Drucksache 18 / 21 081 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Nicola Böcker-Giannini und Jörg Stroedter (SPD) vom 12. September 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 20. September 2019) zum Thema: Kosten für den Endkunden seit Umstellung von analogen auf digitale Stromzähler in Berlin und Antwort vom 08. Oktober 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. Okt. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe Frau Abgeordnete Nicola Böcker-Giannini (SPD) und Herrn Abgeordneten Jörg Stroedter (SPD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/21081 vom 12. September 2019 über Kosten für den Endkunden seit Umstellung von analogen auf digitale Stromzähler in Berlin ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Verwaltung: Die Schriftliche Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat nur zum Teil in eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Zur Beantwortung der Anfrage wurde als Grundlage eine Stellungnahme der örtlichen Verteilnetzbetreiberin Stromnetz Berlin GmbH (Stromnetz Berlin) als grundzuständige Messstellenbetreiberin herangezogen . Vorbemerkung der Abgeordneten: Seit dem 01.01.2017 gelten neue Gesetze für die grundzuständigen Stromnetzbetreiber, basierend auf dem Messstellenbetriebsgesetz von September 2016. Dieses sieht den schrittweisen Umbau der analogen („Ferraris“) Stromzähler auf digitale vor. 1. Welche Erkenntnisse hat der Senat über den Fortschritt der Umstellung zu digitalen Stromzählern bzw. Smart Meter in Berlin? Wie viele Haushalte wurden bereits in den zurück liegenden 2,5 Jahren auf einen digitalen Stromzähler bzw. Smart Meter umgestellt? Wie viele sind derzeit in der Umstellung und wie viele werden in welchen Zeiträumen künftig umgestellt? (bitte nach Stadtgebieten aufgeteilt darstellen) 2. Welche Kenntnisse hat der Senat über Art und Umfang der Umstellungen auf die verschiedenen Zählerarten, also a) digitaler Zähler und b) Smart Meter mit Gateway-Kommunikationsmodul? Zu 1. und 2.: Wegen des Sachzusammenhangs werden die Fragen 1 und 2 gemeinsam beantwortet. Intelligente Messsysteme bestehen aus einer modernen Messeinrichtung und einem Smart-Meter-Gateway (§ 2 Nr. 7 des Gesetzes über den Messstellenbetrieb und die Datenkommunikation in intelligenten Energienetzen, Messstellenbetriebsgesetz - MsbG). Die flächendeckende Einführung (Rollout) intelligenter Messsysteme hat noch nicht begonnen, da die technische Möglichkeit zum Einbau intelligenter Mess- 2 systeme durch die sogenannte Markterklärung des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnologie (BSI) noch nicht feststellt wurde (§ 30 MsbG). Dies ist auch Voraussetzung dafür, dass die gesetzliche Einbauverpflichtung greift. Die Markterklärung wird erst erfolgen, wenn drei Geräte voneinander unabhängiger Hersteller vom BSI zertifiziert worden sind. Das BSI hat bekannt gegeben, dass am 25. September 2019 das zweite Zertifikat erteilt wurde. Nach Information der Stromnetz Berlin GmbH wurden in Vorbereitung des Rollouts technische Tests im Rahmen von Pilotprojekten durchgeführt und erste intelligente Gateways (Generation 0) verbaut. Mit Beginn des Rollouts nach der Markterklärung wird die Stromnetz Berlin GmbH die rund 90.000 Pflichteinbauten in Berlin gemäß MsbG sicherstellen. Der Einbau von modernen Messeinrichtungen (§ 2 Nr. 15 MsbG) ist bereits möglich. Bis 2032 sollen alle Verbraucherinnen und Verbraucher mit modernen Messeinrichtungen ausgestattet sein (§ 29 Absatz 3 Satz 1 MsbG). Mit der Verfügbarkeit von modernen Messeinrichtungen hat die Umstellung in Berlin begonnen. Nach Angaben der Stromnetz Berlin GmbH werden bis zum 30. Juni 2019 knapp 200.000 moderne Messeinrichtungen eingebaut sein. Die Stromnetz Berlin GmbH wird die komplette Umstellung von circa 2,3 Mio. Zählpunkten bis zum Jahr 2032 sicherstellen. Der Rollout erfolgt annähernd gleichverteilt über die Stadtgebiete. 3. Führt oder erhält der Senat eine Auflistung von privaten und gewerblichen Stromabnehmern oder - einspeisen, die mit digitalen Zählern ausgestattet wurden bzw. werden? Wenn ja, wo wird diese Liste geführt? Wenn ja, was wird erfasst und wie wird gesteuert? Wenn nein, warum gibt es bisher hierüber keine zentrale Übersicht und wie könnte diese Liste für die Zukunft eingerichtet werden? Zu 3.: Nein. Der Senat führt keine Liste über private und gewerbliche Stromabnehmende oder -einspeisende, die mit digitalen Zählern ausgestattet wurden oder werden . Es existiert keine gesetzliche Grundlage für die Erhebung solcher Daten. Für den Messstellenbetrieb und damit für den Einbau und den Betrieb von modernen Messeinrichtungen sind die Messstellenbetreiber verantwortlich. Für die Erfassung von Daten durch den Senat besteht daher kein legitimer Zweck. Deshalb wäre eine derartige Sammlung personenbezogener Daten auch mit den Grundsätzen der Datenverarbeitung , insbesondere der Zweckbindung und der Datenminimierung, nicht vereinbar. 4. Ist dem Senat seitens des Stromnetzbetreibers benannt worden, welche bei ihm in den jeweiligen Lieferzeiträumen angemeldeten Stromversorger einen Vertrag mit kompletter Übernahme der Messstellenkosten , oder andererseits nur mit dem anteiligen Anteil für einen analogen Zähler (bisheriger Status Quo) abgeschlossen haben? Wenn ja, wie viele Verträge betrifft das? Wenn nein, warum ist dem Senat das nicht bekannt? 5. Kennt der Senat hierzu eine validierbare Zahl, unterteilt in: - im Netzgebiet angemeldete Versorger mit kompletter Kostenübernahme für die Messstelle - Im Netzgebiet angemeldete Versorger mit nur eingeschränkter Kostenübernahme Wegen des Sachzusammenhangs werden die Fragen 4 und 5 gemeinsam beantwortet . Nein. Dem Senat liegen keine Erkenntnisse über Kostenübernahmeregelungen für den Messstellenbetrieb in Verträgen mit Stromlieferanten vor. Die Systematik der 3 gesetzlichen Regelungen des MsbG, die mit den Rollen der Marktteilnehmer einhergeht , sieht eine derartige Auskunft nicht vor. Der grundzuständige Messstellenbetreiber ist grundsätzlich für den Messstellenbetrieb und damit für den Einbau und den Betrieb von modernen Messeinrichtungen verantwortlich (§ 3 MsbG). Dies ist in der Regel der Betreiber von Energieversorgungsnetzen (§ 2 Nr. 4 MsbG). Für grundzuständige Messstellenbetreiber und Dritte, die die Aufgabe des Messstellenbetriebs durch Vertrag wahrnehmen (§ 2 Nr. 12 MsbG), enthält das MsbG bestimmte Vorgaben zum Abschluss und zum Inhalt von Messstellenverträgen. Die grundzuständigen Messstellenbetreiber sind verpflichtet, ihre Rahmenverträge zu veröffentlichen (§ 9 Absatz 4 MsbG). Kombinierte Verträge, in denen die Regelungen der Messstellenverträge Bestandteil eines Vertrages des Energielieferanten mit dem Anschlussnutzer oder dem Anschlussnehmer sind, werden vom Stromlieferanten mit dem Letztverbraucher vereinbart. Damit unterfallen sie nicht der Veröffentlichungspflicht des grundzuständigen Messstellenbetreibers. Die Aufsicht über die Einhaltung der Vorgaben des MsbG durch die Marktteilnehmer liegt bei der Bundesnetzagentur (§ 76 MsbG). 6. Welche Kenntnis hat der Senat darüber, in welche Höhe Endkunden, also Privat- und Gewerbeabnehmer , seitens des Netzbetreibers mit einer jährlichen Eigenanteilsbelastung seit dem Verbau intelligenter Meter belastet wurden bzw. werden? Zu 6.: Dem Senat liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 7. Welches direkte Durchgriffsrecht bei Verweigerung oder Nicht-Erfüllung der Bezahlung hat der Messstellenbetreiber gegenüber dem Endkunden? Zu 7.: Die Möglichkeiten der Durchsetzung eines Zahlungsanspruchs des Messstellenbetreibers wegen ausstehender Beträge für den Messstellenbetrieb hängen grundsätzlich von den konkreten vertraglichen Regelungen in dem Vertragsverhältnis ab, in dem ein Letztverbraucher zu einem Messstellenbetreiber steht. 8. Ist es denkbar, dass es Fälle geben kann, bei denen trotz der Bezahlung der Stromlieferkosten wegen der Nicht-Bezahlung der Zählerkosten die Belieferung mit Strom unterbrochen wird? Sind dem Senat solche Fälle bekannt? Zu 8.: Nach Angaben der Stromnetz Berlin GmbH sind dort keine Fälle bekannt, bei denen wegen Außenständen von Entgelten für den Messstellenbetrieb die Belieferung mit Strom unterbrochen wurde. 9. Ist dem Senat bekannt, ob dem Verbraucher diese möglichen Zusatzkosten genannt werden und/oder hat er eine objektive Vergleichsmöglichkeit, diejenigen Versorger zu ermitteln, die eine Komplettkostenübernahme inklusive der vollen Zählerkosten anbieten? Zu 9.: Nach Angaben der Stromnetz Berlin GmbH werden die Kosten für den Messstellenbetrieb den Verbraucherinnen und Verbrauchern grundsätzlich durch den Stromlieferanten in Rechnung gestellt und auf der Rechnung ausgewiesen. Auf Online -Vergleichsportalen werden nach dem Erkenntnisstand des Unternehmens derzeit Angebote unterbreitet, bei denen der Stromlieferant die Inrechnungstellung des Messstellenbetriebs übernimmt. 4 10. Wie weit ist der Sachstand der Umstellung auf intelligente Messsysteme bei den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften? Welche wurden bzw. werden aktuell verbaut und wie viele sind noch geplant? (Bitte nach WBG detailliert darstellen) Zu 10.: Nach Angaben der zuständigen Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen (SenSW) auf Grundlage der bei den sechs landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften eingeholten Auskünfte wird der Einsatz von modernen Verbrauchserfassungsgeräten vorangetrieben. Der Einbau von modernen Messeinrichtungen wird bei allen Neubau- und Modernisierungsvorhaben geprüft. Mehr als 10.000 Produkte der Vorgängergeneration wurden nach Angaben der SenSW seit dem Jahr 2007 bereits verbaut. 11. Welche Maßnahmen hat der Senat veranlasst, um einem Missbrauch erhobener Daten der Stromkunden zu verhindern bzw. gibt es schon festgestellte Fälle von Missbrauch, wenn ja welche und wie viele? Wie wirkt der Senat gegen den Missbrauch von Daten? Zu 11.: Nach Angaben der Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit als zuständige Aufsichtsbehörde liegen dort bislang keine derartigen Fälle vor. Zur Gewährleistung eines einheitlichen und sehr hohen Sicherheitsniveaus hat der Gesetzgeber verbindliche, technische und organisatorische Vorgaben an Datenschutz und Datensicherheit für intelligente Messsysteme aufgestellt, die in §§ 19 bis 28 MsbG geregelt sind. Die gesetzlichen Regelungen werden durch Schutzprofile und Technische Richtlinien des BSI ergänzt, die es im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie entwickelt hat. Die Einhaltung der Anforderungen wird im Rahmen eines Zertifizierungsverfahrens durch das BSI nach gesetzlichen Vorgaben festgestellt. Das BSI wird die technischen Dokumente fortentwickeln, um auch dauerhaft den hohen Standard an Datenschutz und Datensicherheit zu gewährleisten . Berlin, den 8. Oktober. 2019 In Vertretung Christian R i c k e r t s ............................................................... Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe