Drucksache 18 / 21 077 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Marcel Luthe (FDP) vom 10. September 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 20. September 2019) zum Thema: Umsetzung des Haushaltsgesetzes durch den Polizeipräsidenten in Berlin II und Antwort vom 10. Oktober 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 14. Okt. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 6 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Herrn Abgeordneten Marcel Luthe (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/21077 vom 10. September 2019 über Umsetzung des Haushaltsgesetzes durch den Polizeipräsidenten in Berlin II ---------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Auf meine Anfrage 18/20789 hat der Senat mitgeteilt, es sei lediglich eine „einfache Titelerläuterung “ zum Kapitel 0541 Titel 54039 „Haltung von Tieren“ zum Haushaltsgesetz 2018/2019 durch das Parlament beschlossen worden? Welche? (bitte im Wortlaut wiedergeben) Zu 1.: Die Erläuterung zum Titel 0541/54039 - Haltung von Tieren - hat den folgenden Wortlaut: „Es entstehen Aufwendungen für Futterkosten sowie Reinigung, Versorgung und Pflege für Diensthunde, veterinärmedizinischer Bedarf und Betreuung (Medikamente, tierärztliche Leistungen) sowie Ausrüstungen für Diensthunde, Übungs- und Stallgeräte . Für die ausgesonderten Diensthunde werden die gleichen Kosten wie für aktive Diensthunde veranschlagt.“ 2. Welche rechtliche Bedeutung hat eine sogenannte „einfache Titelerläuterung“? 3. Aus welcher rechtlichen Grundlage ergibt sich eine Unterscheidung zwischen einer „einfachen“ und einer „verbindlichen“ Titelerläuterung? Zu 2. und 3.: Nach § 17 Absatz 1 der Landeshaushaltsordnung (LHO) sind Einnahmen nach dem Entstehungsgrund, die Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen nach Zwecken getrennt zu veranschlagen und, soweit erforderlich, zu erläutern. Sogenannte einfache Titelerläuterungen, kurz Erläuterungen, sind dabei auf das sachlich Notwendige zu begrenzen. Sie müssen genau gefasst sein und in kurzer Form über alle wesentlichen Einzelheiten Aufschluss geben (Nr. 2.1 der Ausführungsvorschriften - AV - zu § 17 LHO). Seite 2 von 6 Sollen Erläuterungen oder Teile von Erläuterungen für die Bewirtschaftung ausnahmsweise bindend sein, so sind die Erläuterungen oder die entsprechenden Teile der Erläuterungen für verbindlich zu erklären (verbindliche Erläuterungen). Dies richtet sich nach Nr. 2.2 AV zu § 17 LHO. Entsprechende Beispiele finden sich in den Haushaltstechnischen Richtlinien (HtR). Nur verbindliche Erläuterungen fallen unter die Feststellungswirkung des Haushaltsgesetzes und binden die Exekutive bei der Ausführung des Haushaltsplans unmittelbar an den für verbindlich erklärten Zweck. 4. Ist der Senat - auch vor dem Hintergrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 14.06.2007 zu 2 BvR 1447/05 – der Auffassung, bei Vorliegen einer „einfachen Titelerläuterung“ gegen den ausdrücklichen Wortlaut der Titelerläuterung eine Leistung „für die ausgesonderten Diensthunde“ auf ausgesonderte Diensthunde beschränken zu dürfen, deren Halter Polizeibeamter ist? Wenn ja, warum? Insbesondere wo soll der Gesetzgeber eine solche Einschränkung gewollt haben? Zu 4.: Das zitierte Urteil des Bundesverfassungsgerichts bezog sich auf die Auslegung einer strafprozessualen Norm und das Verfahrensgrundrecht des betroffenen Beschwerdeführers aus Artikel 101 Absatz 1 Satz 2 Grundgesetz. Es enthält keinen unmittelbaren Bezug zum Haushaltsrecht des Landes Berlin. Ergänzend wird auf die Antwort zu Frage 3 der Schriftlichen Anfrage Nr. 18/20789 verwiesen. Selbstverständlich achtet der Senat Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts. Nach § 3 LHO (Wirkungen des Haushaltsplanes) ermächtigt der Haushaltsplan die Verwaltung, Ausgaben zu leisten und Verpflichtungen einzugehen. Durch den gemäß Artikel 85 der Verfassung von Berlin (VvB) mit dem Haushaltsgesetz jeweils für einen festgelegten Zeitraum festgestellten Haushaltsplan werden Ansprüche oder Verbindlichkeiten weder begründet noch aufgehoben. Insbesondere entfaltet der Haushaltsplan keine Außenwirkung, d. h. er bildet weder für die Beschäftigten des Landes Berlin noch für Dritte eine Rechtsgrundlage, auf die sie sich bei Ansprüchen oder Verbindlichkeiten gegen das Land Berlin berufen können. Hierzu bedarf es grundsätzlich einer gesonderten (materiellen) Rechtsgrundlage, z. B. eines Vertrages, oder eines (anderen) Gesetzes, wie z. B. dem Landesbesoldungsgesetz. Weder einfache noch verbindliche Erläuterungen ersetzen eine solche materielle Rechtsgrundlage. Die Einschränkung, dass konkrete Zahlungen nicht ohne konkreten Rechtsgrund geleistet werden dürfen, hat sich der Gesetzgeber demnach selbst auferlegt. Hinsichtlich der Diensthunde ergibt sich daraus das Folgende: Eigentümer und Halter der aktiven Diensthunde ist das Land Berlin, vertreten durch den Polizeipräsidenten in Berlin. Hieraus entstehen dem Land Aufwendungen für die Haltung der Tiere (Futter, Tierarzt usw.), die im Titel 0541/54039 veranschlagt sind. Die Halter- bzw. Eigentümereigenschaft ist der Rechtsgrund dafür, dass das Land Berlin den Diensthundführenden, denen der Hund dienstlich anvertraut ist und die sich auch um dessen Betreuung und Versorgung kümmern, unter anderem eine Futterkostenpauschale und Tierarztkosten zahlt. Bei ausgesonderten Diensthunden gibt das Land Berlin das Eigentum an dem jeweiligen Tier auf, es wird verkauft. Eigentum und Haltereigenschaft gehen per privatrechtlichem Kaufvertrag auf einen neuen Halter bzw. eine neue Halterin über. Seite 3 von 6 Grundsätzlich entfällt damit für das Land die Verpflichtung, weiterhin für die Aufwendungen aufzukommen, die für die Haltung des Tieres entstehen. In den Fällen, in denen ein ausgemusterter Diensthund von „seinem“ bisherigen Diensthundführenden übernommen wird, würde dies allerdings zu einer nicht gewollten finanziellen Belastung des entsprechenden Personenkreises führen. Seit Jahren hatten Diensthundführende der Polizei, die einen ausgemusterten Diensthund in ihren Privathaushalt übernahmen, bereits den Wunsch nach finanzieller Unterstützung geäußert. Im Rahmen der Aufstellung des Doppelhaushalts 2018/2019 wurde die Initiative der Polizei hierzu neu aufgegriffen und der Ansatz für den Titel Haltung von Tieren (0541/54039) bei der Anmeldung für den Doppelhaushalt 2018/2019 durch den Senat so erhöht, dass die Hälfte der für aktive Diensthunde vorgesehenen Pauschale hätte gewährt werden können. Im Rahmen der parlamentarischen Beratungen war dies im Fachausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung ausdrücklich begrüßt worden. Beschlossen wurde eine Empfehlung an den Hauptausschuss, nicht nur 50 %, sondern 75 % der Pauschalen für Futter und eine volle Tierarztkostenpauschale vorzusehen. Der Hauptausschuss folgte dieser Empfehlung . Im Ergebnis sieht die im beschlossenen Haushaltsplan 2018/2019 enthaltene Titelerläuterung sogar die gleichen Beträge für ausgemusterte Diensthunde vor (also 100 % statt 75 %). Seit dem 01.01.2018 können den Diensthundführenden daher im Wege der Billigkeit für ausgemusterte Diensthunde die gleichen Futter- und Tierarztkosten gewährt werden wie zu der Zeit, als der Hund noch aktiv war. Dies ist zulässig, weil mit der Ergänzung der fraglichen Titelerläuterung („Für die ausgesonderten Diensthunde werden die gleichen Kosten wie für aktive Diensthunde veranschlagt.“) dafür Ausgabemittel besonders zur Verfügung gestellt worden sind (§ 53 LHO). Diese Verfahrensweise entspricht auch der Praxis in diversen anderen Bundesländern, z. B. in Brandenburg . Soweit einzelne Länder Pauschalzahlungen vorsehen, werden diese nur an die bisherigen Diensthundführenden gewährt. Ausgaben aus öffentlichen Mitteln für Aufwendungen zu leisten, die sich aus dem Privateigentum eines Dritten ergeben, ist in der öffentlichen Finanzwirtschaft ansonsten grundsätzlich nicht vorgesehen. 5. Ist der Senat der Auffassung, dass Diensthunde der Polizei Berlin der Sicherheit des Landes Berlin gedient haben bzw. dienen? Zu 5.: Ja. 6. Falls ja, hält es der Senat für dem Tierwohl dienender, a) einen alten und zum Beispiel an Epilepsie erkrankten Hund während des Schichtdienstes eines Diensthundeführers allein zu Hause zu lassen oder b) diesen Hund in die Obhut einer Person zu geben, die sich ganztägig um das Tier kümmern kann? Zu 6.: Jeder, der ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat, ist nach den geltenden tierschutzrechtlichen Bestimmungen (Tierschutzgesetz) für eine adäquate, artgerechte Pflege und Versorgung des ihm anvertrauten Tieres selbst verantwortlich. Seite 4 von 6 7. Aus welchen konkreten Gründen weigert sich der Senat, der Halterin eines ehemaligen Diensthundes der Polizei Berlin die für den Hund bestimmten Leistungen „eine volle Tierarztkostenpauschale (…) sowie 75% der Grundpauschale von aktiven Diensthunden“ zu erbringen? Zu 7.: Es handelt sich vermutlich um einen Fall aus Oktober 2018, in dem ein seit dem Jahr 2015 an Epilepsie erkranktes, damals knapp 6 Jahre altes Tier ausgemustert wurde. Hier ist ein Anspruch auf diese Leistungen tatsächlich verneint und ein entsprechender Antrag abgelehnt worden. Das Tier war zunächst von seiner bisherigen Diensthundführerin in Kenntnis der langjährigen Erkrankung und des damit verbundenen Pflegeaufwandes per Kaufvertrag von der Polizei erworben worden. Wenige Tage nach dem Erwerb wurde das Tier privat an eine dritte Partei weiterverkauft, der die Erkrankung des Tieres ebenfalls bekannt war. Für Zahlungen an die neue Halterin gibt es keinen Rechtsgrund (vgl. Antwort zu Frage 4). Bei Weiterverkauf des Tieres durch den Diensthundführenden erlischt dessen Anspruch auf die Billigkeitsleistung. Der Senat sieht sich gegenüber privaten Dritten anders als bei den eigenen Dienstkräften nicht in einer erweiterten Fürsorgeverpflichtung. Der Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung hat sich in seiner Sitzung am 23.09.2019 nunmehr einstimmig dafür ausgesprochen, den Anspruch auf die fraglichen Zahlungen an den ausgemusterten Diensthund zu knüpfen und eine Empfehlung an den Hauptausschuss beschlossen, die in der Antwort zu Frage 1 zitierte Titelerläuterung entsprechend zu ergänzen. Wenn der Hauptausschuss dieser Empfehlung folgt und die Ergänzung beschließt, wäre durch den Senat eine Voraussetzung für die entsprechenden Zahlungen zu schaffen. 8. Welcher Betrag in Euro pro Monat ist für einen Diensthund im Sinne der o.g. Regelung zu erbringen ? Zu 8.: Für Pflege- und Futtermittelaufwendungen für einen Diensthund werden monatlich aktuell 72,85 € gezahlt. Hinsichtlich der Tierarztkosten gilt die aufgrund der durchschnittlich angefallenen Tierarztkosten errechnete volle monatliche Pauschale in Höhe von 43,66 €. Insgesamt ergibt sich ein Betrag von 116,51 €/Monat. 9. Wie lautet die „Richtlinie über die Gewährung einer pauschalierten Aufwandsentschädigung für ausgemusterte Diensthunde“ (bitte den Wortlaut wiedergeben) und wann ist diese durch wen erlassen worden? Zu 9.: Die Richtlinie wurde bereits im August 2017 auf Basis der damals geplanten 50- Prozent-Regelung von der Polizei erarbeitet und enthält noch den entsprechenden Betrag. Die Zahlung der unter 8. genannten Beträge erfolgt aktuell im Vorgriff auf die endgültige Regelung (es fehlt z. B. noch die Berücksichtigung der Tierarztkosten). Die Endfassung bedarf der Zustimmung der Senatsverwaltung für Inneres und Sport. Die Richtlinie hat in der vorliegenden Fassung den folgenden Wortlaut: Seite 5 von 6 „Richtlinie über die Gewährung einer pauschalisierten Aufwandsentschädigung für die Haltung ausgemusterter Diensthunde (Dh) Voraussetzung: Übernahme eines durch die Dienststelle ausgesonderten Diensthundes 1. Kreis der Empfangsberechtigten - alle aktiven Diensthundführer (Dhf) - Dhf, die die Dienststelle wechseln - Dhf zum Pensionseintritt 2. Verfahren der Übernahme - Mit dem Käufer (Dhf) ist durch Dir E St 5 ein schriftlicher Kaufvertrag ohne Nebenabreden zu schließen. - Der Kaufpreis wird, je nach Zustand (Alter, Gesundheit, Ausbildungsstand) des Hundes, verhandelt. - Die Übergabe des Hundes erfolgt durch Dir E DhfE Ausbildung. Im Rahmen der Übergabe wird der Mikro-Chip des Hundes erfasst und die ausgelesene Nummer St 5 mitgeteilt (Übergabeprotokoll). Sollte ein Hund nicht mit einem Mikro-Chip versehen sein (Diensthunde sind lt. Hundehalterverordnung von der Kennzeichnungspflicht ausgenommen), ist der Hund durch den neuen Eigentümer zu kennzeichnen. - Der übernehmende Dhf weist bei Dir E St 5 im ersten Monat nach Übernahme die steuerliche Erfassung des Hundes nach. 3. Zahlungsmodalitäten - Der Käufer (Dhf) gibt schriftlich seine Kontoverbindungsdaten, Wohnanschrift und telefonische Erreichbarkeit bekannt. - Änderungen werden unverzüglich schriftlich angezeigt. - Die Auszahlung der Aufwandsentschädigung i. H. v. 58,26 € wird für jeden angefangenen Monat gewährt. - Ein Anspruch auf Zahlung besteht vorbehaltlich der nach dem Haushalt eingestellten Mittel. - Bei Weitergabe oder Tod des Hundes erlischt der Zahlungsanspruch. 4. Nachweisführung und Kontrolle - Der Empfangsberechtigte (Dhf) meldet bei Dir E St 5 umgehend eine Weitergabe oder den Tod (Bescheinigung eines Tierarztes erforderlich) des Hundes. - Der Empfangsberechtigte weist einmal jährlich bei St 5 die Zahlung der Hundesteuer nach. - Der Hund wird einmal jährlich zur Identifikation, durch Auslesen des - Mikro-Chip, bei DhfE Ausb. vorstellig. - Die Dokumentation dieses Vorganges ist Dir E St 5 schriftlich mitzuteilen.“ Seite 6 von 6 10. Wie viele ehemalige Diensthunde der Polizei sind gegenwärtig noch am Leben, wie viele davon erhalten Leistungen aus dem zu 1) genannten Titel? Sind Anträge auf Leistungen aus dem Titel seit dem 01.01.2018 abgelehnt worden? Wenn ja, wie viele? Zu 10.: Eine Aussage darüber, wie viele ehemalige Diensthunde der Polizei Berlin gegenwärtig noch leben, kann nicht getroffen werden. Hierzu erfolgt keine statistische Erfassung . Derzeit werden gemäß der internen „Richtlinie über die Gewährung einer pauschalierten Aufwandsentschädigung für ausgemusterte Diensthunde“ Aufwandsentschädigungen für 40 ehemalige Diensthunde an die Empfangsberechtigten gezahlt. Alle Anträge von Diensthundführenden auf Zahlung einer Aufwandsentschädigung bei Übernahme eines ausgesonderten Diensthundes in den Privathaushalt wurden bewilligt. Berlin, den 10. Oktober 2019 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport