslage durch frauenfeindliche Vernetzung und Incels in Berlin ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie bewertet der Senat die Incel-Bewegung und welche konkreten Kenntnisse liegen ihm über Aktivitäten der Incel- Bewegung in Berlin vor? Bitte ausführen. Zu 1.: Dem Senat liegen zur Incel-Bewegung keine spezifischen Erkenntnisse vor. Nach den allgemein zugänglichen Informationen dürfte die Bewegung als frauenfeindlich und gewaltbereit einzustufen sein. Dies steht in einem Widerspruch zu den verfassungsrechtlichen und gesellschaftlichen Grundsätzen, die in Berlin Geltung haben: Im Grundgesetz (Artikel 3) und in der Verfassung von Berlin (Artikel 10) ist die Gleichstellung von Frauen und Männern als wesentlicher Grundsatz festgeschrieben. Die Gleichstellung von Frauen und Männern und die Bekämpfung von Gewalt sind zentrale Anliegen der Berliner Landespolitik. 2. Wurden bisher Straftaten mit Bezügen zur Incel-Bewegung in Berlin registriert? Falls ja, Bitte aufschlüsseln nach Kalenderjahr, Bezirk, Delikt, Zahl der Opfer und den Sachverhalt anonymisiert darstellen. Zu 2.: Nein. 3. Wie viele Straftaten wurden in Berlin zwischen 2008 und 2018 von der Polizei als frauenfeindlich eingestuft. Bitte aufschlüsseln nach Kalenderjahr, Bezirk, Delikt, Zahl der Opfer und den Sachverhalt anonymisiert darstellen. Seite 2 von 3 Zu 3.: Im Rahmen der sogenannten „Opferdelikte“ in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) kann lediglich eine Aussage zum Geschlecht einer geschädigten Person getroffen werden, nicht jedoch zur Tatmotivation. Da auch im Bereich des Kriminalpolizeilichen Meldedienstes (KPMD-PMK) das Motiv „Frauenfeindlichkeit“ im Themenfeld Hasskriminalität nicht vorgesehen ist, ist eine Antwort im Sinne der Fragestellung nicht möglich. 4. Hat der Senat Kenntnis darüber, wie sich die Incel-Bewegung in Berlin organisiert? Falls ja: a) Welche Erkenntnis hat der Senat über die Vernetzung der Incel-Bewegung im Internet? b) Auf welchen Internetseiten ist die Berliner Incel-Bewegung aktiv bzw. welche Internetseiten weisen Bezüge zur dieser auf? c) Gibt es in Berlin Räume außerhalb des Internets, die von der Incel-Bewegung genutzt werden? Falls ja, bitte ausführen um welche Räume es sich dabei handelt und für welche Zwecke diese von der Gruppierung genutzt werden. Zu 4.: Dem Senat liegen dazu keine Informationen im Sinne der Fragestellung vor. 5. Welche Maßnahmen ergreift der Senat zur Bekämpfung von Frauenfeindlichkeit und Sexismus und im Speziellen gegen sexistische und frauenfeindliche Vernetzung im Internet sowie gegen frauenfeindlich motivierte Straftaten in Berlin? Bitte ausführen. Zu 5.: Frauenfeindlichkeit und Sexismus stehen dem vom Senat verfolgten Ziel der Gleichstellung von Frauen und Männern entgegen. In den Richtlinien der Regierungspolitik finden sich entsprechende Vorhaben, die die Bekämpfung von Frauenfeindlichkeit, Sexismus und Gewalt zum Ziel haben. Auch im Gleichstellungspolitischen Rahmenprogramm (GPR III) sind Maßnahmen aller Senats- und Bezirksverwaltungen in Hinblick auf die Gleichstellung von Frauen und Männern verankert. Zur Gleichstellung von Frauen und Männern zählt auch das Recht auf ein gewaltfreies Leben und sexuelle Selbstbestimmung. Um von Gewalt betroffene Frauen zu unterstützen, fördert der Senat zahlreiche Projekte, die Schutz und Beratung anbieten. Im Bereich der häuslichen Gewalt umfasst das Hilfesystem insbesondere die BIG-Hotline, Fachberatungs- und Interventionsstellen, Frauenhäuser, Zufluchtswohnungen, 2.-Stufe-Wohnungen sowie das Projekt Hestia Wohnraumvermittlung. Mit dem Anti-Stalking-Projekt von „FRIEDA- Beratungszentrum für Frauen*“ besteht in Berlin auch ein dezidiertes Angebot für von Cyberstalking betroffene Frauen. Grundsätzlich erfüllen viele dieser Projekte auch eine Präventivfunktion, da sie Frauen u.a. darin unterstützten, sich frühzeitig aus gewaltbelasteten Situationen zu befreien und somit die Gewaltspirale zu unterbrechen. Für Frauen nach dem 14. Lebensjahr, die eine Vergewaltigung, sexuelle An- und Übergriffe oder sexuelle Belästigung erfahren haben, steht „LARA - Fachstelle gegen sexualisierte Gewalt an Frauen*“ als Beratungsstelle zur Verfügung. Zur Verbesserung der Situation der Opfer von sexueller Gewalt, wurde in der Koalitionsvereinbarung ferner verankert, dass die Koalition die Integrierte Maßnahmenplanung gegen sexuelle Gewalt (IMP) umsetzen wird. Sexuelle Handlungen dürfen nur einvernehmlich erfolgen. Vor diesem Hintergrund hat sich Berlin bspw. für die erfolgte Verschärfung des Sexualstrafrechts eingesetzt. Die Neinheißt -Nein Kampagne, die die Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung seit Silvester 2016 in Kooperation mit „LARA - Fachstelle gegen sexualisierte Gewalt an Frauen*“, durchführt, macht auch öffentlichkeitswirksam Seite 3 von 3 deutlich, dass sexualisierte Gewalt inakzeptabel ist. Zur Stärkung der Selbstbestimmung von Frauen fördert der Senat außerdem u.a. Frauenprojekte als Orte feministischer Auseinandersetzung und emanzipatorischer Selbstbestimmung. Um der Entstehung von Sexismus schon frühzeitig entgegen zu wirken, misst der Senat u.a. der geschlechtergerechten Bildung eine Schlüsselrolle bei. Um eine Auseinandersetzung mit Geschlechterrollenklischees zu befördern, unterstützt der Senat in diesem Zusammenhang u.a. die jährliche Durchführung des Boys und Girls Day. Die Landeskommission Berlin gegen Gewalt hat im Jahr 2018 die Kampagne „WEHR DICH. Gegen Cyberstalking“ begonnen. Diese Kampagne richtet sich gegen Formen von Verunglimpfungen, Bloßstellen in Chats, Blogs und sozialen Netzwerken, Identitätsmissbrauch, Überwachung von Internetaktivitäten, Ortung von Smartphones sowie unangemessenen zahlreichen Kontaktaufnahmen per E-Mail oder Messenger- Diensten mit oftmals bedrohenden, beleidigenden und/oder nötigenden Inhalten. Auf der Homepage der Landeskommission Berlin gegen Gewalt sind ausführliche Informationen und eine Broschüre eingestellt. Sofern frauenfeindliche und sexistische Äußerungen bzw. Handlungen den Anfangsverdacht einer Straftat erfüllen und der Polizei Berlin zur Kenntnis gelangen, wird ein entsprechendes Ermittlungsverfahren eingeleitet. In dem für die Bearbeitung der politisch motivierten Kriminalität –rechts- zuständigen Dezernat beim Polizeilichen Staatsschutz des Landeskriminalamtes Berlin stehen den entsprechenden Nichtregierungsorganisationen feste Ansprechpersonen zur Verfügung. Eine Ausweitung und Optimierung der Internetauswertung konnte auch mit der Besetzung dreier Stellen für „Internetauswerterinnen und Internetauswerter mit besonderen Ermittlungsaufgaben“ in der Auswerteeinheit des Dezernats erreicht werden. Berlin, den 24. September 2019 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport