Drucksache 18 / 20 980 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Ülker Radziwill (SPD) vom 31. August 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. September 2019) zum Thema: Aufgaben des Versorgungsamtes (LAGeSo) – Teilhabe und Anerkennung von Menschen mit Behinderung und Antwort vom 27. September 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 30. Sep. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales Frau Abgeordnete Ülker Radziwill (SPD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/20980 vom 31. August 2019 über Aufgaben des Versorgungsamtes (LAGeSo) - Teilhabe und Anerkennung von Menschen mit Behinderung ------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1) Wie viele Anträge auf Anerkennung einer Schwerbehinderung (≥ 50% GdB, Grad der Behinderung) sind im Versorgungsamt beim LAGeSo in dieser Legislaturperiode (ab Dezember 2016) bis Ende Juli 2019 gestellt worden? Zu 1.: Erstfeststellungsanträge: Dezember 2016: 2.346 2017: 31.298 2018: 30.791 Bis Juli 2019: 18.358 Gesamt: 82.793 Anzumerken ist, dass das Schwerbehindertenrecht nicht die Beantragung eines bestimmten Grades der Behinderung (GdB) oder gar eines GdB ≥ 50 vorsieht, vielmehr werden die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft als Grad der Behinderung nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. 2 2) Wie viele Verschlechterungs-Anträge von bereits anerkannten Schwerbehinderten sind im selben Zeitraum beim Versorgungsamt des LAGeSo gestellt worden? Zu 2.: Neufeststellungsanträge: Dezember 2016: 2.907 2017: 37.542 2018: 37.434 Bis Juli 2019: 22.041 Gesamt: 99.924 3) Wie viele der beim Versorgungsamt seit Dez. 2016 gestellten Anträge zu GdB und Merkzeichen wurden aus formalen Gründen (z.B. Fristen oder Form) vom Versorgungsamt abgelehnt? Zu 3.: Eine Ablehnung des Antrages nach § 152 Absatz 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (Feststellung der Behinderung) aus formalen Gründen erfolgt grundsätzlich nur dann, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller seinen Mitwirkungspflichten nach § 60 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) nicht nachkommt (siehe auch Antwort zu Frage 13). Eine Statistik wird hierzu nicht geführt. 4) Wie viele Mitarbeiterinnen bearbeiten aktuell (Stand Juli 2019) im Versorgungsamt die Anträge auf Anerkennung einer Schwerbehinderung bzw. Verschlechterungsanträge zum GdB und wie viele davon sind medizinisch ausgebildet, wie viele sind Verwaltungskräfte und wie viele gehören zu anderen Berufsgruppen (bitte tabellarisch in Vollzeitäquivalenten VzÄ angeben)? 5) Wie viele Stellen welcher Berufsgruppen im Versorgungsamt sind zurzeit unbesetzt und warum? 6) Ist das Versorgungsamt im LAGeSo aus Sicht des Senats personell und technisch ausreichend ausgestattet, um seine Aufgaben bei Anerkennung, Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderung am gesellschaftlichen Leben in angemessener Zeit wahrzunehmen? Zu 4. bis 6.: Für die Antragsbearbeitung nach § 152 Absatz 1 SGB IX stehen im Landesamt für Gesundheit und Versorgung Berlin (LAGeSo) folgende Stellen zur Verfügung: Sachbearbeitung III D und Gruppenleiter (Verwaltungskräfte ) Widerspruch ZS A (Verwaltungskräfte ) Klage ZS A (Verwaltungs - kräfte) Ärztlicher Dienst I D medizinisches Personal Ärztlicher Dienst I G Verwaltung (Verwaltungskräfte ) 104,0 *) 18,0 11 **) 23,5 rd. 17 ***) Davon „unbesetzt“ aufgrund Elternzeit, Teilzeit, Sonderurlaub u. ä. 17,8 rd. 1,5 ./. rd. 3,5 rd. 1 *) Des Weiteren bestehen im Referat III A in der Zentralregistratur 6 Stellen sowie 8,75 Stellen in der Abrechnung. **) zuzüglich rd. 2,8 Stellenanteile Registratur ***) Das entspricht rd. 75 v.H. der Mitarbeitenden im Ärztlichen Dienst, die sich mit Angelegenheiten im Rahmen des Feststellungsverfahrens befassen. 3 Ferner stehen derzeit 116 externe Gutachterinnen und Gutachter zur Verfügung. Anzumerken ist, dass die Entscheidung über die Feststellung einer Behinderung nach § 152 SGB IX die Verwaltung trifft. Die von der Verwaltung beauftragten Gutachterinnen und Gutachter bilden unter Zugrundelegung der medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse ein Urteil über die Kausalitätsfragen und bewerten nach medizinischen Gesichtspunkten den Grad der Behinderung (GdB) respektive die Voraussetzungen für Nachteilsausgleiche für Menschen mit Behinderungen. Grundsätzlich hält der Senat die derzeitige Stellenausstattung des LAGeSo für die Antragsbearbeitung nach § 152 Absatz 1 SGB IX für angemessen. Wünschenswert wäre eine größere Anzahl an Gutachterinnen und Gutachtern, die Begutachtungen nach der Versorgungsmedizinverordnung (VersMedV) durchführen, sowohl extern als auch intern. Im Rahmen der Haushaltsplananmeldungen 2020/2021 wurden für den ärztlichen Dienst weitere Stellen angemeldet. Die Zahl der zur Verfügung stehenden externen Gutachterinnen und Gutachter schwankt und ist abhängig von der Bereitschaft entsprechender Ärztinnen und Ärzte, diese Aufgaben zusätzlich zu ihren sonstigen Aufgaben wahrzunehmen. Dabei konkurriert das LAGeSo unter anderem mit den Rentenversicherungsträgern, dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen, der Bundesagentur für Arbeit, den Berufsgenossenschaften, privaten Versicherungen und diversen Gerichten. Um die Gewinnung neuer externer Gutachterinnen und Gutachter zu erleichtern, wurde im Jahre 2018 das Honorar für eine ärztliche Stellungnahme im Schwerbehindertenrecht auf 21,00 € angehoben. Wenngleich es ein niedriges Honorar für eine qualifizierte ärztliche Leistung ist, so liegt es doch im Vergleich der Bundesländer im oberen Drittel. Schwierig gestaltet sich ebenfalls die Gewinnung an Ärztinnen und Ärzten im ärztlichen Dienst des LAGeSo, was nicht allein an der tariflichen Vergütung im Land Berlin liegt, sondern auch an der Bereitschaft, Begutachtungen nach der VersMedV durchzuführen. 7) In welcher Form, mit welchen Fristen und auf welcher Rechtsgrundlage verschafft sich das Versorgungsamt für die Bewertung des GdB oder von Merkzeichen erforderliche Gutachten der die Antragstellenden behandelnden Ärzte? 8) In wie vielen der in Frage 1 + 2 erfragten Fälle mussten zur Antragsbearbeitung keine zusätzlichen (!) ärztlichen Gutachten angefordert werden? 9) Wie lange dauert es durchschnittlich, bis das Versorgungsamt nach Antragseingang die erforderlichen Gutachten der behandelnden Ärzte einfordert und in welcher Form geschieht das? 10) In welcher Frist müssen die behandelnden Ärzte nach Aufforderung durch das Versorgungsamt ihre Gutachten dort einreichen? 11) Wie und wann reagiert das Versorgungsamt, wenn einzelne angeforderte ärztliche Gutachten auch nach mehreren (z.B. mehr als vier) Wochen noch nicht vorgelegt wurden? Zu 7. bis 11.: Im Rahmen des Feststellungsverfahrens nach dem Schwerbehindertenrecht gelten die Regelungen des § 60 Absatz 1 des SGB I und die des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) bei der Feststellung des Vorliegens einer Behinderung entsprechend. § 20 SGB X regelt, dass die Behörde selbst und nicht etwa die Beteiligten, den Sachverhalt im konkreten Einzelfall ermittelt. § 21 SGB X erlaubt der Behörde die freie Wahl der Beweismittel. Aus § 100 SGB X ergibt sich die Auskunftspflicht für die niedergelassene Ärzteschaft. Das hat zur Folge, dass die 4 antragstellenden Menschen selbst keine Unterlagen und Gutachten beibringen müssen, was auch im Interesse der Bürgerinnen und Bürger ist, weil diese in der Regel kostenpflichtig sind. Somit geben die Bürgerinnen und Bürger im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht die Stellen an, bei denen entsprechende Unterlagen zur versorgungsärztlichen Feststellung vorliegen könnten. Die verwaltungsseitigen Ermittlungen beinhalten u. a. die Beiziehung von Berichten von Ärztinnen und Ärzten, die die Antragstellenden ambulant behandelt oder im Rahmen einer solchen Behandlung untersucht haben, Gutachten, die für Träger der Sozialversicherung, für die Arbeitsverwaltung oder für Gerichte erstellt worden sind, Unterlagen von Krankenhäusern, Kureinrichtungen oder speziellen Rehabilitationseinrichtungen (z. B. Werkstätten für behinderte Menschen, Gehörlosenschulen usw.), Vorgängen, die bei Gesundheitsämtern oder bei anderen ärztlichen Diensten (Medizinischer Dienst der Krankenversicherung, personal- oder betriebsärztliche Dienste) entstanden sind sowie Krankenkassen. Diese Befunde werden in der Regel – wenn der Antrag vollständig ausgefüllt und unterschrieben ist – unmittelbar nach Antragseingang bei den entsprechenden Stellen schriftlich angefordert. In Ausnahmefällen kann es passieren, dass diese Anforderung erst zwei bis zu vier Wochen nach Antragseingang abgesandt werden können. Es gibt allerdings auch Fälle, in denen die Gesundheitsstörung, die für die Feststellung des Grades der Behinderung maßgeblich ist, noch nicht über einen Zeitraum von sechs Monaten vorgelegen hat (der sog. „Dauerzustand“) oder die Zeit der Heilungsbewährung abzuwarten bleibt, bis das LAGeSo den Vorgang weiterbearbeiten kann. Eine Erfassung, in welchen Fällen keine ärztlichen Gutachten angefordert werden, liegt im LAGeSo nicht vor. Obgleich sich die Beantwortungszeit bei den oben Genannten vom Senat grundsätzlich nicht beeinflussen lässt, hat das LAGeSo ein automatisiertes, gestaffeltes Mahnverfahren eingeführt: Nach vier Wochen erfolgt eine Erinnerung, dann wird zweimal alle 14 Tage gemahnt, wobei mit der zweiten Mahnung parallel eine entsprechende Information an die Antragstellenden erfolgt, damit diese gegebenenfalls selbst auf die sie behandelnden Ärztinnen und Ärzte einwirken. Danach folgt die Androhung der Vernehmung durch das Sozialgericht i. S. d. § 22 SGB X, was nur in wenigen Einzelfällen auch erforderlich geworden ist. 12) Wie würden sich die Fristen für die Anerkennung (oder Ablehnungen) von Schwerbehinderungen zur heutigen Praxis verändern, wenn Antragsteller innerhalb von vier Wochen automatisch zur persönlichen Vorstellung und ärztlichen Begutachtung ins Versorgungsamt bzw. LAGeSo eingeladen würden? Zu 12.: Grundsätzlich kann nach den versorgungsmedizinischen Grundsätzen bei der Feststellung nach dem Schwerbehindertenrecht auf eine Untersuchung verzichtet werden, wenn die erforderliche Beurteilung durch Stellungnahme aufgrund der beigezogenen ärztlichen Unterlagen erfolgen kann. Die Beurteilung aufgrund von ärztlichen Unterlagen geschieht auch im Interesse der Bürgerinnen und Bürger u. a. zur Vermeidung von Doppeluntersuchungen. Voraussetzung hierfür ist, dass die Unterlagen in überzeugender Weise ein ausreichendes Bild von der Art und dem Ausmaß aller geltend gemachten Behinderungen vermitteln. Erst wenn die vorliegenden Unterlagen für eine Beurteilung nicht ausreichen oder wenn im Verfahren Widersprüche oder 5 Zweifel entstehen, ist eine persönliche Vorstellung zur ärztlichen Begutachtung erforderlich. Der Umfang und ggf. das ärztliche Fachgebiet werden von den geltend gemachten Gesundheitsstörungen oder gutachtlichen Fragen, die anhand der vorliegenden Unterlagen nicht beurteilt werden können, bestimmt. Gegenwärtig erfolgt im Erst- und Neufeststellungsverfahren die versorgungsmedizinische Einschätzung grundsätzlich nach Aktenlage durch externe Gutachterinnen und Gutachter. Wenn dieses Vorgehen geändert werden würde, müssten jährlich in ca. 75.000 Feststellungsverfahren nach dem Schwerbehindertenrecht Gutachten erstellt werden. Dies ist mit den aktuellen personellen (Ärztinnen/Ärzte, Verwaltungspersonal), räumlichen und technischen Ressourcen des LAGeSo nicht möglich. Auch aus ärztlicher Sicht ist eine Begutachtung mit persönlicher Untersuchung in den meisten Fällen entbehrlich. Die Befundberichte der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte sind in der Regel aussagekräftig genug, um eine Einschätzung gemäß VersMedV vorzunehmen. Bei einer Untersuchung wäre im Übrigen zu berücksichtigen, dass einzelne Personengruppen (u. a. Menschen mit eingeschränkter Mobilität, Kinder und Jugendliche, die von ihren Eltern begleitet werden müssten oder Menschen, die in einem Seniorenheim oder Pflegeeinrichtungen leben) auch Schwierigkeiten hätten, Untersuchungstermine wahrzunehmen. Darüber hinaus stehen nicht genügend Gutachterinnen und Gutachter zur Verfügung und das Antragsverfahren dürfte sich in bestimmten Fachrichtungen um Monate oder Jahre verlängern. Der Senat erachtet insofern eine „automatische persönliche Vorstellung und ärztliche Begutachtung“ weder als notwendig, zielführend und durchführbar noch als bürgerfreundlich. 13) Wie viele Anträge (Frage 1 + 2) wurden aus medizinischen Gründen und wie viele aus formalen Gründen (Fristen etc.) seit Dez. 2016 zunächst vom Versorgungsamt abgelehnt? Zu 13.: Nach dem Wortlaut des § 152 SGB IX stellt das LAGeSo das Vorliegen einer Behinderung, den Grad der Behinderung zum Zeitpunkt der Antragstellung sowie die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft fest. Dabei werden die geltend gemachten und nachgewiesenen Gesundheitsstörungen unter neutraler Wertung aller Fakten gewürdigt. Eine „Ablehnung“ aus formalen Gründen käme grundsätzlich nur in Betracht, wenn die Bürgerinnen und Bürger ihrer Mitwirkungspflicht nach § 60 SGB I nicht nachkommen, was allenfalls in Einzelfällen geschieht. Eine Statistik, ob Anträge aus medizinischen Gründen oder aus formalen Gründen abgelehnt wurden, wird nicht geführt. 14) Gegen wie viele der abgelehnten Anträge zum GdB oder bestimmten Merkzeichen wurde (von Dez.’16 – Juli 19) Widerspruch eingelegt (bitte tabellarisch mit Grund des Widerspruchs darstellen)? Zu 14.: Alle Widerspruchseingänge im Zeitraum, ohne Bezug auf ursprüngliches Antragsbegehren und mögliches „Ablehnungsempfinden“ bei der antragstellenden Person: 6 *) Dauernde Einbuße 15) Bei wie vielen GdB-Anträgen (incl. Verschlechterungsanträgen) und bei wie vielen Widersprüchen wurden der/die Antragsteller*in vom Versorgungsamt oder in dessen Auftrag ärztlich begutachtet und wie viele Fälle wurden „nach Aktenlage“ entschieden (bitte tabellarisch zusammenstellen)? Zu 15.: Eine gesonderte Statistik je Antrag wird nicht erhoben. Für den Bereich des Ärztlichen Dienstes lassen sich – hier beispielhaft für das Jahr 2018 – folgende Zahlen feststellen: Stellungnahmen nach Aktenlage externe Gutachterinnen / Gutachter: 93.266 Stellungnahmen nach Aktenlage interne Gutachterinnen / Gutachter: 9.936 (Schwerpunkt Widersprüche und Klagen) Gesamtsumme Beurteilung nach Aktenlage: 103.202 Begutachtungen extern Gutachterinnen / Gutachter: 1.120 Begutachtungen interne Gutachterinnen / Gutachter: 474 (Schwerpunkt Widersprüche und Klagen) Gesamtsumme ärztliche Begutachtung: 1.594 Die Zahl der Stellungnahmen nach Aktenlage und die Zahl der ärztlichen Begutachtungen übersteigt die Zahl der Erst- und Neufeststellungsanträge, da es in Einzelfällen zu mehrfachen Zuleitungen an die Gutachterinnen und Gutachter kommt. 16) Wie vielen der eingelegten Widersprüche konnten von der Widerspruchsstelle seit Dez. 2016 (im Sinne einer Anerkennung des Widerspruchs) abgeholfen werden? Zu 16.: Dez. 2016 2017 2018 bis Aug. 2019 Erledigte Widersprüche insg. 1.007 14.768 15.964 10.156 davon teilweise Stattgabe 228 3.195 2.489 2.195 davon volle Stattgabe 200 2.542 3.539 1.386 Zu beachten ist, dass ein Aussagewert über die Widerspruchsquote nur bedingt möglich ist. Häufig werden im Laufe des Verfahrens neue Unterlagen vorgelegt, die zu einer veränderten Sachlage und ggf. dadurch zur Stattgabe des Widerspruches führen. Widersprüche 1.12.2016 bis Erhöhung Feststellung weiterer 31.07.2019 des GdB Behinde-rungen G aG B Bl H RF Gl 1.Kl. T d.E.* ) TBl 40.711 25.425 6.585 9.930 5.892 6.759 229 1.773 1.969 189 8 2.638 25 18 Begehren (Mehrfachbegehren enthalten) Merkzeichen / Nachteilsausgleiche feststellen 7 17) Bei wie vielen Klagen gegen eine Ablehnung des Widerspruchs zum GdB oder bestimmten Merkzeichen hat das Versorgungsamt vor einer abschließenden Gerichtsentscheidung seinen Ablehnungsbescheid in einen Abhilfebescheid korrigiert? Zu 17.: In 1.301 Fällen wurde während eines laufenden Klageverfahrens ein Abhilfebescheid erteilt (Dezember 2016 bis Juli 2019). In 1.227 Fällen wurde dem Widerspruch teilweise während eines laufenden Klageverfahrens abgeholfen (Dezember 2016 bis Juli 2019). 18) Wie viele der eingereichten Klagen zu GdB oder einzelnen Merkzeichen wurden seit Dez 2016 im Sinne der Klagenden entschieden (bitte Anzahl und % angeben)? Zu 18.: Im gesamten Zeitraum Dezember 2016 bis Juli 2019 gab es 70 volle Verurteilungen. Das sind 1,14 Prozent der gesamten Klageverfahren. Im gleichen Zeitraum waren 73 teilweise Verurteilungen festzustellen. Das sind 1,19 Prozent der gesamten Klageverfahren. 19) Bei wie vielen Klagen wurde dem Versorgungsamt bzw. dem LAGeSo Recht gegeben? Zu 19.: Zurück-/ Abweisungen der Klagen durch das Gericht: 563 Fälle. Des Weiteren wurden 1.400 Klagen in dem betroffenen Zeitraum zurückgenommen und 1.022 Klagen erledigten sich von selbst (z. B. durch Umzug oder Tod der Kläger). Bei den restlichen 440 Verfahren handelt es sich um Anerkenntnisse, die erst nach dem Klagedatum abgegeben wurden, da sich der Gesundheitszustand erst dann verschlechtert hat. 20) Wie viele Monate mussten Antragsteller*innen nach Eingang des vollständigen Antrags beim Versorgungsamt durchschnittlich warten, bis a) ein Bewilligungsbescheid ohne Nachforderung ärztlicher Gutachten b) ein Bewilligungsbescheid mit Nachforderung ärztlicher Gutachten bei behandelnden Ärzten c) ein Ablehnungsbescheid d) nach einem Widerspruch ein Abhilfebescheid des Versorgungamtes erteilt oder d) ein für den Antragsteller erfolgreiches Klageverfahren gegen das Versorgungsamt beendet wurde? (bitte die Antworten zu Frage 20 tabellarisch aufbereiten und jeweils die maximale und die minimale Zeitdauer angeben)? Zu 20.: Es wird kein Datum erfasst, an dem ein Antrag „vollständig“ ist. Insoweit ist auch keine Differenzierung möglich. 21) Welche Kosten waren für das Land Berlin mit der Bearbeitung eines GdB-Antrags, eines Verschlechterungsantrags, eines Abhilfebescheides bzw. eines Widerspruchbescheides verbunden (bitte tabellarisch getrennt in Sachkosten und Personalkosten angeben)? Zu 21.: Vollkosten je Bescheid Kostenstelle: 68874 Erstfeststellungsbescheid Kostenstelle: 68875*Neufeststellungsbescheid Kostenstelle: 66032 Widerspruch Sb*) Dez. 2016 291,83 € 234,05 € 150,53 € 2017 332,93 € 251,69 € 146,63 € 8 2018 336,85 € 281,71 € 153,04 € 1.1.- 31.7.2019 334,61 € 283,63 € 144,51 € Personalkosten je Produkt Kostenstelle 68874 Erstfeststellungsbescheid Kostenstelle 68875*Neufeststellungsbescheid Kostenstelle 66032 Widerspruch Sb*) Dez. 2016 77,52 € 57,79 € 55,69 € 2017 70,25 € 51,18 € 53,04 € 2018 71,80 € 56,04 € 52,68 € 1.01.- 31.07.2019 73,90 € 58,64 € 54,43 € Sachkosten je Produkt Kostenstelle 68874 Erstfeststellungsbescheid Kostenstelle 68875*Neufeststellungsbescheid Kostenstelle 66032 Widerspruch Sb*) Dez. 2016 12,93 € 16,14 € 13,39 € 2017 44,43 € 43,59 € 23,33 € 2018 43,23 € 43,70 € 21,68 € 1.01.- 31.07.2019 44,91 € 45,57 € 19,88 € *) Schwerbehindertenangelegenheiten * 68875 = hier werden alle Kosten für Neufeststellungsverfahren und Verfahren von Amts wegen verbucht Sachkosten = u.a. Befundberichte, Aktendeckel, Papier usw. Vollkosten = alle Kosten die auf dem Kostenträger anfallen, also incl. Verrechnungen der ZS A (Widerspruch, Klage) und der Abt. I (Begutachtung) 22) In welcher Höhe sind dem Land Berlin seit Dez. 2016 Gerichts- und Rechtsberatungskosten wg. der Überprüfung von Ablehnungsbescheiden des Versorgungsamtes (wg. GdB oder Merkzeichen) entstanden und in welchem Umfang hatte das Versorgungsamt für die Kosten der dann erfolgreichen Antragsgegner aufzukommen? Zu 22.: Das Land Berlin hat die folgenden Kosten den erfolgreichen Antragsgegnern erstattet: 2016*) rd. 530.000.- € 2017 rd. 443.000.-€ 2018 rd. 446.000.-€ 2019 Stand 16.9. rd. 347.000.-€ *) Es liegen nur die Angaben für das gesamte Jahre 2016 vor. 9 23) Gibt es einen regelmäßigen Vergleich (Benchmark) der Leistungen, Kosten, Ausstattung und Organisation des Versorgungsamtes beim LAGeSo mit vergleichbaren Einrichtungen anderer großer Deutscher Städte und wenn nein, warum nicht? Zu 23.: Seit 2012 besteht der Vergleichsring Schwerbehindertenrecht der Länderbehörden an dem zwischenzeitlich 10 Bundesländer, vertreten durch die jeweils zuständigen Landesbehörden, in Berlin dem LAGeSo, teilnehmen. In der Vergleichsarbeit werden Kennzahlen zum Schwerbehindertenrecht (u. a. Verfahrensdaten - z. B. Antragseingänge, Widerspruchseingänge etc. Personaldaten - z. B. Vollzeitäquivalente (VZÄ) und Kosten - z.B. Kosten für Beweiserhebung) erhoben und analysiert. 24) In wie vielen Fällen wurde Schwerbehinderten seit Dez. 2016 nach der Verordnung eines Rollstuhls oder Rollators die befristete Nutzung des Sonderfahrdienstes gestattet? Zu 24.: Seit 12/2016 wurde 4.735 Antragstellenden die befristete Nutzung des Sonderfahrdienstes (SFD) gewährt. 25) Wie oft wurde die Nutzung des Sonderfahrdienstes anschließend aufgrund eines Bescheides des Versorgungsamtes ohne Merkzeichen „T“ (mit Voraussetzung „aG“) wieder zurückgezogen? Zu 25.: Seit Dezember/2016 wurde in 3.010 Fällen die befristete Nutzung nicht in eine dauerhafte gewandelt (also „zurückgezogen“), da die Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich „aG“ / „T“ nicht festgestellt wurden. 26) Wie viele der vom nachträglichen Ausschluss vom Sonderfahrdienst betroffenen Antragsteller waren (seit Dez. 2016) Rollstuhlfahrer*innen und wie viele Rollatorfahrer*innen? 27) Wie viele dieser betroffenen Personen haben gegen die Entscheidung des Versorgungsamtes das Merkzeichen T bzw. „aG“ nicht zu vergeben Widerspruch eingelegt? 28) Wie vielen dieser Widersprüche gegen das Versorgungsamt wg. des Merkzeichens „T“ wurde abgeholfen und welchen Zeitraum nahm das bisher durchschnittlich in Anspruch, wie viele wurden beklagt und vor Gericht entschieden (bitte die Antworten für Frage 24-28 tabellarisch darstellen und für 28) auch jeweils die maximale und die minimale Zeitdauer angeben.)? Zu 26. – 28.: Entsprechende Statistiken werden sowohl im Widerspruchsverfahren als auch im Klageverfahren nicht erhoben. 29) Wie bewertet der Senat die Arbeitsabläufe im Versorgungsamt/LAGeSo mit Blick auf die Aufgabenstellung Schwerbehinderten schnellstmöglich zu einer Anerkennung ihrer objektiv vorhandenen Behinderung zu verhelfen und sie durch damit verbundene Leistungen (z.B. Sonderfahrdienst, Behindertenausweis für den ÖPNV oder Bevorrechtigtes Parken etc.) in ihrer Rehabilitation und der gesellschaftlichen Teilhabe (vgl. Art. 29 und 30 UN-Behindertenkonvention) zu unterstützen? 30) Welche Zeitdauer für die Bearbeitung berechtigter Anträge auf Anerkennung bzw. Verschlechterung einer objektiven Schwerbehinderung durch das Versorgungsamt hält der Senat angesichts der besonderen Problematik dieser Personengruppe für angemessen und welche Schritte wird der Senat bis wann unternehmen, um die Entscheidungsfindung im Versorgungsamt/LAGeSo zu beschleunigen? 10 Zu 29. und 30.: Der Senat berichtet regelmäßig über die Arbeitsabläufe im Versorgungsamt des LAGeSo, insbesondere über die Vielzahl eingeleiteter organisatorischer Verbesserungen, siehe u. a. Rote Nummern: 16/1245, 16/1245 C, 16/1245 D, 16/1245 E, 16/1245 F, 17/0890, 17/1867, 17/2756, zuletzt Drucksache 18/0958 vom 29.3.2018. Zurzeit wird im Versorgungsamt ein Projekt „zur Geschäftsprozessoptimierung und Digitalisierung der Schwerbehindertenangelegenheiten“ durchgeführt. Dies mit den Zielen, eine möglichst medienbruchfreie Bearbeitung der Feststellungsverfahren nach dem Schwerbehindertenrecht zu gewährleisten (Umsetzung EGovG Bln) und das Verfahren für die antragstellenden Personen transparenter und nachvollziehbarer sowie barrierefrei zu gestalten. 31) Plant der Senat über die Verbesserung der Abläufe und Bearbeitungsfristen im Versorgungsamt hinaus weitere Schritte, um die Anerkennung und soziale Situation von Schwerbehinderten (Teilhabe) im Sinne der UN-Behindertenkonvention deutlich zu verbessern und wenn ja, welche werden das wann sein? Zu 31.: Beispielhaft verweist der Senat in diesem Zusammenhang auf seine Anstrengungen im Rahmen der Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes sowie auf eine Neufassung des Landesgleichberechtigungsgesetzes vor dem Hintergrund der UN-Behindertenrechtskonvention, welche noch in dieser Legislaturperiode vorgesehen ist. Berlin, den 27. September 2019 In Vertretung Alexander F i s c h e r _____________________________ Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales