Drucksache 18 / 21 177 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Thomas Seerig (FDP) vom 01. Oktober 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 02. Oktober 2019) zum Thema: Inklusive Gesellschaft – Hier Hochschule und Antwort vom 21. Oktober 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. Okt. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Der Regierende Bürgermeister von Berlin Senatskanzlei - Wissenschaft und Forschung - Herrn Abgeordneten Thomas Seerig (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/21 177 vom 1. Oktober 2019 über Inklusive Gesellschaft – Hier Hochschule ___________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat nicht ohne Einbeziehung der Hochschulen beantworten kann. Die Berliner staatlichen Hochschulen und die Charité - Universitätsmedizin Berlin wurden daher um Stellungnahmen gebeten. Die Angabe von Behinderungen, chronischen Erkrankungen bzw. sonstigen Beeinträchtigungen ist grundsätzlich nicht verpflichtend und obliegt der individuellen Entscheidung des Einzelnen. Es können daher nur aktenkundig gemachte Fälle angegeben werden. 1. Wie viele Hochschul- und Universitätsgebäude sind in Berlin umfassend barrierefrei, das heißt zu 100% für Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrer nutzbar und verfügen über ein Blindenleitsystem? Bitte nach Universitäten und Hochschulen differenzieren. Zu 1.: Hochschule Wie viele Gebäude gelten zu 100 % als umfassend barrierefrei? Verfügen die Gebäude über ein Blindenleitsystem? Freie Universität Berlin 51 Nein. Humboldt-Universität zu Berlin Bei Umbau- und Sanierungsvorhaben wurde die Barrierefreiheit berücksichtigt. Nein. Technische Universität Berlin 4 Nein. Charité - Universitätsmedizin Berlin Alle Gebäude, in denen Krankenstationen existieren. Nein. Universität der Künste Berlin 5 Nein. Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ 0 Nein. - - 2 Kunsthochschule Berlin (Weißensee ) - Hochschule für Gestaltung 2 Nein. Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ Das Gebäude der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ ist barrierefrei. Nein. Beuth-Hochschule für Technik Berlin 0 Nein. Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin Alle Gebäude. Nein. Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin 3 Nein. „Alice-Salomon“-Hochschule für Sozialarbeit und Sozialpädagogik Berlin Das Gebäude der „Alice-Salomon“- Hochschule für Sozialarbeit und Sozialpädagogik Berlin ist barrierefrei. Ja, teilweise . 2. Wie haben sich diese Zahlen in den letzten fünf Jahren entwickelt und wie werden sie sich voraussichtlich in den nächsten fünf Jahren entwickeln? Zu 2.: Grundsätzlich sind Hochschulgebäude öffentlich zugänglich und deshalb barrierefrei auszustatten . Bei laufenden Bauvorhaben (Neubau, Umbau, Sanierung) ist ein Gesamtkonzept „Barrierefreiheit“ im Zuge der Erarbeitung der Bauplanungsunterlagen vorzulegen (siehe Handbücher „Design for all“ nach der Allgemeinen Anweisung für die Vorbereitung und Durchführung von Bauaufgaben Berlins [Anweisung Bau – Abau], Richtlinie II 120). Die Entwicklung an den einzelnen Hochschulen stellt sich wie folgt dar: Freie Universität Berlin In den letzten fünf Jahren wurden sechs Gebäude barrierefrei errichtet. In den kommenden fünf Jahren werden allein durch Neubauten sieben barrierefreie Gebäude hinzukommen . Humboldt-Universität zu Berlin Bei allen Umbau- und Sanierungsvorhaben wurden bzw. werden die erforderlichen Maßnahmen für Barrierefreiheit durchgeführt. Technische Universität Berlin Die TU Berlin erhöht die Barrierefreiheit in ihren Gebäuden kontinuierlich. Bis ein Gebäude zu 100 % barrierefrei ist, ist entsprechend eine Vielzahl an Einzelmaßnahmen umzusetzen . In den vergangenen fünf Jahren wurde zu den drei bestehenden barrierefreien Gebäuden für ein weiteres Gebäude die umfassende Barrierefreiheit erreicht. Bei allen Baumaßnahmen in und an Gebäuden der TU Berlin wurde und wird grundsätzlich immer die aktuelle Bauordnung, insbesondere im Hinblick auf die Schaffung von Barrierefreiheit in den Einrichtungen, beachtet und umgesetzt. So wurden bereits Aufzüge und Hebelifte in vielen Gebäuden nachträglich eingebaut und barrierefreie Toiletten hergerichtet . Das Ziel, alle Gebäude uneingeschränkt barrierefrei einzurichten, wird weiterhin kontinuierlich verfolgt. - - 3 Die geplanten Neubauten Mathematik und Interdisziplinäres Zentrum für Modellierung und Simulation sind zu 100 % barrierefrei geplant und in Umsetzung. Ein Blindenleitsystem im Außenbereich ist bereits geplant, das Leitsystem in den Innenbereichen wird noch entwickelt . Das Gebäude Chemical Invention Factory geht aktuell in Planung, ebenfalls unter der Beachtung der umfassenden Barrierefreiheit. Bei möglichen Neuanmietungen wird auf die Barrierefreiheit entsprechend der Bauordnung geachtet und die Mietgegenstände unter diesem Aspekt ausgewählt bzw. werden Nachrüstungen veranlasst. In der Folge wird sich die Zahl der Gebäude, die eine umfassende Barrierefreiheit bieten, kontinuierlich erhöhen. Charité - Universitätsmedizin Berlin Ein umfassender und uneingeschränkter Zugang wird bei allen Instandhaltungs- und Neubaumaßnahmen berücksichtigt. Universität der Künste Berlin Bei Neubauten oder Renovierungen wird darauf geachtet, im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten und unter Berücksichtigung des Denkmalschutzes, Barrierefreiheit herzustellen (z. B. Einbau eines Fahrstuhls, Umrüstung auf behindertengerechte Türen, Einrichtung eines behindertengerechten Lernortes). Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ An beiden Hochschulstandorten werden derzeit Maßnahmen ergriffen, um möglichst weitgehende Barrierefreiheit herzustellen (z. B. behindertengerechte Toiletten, Installation von Rampen an Treppenabsätzen). Kunsthochschule Berlin (Weißensee) - Hochschule für Gestaltung Die barrierefreien Gebäude wurden vor über fünf Jahren neu errichtet, so dass sich in den letzten Jahren keine Veränderung ergeben hat. Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ Das einzig betriebene Hochschulgebäude ist barrierefrei. Beuth-Hochschule für Technik Berlin Bei allen Um- und Neubauvorhaben sollen die Belange von Menschen mit Behinderungen und die Verbesserung der Barrierefreiheit berücksichtigt werden. Der Neubau der hochschuleigenen Kindertagesstätte und der Wedding Advanced Laboratories werden barrierefrei errichtet. Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin Alle betriebenen Hochschulgebäude sind barrierefrei. Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin Am Campus Schöneberg wurde Im Jahr 2018/2019 die Rollstuhlfreiheit im Haus B innerhalb des Gebäudes hergestellt. Es wurden elektrisch angetriebene Türen nachgerüstet. In 2019 wird der Vorplatz des Hauses B erneuert. Bei der Gestaltung des Vorplatzes wurden ebenfalls Aspekte für sehkrafteingeschränkte Menschen berücksichtigt. Die Fertigstellung eines direkten barrierefreien Zugangs vom Vorplatz in das Haus B ist für 2020 geplant. Am Campus Lichtenberg sind (Um-)Baumaßnahmen durch die Hochschule nicht plan- und durchführbar, da die HWR Berlin hier Mieterin ist. - - 4 „Alice-Salomon“-Hochschule für Sozialarbeit und Sozialpädagogik Berlin Das einzig betriebene Hochschulgebäude ist barrierefrei. 3. Inwieweit hält der Senat diesen Ist-Stand dem Ziel der Inklusion im Bildungsbereich angemessen? Zu 3.: Aufgrund der Gebäudestruktur und des Denkmalschutzes ist es nicht möglich, sämtliche Orte an allen Hochschulen umfassend barrierefrei zu gestalten. Das Ziel, eine weitgehende bauliche Barrierefreiheit zu gewährleisten, wird bei Bauvorhaben (Neubau und Bestand ) kontinuierlich verfolgt. Zudem werden individuelle bauliche Anpassungen vorgenommen , wenn diese erforderlich werden (z. B. Einbau eines Treppenlifts). 4. Wie viele Hochschullehrerinnen und -lehrer sind schwerbehindert bzw. gleichgestellt? Bitte auch hier nach Universitäten und Hochschulen differenzieren? Zu 4.: Anzahl der Hochschullehrenden mit einer aktenkundig gemachten Schwerbehinderung : Freie Universität Berlin 4 Humboldt-Universität zu Berlin 7 Technische Universität Berlin 7 Charité - Universitätsmedizin Berlin 5 Universität der Künste Berlin 1 Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ 2 Kunsthochschule Berlin (Weißensee) - Hochschule für Gestaltung 1 Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ 0 Beuth-Hochschule für Technik Berlin 9 Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin 10 Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin 8 „Alice-Salomon“-Hochschule für Sozialarbeit und Sozialpädagogik Berlin 2 5. Wie viele Lehrkräfte waren dabei bereits zum Zeitpunkt ihrer Einstellung schwerbehindert? Zu 5.: Anzahl der Hochschullehrenden mit einer aktenkundig gemachten Schwerbehinderung zum Zeitpunkt der Anstellung: Freie Universität Berlin 4 Humboldt-Universität zu Berlin 6 Technische Universität Berlin 6 Charité - Universitätsmedizin Berlin 1 Universität der Künste Berlin 0 Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ 0 Kunsthochschule Berlin (Weißensee) - Hochschule für Gestaltung 0 Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ 0 Beuth-Hochschule für Technik Berlin 2 Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin 4 Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin 1 „Alice-Salomon“-Hochschule für Sozialarbeit und Sozialpädagogik Berlin 2 - - 5 6. Wie viele Hochschulbeschäftige ohne Lehrauftrag sind schwerbehindert? Jeweils absolut und prozentual. Zu 6.: Hochschule Anzahl der Hochschulbeschäftigten ohne Lehrauftrag mit einer aktenkundig gemachten Schwerbehinderung Prozentualer Anteil der Gesamtzahl bei den Hochschulbeschäftigen Freie Universität Berlin 168 6,9 % Humboldt-Universität zu Berlin 124 6,5 % Technische Universität Berlin 194 4,05 % Charité – Universitätsmedizin Berlin 253 4,0 % Universität der Künste Berlin 34 9,3 % Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ 2 3,5 % Kunsthochschule Berlin (Weißensee) - Hochschule für Gestaltung 1 2,0 % Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ 1 2,9 % Beuth-Hochschule für Technik Berlin 41 6,0 % Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin 26 5,0 % Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin 24 7,6 % „Alice-Salomon“- Hochschule für Sozialarbeit und Sozialpädagogik Berlin 11 4,3 % 7. Wie viele Hochschullehrerinnen und -lehrer sind auf einen Rollstuhl angewiesen? Bitte ebenfalls differenzieren . Zu 7.: Hochschule Anzahl der Hochschullehrenden, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind. Prozentualer Anteil Freie Universität Berlin Keine Angabe möglich. - Humboldt-Universität zu Berlin Keine Angabe möglich. - Technische Universität Berlin Keine Angabe möglich. - Charité - Universitätsmedizin Berlin Keine Angabe möglich. - Universität der Künste Berlin 1 0,45 % Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ 0 0 % Kunsthochschule Berlin (Weißensee) - Hochschule für Gestaltung 0 0 % - - 6 Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ 0 0 % Beuth-Hochschule für Technik Berlin 0 0 % Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin 0 0 % Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin 0 0 % „Alice-Salomon“-Hochschule für Sozialarbeit und Sozialpädagogik Berlin 1 1,5 % 8. Hält der Senat diese Zahlen beim Ziel einer inklusiven Gesellschaft für angemessen? Wenn nein, was wird er unternehmen? Zu 8.: Die Angabe von Behinderungen, chronischen Erkrankungen bzw. sonstigen Beeinträchtigungen ist grundsätzlich nicht verpflichtend und obliegt der individuellen Entscheidung der einzelnen Personen. Daher kann hinsichtlich der aktenkundig genannten Zahlen keine Aussage getroffen werden, ob diese für das Ziel einer inklusiven Gesellschaft als angemessen erscheinen können. Es ist zu gewährleisten, dass Menschen mit Beeinträchtigungen, die auf Hilfe bzw. unterstützende Maßnahmen angewiesen sind, diese zur Verfügung gestellt bekommen. An den Hochschulen bieten die zuständigen Stellen (u.a. Schwerbehindertenvertretung) gemäß § 167 Absatz 2 SGB IX den Beschäftigten bei wiederholter oder ununterbrochener Krankheit von mehr als sechs Wochen innerhalb eines Jahres ein sogenanntes Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) an. Damit ist beabsichtigt, Arbeitsunfähigkeit zu überwinden , erneuten Erkrankungen vorzubeugen und Arbeitsplätze zu erhalten. Es werden individuelle unterstützende Maßnahmen an den jeweiligen Hochschulen durchgeführt . Diese umfassen u.a. - die Bereitstellung von speziellem Mobiliar, Lesegeräten, Software, Braillezeilen, Brailledrucker, Präsentationstechnik in den Seminarräumen, Informationsmaterialien zur Thematik „Lehre ohne Barriere“, - Einsatz von Assistenzen, - Betreuung durch den Betriebsarzt, - Regelung der Arbeitszeiten/ Lehrdeputatsermäßigung, - bauliche Anpassungen und - Reservierung von Parkplätzen. 9. Welche Konzepte hat der Senat, um Hochschullehrkräften die im Laufe ihrer Arbeit beim Land Berlin durch Unfall oder Krankheit blind, gehörlos oder mobilitätsbehindert werden, eine Fortsetzung der Lehrtätigkeit zu ermöglichen? Zu 9.: Der Senat vereinbarte mit den staatlichen Hochschulen im Land Berlin in den Hochschulverträgen 2018-2022 und im Vertrag mit der Charité – Universitätsmedizin Berlin folgende Maßnahmen: - Die Berliner Hochschulen sind Orte der Teilhabe und sollen Menschen mit Behinderungen zugänglich sein. Bei Bauvorhaben (Neubau und Bestand) wird die bauliche - - 7 Barrierefreiheit berücksichtigt. Zudem arbeiten die Hochschulen beim Ausbau der IT-Barrierefreiheit eng zusammen. - Die Hochschulen werden einen wertschätzenden Umgang mit Diversity weiter pflegen und zugleich Diskriminierungen u.a. aufgrund von Behinderung in jeglicher Form entgegenwirken. Durch Diversity Policies sollen Potentiale aller Hochschulmitglieder zur Geltung gebracht und Kreativität und Problemlösungskompetenzen gestärkt werden. Diversity Policies sind Teil der Qualitätsentwicklung. Ein diversitätssensibles Studier- und Arbeitsumfeld zu bieten, hat positive Effekte auf die Zufriedenheit aller Mitglieder und ihre Bindung an die Hochschule und stärkt die Hochschule im internationalen Wettbewerb. - Bei wissenschaftlichem Hochschulpersonal, das befristet angestellt ist, werden aufgrund einer Behinderung nach § 2 Abs. 1 Sozialgesetzbuch IX oder einer schwerwiegenden chronischen Erkrankung nach § 2 Abs. 1 Satz 6 Wissenschaftszeitvertragsgesetz die gesetzlichen Möglichkeiten zur Verlängerung befristeter Verträge vollumfänglich ausgeschöpft. Berlin, den 21. Oktober 2019 In Vertretung Steffen Krach Der Regierende Bürgermeister von Berlin Senatskanzlei - Wissenschaft und Forschung -