Drucksache 18 / 21 263 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Sebastian Czaja (FDP) vom 11. Oktober 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 14. Oktober 2019) zum Thema: Wider Baurecht, Sozialverträglichkeit und Denkmalschutz? – Die Errichtung Modulare Unterkunft für Flüchtlinger (MUF) am Standort Osteweg und Antwort vom 25. Oktober 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 31. Okt. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen Herrn Abgeordneten Sebastian Czaja (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/ 21263 vom 11.Oktober 2019 über Wider Baurecht, Sozialverträglichkeit und Denkmalschutz? - Die Errichtung Modulare Unterkunft für Flüchtlinge (MUF) am Standort Osteweg Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche konkreten Pläne mit welchem Zeitrahmen verfolgt das Land Berlin aktuell am Standort Osteweg zur Errichtung sogenannter Modularer Unterkünfte für Flüchtlinge (nachfolgend MUF)? Antwort zu 1: Das Grundstück wurde am 08.10.2019 eingezäunt, die Baumfällungen werden bis Ende Oktober 2019 durchgeführt. -Herrichtung der Grundstückes: Bis Ende Januar 2020 -Technische Erschließung: Bis Ende März 2020 -Baustelleneinrichtung: Bis Ende April 2020 -Bauarbeiten: Bis Ende November 2020 -Außenanlagen: Witterungsabhängig im Anschluss Nach Fertigstellung der MUF wird diese durch das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten zum Zweck der Unterbringung von Geflüchteten für 5 Jahre angemietet. Es besteht zudem die Option, die Mietzeit zweimal um drei Jahre zu verlängern. Frage 2: Inwieweit erfolgt die Umsetzung der Pläne im Einvernehmen mit dem a) Bezirk, b) dem Landessportbund, c) dem Bezirkssportbund, d) örtlichen Sportvereinen, e) Anliegern und Anwohner sowie f) entsprechend dem aktuellen Schulplatzbedarf des Landes Berlins? 2 Antwort zu 2: Der Senatsbeschluss vom 27.03.2018 sieht die Bebauung von 25 Grundstücken mit Modularen Unterkünften für Flüchtlinge vor. Um die Unterkünfte über die gesamte Stadt zu verteilen, war jeder Bezirk aufgefordert, zwei Grundstücke zu benennen (Neukölln hat drei kleinere benannt). Das Grundstück Osteweg 63 ist eines der 25 Grundstücke. Der Bezirk hat für den Osteweg 63 kein geeignetes Ersatzgrundstück benannt. Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie hat keine Bedenken gegen diesen Standort. Die Herstellung eines Einvernehmens mit den unter a) bis e) genannten ist im Rahmen des Zustimmungsverfahrens nicht erforderlich. Bezüglich der Herstellung eines Einvernehmens der Unteren Denkmalschutzbehörde des Bezirks Steglitz-Zehlendorf und der Denkmalfachbehörde s. Antwort zu Frage 4. Für den Standort Osteweg wurde mit dem Bezirk zudem die Integration einer Kindertagespflegeeinrichtung und eines Willkommenscafés in die MUF abgestimmt. Frage 3: Wir wurden durch die zuständigen Senatsverwaltungen bisher die Anlieger und Anwohner rund um den Osteweg an der Baumaßnahme beteiligt? Antwort zu 3: Die Baudienststelle - Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen – Hochbauabteilung -hat die drei unmittelbar angrenzenden Nachbarn (Kita, Phorms-Schule, MAVUNO Kirche) am 20.11.2018 angeschrieben und Pläne mit dem Angebot übersandt, sich über die Anordnung der Spielplätze in den Außenanlagen abzustimmen. Nur die Kita hat das Angebot angenommen. In Folge der Abstimmung mit der Kita im Dezember 2018 wurde der Abstand zur Kita vergrößert. Im Rahmen des Zustimmungsverfahrens wurden die angrenzenden Nachbarn (Phorms- Schule, MAVUNO Kirche) mit Schreiben vom 16.05.2019 von der Obersten Bauaufsicht gem. §70 Abs. 1 BauO benachrichtigt. Da die Kitabetreiber (Mc Nair) nicht als Eigentümer benachbarter Grundstücke im Sinne des §70 Abs. 1 BauO Bln zu benachrichtigen waren, erhielten sie am 29.05.2019 ein Informationsschreiben. Die erteilten Bescheide wurden der Phoms-Schule und der MAVUNO Kirche mit Schreiben vom 19.09.2019 bekanntgegeben. Der Bezirk hatte bereits am 23.01.2019 eine Bürgerinformationsveranstaltung zum Vorhaben unter Teilnahme des damaligen Staatssekretärs für Bildung durchgeführt. Die Anwohner/innenschaft wurde darüber hinaus durch Pressemeldungen über den Projektstand informiert. Frage 4: Wie haben die Obere und Untere Denkmalbehörde dem Antrag für die Erstellung der MUFs am Standort Osteweg zugestimmt? Antwort zu 4: Grundlage für den vorgenannten Senatsbeschluss war u. a. ein Quick-Check hinsichtlich der Eignung der Grundstücke für die angedachte Nutzung mit einer Flüchtlingsunterkunft. Der Quick-Check wies am Standort Osteweg auf die Denkmalrelevanz der umgebenden Bebauung hin. 3 Die Baudienststelle hat eine Einpassplanung für das Grundstück Osteweg 63 gefertigt und der für das Planungsrecht zuständigen Abteilung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen vorgelegt. Diese hat auf Grundlage der Einpassplanung schriftliche Stellungnahmen der Unteren Denkmalschutzbehörde (UD) und des Landesdenkmalamtes (LDA) im Vorfeld des Zustimmungsverfahrens eingeholt. Das LDA antwortete am 22.05.2018 in einer Email: „…das Vorhaben ist bereits zwischen uns und der UD, die für die denkmal-rechtliche Genehmigung im Rahmen des Bauantragsverfahrens zuständig ist, abgesprochen, es bestehen keine Bedenken…“. Die Untere Denkmalschutzbehörde antwortete per Email am 13.12.2018: „…aus denkmalfachlicher Sicht bestehen keine Bedenken.“ Auf Grund dieser Aussagen wurde die Genehmigungsplanung gefertigt und der Zustimmungsantrag (§ 77 BauO Bln) am 19.03.2019 bei der Obersten Bauaufsicht gestellt. Im Rahmen der in diesem Verfahren vorgesehenen Beteiligung wurde die Untere Denkmalschutzbehörde beteiligt. Am 08.05.2019 teilte die Untere Denkmalschutzbehörde – im Widerspruch zu den bisherigen Aussagen – mit, dass sie – im Einvernehmen mit dem LDA – der Maßnahme nicht zustimme. Das denkmalrechtliche Genehmigungsverfahren wurde daraufhin aus dem Zustimmungsverfahren separiert. Auf Vermittlung des LDA wurde eine veränderte Planung – größerer Abstand des Baukörpers der MUF zur Kirche – bei der Unteren Denkmalschutzbehörde eingereicht. Die Untere Denkmalschutzbehörde blieb bei Ihrer ablehnenden Stellungnahme, konnte aber bezüglich der Ablehnung kein Einvernehmen mit dem LDA herstellen, so dass in diesem Dissensfall von der Obersten Denkmalschutzbehörde eine Entscheidung zu treffen war. Der Dissensentscheid der Obersten Denkmalschutzbehörde zugunsten der MUF-Planung erging am 16.9.2019. Die Untere Denkmalschutzbehörde hat daraufhin am 02.10.2019 die denkmalrechtliche Genehmigung erteilt. Frage 5: Welche Relevanz für den aktuellen Entscheidungsprozess hatte das zum Jahresende auslaufende Sonderbaurecht für das Areal? Antwort zu 5: Die Zustimmung musste bis zum 31.12.2019 erteilt werden, um die Regelungen des § 246 Abs. 14 BauGB in Anspruch nehmen zu können. Frage 6: Welche Planungen unternahm die zuständige Senatsverwaltung im Hinblick auf die Entscheidungen der Denkmalschutzbehörden zwischen Mai bis Oktober 2019 für das Bauvorhaben? Antwort zu 6: Siehe Antwort zu 4. 4 Frage 7: Mit welcher Begründung wird von der Senatsverwaltung für Bauen und Wohnen auf die ablehnende Haltung der Unteren Denkmalbehörde eingegangen? Antwort zu 7: Die Erwiderung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen vom 24.06.2019 auf die ablehnende Haltung der unteren Denkmalschutzbehörde (08.05.2019) lautete: - Die vorgeschlagene Bebauung mit 4 Geschossen und dem über 80 m langegestreckten einfachen, nicht durch Rück- oder Vorsprünge zergliederten Baukörper nimmt die Bebauungsstruktur der angrenzenden ehemaligen Telefunken-Werke maßstäblich in Höhe und Länge auf und fügt sich somit nicht nur ein, sondern schließt diese stark raumbildenden Strukturen zum Osteweg hin ab. - Eine Freistellung des US-Sakralbaus sieht der gültige Bebauungsplan nicht vor, im Gegenteil: Baugrenze und Maß der Nutzung sehen eine Schließung des Blockrandes für eine Schul- bzw. Kitanutzung vor. Die Festsetzungen des Bebauungsplanes nutzt auch der Gebäudekörper der Flüchtlingsunterkunft. - Um dem Wunsch nach größerem Abstand zum Sakralbau nachzukommen, wurde der Baukörper nunmehr bis an die Baugrenze am Osteweg verschoben. Frage 8: Schafft die Senatsverwaltung für Bauen und Wohnen einen Präzedenzfall, wenn erste, offizielle Einsprüche von Denkmalbehörden nicht berücksichtigt werden? Antwort zu 8: Die Vorgehensweise der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen mit den Denkmalschutzbehörden entspricht langjähriger Praxis und ist so in den Gesetzen vorgesehen. Frage 9: Wurden Schreiben der Senatsverwaltung für Bauen und Wohnen an die Obere bzw. Untere Denkmalbehörde adressiert, in dem mit Konsequenzen und Regressforderungen gedroht wurde? Antwort zu 9: Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen verlässt sich bei ihren Planungen auf die Aussagen und Zusagen der beteiligten Behörden. In der Antwort auf Frage 4 wurde dargestellt, dass im Vorfeld die Untere Denkmalschutzbehörde und das LDA keine Bedenken gegen Planung der MUF hatten. Im Vertrauen auf diese Zusagen wurden Planungen bei Freiberuflern ausgelöst. Wären diese Planungen nun „verloren“, weil es bei der überraschenden Ablehnung der Untere Denkmalschutzbehörde und des LDA geblieben wäre, wäre untersucht worden, ob Regressforderungen bestehen. Dazu ist es nun nicht gekommen, da die Untere Denkmalschutzbehörde die Genehmigung erteilt hat. Frage 10: Welche Behörde hat dem Antrag auf Errichtung der sogenannten MUFs zugestimmt? 5 Antwort zu 10: Die Oberste Bauaufsicht, die bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen angesiedelt ist, hat als Zustimmungsbehörde die Zustimmung (§ 77 BauOBln) am 19.09.2019 erteilt. Die für die Zustimmung erforderliche denkmalrechtliche Genehmigung wurde von der Unteren Denkmalschutzbehörde des Bezirkes Steglitz-Zehlendorf am 02.10.2019 mit gesondertem Bescheid erteilt. Frage 11: Falls ja, welche Änderungen wurden an den Bauplänen, die den verschiedenen Entscheidungen der Denkmalschutzbehörden zu Grunde lagen, zwischen April und September 2019 vorgenommen? Antwort zu 11: Um den Wunsch der Denkmalschutzbehörden nach größerem Abstand zum Sakralbau nachzukommen, wurde der Baukörper des MUF an die Baugrenze am Osteweg verschoben. Frage 12: Welchen Abstand hat der geplante Müllplatz zur Grundstücksgrenze der angrenzenden Kita? Antwort zu 12: Der eingehauste Müllplatz befindet sich an der Grundstücksgrenze zur Kita. Frage 13: Welchen gesetzlichen Mindestabstand für einen Müllplatz zu einer Kindertagesstätte ist gesetzlich vorgeschrieben? Antwort zu 13: Ein gesetzlicher Mindestabstand für Hausmüll ist nicht vorgeschrieben. Frage 14: Wurde bereits ein finaler Brandschutzplan für das Areal mit der geplanten MUF-Bebauung vorgelegt? Antwort zu 14: Der Brandschutznachweis vom 08.04.2019 liegt vor. Frage 15: Wenn ja, mit welchen beteiligten Behörden wurde dieser in welchem Zeitraum erarbeitet? Antwort zu Frage 15: Der Brandschutznachweis, der gemäß § 66 Abs 1 BauOBln zu erstellen ist, wird nicht von einer Behörde erarbeitet, sondern von einem Brandschutzplaner im Auftrag des Bauherrn. Dies ist auch hier erfolgt. 6 Frage 16: Welche Konfliktpotentiale im Hinblick auf das Landes-Immissionsschutzgesetz Berlin sieht der Senat angesichts der geplanten Errichtung der MUFs zur angrenzenden Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde Berlin-Lichterfelde (Mavuno Berlin)? Antwort zu Frage 16: Keine. Berlin, den 25.10.19 In Vertretung Lüscher ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen