Drucksache 18 / 21 227 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Niklas Schrader und Sebastian Schlüsselburg (LINKE) vom 08. Oktober 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. Oktober 2019) zum Thema: Überwachung der Telekommunikation in Justizvollzugsanstalten und Antwort vom 21. Oktober 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 28. Okt. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung Herrn Abgeordneten Niklas Schrader und Herrn Sebastian Schlüsselburg (LINKE) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/21227 vom 08. Oktober 2019 über Überwachung der Telekommunikation in Justizvollzugsanstalten -------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welche konkreten Produkte der Telio GmbH werden in den Berliner JVA eingesetzt (bitte aufschlüsseln nach JVA und Produkten)? Zu 1.: Die Justizvollzugsanstalt (JVA) des Offenen Vollzuges Berlin und die Jugendarrestanstalt Berlin (JSA) werden nicht mit Produkten der Firma Telio für Gefangenentelefonate versorgt. Nachfolgende Tabelle gibt Auskunft über die von der Firma Telio versorgten Anstalten: Anstalt Telio-Produkt Verwendungsart Teilbereiche JVA Tegel PHONio Flur-/Gangtelefone Teilanstalten II, V, VI, Sozialtherap. Anstalt ROOMio Zimmertelefone Sicherungsverwahrung JVA Heidering ROOMio Haftraumtelefone Alle Teilanstalten ADMINio Telefonverwaltungssoftware zur Abrechnung Zahlstellenverwaltung JSABerlin PHONio Flur-/Gangtelefone Alle Bereiche JVA Plötzensee PHONio Flur-/Gangtelefone Alle Bereiche JVA für Frauen Berlin MULTio, künftig ROOMio Haftraumtelefone Lichtenberg Nio (Sonderprodukt) Haftraumtelefone Pankow PHONio Haftraumtelefone Reinickendorf PHONio Haftraumtelefone Neukölln JVA Moabit ROOMio Haftraumtelefone Alle Teilanstalten 2 2. Welche laufenden sowie einmaligen Kosten entstanden hierbei (bitte aufschlüsseln nach laufenden und einmaligen Kosten sowie nach JVA und Produkt)? Zu 2.: In allen Justizvollzugsanstalten (Tegel, Heidering, Plötzensee, für Frauen, Moabit) und der Jugendstrafanstalt Berlin sind keine einmaligen und laufenden Kosten entstanden , die dem Landeshaushalt zur Last fielen oder fallen. Allein die Gefangenen bzw. Sicherungsverwahrten hatten und haben Telefonentgelte an die Firma Telio zu entrichten. Zu den Telefonentgelten verweise ich auf die Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/17865 vom 12. Februar 2019. 3. Die Produkte "PHONio" und "ROOMio" der Telio GmbH ermöglichen nach Werbeaussagen die Funktionen "Einfaches Mithören, Aufzeichnen und Protokollieren von Gesprächen" bzw. "Volle Kontrolle". a. Werden diese Produkte eingesetzt und wenn ja, in wie vielen Fällen (Bitte aufschlüsseln nach JVA, Fällen, Jahren und Produkt)? b. Werden diese genannten Funktionen eingesetzt und wenn ja, in wie vielen Fällen (bitte aufschlüsseln nach JVA, Fällen, Jahren, Produkt und Funktion)? c. Sollten Gespräche mitgehört, aufgezeichnet oder protokolliert werden: Auf welcher Rechtsgrundlage basierte dieser Einsatz jeweils, wer ordnet die Maßnahmen an und wer erhält Kenntnis davon? d. Wird gespeichert und wenn ja, wie lange, in welcher Form (Aufzeichnung/Protokoll) und wer hat Zugriff ? Zu 3.: Die Regelungen über Telefongespräche in Berliner Justizvollzugsanstalten finden in § 33 des Gesetzes über den Vollzug der Freiheitsstrafe in Berlin (Berliner Strafvollzugsgesetz – StVollzG Bln) ihre Grundlage. Die Telefonüberwachungsmaßnahmen hängen von der Haftart wie folgt ab: a) In Justizvollzugsanstalten und in der Jugendstrafanstalt Berlin werden die Funktionen zur Telefonüberwachung in Teilanstalten/-bereichen, in denen Strafgefangene oder Sicherungsverwahrte untergebracht sind, nicht genutzt. b) Lediglich in Justizvollzugsanstalten oder in Teilbereichen davon, in denen überwiegend Untersuchungshaft vollzogen wird, kann und wird auf richterliche Anordnung nach § 119 Abs. 1 Nr. 2 Strafprozessordnung (StPO) das „einfache Mithören“ praktiziert . Es werden keine Statistiken darüber geführt, wie viele Telefongesprächsüberwachungen richterlich angeordnet und durchgeführt werden. Deshalb kann hier nur eine Aufschlüsselung der Anstalten nach Untersuchungshaftvollzügen und den genutzten Telio-Produkten vorgenommen werden. JVA Moabit JSA Berlin (Haus 6 und 9) JVA für Frauen Berlin (Lichtenberg/Pankow) Telio- Produkt ROOMio PHONio ROOMio, Nio c) Die Untersuchungsrichterin oder der Untersuchungsrichter ordnet die Maßnahme gemäß § 119 Abs. 1 Nr. 2 StPO an. Die Justizvollzugsanstalten oder die Jugendstrafanstalt erhalten mit der Einlieferung des Gefangenen Kenntnis über auferlegte Beschränkungen im Besuchs-, Post- und Telefonverkehr durch das mitgehende Aufnahmeersuchen . Im Nachhinein kann die Untersuchungsrichterin oder der Untersuchungsrichter ebenso Beschränkungen aufheben oder beschließen. Der Beschluss wird sodann an die zuständige Anstalt übermittelt. Gemäß § 40 des Berliner Untersuchungshaftvollzugsgesetzes (UVollzG Bln) werden Gefangene vor Beginn des Gesprächs sowie die Gesprächspartnerin oder der Gesprächspartner unmittelbar nach Herstellung der Verbindung in ihrer jeweiligen Landessprache über die Überwachung 3 informiert. d) Es werden keine Gespräche gespeichert, aufgezeichnet oder protokolliert. Einen Datenzugriff hat niemand, weil jedwede elektronische Gesprächsdokumentation nicht stattfindet. 4. Das Produkt "MULTio" der Telio GmbH ermöglicht nach Werbeaussagen die Funktionen "Volle Kontrolle durch manuelle Genehmigung jeder einzelnen URL" und "Kontrollierter E-Mail-Verkehr". a. Wird dieses Produkt eingesetzt und wenn ja, in wie vielen Fällen (bitte aufschlüsseln nach JVA)? b. Werden diese genannten Funktionen eingesetzt? Bei letzterem: Wie findet diese Kontrolle des E- Mail-Verkehrs statt (bitte aufschlüsseln nach JVA und Funktion)? c. Sollte die Internetkommunikation kontrolliert werden: Auf welcher Rechtsgrundlage basiert dieser Einsatz? d. Welche URLs werden blockiert? Zu 4.: In keiner Justizvollzugsanstalt des Landes Berlin oder der Jugendstrafanstalt Berlin ist es möglich, dass Gefangene über ein Telio-Produkt Internetseiten aufrufen oder E- Mails versenden. 5. Das Produkt "BLOCKio" der Telio GmbH ermöglicht das Blocken von Mobilfunk. a. Wird dieses Produkt in JVA eingesetzt (bitte aufschlüsseln nach JVA)? b. Sollte der Mobilfunk gestört werden: Auf welcher Rechtsgrundlage basiert dieser Einsatz? Zu 5.: In keiner Justizvollzugsanstalt des Landes Berlin oder der Jugendstrafanstalt Berlin wird dieses Produkt eingesetzt. Berlin, den 21. Oktober 2019 In Vertretung Brückner Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung