Drucksache 18 / 21 303 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Harald Gindra und Philipp Bertram (LINKE) vom 18. Oktober 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 21. Oktober 2019) zum Thema: Hochbunker in der Pallasstraße 28 (10781 Berlin) und Antwort vom 01. November 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 04. Nov. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 4 Senatsverwaltung für Kultur und Europa Herrn Abgeordneten Harald Gindra (LINKE) und Herrn Abgeordneten Phillip Bertram (LINKE) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei – G Sen – Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18 / 21303 vom 18.10.2019 über Hochbunker in der Pallasstraße 28 (10781 Berlin) Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Schriftliche Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Anfrage zukommen zu lassen und hat daher das Bezirksamt- Tempelhof-Schöneberg um Stellungnahmen gebeten, die in die Beantwortung eingeflossen sind. 1. In welchem Fachvermögen befindet sich der Hochbunker in der Pallasstraße? Zu 1.: Der Hochbunker in der Pallasstraße befindet sich im Fachvermögen des Bezirksamtes Tempelhof-Schöneberg. 2. Wie groß ist die Geschossfläche des Hochbunkers in Quadratmetern? Wie schlüsselt sich diese auf die einzelnen Etagen und Räume auf? Zu 2.: Die Flächen des Hochbunkers teilen sich wie folgt auf: Bruttogrundfläche: (BGF) = 9.199,50 m² Nettogrundfläche: (NGF) = 5.772,11 m² Anzahl der Geschosse: 5 (UG, EG, 1.-3. OG) NGF im UG : 1.043,26 m² NGF im EG : 1.407,52 m² NGF im 1. OG 1.106,41 m² NGF im 2. OG 1.104,42 m² NGF im 3. OG 1.110,50 m² Seite 2 von 4 3. Wie hoch sind die jährlichen Unterhaltungskosten? Aus welchem Haushalt und über welche Haushaltstitel wird die Finanzierung in welchem Umfang geleistet? Zu 3.: Die Ausgaben für die Bauunterhaltung betrugen im Haushaltsjahr 2017 insgesamt 1.599,96 € bzw. im Haushaltsjahr 2018 insgesamt 2.344,45 €; die jährlichen sonstigen Bausanierungskosten sind hier nicht enthalten. Die Finanzierung von Bauunterhaltungsmaßnahmen erfolgte aus dem Haushalt des Bezirkes Tempelhof-Schöneberg; (Kapitel/Titel: 3306/51900) 4. Welche Instandsetzungs-, Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen wurden seit den 1980er Jahren in der Bunkeranlage durchgeführt? (Bitte alle Maßnahmen einzeln mit Jahresangabe aufschlüsseln .) Zu 4.: Das Bezirksamt hat mitgeteilt, dass eine vollständige Erfassung zu den seit 1980 durchgeführten Instandsetzungs-, Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen nicht vorliegt. 4.a. Welche baulichen Veränderungen wurden durch diese Maßnahmen hinsichtlich des Brandschutz, Rettungswegen und Erschließung vorgenommen? Zu 4.a.: Zugunsten des Brandschutzes, der Rettungswege und der Erschließung wurden keine Baumaßnahmen durchgeführt. Entsprechende Maßnahmen wären abhängig von der Art der jeweiligen neuen Nutzung bzw. einem Gesamtkonzept. 4.b. In welchem baulichen Zustand befindet sich das Gebäude heute? Ist es vollständig nutzbar? 4.c. Ist es zutreffend, dass es in der Anlage Probleme mit Feuchtigkeitsschäden gibt? Wenn ja, in welchem Ausmaß und welche Einschränkungen ergeben sich dadurch? Zu 4.b. und 4.c.: Die gesamte Bunkeranlage befindet sich in einem sanierungsbedürftigen Zustand. Zu den wesentlichen Mängeln zählen der unzureichende Korrosionsschutz der Stahlbetonhülle (Fassade) sowie der strukturell bedingte Feuchteschutz; insbesondere das Kellergeschoss ist aufgrund temporärer Wassereintritte über schadhafte Baukörperfugen nicht nutzbar. 5. Warum wurde die Nutzung als Zivilschutzanlage im Jahr 2010 beendet? Zu 5.: Nach Beendigung des „Kalten Krieges“ entließ der Bund zahlreiche öffentliche Schutzräume sukzessiv aus der Zivilschutzbindung. Hierbei handelte es sich um Entscheidungen des Bundes. 6. Welchen denkmalschützerischen Wert stellt die Anlage dar? Zu 6.: Der 1943-45 in der Verantwortung der Philipp Holzmann AG errichtete Hochbunker durch sowjetische Zwangsarbeitende der Deutschen Reichspost an der Pallasstraße steht aufgrund seiner zeitgeschichtlichen Bedeutung, seiner sozial- und stadt- sowie seiner technikgeschichtlichen Bedeutung unter Denkmalschutz. Seite 3 von 4 Der Hochbunker Pallasstraße ist als ehemaliger Luftschutzbunker und als Zivilschutzanlage ein herausragendes historisches Zeugnis sowohl für die Zeit des Zweiten Weltkrieges wie auch des Kalten Krieges. Unter den erhaltenen Luftschutzbauten des Zweiten Weltkrieges ist die Anlage Pallasstraße einzigartig, weil sich hier die Geschichte der NS-Zeit, des Krieges und seiner Folgen im 20. Jahrhundert in stark verdichteter Form ablesen lässt: In unmittelbarer Nähe zum ehemaligen Zwangsarbeiterlager für die am Bau des Bunkers Arbeitenden sowie zu dem Ort, wo der für die NS-Propaganda missbrauchte Sportpalast stand, aber auch zum Kammergericht, wo Roland Freisler, Präsident des Volksgerichtshofs, die Schauprozesse gegen die "Verschwörer des 20. Juli" inszenierte , steht der Bunker im Mittelpunkt eines "bedeutenden Machtzentrums" der NS- Zeit. Als dominantes Bauwerk, das durch die markante Überbauung mit dem als "Sozialpalast " bezeichneten Wohnhochhaus auf dem Grundstück des ehemaligen Sportpalastes seit 1973 weiter betont wird, weist der Bunker weithin sichtbar auf den geschichtsträchtigen Ort hin. Der wegen massiver Proteste erst 1989 als Zivilschutzraum fertig gestellte Bunker illustriert zudem die wachsende Bedeutung von Friedensbewegung und Bürgerprotesten seit den späten 1960er Jahren, aber auch die Ironie der Geschichte, die im Jahr seiner Fertigstellung mit dem Fall der Mauer sämtlichen Zivilschutzbauten ein Ende setzte. 6.a. Ergeben sich aus dem Denkmalschutz besondere Auflagen für die Nutzung des Gebäudes? Zu 6.a.: Ein Denkmal ist so zu nutzen, dass seine Erhaltung auf Dauer gewährleistet ist. Dies ergibt sich einerseits aus § 9 Denkmalschutzgesetz Berlin (DSchG Bln), anderseits aus § 11 (1) Nr. 1 und 4 DSchG Bln. Etwaige Auflagen sind abhängig von der Art der gewünschten Nutzung. Der Denkmalwert darf durch die Nutzung nicht beeinträchtigt werden. 6.b. Ergeben sich aus dem Denkmalschutz der Anlage besondere Auflagen für Instandsetzungs-, Modernisierungs- und Umbauarbeiten? Zu 6.b.: Die Veränderung und Instandsetzung eines Denkmals ist eine genehmigungspflichtige Maßnahme. Grundlage hierfür ist §11 DSchG Bln. Eine Genehmigung kann unter Bedingungen und Auflagen erteilt werden. 7. Wie wird der Hochunker im Moment genutzt? (Bitte die jeweilige Nutzung mit Nutzer*innen, genutzten Räumen und dem Umfang der Nutzung darlegen.) Zu 7.: Der Verein „Berliner Unterwelten“ und die Sophie-Scholl-Schule thematisieren die geschichtliche Bedeutung dieses Gebäudes mit Kunstprojekten von Schulklassen und bieten im Einzelfall auch Führungen an. Hierzu gehören Führungen: - am Tag der Städtebauförderung - am Tag des offenen Denkmals - für Austauschschüler aus China - für Schriftsteller aus Schweden Seite 4 von 4 - für Historiker aus Dänemark - für das Quartiersmanagement - für Architekturstudenten aus den USA 7.a. Welche Veranstaltungen/Projekte / Ausstellungen fanden in der Anlage seit 2002 statt und wie konnte in diesen Fällen der Brandschutz gewährleistet werden? (Angaben inklusive Personenanzahl) Zu 7.a.: Im Mai 2002 wurde am Bunker in der Pallasstraße ein „Ort der Erinnerung“ eingeweiht , um aus einem authentischen Ort auf das Schicksal von Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern aufmerksam zu machen. Größere bzw. regelmäßige Veranstaltungen sind aufgrund der baurechtlichen bzw. bautechnischen Rahmenbedingungen ausgeschlossen. 8. Gibt es für den Hochbunker ein Nutzungskonzept? 8.a. Werden seitens des Senats längerfristige Nutzungen angestrebt? Wenn ja, welche? 8.b. Werden seitens des Bezirks Tempelhof-Schöneberg längerfristige Nutzungen angestrebt? Wenn ja, welche? Zu 8.- 8.b.: Für den Hochbunker liegt kein Nutzungskonzept vor; weitergehende und längerfristige Nutzungsabsichten sind nicht bekannt. Berlin, den 01.11.2019 In Vertretung Gerry Woop Senatsverwaltung für Kultur und Europa