Drucksache 18 / 21 116 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Bettina Jarasch und Sebastian Walter (GRÜNE) vom 18. September 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 26. September 2019) zum Thema: Welche Daten liegen dem Gutachten zum Neutralitätsgesetz zugrunde? und Antwort vom 10. Oktober 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. Okt. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie Frau Abgeordnete Bettina Jarasch und Herrn Abgeordneten Sebastian Walter (GRÜNE) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/21116 vom 18. September 2019 über Welche Daten liegen dem Gutachten zum Neutralitätsgesetz zugrunde? ___________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Auf welcher Datenlage basiert die Einschätzung des Gutachters einer problematischen „islamischen Religionskultur“ an Berliner Schulen? a) Wie kommt die Einschätzung des Gutachters eines hohen Anteils muslimischer Schüler*innen, und insbesondere „tief in der islamischen Religionskultur verhafteten“ muslimischen Schüler*innen an Berliner Schulen zustande (bitte Angabe der Quelle/ Studien/ wissenschaftlichen Daten)? b) Wie ist die Datenlage über muslimische Schüler*innen mit orthodoxem bzw. fundamentalistischem Hintergrund? c) Welche empirischen Belege liegen dem Gutachten für die Hypothese zugrunde, dass ein bestimmtes Verständnis von Religiosität die Ursache von Konflikten an Berliner Schulen ist? d) Auf welcher wissenschaftlichen Grundlage basiert die Aussage, dass „sich die Konflikte aus der objektiven Verfasstheit und Struktur des Islam und seiner unterschiedlichen Strömungen ergeben, (diese) zu Störungen der Lernprozesse in der Schule oder des Schulfriedens führen und als Konflikte und Konfliktlagen sogar mit einer gewissen Objektivität vorhersagbar (seien)“? (S.18f.) Zu 1 a): Wie in dem Gutachten ausgeführt, bezieht sich der Gutachter auf repräsentative Erhebungen in den Ländern Europas, Afrikas und Asiens, in denen jeweils über 10 Mio. Muslime leben. Die absolute Mehrheit der befragten Muslime teilt das Bild einer konservativen islamischen Religionskultur (Quelle s. Gutachten Fn. 254, 255). Des Weiteren bezieht er sich auf eine Studie in städtischen Lebensräumen in Deutschland (Quelle s. Gutachten Fn. 261). Danach hat ein Personenanteil von 30 bis 50 % konservative bis hin zu fundamentalistischen islamischen Anschauungen. Der entspre- 2 chende Anteil der muslimischen Schülerinnen und Schüler an Berliner Schulen wurde hieraus hergeleitet. Zu 1 b): Die Erhebung einer Datenlage hinsichtlich dieser Merkmale ist weder mit dem Persönlichkeitsrecht der Betroffenen noch mit dem Datenschutz vereinbar. Zu 1 c): Berliner Schulleitungen haben über typische wie auch weitere vielfältige aus der islamischen Religionskultur entspringende Konfliktlagen berichtet (s. Gutachten S. 99). Zu 1 d): Zur Beantwortung dieser Frage wird auf die Antworten zu 1 a) und 1 c) verwiesen. 2. Welche Daten liegen dem Senat selbst über Konflikte an Berliner Schulen vor, die durch eine „islamische Religionskultur“ ausgelöst wurden? a) Wie viele Beschwerden von Schulen/Schulleitungen über religiös konnotierte Konflikte, ausgelöst durch eine „islamische Religionskultur“, liegen dem Senat vor? b) Wie viele Beschwerden von Eltern bzw. Schüler*innen über religiös konnotierte Konflikte oder Diskriminierungsfälle , die durch einen „islamische Religionskultur“ begründet sind, liegen dem Senat vor? 3. Wie erklärt sich der Senat, dass im Gutachten von einer hohen Zahl von Konflikten die Rede ist, obwohl in den Antworten auf entsprechende schriftliche Anfragen nach religiös konnotierten Konflikten an Schulen (vgl. u.a. Drs. 18/16 453), keine Zahlen benannt werden – bzw. in entsprechenden Antworten auf die Frage nach Diskriminierungsfällen an Schulen nur eine Minderheit der bekannt gewordenen Fälle überhaupt von Schüler*innen ausgeübt wurden (vgl. Drs. 18/20 089)? Zu 2 a), 2 b) und 3.: Es gibt über Religion induzierte Konflikte kein systematisches Monitoring (s. Gutachten S. 98). Bei den Berichten der Berliner Schulleitungen (s. Antwort zu 1.c) handelt es sich um Erfahrungen über Auswirkungen im schulischen Alltag, nicht um Beschwerden . 4. Wie bewertet der Senat den Exkurs des Gutachters über islamische Religionskultur sowie das Kopftuch als Schwerpunktthema des Gutachters, vor dem Hintergrund, dass die Ausschreibung eine Auseinandersetzung mit dem Berliner Neutralitätsgesetz und damit einhergehend mit allen religiösen und weltanschaulichen Symbolen forderte? 3 Zu 4.: Der Schwerpunkt des Gutachtens ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts 2003 und 2015 sowie den hier anhängigen Rechtsstreitigkeiten (ein Revisionsverfahren vor dem Bundesarbeitsgericht und ein Berufungsverfahren vor dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg) - jeweils um das islamische Kopftuch -, begründet. Berlin, den 10. Oktober 2019 In Vertretung Beate Stoffers Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie