Drucksache 18 / 21 275 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Andreas Wild (fraktionslos) vom 09. Oktober 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 16. Oktober 2019) zum Thema: „Berliner Register“ will keinen Rassismus registrieren und Antwort vom 31. Oktober 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 04. Nov. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung Herrn Abgeordneten Andreas Wild (fraktionslos) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18 / 21 275 vom 09. Oktober 2019 über Berlin: „Berliner Register“ will keinen Rassismus registrieren Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung des Abgeordneten: In den Berliner Bezirken haben sich bezirkliche Stellen des sogenannten Berliner Registers, vertreten durch Frau Kati Becker, ReachOut, Beusselstraße 35, 10553 Berlin etabliert, die vom Land Berlin durch das Landesprogramm „Demokratie. Vielfalt. Respekt. In Berlin.“ der Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung gefördert werden. In der Broschüre des Berliner Registers (https://berliner-register.de/sites/default/files/2018- Registerbrosch%C3%BCre_web.pdf) heißt es: „Es werden nur Vorfälle aufgenommen, die rassistisch, antisemitisch, LGBTIQ-feindlich*, antiziganistisch, extrem rechts, rechtspopulistisch, sozialchauvinistisch oder behindertenfeindlich sind.“ Eine Steglitz-Zehlendorfer Bürgerin meldete diesem Register folgenden rassistischen Vorfall: Gegenüber ihrem Haus parkte ein silberner Mercedes-Bus mit dem NL-Kennzeichen [...] mit laufendem Motor und der Fahrzeugführer sprach mind. 15min bei laufendem Motor laut über die Freisprechanlage. Als sie ihn darauf aufmerksam machte, dass es in Wohngebieten nicht erlaubt sei mit laufendem Motor zu parken und dass zudem sein Freisprechen sie beim Arbeiten im Homeoffice störe, erwiderte er mit herablassendem, arroganten Ton: „Sie meinen ich verunreinige und störe Sie mit dem laufendem Motor, darüber regen sie sich auf. Sie haben doch früher ganz Deutschland vergast“". Bevor er dann weiter gefahren ist, habe sie ihm gesagt, dass sie das Kennzeichen notiere und ihn anzeige (er: „tun sie das ruhig“). Darauf habe er nur gelacht. Falls sie Anzeige erstatten solle, bitte sie das Register, ihr dies mitzuteilen. Daraufhin erhielt das Opfer dieser rassistischen Beleidigung folgende Antwort vom Berliner Register: „Sehr geehrte Frau [...], mir erscheint es kein Vorfall zu sein, bei dem wir zur Anzeige raten. Wenn Sie dennoch auf der sicheren Seite sein wollen, ob das aus juristischer Sicht in den Bereich Beleidigung fällt, müssen Sie sich an die Polizei wenden. Wir können keine exakten Aussagen über die Rechtslage treffen, da wir keine Rechtsberatung sind. Nachdem wir uns beraten haben, erscheint uns der Vorfall auch kein Vorfall für uns zu sein. […]“ Ich frage den Senat: 1. In welcher Höhe und seit wann fördert das Land Berlin das „Berliner Register“, aufgeschlüsselt nach Mitteln des Landes und nach Mitteln der Bezirke? Zu 1.: Die hier angefragte Daten können für die Jahre 2014 – 2018 auf der Seite der Zuwendungsdatenbank des Landes Berlin unter folgender Adresse abgerufen werden: https://www.berlin.de/sen/finanzen/service/zuwendungsdatenbank/ Für das Jahr 2019 werden folgende Projekte gefördert: Bezirk Fördersumme Land Fördersumme Bezirk Pankow 16.474,89 € 5.000 € Mitte 7.000 € 0 € Treptow-Köpenick 15.000,00 € 0 € Lichtenberg 17.316,00 € 0 € Charlottenburg-Wilmersdorf 16.921,13 € 0 € Marzahn-Hellersdorf 15.740,15 € 0 € Neukölln 15.700,00 € 0 € Reinickendorf 15.000,00 € 0 € Spandau 16.731,43 € 0 € Tempelhof-Schöneberg 15.700,00 € 0 € Friedrichshain-Kreuzberg 14.900,00 € 5.000 € Steglitz-Zehlendorf 15.017,01 € 0 € 2. Weshalb soll dieses „Berliner Register“ rechtspopulistische, aber nicht linksextremistische oder islamistische Vorfälle registrieren? Zu 2.: Die Berliner Register sind Dokumentationen von rassistischen, antisemitischen, antiziganistischen, extrem rechten, antimuslimischen, LGBTIQ*feindlichen, den Nationalsozialismus verharmlosenden, behindertenfeindlichen und sozialchauvinistischen Vorfällen, die sich in den Berliner Stadtbezirken ereignen. Die Berliner Registerstellen erfassen Vorfälle mit entsprechenden Auswirkungen auch wenn sie linksextremistisch oder islamistisch motiviert sind. 3. Hat der Senat das Berliner Register zur politischen und ethnischen Neutralität verpflichtet? Zu 3.: Teil des Zuwendungsbescheides ist der Hinweis, dass der Zuwendungsgeber – hier die Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung (SenJustVA) – der staatlichen Neutralitätspflicht unterliegt. Die geförderten Projekte werden angehalten, in ihrer Arbeit die anerkannten fachlichen Prinzipien politischer Bildungsarbeit („Beutelsbacher Konsens“) zu berücksichtigen. 4. Aus welchem Grund werden dezidiert rassistische deutschenfeindliche Vorfälle nicht erfasst? („Nachdem wir uns beraten haben, erscheint uns der Vorfall auch kein Vorfall für uns zu sein.“) Zu 4.: Entsprechen gemeldete Vorfälle nicht den in der Antwort zu 2 dargestellten Erfassungskategorien, finden sie keinen Eingang in die jeweiligen Chroniken. 5. Wird der Senat Einfluss auf das geförderte Projekt nehmen, bzw. wird erwogen bei weiterhin selektiver Registrierung von Rassismus und Hass aufgrund der Ethnie oder Nationalität, die Mittel für das „Berliner Register“ zu streichen? Zu 5.: Der Berliner Senat kann keine selektive Registrierung von Rassismus erkennen. Insofern liegt kein Handlungserfordernis vor. Berlin, den 31. Oktober 2019 In Vertretung Margit Gottstein Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung