Drucksache 18 / 21 058 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten June Tomiak (GRÜNE) vom 15. September 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. September 2019) zum Thema: Verlorene Waffen der Polizei Berlin und Antwort vom 07. Oktober 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. Okt. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Inneres und Sport Frau Abgeordnete June Tomiak (GRÜNE) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/21058 vom 15. September 2019 über Verlorene Waffen bei der Polizei Berlin ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Dienstwaffen der Polizei Berlin sind als gestohlen gemeldet bzw. als abhandengekommen durch Straftat gemeldet, als abhandengekommen gemeldet, abhandengekommen durch Verlust oder abhandengekommen auf sonstige Weise. Bitte seit 2010 unter Nennung von Art, Modell und Kaliber der Waffen und nach Abteilung, Kommissariat und Dienststellen, zu denen die Waffen zugehörig waren, aufschlüsseln. Bitte jeweils zudem einen kurzen Sachverhalt des Verlustes schildern. Bitte zudem angeben, ob die betreffenden Waffen weiterhin als verlustig gelten, das Verbleiben ermittelt werden konnte oder ob sie wieder aufgefunden werden konnten und, falls dies der Fall ist, bitte auch jeweils angeben und darstellen, wie und durch wen die Waffen wiedergefunden wurden. Zu 1.: Im Kontext der Anfrage wird davon ausgegangen, dass es sich bei „Dienstwaffen“ um Schusswaffen i.S.d. Waffengesetzes handelt. Seit 2010 sind zehn Schusswaffen der Polizei Berlin abhandengekommen, davon konnten drei wieder aufgefunden werden. Der nachfolgenden tabellarischen Aufstellung sind die Einzelheiten zu entnehmen. Lfd. Nr. Jahr Dienststelle Art Modell Kaliber aktuell verlustig Verlust durch Sachverhalt zum Wiederauffinden 1 2010 Direktion Einsatz Zentraler Objektschutz (Dir E ZOS) Pistole, SIG Sauer P6, 9x19 mm Ja Wohnungseinbruch Bei einer Personenkontrolle / Gepäckkontrolle am Flughafen Hamburg am 3. Oktober 2019 aufgefunden. Nähere Umstände sind noch nicht bekannt. Die Waffe befindet sich in behördlichem Seite 2 von 5 Gewahrsam. 2 2011 Direktionshundertschaft der Direktion 5 Pistole, SIG Sauer P6, 9x19 mm Ja Diebstahl aus Dienstfahrzeug 3 2011 Dir E ZOS Pistole, SIG Sauer P6, 9x19 mm Ja Wohnungseinbruch 4 2012 Dir E ZOS Pistole, SIG Sauer P6, 9x19 mm Ja Wohnungseinbruch 5 2013 Direktion 6 Abschnitt 65 Pistole, SIG Sauer P6, 9x19 mm Nein Ein Mitarbeiter der Polizei Berlin vergaß seine Dienstwaffe auf der Toilette einer Tankstelle, wo sie von einer Person aufgefunden wurde. Im Zuge der eingeleiteten Ermittlungen konnte diese Person namhaft gemacht und die Dienstwaffe wieder aufgefunden werden. 6 2013 LKA 6 Pistole, SIG Sauer P6, 9x19 mm Nein Im Rahmen von Observationsmaßnahmen wurde ein ziviles Dienstfahrzeug mutwillig beschädigt und die darin befindlichen Gegenstände (u.a. eine Dienstwaffe) in die Spree geworfen. Im Zuge einer unmittelbar eingeleiteten Absuche durch Taucher der Polizei Berlin konnte diese wieder aufgefunden werden. 7 2014 Direktion 6 Abschnitt 65 Pistole, SIG Sauer P6, 9x19 mm Nein Ein Mitarbeiter der Polizei Berlin vergaß seine Dienstwaffe auf der Toilette eines Polizeiabschnitts. Sie wurde durch einen Kollegen aufgefunden und gesichert 8 2017 Dir E ZOS Pistole, SIG Sauer P6, 9x19 mm Ja Diebstahl einer mitgeführten Tasche auf einem S-Bahnhof 9 2018 LKA 6 Mitteldistanzwaffe (nah), Heckler & Koch MP7, 4,6x30mm Ja unbekannt 10 2019 Polizeiakademie Pistole, SIG Sauer P6, 9x19 mm Ja Bei diesem Sachverhalt handelt es sich um ein laufendes Ermittlungsverfahren, daher kann derzeit keine Auskunft erteilt werden. 2. Wie werden bei der Polizei Berlin Dienstwaffen gesichert? Bitte Verfahren für persönliche Dienstwaffen und Gruppenwaffen einzeln darstellen. Welche Protokolle, Regularien, Vorschriften und Sicherheitsmaßnahmen gibt es im Kontext der Haltung, Entnahme und Rückführung von persönlichen und Gruppenwaffen? Gibt es unterschiedliche Verfahren, die abhängig von Art, Modell und Kaliber der Waffen sind? Falls ja, bitte aufschlüsseln, falls nein, bitte ausführen warum dies nicht der Fall ist. Zu 2.: Der Umgang mit dienstlich überlassenen Faustfeuerwaffen, insbesondere deren Sicherung gegen Wegnahme und bei Verlust zu treffende Maßnahmen sowie das Mitführen von Maschinenpistolen im Einsatzwagen sind verbindlich für alle Dienstkräfte der Polizei Berlin geregelt: Seite 3 von 5 1. Geschäftsanweisung (GA) ZSE II Nr. 1/2016 über den Umgang mit Faustfeuerwaffen (VS-NfD) 2. GA PPr St Nr. 4/2010 über das Mitführen der Maschinenpistole (MP) im Einsatzwagen Abschnitt In Bezug auf die in Rede stehende Geschäftsanweisung ZSE II Nr. 1/2016 (VS-NfD) unterbleibt eine offene oder detaillierte Beantwortung. Ihnen wird aber die Möglichkeit eingeräumt die erfragten Informationen unter Wahrung der Vertraulichkeit beim Polizeipräsidenten in Berlin einzusehen. Zum Umgang mit Poolbewaffnung (Gruppenwaffen) besteht keine gesamtbehördliche Regelung. Die Regularien der Direktionen und Ämter sind auf die jeweils unterschiedlichen Anforderungen abgestimmt und gewährleisten eine sichere Aufbewahrung der Waffen. Einzelheiten hierzu sind für eine Darlegung in der Öffentlichkeit nicht geeignet. 3. Wie oft werden Kontrollen der Bestände der persönlichen sowie Gruppenwaffen bei der Polizei Berlin durchgeführt. Bitte nach Abteilung, Kommissariat und Dienststelle aufschlüsseln und zudem angeben, wer diese Kontrolle jeweils durchführt. Zu 3.: Im Rahmen der jährlichen Waffenrevision werden die Bestände der dienstlich überlassenen Faustfeuerwaffen durch die jeweils dafür zuständigen Fachbereiche der Direktionen und Ämter überprüft. Eine Kontrolle der Poolbewaffnung (Gruppenwaffen) findet in diesem Zusammenhang ebenfalls statt. Darüber hinaus können die bestehenden Übergabe-/Übernahmeverfahren zur Poolbewaffnung ebenfalls als Kontrolle im Sinne der Frage 3. bezeichnet werden. Die Häufigkeit variiert entsprechend der unterschiedlichen Übergabezeiträume. 4. Im November 2018 ist eine MP7 des SEK Berlin als verlustig aufgefallen. In welchem Kontext ist das Fehlen der Waffe festgestellt worden, bitte kontextualisieren. Zu 4.: Es wurde eine anlassunabhängige Bestandsprüfung durchgeführt, bei der das Fehlen der Waffe festgestellt wurde. 5. Welche Sicherungsmaßnahmen gab es insbesondere beim SEK Berlin bezogen auf Gruppenwaffen? Wer hat Zugang zu den Gruppenwaffen des SEK Berlin? Bitte ausführen. Zu 5.: Poolbewaffnung (Gruppenwaffen) wird in speziell gesicherten Räumlichkeiten gelagert, zu denen ausschließlich berechtigte Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeiter der Polizei Berlin Zugang haben. Einzelheiten hierzu sind für eine Darlegung in der Öffentlichkeit nicht geeignet. 6. Hat sich an den Sicherungsmaßnahmen, Verfahren und Zugangsmöglichkeiten zu den Dienstwaffen seit dem aufgefallenen Verlust der MP7 etwas verändert? Falls ja, bitte erklären, was sich aus welchen Gründen verändert hat. Falls nein, warum hat sich nichts verändert? Zu 6.: Ja. Sicherungsmaßnahmen wurden angepasst, so dass zukünftig der Verlust von Waffen schneller erkennbar ist und unverzügliche Reaktionen zum Auffinden Seite 4 von 5 erfolgen können. Einzelheiten hierzu sind für eine Darlegung in der Öffentlichkeit nicht geeignet. 7. Sind beide der in Drucksache 18/17915 vermeldeten Dienstwaffen der Polizei Berlin noch verlustig? Um welche Waffen handelt es sich? Bitte Art, Modell und Kaliber der Waffe angeben. Zu 7.: Ja. Es handelt sich um die in der Antwort zu Frage 1. als lfd. Nr. 8 und 9 aufgeführten Waffen. 8. Welche Bestrebungen wurden und werden unternommen, um verlustiger Dienstwaffen wieder habhaft zu werden? Zu 8.: Die Maßnahmen richten sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalles. Grundsätzlich erfolgt die Ausschreibung zur Sachfahndung, eine Absuche an allen relevanten Örtlichkeiten, die als Verlustort in Betracht zu ziehen sind sowie eine Information an alle Dienststellen der Polizei Berlin über den Verlust. 9. Wer hat die Ermittlungen im Kontext der verlustigen MP7 übernommen? Welche Maßnahmen wurden im Zuge der Ermittlungen ergriffen? In welche Richtungen wurde ermittelt? Was hat das Ermittlungsverfahren ergeben? Zu 9.: Die Maßnahmen zum Wiederauffinden der Waffe, die Untersuchung des Vorfalls sowie die erfolgten Anpassungen der Sicherungsmaßnahmen und Verfahren erfolgten durch eine interne Arbeitsgruppe der Polizei Berlin. Die Prüfung auf strafrechtliche Relevanz führte zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen Unbekannt wegen Unterschlagung. Dieses wurde durch die Staatsanwaltschaft Berlin eingestellt, da eine Täterin oder ein Täter nicht ermittelt werden konnte und es gegenwärtig an konkreten Anhaltspunkten für die Durchführung Erfolg versprechender weiterer Ermittlungen, die zur Namhaftmachung der Täterin oder des Täters führen könnten, fehlt. 10. Die verlustige MP7 des SEK Berlin ist eine Waffe, deren Kernaufgabe insbesondere die Fähigkeit ist, ballistische Schutzwesten aller Stufen zu durchdringen. Zudem kann die Waffe verdeckt getragen werden. Die Waffe birgt also ein hohes Gefahrenpotenzial, insbesondere wenn sie sich nicht mehr im Besitz der Polizei Berlin befindet. Wie steht der Senat hierzu? Zu 10.: Zum jetzigen Zeitpunkt kann festgestellt werden, dass die Waffe abhandengekommen ist und umfangreiche Maßnahmen bisher nicht zum Wiederauffinden geführt haben. Es liegen keine Hinweise dafür vor, dass Personen Zugriff auf die Waffe haben. Hieraus ist eine abstrakte Gefahr abzuleiten, die sich aber aufgrund der vorliegenden Fakten nicht weiter konkretisieren lässt. 11. In der Drucksache 18/18764 wird konkret nach Art verlustiger Waffen gefragt. Konkrete Angaben über die verlustigen Waffen der Polizei Berlin wurden in der Beantwortung nicht gemacht, obwohl die Informationen vorgelegen haben müssen. Wie erklärt sich das der Senat? Seite 5 von 5 Zu 11.: In der Drucksache 18/18764 wurde in Frage 2. nach der Art verlustiger Waffen gefragt. Die Auswertung hierzu erfolgte anhand der Daten, die nach Auswertung des Nationalen Waffenregisters zur Verfügung standen, Angaben zu den Waffenarten sind darin nicht enthalten. Die Dienstwaffen der Polizei Berlin fallen nicht unter die Regelungen des Waffengesetzes und werden entsprechend nicht im Nationalen Waffenregister erfasst. Berlin, den 7. Oktober 2019 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport