Drucksache 18 / 21 203 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Gabriele Gottwald (LINKE) vom 07. Oktober 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 08. Oktober 2019) zum Thema: Bevölkerungsdichte und Neubau in den Bezirken und Antwort vom 17. Oktober 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. Okt. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen Frau Abgeordnete Gabriele Gottwald (Linke) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/21203 vom 07.10.2019 über Bevölkerungsdichte und Neubau in den Bezirken Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche Vereinbarung gibt es zwischen dem Senat und den Berliner Bezirken zur Neubauplanung? Antwort zu 1: Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen hat im Februar 2018 mit dem Bündnis für Wohnungsneubau und Mieterberatung in Berlin 2018 – 2021 zwölf einzelne Vereinbarungen zur Neubauplanung mit den Bezirken geschlossen. Frage 2: Welche Ziele und Kriterien sind dort aufgeführt? Antwort zu 2: Zum Wohnungsneubau wurden insbesondere ausgewählte Wohnungsbauvorhaben, die zügige Schaffung von Planungs- und Baurecht, die Anwendung des Berliner Modells der kooperativen Baulandentwicklung und die Aktivierung der Neubaupotenziale innerhalb der Legislaturperiode vereinbart. Zum Mieterschutz wurde verabredet, dass in jedem Bezirk eine Mieterberatung eingerichtet wird, um auch besondere Bedarfsgruppen zu erreichen und mieterrechtlich zu beraten. Frage 3: Wie hoch ist die Bevölkerungsdichte in den einzelnen Bezirken und ist dies ein Kriterium für die Neubauziele der einzelnen Bezirke? Wenn ja, bitte erläutern, wie die Bevölkerungsdichte in den Vereinbarungen mit den Bezirken berücksichtigt wird. Frage 4: Gibt es Grenzen bei der Bevölkerungsdichte, die Einfluss auf die geforderten Neubauzahlen haben? Gibt es andere Kriterien, wie die Verfügbarkeit von Flächen? Bitte darstellen. 2 Antwort zu 3 & 4: Bevölkerungsdichte in Einwohner/km² am 31.12.2018 (Quelle: Amt für Statistik): Mitte 9.469 Friedrichshain-Kreuzberg 13.618 Pankow 3.894 Charlottenburg-Wilmersdorf 4.890 Spandau 2.586 Steglitz-Zehlendorf 2.855 Tempelhof-Schöneberg 6.433 Neukölln 7.079 Treptow-Köpenick 1.611 Marzahn-Hellersdorf 4.347 Lichtenberg 5.534 Reinickendorf 2.895 Nicht die Bevölkerungsdichte ist ein Kriterium für die Neubauziele, sondern die Verfügbarkeit von Flächen ist Voraussetzung für deren Entwicklung. Für die Berechnung der Neubaupotenziale wurden die kurz- und mittelfristigen Potenzialflächen > 50 WE aus dem verwaltungsinternen Wohnbauflächen- Informationssystems (WoFIS) sowie ein Nachverdichtungspotenzial < 50 WE in Relation zur Bevölkerungsanzahl in den Bezirken herangezogen. Frage 5: Wie ist die räumliche Neubauverteilung bei den städtischen Wohnungsbaugesellschaften (bitte Neubauzahlen der letzten fünf Jahre und geplante Neubauzahlen der nächsten fünf Jahre pro Bezirk auflisten)? Welche Gründe gibt es dafür? Antwort zu 5: Die räumliche Neubauverteilung richtet sich einerseits nach der räumlichen Anordnung der Bestände der städtischen Wohnungsbaugesellschaften und andererseits nach dem verfügbaren Bauland der jeweiligen Gesellschaften. Von 2015 bis 2019 wurden wie folgt 23.915 Neubauwohnungen mit Baubeginn in den Bezirken begonnen: Mitte 1.536 Friedrichshain-Kreuzberg 884 Pankow 1.351 Charlottenburg-Wilmersdorf 187 Spandau 2.847 Steglitz-Zehlendorf 629 Tempelhof-Schöneberg 563 Neukölln 573 Treptow-Köpenick 5.060 Marzahn-Hellersdorf 4.476 Lichtenberg 4.963 Reinickendorf 846 Von 2020 bis 2025 sind wie folgt 26.505 Neubauwohnungen mit Baubeginn in den Bezirken geplant: Mitte 1.134 Friedrichshain-Kreuzberg 2.485 3 Pankow 3.312 Charlottenburg-Wilmersdorf 354 Spandau 3.546 Steglitz-Zehlendorf 371 Tempelhof-Schöneberg 887 Neukölln 1.617 Treptow-Köpenick 3.263 Marzahn-Hellersdorf 3.477 Lichtenberg 5.950 Reinickendorf 109 Frage 6: Wie ist die räumliche Neubauverteilung bei den privaten Bauherren (bitte Neubauzahlen der letzten fünf Jahre und absehbare Neubauzahlen der nächsten fünf Jahre pro Bezirk auflisten)? Welche Gründe gibt es dafür? Antwort zu 6: Die unten stehenden Angaben zum Wohnungsneubau der vergangenen fünf Jahre beruhen auf Angaben des Amtes für Statistik Berlin-Brandenburg (jährliche Baufertigstellungen nach Bezirken 2014-2018) abzüglich des Wohnungsneubaus durch die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften. Zu absehbaren Neubauzahlen privater Bauherren für einen Zeitraum von 5 Jahren lassen sich keine belastbaren Aussagen treffen, da Baugenehmigungen meist nur einen kürzeren Zeitraum abdecken bzw. bei Potenzialflächen in vielen Fällen kein verbindlicher Realisierungszeitraum genannt werden kann. Eine grobe Einschätzung der räumlichen Verteilung sowie möglicher Quantitäten für den zukünftigen Wohnungsneubau ist auf Grundlage des verwaltungsinternen Wohnbauflächen-Informationssystems (WoFIS) möglich. Im WoFIS werden i.d.R. nur Wohnungsneubaupotenziale ab 50 Wohneinheiten erfasst, d.h. kleinteilige Bauvorhaben sind in den Daten nicht enthalten. Diese WoFIS- Potenziale werden hinsichtlich ihrer möglichen Realisierung nicht in einzelnen Jahresscheiben, sondern nur in angenommenen Realisierungshorizonten (kurz-, mittel-, langfristig) erfasst. Deshalb erfolgt die Angabe hier für die nächsten 7 Jahre (kurz- und mittelfristig realisierbare Potenziale). Zu berücksichtigen ist, dass es sich um ein theoretisch realisierbares Potenzial handelt, welches ggf. nicht vollständig umgesetzt wird. Die Potenzialflächen der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften sind wiederum abgezogen. Baufertigstellungen 2014-2018 Quelle: Amt für Statistik Neubaupotenzial 2019-2025 Quelle: WoFIS (Datenstand 31.12.18) Anzahl in % Anzahl (gerundet) in % Mitte 8.317 WE 15 % 14.400 WE 11 % Friedrichshain-Kreuzberg 6.518 WE 12 % 7.700 WE 6 % Pankow 7.871 WE 14 % 21.500 WE 16 % Charlottenburg-Wilmersdorf 3.780 WE 7 % 8.400 WE 6 % 4 Spandau 1.573 WE 3 % 14.900 WE 11 % Steglitz-Zehlendorf 3.432 WE 6 % 4.700 WE 3 % Tempelhof-Schöneberg 1.640 WE 3 % 6.300 WE 5 % Neukölln 2.052 WE 4 % 8.000 WE 6 % Treptow-Köpenick 7.873 WE 14 % 19.200 WE 14 % Marzahn-Hellersdorf 4.235 WE 8 % 7.600 WE 6 % Lichtenberg 5.421 WE 10 % 16.000 WE 12 % Reinickendorf 1.718 WE 3 % 5.700 WE 4 % Gesamt 54.430 WE 100 % 134.400 WE 100 % Als Ursachen für die räumliche Verteilung sind vor allem die unterschiedlichen siedlungsstrukturellen Rahmenbedingungen innerhalb des Stadtgebiets zu nennen, u.a. ein Rückgang der verfügbaren Potenziale im innerstädtischen Bereich aufgrund der umfangreichen Bautätigkeit in den letzten Jahren. Daraus resultiert eine unterschiedliche Verfügbarkeit von aktivierbaren sowie bereits planungsrechtlich gesicherten Wohnungsbaupotenzialflächen. Frage 7: Unterstützt der Senat die Bezirke in der Umsetzung der Neubauziele? Wenn ja, wie? Wie wird diese Unterstützung von den einzelnen Bezirken angenommen? Bitte einzeln auflisten. Antwort zu 7: Der Senat stellt den Bezirken im Rahmen der Bündnisse für Wohnungsneubau und Mieterberatung in Berlin 2018 – 2021 für den Wohnungsneubau Mittel in Höhe von 7,5 Mio. € zur Verfügung. Die Wohnungsbauleitstelle organisiert bei kontroversen Bauvorhaben vermittelnde Gespräche, um Zielkonflikte zu lösen und Hindernisse auszuräumen. Weiterhin wurde der Steuerungsausschuss Wohnungsbau auf Senatsebene eingerichtet, um Hemmnisse zu lösen. Frage 8: Wie viele Baugenehmigungen gab es in den einzelnen Bezirken in den letzten zehn Jahren? Wie groß ist jeweils der aktuelle Bauüberhang in den einzelnen Bezirken? Wie stehen diese Zahlen im Verhältnis zu den jeweiligen Neubauzielen? Antwort zu 8: Bezirk Baugenehmigungen 2009 - 2018 Bauüberhang an Wohnungen in Wohngebäuden am 31.12.2018 Mitte 23.201 10.987 Friedrichshain-Kreuzberg 14.272 4.911 Pankow 23.675 8.284 Charlottenburg-Wilmersdorf 11.977 5.676 Spandau 6.860 3.132 Steglitz-Zehlendorf 7.288 2.490 Tempelhof-Schöneberg 6.923 4.185 5 Im Jahr 2018 wurden 24.218 Wohnungen genehmigt und 16.706 Wohnungen fertiggestellt. Obwohl die Zahl der Fertigstellungen in den letzten Jahren kontinuierlich angestiegen ist, wird die Zahl von 20.000 Neubauwohnungen, die gemäß dem StEP Wohnen 2030 zufolge pro Jahr notwendig wären, um die vorhandene Nachfrage und das aufgelaufene Defizit der Jahre 2013-2016 zu decken, aktuell nicht erreicht. Eine Sonderauswertung der Statistik der Baufertigstellungen und Baugenehmigungen im Auftrag der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen ergab, dass etwa 90 % der genehmigten Wohnungen tatsächlich gebaut werden. Allerdings erfordert die komplette Fertigstellung eines Genehmigungsjahrgangs eine Zeitspanne von 6 - 8 Jahren. Im zweiten Jahr nach der Genehmigung wird die Hälfte der Wohnungen fertig, die weiteren 40 % ziehen sich dann über mehrere Jahre hin. Frage 9: Gibt es Bezirke, die die Neubauziele nicht einhalten? Wenn ja, welche und aus welchen Gründen? Bitte Neubauziele und tatsächliche Neubauzahlen für die einzelnen Bezirke auflisten. Antwort zu 9: Im Rahmen der Bündnisse für Wohnungsneubau und Mieterberatung in Berlin 2018 – 2021 wurden bezirkliche Neubaupotenziale bis zum Ende der Legislaturperiode vereinbart. Baugenehmigungen 01.01.2018 bis 31.08.2019 (Quelle: Amt für Statistik) Vereinbarte Neubaupotenziale (Baugenehmigungen) im Bündniszeitraum 2018 - 2021 Mitte 4.336 7.346 Friedrichshain-Kreuzberg 2.593 6.537 Pankow 5.219 15.128 Charlottenburg-Wilmersdorf 1.991 6.221 Spandau 3.209 13.101 Steglitz-Zehlendorf 1.305 4.859 Tempelhof-Schöneberg 3.942 5.675 Neukölln 708 5.955 Treptow-Köpenick 6.458 12.882 Marzahn-Hellersdorf 3.872 6.865 Lichtenberg 3.543 11.055 Reinickendorf 1.569 4.374 Der Senat steht im ständigen Austausch mit den Bezirken, um die Neubauziele zu erreichen. Frage 10: Was kann der Senat unternehmen, um bei den jeweiligen Bezirken die Erfüllung der Neubauquoten einzufordern? Neukölln 5.522 2.457 Treptow-Köpenick 21.422 7.673 Marzahn-Hellersdorf 12.582 5.234 Lichtenberg 17.708 6.240 Reinickendorf 5.037 2.134 6 Antwort zu 10: Der Senat steht im intensiven Austausch mit den Bezirken, um Hemmnisse zu beseitigen und bei der Schaffung von Planungsrecht zu unterstützen. Sofern in einzelnen Bezirken vereinbarte Neubauziele nicht erreicht werden können, werden die Gründe hierfür gemeinsam mit dem jeweiligen Bezirk erörtert und sofern möglich die Projekte beschleunigt. Berlin, den 17. Oktober 2019 In Vertretung Lüscher ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen