Drucksache 18 / 21 161 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Gunnar Lindemann (AfD) vom 01. Oktober 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 01. Oktober 2019) zum Thema: „Schwarzfahrer“ im Berliner ÖPNV und Antwort vom 14. Oktober 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. Okt. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz Herrn Abgeordneten Gunnar Lindemann (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18 / 21 161 vom 1. Oktober 2019 über „Schwarzfahrer“ im Berliner ÖPNV Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Verwaltung: Die Schriftliche Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Anfrage zukommen zu lassen und hat daher die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) und die S-Bahn Berlin GmbH (S-Bahn) um Stellungnahmen gebeten, die von dort in eigener Verantwortung erstellt und dem Senat übermittelt wurden. Sie werden in der Antwort an den entsprechend gekennzeichneten Stellen wiedergegeben. Frage 1: Wie viele Personen wurden bei den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) in den Betriebsteilen Bus, Straßenbahn und U-Bahn, sowie bei der S-Bahn Berlin GmbH in den Jahren 2017, 2018 und im laufenden Jahr 2019 ohne gültigen Fahrausweis angetroffen? Bitte nach Unternehmen, Betriebsteil und Jahr einzeln und detailliert angeben. Antwort zu 1: Nach Mitteilung von BVG und S-Bahn betrugen die bei den beiden Unternehmen festgestellten Fälle von erhöhtem Beförderungsentgelt (EBE): Anzahl EBE BVG S-Bahn Gesamt 2019 (Stand 31.8.2019): 248.664 172.663 421.327 2018 294.266 329.285 623.551 2017 250.658 288.841 539.499 Summe 793.588 790.789 1.584.377 2 Frage 2: Bei wie viel der festgestellten Personen konnte das „erhöhte Beförderungsentgelt“ beigetrieben werden? Bitte nach Unternehmen, Betriebsteil und Jahr einzeln und detailliert angeben. Antwort zu 2: Die Zahl der Fälle, bei denen das erhöhte Beförderungsentgelt vor Beginn des Inkassoverfahrens bezahlt wurde betrug bei der S-Bahn: S-Bahn 2019 (Stand 31.8.2019): 18.331 2018 42.865 2017 38.758 Summe 89.954 Zu der Zahl der im Zuge des Inkassoverfahrens bedienten Forderungen konnten keine Angaben gemacht werden. Frage 3: Gegen wie viele Personen wurde eine Strafanzeige gestellt? Bitte nach Unternehmen, Betriebsteil und Jahr einzeln und detailliert angeben. Antwort zu 3: Die S-Bahn teilt mit, dass sie aufgrund der ihr durch den Verkehrsvertrag auferlegten Verpflichtung Strafanträge nach §265a StGB gegen Personen stellt, die im Zeitraum von zwölf Monaten mindestens drei Feststellungen wegen des Fahrens ohne gültigen Fahrschein (Mehrfachtäter) haben. Zum Zeitpunkt der Strafantragsstellung darf der älteste Vorgang die Frist von zwölf Monaten nicht überschreiten. Die BVG stellt grundsätzlich Strafanträge (Strafanzeigen) nach §265a StGB gegen Personen, die in einem Zeitraum von zwei Jahren mindestens drei Vorgänge von erhöhtem Beförderungsentgelt (Mehrfachtäter) haben. Eine Erfassung und Aufschlüsselung nach Betriebsteilen erfolgt nicht, da diese für die Stellung von Strafanträgen unerheblich sind. In den letzten drei Jahren wurden pro Jahr folgende Strafanträge nach §265a StGB gestellt: Anzahl Strafanträge BVG S-Bahn Gesamt 2019 (Stand 31.8.2019): 7.220 7.143 14.363 2018 4.256 23.789 28.045 2017 10.397 37.276 47.673 Summe 21.873 68.208 90.081 3 Frage 4: In wie viel Fällen kam es zu Verurteilungen? Bitte nach Unternehmen, Betriebsteil und Jahr einzeln und detailliert angeben. Antwort zu 4: Hinsichtlich der Anzahl der Verurteilungen hat die S-Bahn keine Kenntnis. Die BVG erhält über den Ausgang von Verfahren nicht in jedem Fall eine Information und kann daher keine vollständige Auswertung erstellen. Hinzu kommt, dass die Dauer von Strafverfahren unterschiedlich ist und es auch zu mehrjährigen Verfahren kommt, die nicht zeitlich abgegrenzt werden. Frage 5: Wie hoch sind die Einnahmeausfälle durch das Unterlassen von Strafanzeigen gegen notorische „Schwarzfahrer“? Antwort zu 5: Die BVG teilt mit: „Die Verknüpfung von Einnahmeausfällen zu unterlassenen Strafanzeigen ist für die BVG nicht nachvollziehbar. Das EBE ist nicht zu verwechseln mit einer im Zusammenhang mit einem Strafverfahren möglichen Geldstrafe. Solche Geldstrafen kommen nicht den geschädigten Verkehrsunternehmen zugute, sondern der Staatskasse. Beim EBE handelt es sich hingegen um einen zivilrechtlichen Anspruch auf Grundlage der bundesweit geltenden Verordnung über die Allgemeinen Beförderungsbedingungen für den Straßenbahn- und Obusverkehr sowie den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen (VO-ABB, § 9) und der darauf basierenden Beförderungsbedingungen des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg.“ Die S-Bahn teilt mit: „Da die S-Bahn immer Strafanzeigen gegen Mehrfachtäter entsprechend der unter 3. genannten Kriterien stellt, gibt es demzufolge keine Einnahmeausfälle durch das Unterlassen von Strafanzeigen.“ Frage 6: Wie beurteilen BVG und S-Bahn Berlin GmbH die rückläufige Entwicklung der Strafanzeigen vor dem Hintergrund der Gerechtigkeit gegenüber sich korrekt verhaltenden ÖPNV-Nutzern? Antwort zu 6: Die BVG teilt mit: „Die Anzahl der festgestellten Mehrfachtäter und damit der gestellten Strafanträge unterliegt Schwankungen (siehe Antwort zu 3). Die BVG führt ihre bisherige Praxis bei der Stellung von Strafanträgen weiterhin fort.“ Die S-Bahn teilt mit: „Der Rückgang der durch die S-Bahn gestellten Strafanzeigen begründet sich ausschließlich aus dem Rückgang der Mehrfachtäter und der ermittelten Fälschungen. 4 Vor dem Hintergrund der Gerechtigkeit gegenüber sich korrekt verhaltenden Nutzerinnen und Nutzern des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) und zur Einnahmensicherung muss das Fahren ohne gültigen Fahrschein weiterhin konsequent geahndet und Strafanzeigen gestellt werden.“ Frage 7: Wie beurteilt der Senat die rückläufige Entwicklung der Strafanzeigen vor dem Hintergrund der Gerechtigkeit gegenüber sich korrekt verhaltenden ÖPNV-Nutzern? Antwort zu 7: Die Entwicklung der Zahl von ohne gültigen Fahrschein angetroffenen Fahrgästen, die Erhebung des EBE und auch die Stellung von Strafanträgen ist insbesondere von der Zahl der Fahrgäste abhängig, die zur Nutzung des ÖPNV keinen gültigen Fahrschein erwerben oder diese fälschen und schwankt naturgemäß. Die Rahmenbedingungen, unter denen Strafanträge nach § 265a StGB gestellt werden, haben sich in den vergangenen Jahren für die Verkehrsunternehmen nicht verändert. Insofern ist eine rückläufige Zahl von Strafanträgen als Zeichen einer steigenden Nutzungsmoral des ÖPNV positiv zu bewerten. Berlin, den 14. Oktober 2019 In Vertretung Stefan Tidow Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz