Drucksache 18 / 21 168 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Tom Schreiber (SPD) vom 23. September 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 01. Oktober 2019) zum Thema: Organisierte Kriminalität in Berlin – Private Sicherheitsunternehmen in Flüchtlingsunterkünften (II) und Antwort vom 17. Oktober 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 21. Okt. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 5 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Herrn Abgeordneten Tom Schreiber (SPD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/21 168 vom 23. September 2019 über Organisierte Kriminalität in Berlin - Private Sicherheitsunternehmen in Flüchtlingsunternehmen (II) ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Gab es von 2014 bis heute konkrete Verdachtsfälle oder konkrete Hinweise auf Personen aus dem Bereich der Organisierten Kriminalität, welche in Flüchtlingsunterkünften für Sicherheitsdienste tätig waren? (Wenn ja, in welchen Unterkünften und wie wurde damit umgegangen?) Zu 1.: Der Begriff „Personen aus dem Bereich der Organisierten Kriminalität“ ist nicht eindeutig definiert und deshalb im automatisierten Verfahren im Sinne der Fragestellung nicht recherchierbar. 2. Welche Hinweise wurden den Sicherheitsbehörden von 2014 bis heute gemeldet, um auf mögliche Bezüge zur Rockerkriminalität und Clankriminalität hinzuweisen und mit welchen Ergebnissen konnte den Hinweisen nachgegangen werden? (Aufstellung nach Jahren erbeten.) Zu 2.: Der Polizei Berlin liegen diesbezüglich keine Hinweise vor. 3. Gab es von 2014 bis heute Hinweise darauf, dass Hassprediger gezielt Flüchtlingsunterkünfte aufgesucht haben? (Wenn ja, in welchen Unterkünften, wann, und wie oft fanden diese Besuche statt und wie wurde damit sowie mit den Hinweisen verfahren?) Zu 3.: Die Begrifflichkeit „Hassprediger“ wird bei den Sicherheitsbehörden nicht verwendet. Dem Senat ist kein Fall bekannt, bei welchem ein dem islamistischen Extremismus zuzuordnender Imam oder Prediger gezielt eine Flüchtlingsunterkunft aufgesucht hat. Seite 2 von 5 4. Welche präventiven Maßnahmen wurden seitens der Behörden und der zuständigen Senatsverwaltungen von 2014 bis heute eingeleitet, um zu verhindern, dass die Organisierte Kriminalität oder Islamisten einen unmittelbaren Zutritt zu den Unterkünften erhalten? (Aufstellung erbeten.) Zu 4.: Die/der jeweilige Betreibende einer Unterkunft des Landesamtes für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) übt im Auftrag des Landes Berlin das umfassende Hausrecht im gesamten Vertragsobjekt aus. Bei der Ausübung des Hausrechtes und der Durchsetzung der Hausordnung im Rahmen des geltenden Rechtes wird die/der Betreibende durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des jeweiligen Sicherheitsdienstes unterstützt. Zwischen der/dem Betreibenden und dem Sicherheitsdienst hat nach den vertraglichen Vorgaben des Landes Berlin eine regelmäßig Abstimmung zu erfolgen, um ggfs. aktuelle Vorfälle und mögliche Konsequenzen zu besprechen. Die Zutrittskontrolle erfolgt durch den Sicherheitsdienst. Besucherinnen und Besucher von Flüchtlingsunterkünften haben sich gemäß der – auch für sie geltenden - Hausordnung mit einem Dokument mit Lichtbild (Pass, Ausweis, Krankenkassenkarte, Schülerausweis o. ä.) auszuweisen und sich vor dem Betreten der Räumlichkeiten beim Empfang an- und beim Verlassen wieder abzumelden. Sie unterliegen der vom Betreibenden erlassenen Zutrittsregelung einschließlich Besuchszeiten. Diese können von den Betreibenden im Rahmen ihres Hausrechts flexibel und gemäß den individuellen Anforderungen vor Ort ausgestaltet werden. Es wird ein Besucherausweis ausgestellt, so dass jederzeit festgestellt werden kann, ob sich Personen erlaubt in der Einrichtung aufhalten. Bewohnerinnen und Bewohner können Besuch auch auf ihren Zimmern empfangen. Besucherinnen und Besucher werden vom Betreibenden bzw. von beauftragten Dritten (Sicherheitsdienst) zum Zimmer der Bewohnerin/des Bewohners begleitet. Sollte ein Besuch durch die Bewohnerin/den Bewohner abgelehnt werden, wird die Besucherin /der Besucher zum Verlassen der Einrichtung aufgefordert und zum Ausgang geleitet. Gefährden Besucherinnen und Besucher durch ihr Verhalten den ordnungsgemäßen Betrieb der Einrichtung, kann ein privatrechtliches Hausverbot erteilt werden. Ferner bestehen diverse Beratungs- und Unterstützungsangebote zivilgesellschaftlicher und staatlicher Träger für die Betreibenden von Flüchtlingsunterkünften. So hat der Verfassungsschutz im Dezember 2015 (aktualisiert im Juni 2016) eine Handreichung „Aktivitäten islamistischer Akteure im Zusammenhang mit der Flüchtlingssituation“ herausgegeben und allen Betreibenden von Flüchtlingsunterkünften zur Verfügung gestellt, die sich mit der Werbung islamistischer Akteure vor Flüchtlingsheimen befasst. Darüber hinaus besteht ein Gesprächsangebot zur Beratung der Heimleitungen; die Kontaktadresse dafür wird in der Handreichung genannt. Damit sollen die Beschäftigen in den Einrichtungen für die frühzeitige Erkennung der von islamistischen Gruppierungen ausgehenden Gefahren sensibilisiert werden. Die Landeskommission Berlin gegen Gewalt fördert im Kontext des Landesprogrammes Radikalisierungsprävention das Projekt Al-Manara, durch das junge Geflüchtete beraten und begleitet werden, um sie gegen Rekrutierungsversuche extremistischer Gruppen zu immunisieren. Zusätzlich wird seitens der Polizei Berlin über Kriminalitätsphänomene aufgeklärt und nach Möglichkeit eine vertrauensvolle Zusammenarbeit aufgebaut, um Straftaten Seite 3 von 5 vorzubeugen, aufzuhellen und aufzuklären. Anlassbezogen erfolgt auch eine Beratung der Betreibenden durch die jeweiligen Fachdienststellen des Landeskriminalamtes (LKA). 5. Wird seitens der Sicherheitsbehörden ausgeschlossen, dass auf dem Gelände des Landesamtes für Gesundheit und Soziales in Berlin gezielte Anwerbe-Versuche aus dem Bereich der Organisierten Kriminalität sowie der Clan- und Rockerkriminalität wie auch Islamisten gegenüber Geflüchteten stattfinden können? Zu 5.: Nein. 6. Wie viele Sicherheitsunternehmen hatten von 2014 bis heute direkte Verträge mit dem Land Berlin für den Schutz von Flüchtlingsunterkünften? (Aufstellung nach Unternehmen und Jahren erbeten.) 7. Wie hoch waren die Kosten für die Beschäftigung dieser Sicherheitsunternehmen im Bereich der Flüchtlingsunterkünfte von 2014 bis heute für das Land Berlin? (Aufstellung nach Jahren erbeten.) Zu 6. und 7.: In der Vergangenheit stellten die Betreiber über ihre Verträge die Sicherheitsdienstleistung. Es bestand kein direktes Vertragsverhältnis zwischen Sicherheitsdienstleistern und dem Land Berlin im Bereich der Flüchtlingsunterbringung (Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) sowie Landesamt für Flüchtlingsangelegeneheiten (LAF)). Insofern können auch die Kosten, die ausschließlich für die damalige Sicherheitsdienstleistung aufgewendet wurden, nicht gesondert aufgeschlüsselt werden. Im Zuge eines Paradigmenwechsels begann die sukzessive Trennung von Objekt, Betreiber und Sicherheitsdienstleister. Mit jeder neuen Vergabe werden bei den sogenannten Altfällen Betreiber- und Sicherheitsdienstleistungen getrennt, sodass perspektivisch ein Aufwuchs der separat ausgewiesenen Sicherheitsdienstleistungskosten erfolgt. Aktuell arbeitet das LAF an der Erstellung eines Rahmenvertrages für Sicherheitsdienstleistungen. Seit September 2016 gibt es direkte Verträge zwischen dem LAF und Sicherheitsdienstleistern. Im Jahre 2016 bestanden aufgrund noch laufender „Alt-Betreiberverträge“ erste direkte Verträge mit zwei Unternehmen (SIBA Security Service GmbH und City Schutz GmbH) für drei Objekte. Es fielen Kosten von insgesamt 159.319,35 € an. 2017 waren folgende Sicherheitsdienstleister für das LAF tätig: ─ ARDOR GmbH ─ ASK-Allgemeine Sicherheits- und Kontrollgesellschaft mbH Berlin ─ Ciborius Sicherheits- und Servicedienstleistungen GmbH ─ City Control Gebäude- und Sicherheitsservice GmbH ─ City Schutz GmbH ─ Eitner Security GmbH ─ pure service GmbH ─ R.S.D. plus GmbH & Co. KG ─ Securitas GmbH Sicherheitsdienste ─ SGB Schutz & Sicherheit GmbH ─ Siba security service GmbH ─ Sicherheit Nord ─ STK 118 Immobilien GmbH ─ Stolzenburg Sicherheit & Service GmbH Seite 4 von 5 Es fielen Kosten von insgesamt 12.591.778,03 € an. 2018 waren folgende Sicherheitsdienstleister für das LAF tätig: ─ Abra Sicherheit ─ AGSUS GmbH ─ ARDOR GmbH ─ ASK-Allgemeine Sicherheits- und Kontrollgesellschaft mbH Berlin ─ BAP Security GmbH ─ Ciborius Security & Service Solutions Berlin GmbH ─ City Control Gebäude- und Sicherheitsservice GmbH ─ City Schutz GmbH ─ Eitner Security GmbH & Co. KG ─ Gabel Security GmbH ─ GLOBAL PROTECT Sicherheitsdienste GmbH ─ GSO-Security GmbH ─ PROVISOR SECURITY SERVICE GmbH ─ pure service GmbH ─ R.S.D.plus GmbH&Co. KG ─ RF Service Management & Sicherheit GmbH ─ SGB Schutz & Sicherheit GmbH ─ SGB Sicherheitsgruppe Berlin GmbH ─ Siba security service GmbH ─ Sicherheit Nord ─ STK 118 Immobilien GmbH ─ Stolzenburg Sicherheit & Service GmbH ─ Teamflex Solutions GmbH ─ WISAG Sicherheit & Service Berlin-Brandenburg GmbH & Co. KG Es fielen Gesamtkosten von 31.131.355,30 € an. 2019 (Stand 30.09.) waren folgende Sicherheitsdienstleister für das LAF tätig: ─ AGSUS GmbH ─ Allzeit Facility Management GmbH ─ ASK-Allgemeine Sicherheits- und Kontrollgesellschaft mbH Berlin ─ BAP Security GmbH ─ Ciborius Security&Service Solutions Berlin GmbH ─ City Control Gebäude- und Sicherheitsservice GmbH ─ City Schutz GmbH ─ Gabel Security GmbH ─ Global Protect Sicherheitsdienste GmbH ─ GSO-Security GmbH ─ Provisor Security Service GmbH ─ R.S.D.plus GmbH&Co.KG ─ SGB Schutz & Sicherheit GmbH ─ SGB Sicherheitsgruppe Berlin GmbH ─ Siba security service GmbH ─ Sicherheit Nord ─ Stolzenburg Sicherheit & Service GmbH ─ Teamflex Solutions GmbH Die bisherigen Kosten belaufen sich auf 30.178.697,34 € Seite 5 von 5 8. Wurden alle Unternehmen durch das Landeskriminalamt Berlin überprüft? (Wenn ja, mit welchen Ergebnissen? Wenn nein, warum nicht?) Zu 8.: Durch die zuständige Fachdienststelle im LKA werden jährlich alle Flüchtlingsunterkünfte aufgesucht und die jeweils dort angetroffenen Wachpersonen überprüft. Im Zeitraum 1. Januar bis 30. September 2019 wurden in 60 der 91 Flüchtlingsunterkünfte Kontrollen durchgeführt. Dabei wurden 209 Wachpersonen von 34 Sicherheitsunternehmen angetroffen. Insgesamt wurden zu 15 Unternehmen 29 Zuwiderhandlungen nach der Verordnung über das Bewachungsgewerbe (BewachV) festgestellt und entsprechende Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet. Ergänzend werden im Zuge von Zuverlässigkeits- und Sicherheitsüberprüfungen einzelfallbezogen Recherchen in weiteren Gliederungseinheiten des LKA durchgeführt. Eine statistische Erfassung dieser Anfragen erfolgt nicht. Berlin, den 17. Oktober 2019 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport