Drucksache 18 / 21 092 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Niklas Schrader (LINKE) vom 23. September 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 24. September 2019) zum Thema: Stadtweite Veranstaltungsdatenbank – Aktueller Stand 2019 und Weitergabe von personenbezogenen Daten von Versammlungsanmelder*innen an Dritte durch die Polizei und Antwort vom 08. Okt. 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. Okt. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 5 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Herrn Abgeordneten Niklas Schrader (LINKE) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/21092 vom 23. September 2019 über Stadtweite Veranstaltungsdatenbank – Aktueller Stand 2019 und Weitergabe von personenbezogenen Daten von Versammlungsanmelder*innen an Dritte durch die Polizei ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Personen und wie viele Datensätze sind mit aktuellem Stand in der stadtweiten Veranstaltungsdatenbank (VDB) gespeichert und aufgrund welcher Rechtsgrundlage jeweils? Zu 1.: In der Veranstaltungsdatenbank (VDB) sind derzeit (Stand: 25.09.2019) insgesamt 307.404 Datensätze recherchierbar vorhanden. Des Weiteren befinden sich in der VDB insgesamt 11.384 Datensätze mit personenbezogenen Daten zu Anmeldenden (Stand: 26.09.2019). Zu jeder Veranstaltung wird ein Datensatz erfasst, so dass auf Grund von Mehrfach- oder Daueranmeldungen von einer hohen Zahl von Mehrfacherfassungen auszugehen ist. Eine genaue Angabe der Anzahl individueller personenbezogener Datensätze ist wegen fehlender Recherche -und Filtermöglichkeiten nicht möglich. Die Rechtsgrundlage für die Datenverarbeitung, u.a. für die Datenspeicherung, ergibt sich für die Daten des Anmeldenden bzw. Versammlungsleitenden aus den §§ 42, 48, 50 des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes (ASOG), bei Versammlungen in Verbindung mit § 14 des Versammlungsgesetzes (VersG) und § 3 des Berliner Datenschutzgesetzes (BlnDSG); für die Datensätze von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Polizei Berlin aus § 18 BlnDSG in Verbindung mit § 26 des Bundesdatenschutzgesetzes und für Personen des öffentlichen Lebens, sogenannte VIP-Datensätze, aus §§ 18, 42 ASOG. Seite 2 von 5 2. Welchen verschiedenen Personenkategorien (Anmelder*in von Versammlungen nach dem Versammlungsgesetz ; Anmelder*innen von Veranstaltungen, die nicht dem Versammlungsgesetz unterliegen; Personen des öffentlichen Lebens etc.) können die in der VDB gespeicherten Personen zugeordnet werden? Zu 2.: In der VDB werden zwei Personenkategorien erfasst. Es handelt sich dabei um Anmeldende (Versammlungen und Veranstaltungen) und sogenannte „VIP“s. 3. Gab es seit Beantwortung der Schriftlichen Anfrage vom 16. November 2017 (Drs. 18/12719) Änderungen an der Veranstaltungsdatenbank und wenn ja, welche im Einzelnen (bitte ausführen und aktuelle Errichtungsanordnung der VDB beifügen)? Zu 3.: Nein. 4. Wie lange beträgt die Speicherfrist für die Daten von Versammlungsleitenden und Anmelder *innen und wie wird gewährleistet, dass diese nicht an Dritte weitergegeben werden? Zu 4.: Die Löschfrist für Daten von Versammlungsleitenden und Versammlungsanmeldenden beträgt 36 Monate nach Versammlungsende. Innerhalb dieser Frist haben nur die Mitarbeitenden des LKA 552 (Versammlungsbehörde), des LKA 554 (Qualifizierte Datenauskunft) und Dir E St 1 LZ 12 (Lagebewertung) Zugriff auf diese Informationen . Alle anderen VDB nutzenden Dienststellen haben nur bis zu einem Monat nach Versammlungsende Zugriff auf diese Informationen. 36 Monate nach Versammlungsende werden diese Informationen automatisiert gelöscht. 5. Trifft es zu, dass Berliner Sicherheitsbehörden im Zusammenhang mit einer Versammlung am 5. September 2019 vor der Vertretung des Landes Baden-Württemberg beim Bund personenbezogene Daten des Anmelders ohne dessen Einwilligung an Dritte wie z.B. die Vertretung des Landes Baden-Württemberg selbst oder andere Personen übermittelt hat? Wenn ja, a. welche Arten von Daten wurden auf welchem konkreten Weg, wann, zu welchem Zweck, auf welcher Rechtsgrundlage, durch wen und an welche Stellen übermittelt? b. welche Verstöße liegen in diesem Fall vor und welche dienst- bzw. strafrechtlichen Konsequenzen sind in diesem Fall gezogen worden? Zu 5.: Nein. 6. Wie viele Zugriffe auf den VDB-Datensatz der Versammlung vom 5. September 2019 gab es zu welchem jeweiligen Datum, zu welchen Uhrzeiten, durch welche jeweiligen Dienststellen, und welche Arten von Abfragen und Aktionen wurden dabei jeweils vorgenommen (bitte auflisten)? Zu 6.: Insgesamt wurden 38 Zugriffe auf den Datensatz der in Rede stehenden Versammlung vorgenommen. Es handelt sich dabei um Zugriffe von 25 Polizeibediensteten aus dem Einsatzstab und des einsatzführenden Polizeiabschnitts der zuständigen Direktion 3, des Lagezentrums, von unterstellten Kräften sowie der Versammlungsbehörde . Darüber hinaus werden die individuellen Zugriffe auf Datensätze in der Veranstaltungsdatenbank mit einem sogenannten Zeitstempel versehen. Die folgende Aufstellung listet die Zugriffe auf den Datensatz nach Dienststelle und Datum auf: Seite 3 von 5 Dienststelle Zeitstempel Dir 3 30.08.2019, 09:54:44 h Dir 3 30.08.2019, 09:59:05 h Dir E Stab 1 LZ 30.08.2019, 09:59:32 h Dir E Stab 1 LZ 30.08.2019, 10:08:19 h Dir E Stab 1 LZ 30.08.2019, 10:08:20 h Dir E Stab 1 LZ 30.08.2019, 10:11:47 h 11.EHu 05.09.2019, 13:08:52 h Dir 3 05.09.2019, 19:12:57 h Dir 3 05.09.2019, 19:26:36 h Dir E Stab 1 LZ 05.09.2019, 20:57:02 h Dir 3 02.09.2019, 07:23:12 h Dir 3 02.09.2019, 08:31:32 h Dir 3 02.09.2019, 08:31:36 h Dir E Stab 1 LZ 02.09.2019, 10:39:47 h Dir 3 02.09.2019, 10:43:23 h Dir 3 03.09.2019, 06:09:42 h Dir 3 03.09.2019, 06:09:44 h Dir E Stab 1 LZ 03.09.2019, 11:56:47 h Dir 3 03.09.2019, 12:30:37 h 11.EHu 03.09.2019, 13:18:26 h Dir 3 03.09.2019, 13:20:13 h Dir 3 03.09.2019, 14:08:40 h Dir 3 03.09.2019, 14:16:31 h LKA 552 03.09.2019, 14:45:55 h Dir 3 03.09.2019, 16:20:38 h Dir 3 04.09.2019, 07:08:22 h Dir E Stab 1 LZ 04.09.2019, 08:13:34 h Dir E Stab 1 LZ 04.09.2019, 11:01:04 h Dir 3 04.09.2019, 14:11:40 h Dir 3 04.09.2019, 14:20:04 h Dir 3 04.09.2019, 15:05:16 h Dir 3 06.09.2019, 06:11:33 h Dir 3 06.09.2019, 07:37:06 h Dir 3 06.09.2019, 07:37:06 h Dir 3 06.09.2019, 07:37:06 h Dir 3 06.09.2019, 07:37:10 h Dir 3 06.09.2019, 08:06:39 h Dir 3 25.09.2019, 06:25:23 h Quelle: Veranstaltungsdatenbank 7. Sind dem Senat weitere Fälle seit dem Jahr 2014 bekannt, bei denen die Berliner Polizei personenbezogene Daten von Anmelder*innen von Versammlungen und Veranstaltungen, Versammlungsleiter *innen oder Personen des öffentlichen Lebens, die an angemeldeten Veranstaltungen öffentlich sichtbar teilnahmen, rechtswidrig an Dritte übermittelt hat? Wenn ja, wann, im Zusammenhang mit welchen Versammlungen und Veranstaltungen, an wen wurden diese Daten übermittelt und mit welchen Konsequenzen? Zu 7.: Nein. 8. Welche Personen, die selbst nicht Anmelder*innen oder Leiter*innen von Versammlungen oder Veranstaltungen sind, können auf welcher Rechtsgrundlage und unter welchen Voraussetzungen Informationen über welche gespeicherten Datenkategorien (z.B. Aufzugstrecke, Titel der Ver- Seite 4 von 5 sammlung oder Veranstaltung. etc.) von bevorstehenden oder vergangenen Versammlungen oder Veranstaltungen aus der Veranstaltungsdatenbank (VDB) erhalten? Zu 8.: In der VDB gespeicherte Informationen können bei Vorliegen der jeweiligen gesetzlichen Voraussetzungen im Rahmen von Akteneinsichten oder Aktenauskünften nach dem Informationsfreiheitsgesetz Berlin (§ 3 IFG Bln) an die Antragstellerin oder den Antragsteller, im Rahmen der Beantwortung Schriftlicher Anfragen oder der Gewährung von Akteneinsicht an Abgeordnete auf der Grundlage der Verfassung von Berlin (Art. 45 VvB) und an Pressevertreter auf der Grundlage des Berliner Pressegesetzes (§ 4 BlnPresseG) übermittelt werden. Ob und in welchem Umfang Informationen aus der VDB an diese Personen außerhalb der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben mitgeteilt werden, hängt dabei von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab – insbesondere kann eine Auskunft zum Schutz der Grundrechte Betroffener oder aus zwingenden einsatztaktischen Erwägungen im Einzelfall versagt oder beschränkt werden. 9. Wie werden Anmelder*innen von Versammlungen oder Veranstaltungen beim Anmeldevorgang über die Internetwache oder per Post über die Art und Weise der Erhebung, Speicherung, Verarbeitung , Nutzung und ggf. Übermittlung ihrer Daten konkret unterrichtet? Zu 9.: Beim Anmeldevorgang von Versammlungen über die Internetwache der Polizei Berlin muss vor der unmittelbaren Anmeldung der Versammlung eine Einwilligungserklärung in Bezug auf den Datenschutzhinweis abgegeben werden. Zusätzlich dazu wird über das Internetangebot der Polizei Berlin unter www.berlin.de/polizei/service/versammlung-anmelden ein Anmeldeformular für Versammlungen und Aufzüge als PDF zur Verfügung gestellt, welches einen Datenschutzhinweis enthält. Der Datenschutzhinweis ist im Formular außerdem mit der Webseite zum Datenschutz auf der Interpräsenz der Polizei Berlin verlinkt (https://www.berlin.de/polizei/service/datenschutz/). Bezogen auf Veranstaltungen, die anders als Versammlungen nicht bei der Polizei Berlin anzumelden sind, gibt es im Rahmen der jeweils einschlägigen Genehmigungsverfahren zur Gewährleistung des Datenschutzes vergleichbare Verfahren der jeweils zuständigen Ordnungsbehörden. 10. Wie viele Personen begehrten jeweils in den Jahren seit 2017 Auskunft über die in der VDB über sie gespeicherten personenbezogenen Daten? 11. Wie viele Personen erhielten seit Beantwortung der Schriftlichen Anfrage vom 16. November 2017 (Drs. 18/12719) Auskunft über die in der VDB über sie gespeicherten personenbezogenen Daten? Zu 10. und 11.: Zur VDB wurden seit 2017 keine Auskunftsersuchen gestellt. 12. Wie oft wurden seit Beantwortung der Schriftlichen Anfrage vom 16. November 2017 (Drs. 18/12719) sogenannte Verlaufsberichte oder sonstige – einschätzende – Zusammenfassungen von Demonstrationen und Kundgebungen im Land Berlin von der Polizei Berlin an den Berliner Verfassungsschutz (Abteilung II, Senatsverwaltung für Inneres und Sport) aufgrund welcher Rechtsgrundlage übersandt? a. Welche konkreten Veranstaltungen waren betroffen? b. In wie vielen Fällen wurden personenbezogene Daten übermittelt? Seite 5 von 5 c. Welche konkreten Hinderungsgründe und Komplikationen stehen einer händischen Auszählung der übermittelten Berichte entgegen, falls die Anzahl der übermittelten Berichte wie bereits bei Beantwortung der Schriftlichen Anfrage vom 16. November 2017 mangels statistischer Erfassung nicht angegeben werden kann? Zu 11.: Verlaufsberichte von Veranstaltungen mit Extremismusbezug werden von der Polizei Berlin auf Basis der gesetzlichen Grundlagen an den Verfassungsschutz übermittelt. Rechtsgrundlage hierfür ist § 27 Absatz 1 Satz 2 Gesetz über den Verfassungsschutz (VSG) Berlin sowie in Einzelfällen nach § 44 ASOG, soweit nach polizeilicher Betrachtung des Einzelfalls deren Zuständigkeit und Belange betroffen sind oder sein könnten. Die Anzahl der übermittelten Berichte wird statistisch nicht erfasst. Eine händische Auswertung wäre mit einem nach der verfassungsrechtlich gebotenen Abwägung nicht mehr vertretbaren Aufwand verbunden, da jede in Frage kommende Veranstaltung seit dem 16. November 2017 im Rahmen einer Einzelfallprüfung betrachtet werden müsste. Berlin, den 8. Oktober 2019 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport