Drucksache 18 / 21 285 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Thomas Seerig (FDP) vom 18. Oktober 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. Oktober 2019) zum Thema: Umsetzung BTHG und Antwort vom 01. Nov. 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 05. Nov. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales Herrn Abgeordneten Thomas Seerig (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/21285 vom 18. Oktober 2019 über Umsetzung BTHG ------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie beurteilt der Senat generell den aktuellen Umsetzungsstand des BTHG in Berlin zum 01. Januar 2020? Zu 1.: Das Bundesteilhabegesetz wird in der Fachwelt als die größte Sozialreform der letzten 10 Jahre angesehen. Das Land Berlin hat sich im Rahmen des ressortübergreifenden Projektes zur Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes folgende Ziele gesetzt: 1) Die Teilhabesituation der leistungsberechtigten Menschen mit Behinderungen wird verbessert. 2) Die Umsetzung ist auf einem hohen standardisierten Qualitätsniveau gewährleistet. 3) Die Ressourcen für die Leistungen zur Teilhabe sind effektiv und effizient eingesetzt. Um diesen weitreichenden Zielen gerecht zu werden, hat der Senat im o. g. Projekt u. a. auch der Beteiligung der Interessensvertretungen von Menschen mit Behinderungen, der weiteren Partner der Eingliederungshilfe und externen Expertinnen und Experten aus der Wissenschaft viel Raum und Zeit eingeräumt. Es war gleichzeitig wesentlich, die Ergebnisse des partizipativen Prozesses rechtzeitig zu einer Berliner Rechtsgrundlage zu verarbeiten. Dies ist gelungen, denn mit dem Berliner Teilhabegesetz ist die zukünftige Struktur und Arbeitsweise des Berliner Trägers der Eingliederungshilfe ab 01. Januar 2020 rechtssicher implementiert. 2 Gleichzeitig wurden im Entwurf zum Doppelhaushalt 2020 / 2021 die zur Umsetzung erforderlichen Personal- und Sachressourcen auf Bezirks- und Hauptverwaltungsebene berücksichtigt. 2. Seit wann liegt den Bezirken das Muster-Profil für die neuen Rollen Teilhabeplanung und Leistungskoordination vor, so dass eine berlinweit einheitliche Anwendung gewährleistet ist? 3. Seit wann gibt es für die Bezirke eine Vorgabe zur Eingruppierung der Teilhabebeplaner/innnen und Leistungskoordinatoren/innen? Zu 2. und 3.: Im Rahmen des Projektes zur Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes wurden in einer Arbeitsgruppe der Senatsverwaltung für Finanzen mit Vertreterinnen und Vertretern aus Senats- und Bezirksverwaltungen Musterbeschreibungen der Arbeitsgebiete „Teilhabeplanung“ und „Leistungskoordination in den Teilhabefachdiensten erarbeitet und der AG Musterbewertung bei der Senatsverwaltung für Finanzen zur Bewertung vorgelegt. Die Bewertungsentscheidung der Arbeitsgruppe befindet sich in der abschließenden Prüfung und wird den Bezirken unverzüglich nach Abschluss derselben – voraussichtlich Anfang November 2019 mitgeteilt. 4. Wie wird der Senat gewährleisten, dass die Eingruppierung einerseits für Bewerberinnen und Bewerber attraktiv ist und andererseits nicht zum großflächigen Brain Drain bei den Leistungserbringern führt? Zu 4.: Die Eingruppierung ergibt sich aus dem Tarifrecht nach den jeweils einschlägigen Tätigkeitsmerkmalen der Entgeltordnung zum Tarifvertrag der Länder (TV-L) automatisiert aus den zugewiesenen Aufgaben. Der Tarifvertrag und die diesem zugehörige Entgeltordnung sind von den Tarifvertragsparteien ausgehandelt worden. Wenn auch von Seiten der Leistungserbringer eine ordnungsgemäße, an den Aufgaben orientierte Bewertung der Stellen angegangen wird, könnte die in der Frage aufgeworfene Gefahr eines „Brain Drain“ minimiert werden. Grundsätzlich wertet der Senat eine „gesunde“ Personalfluktuation zwischen Träger der Eingliederungshilfe und Leistungserbringern als positiv, um das gegenseitige Verständnis und die kooperative Zusammenarbeit zu stärken. 5. Wie bewertet es der Senat, dass aktuell Bezirksämter im Amtsblatt immer noch Fallmanager statt Teilhabebeplaner und Leistungskoordinatoren suchen? Zu 5.: Unter Verweis auf die Antwort zu 1. wird nochmals darauf hingewiesen, dass ein gelungener Veränderungsprozess mit einer intensiven Beteiligung verbunden sein muss. Der Senat begrüßt, dass die Bezirke weiterhin aktiv daran arbeiten, die offenen Stellen im bisherigen Fallmanagement der Eingliederungshilfe zu besetzen, um einen guten Übergang ins neue System zu gewährleisten. Die Bezirke sind dazu angehalten, in den Bewerbungsverfahren auf die anstehenden Veränderungen und die Möglichkeiten zur Spezialisierung auf die neuen Rollen Teilhabeplanung und Leistungskoordination hinzuweisen. Die Bereitschaft zur fachlichen Weiterentwicklung ist Einstellungsvoraussetzung auch nach den neu beschriebenen Anforderungsprofilen. 6. Inwieweit werden angesichts der normalen Dauer von Besetzungsverfahren im Öffentlichen Dienst von sechs Monaten zum Jahreswechsel 2019/2020 alle Stellen für die Umsetzung des BTHG in den Bezirken besetzt sein? 3 Zu 6.: Der größte Teil der angesprochenen Stellen für die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes sind Teil des noch zu beschließenden Doppelhaushalts 2020/2021. Es ist somit nicht zu erwarten, dass die zusätzlichen Stellen bereits zum 01. Januar 2020 besetzt sind. Das Vorliegen einer einheitlichen Musterbewertung soll jedoch dazu führen, dass ab Entscheidung über die Zuweisung der Mittel auch zügig besetzt werden kann. Der Senat wird die Besetzungsverfahren durch zentrale Werbemaßnahmen soweit möglich unterstützen. 7. Seit wann liegt den Bezirken ein Rahmen zur Qualifikation der künftigen Teilhabeberater vor, um bei Umschulungen wie Neueinstellungen ein in allen Bezirken gleichwertiges und hohes Niveau zu gewährleisten? Zu 7.: Der Senat misst einer hochwertigen Qualifizierung der alten und neuen Fachkräfte der Eingliederungshilfe hohe Bedeutung zu. Für die Erstellung der entsprechenden Qualifizierungskonzepte und die Durchführung der Qualifizierungsmaßnahmen ist eine Unterstützung externer Dienstleister erforderlich. Aus diesem Grund erstellt der Senat derzeit in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. S. K. (Alice-Salomon Hochschule) in Kooperation mit Prof. Dr. D. B. (Hochschule für Wirtschaft und Recht) und H. F. (ehemaliger Richter am Sozialgericht Bremen) ein dauerhaftes modulares Qualifizierungskonzept. Dieses soll ab dem kommenden Jahr umgesetzt werden. Daneben werden die für den Übergang zum 01. Januar 2020 notwendigen Schulungen laufend angeboten. 8. Welches Verhältnis zwischen Umschulungen von Fallmanagern zu Teilhabeplaner/innen einerseits und Neueinstellungen erwartet der Senat und welches Verhältnis zwischen den beiden Beschäftigtengruppen (Teilhabeplaner/ Leistungskoordinatoren) hält er für wünschenswert? Zu 8.: Da die abschließenden Beschreibungen der Arbeitsgebiete erst Anfang November 2019 an die Bezirke übergeben werden, kann bisher noch nicht prognostiziert werden, in welche Rolle sich die Fachkräfte im Einzelnen weiterentwickeln. Nach bisherigem Kenntnisstand gibt es Interesse für beide Rollen. Das gelungene Verhältnis der Rollenaufteilung ist auch Gegenstand der Prozessevaluierungen im kommenden Umsetzungszeitraum. Die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes endet nicht mit dem 01. Januar 2020, sondern wird den Senat, z. B. mit dem Arbeitsbündnis „Haus der Teilhabe“, auch noch in den nächsten Jahren weiter begleiten. Berlin, den 01. November 2019 In Vertretung Alexander F i s c h e r _____________________________ Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales