Drucksache 18 / 21 311 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Marcel Luthe (FDP) vom 16. Oktober 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 21. Oktober 2019) zum Thema: Allgemeinverfügung zum Verbot von Silvesterfeuerwerk – Feuerwerksverbot II und Antwort vom 06. Nov. 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. Nov. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 3 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Herrn Abgeordneten Marcel Luthe (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/21311 vom 16. Oktober 2019 über Allgemeinverfügung zum Verbot von Silvesterfeuerwerk – Feuerwerksverbot II ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Auf meine Anfrage 18/20962 teilte der Senat mit, entgegen der Vorstellungen der Koalitionsfraktionen im Antrag 18/2381 nicht auf Grundlage des § 24 der 1. SprengV, sondern auf Grundlage des § 17 ASOG insbesondere an der Pallasstraße und Teilen des Alexanderplatzes die Verwendung von Feuerwerkskörpern der Kategorie 2 an Silvester untersagen zu wollen. Nimmt der Senat dabei an, dass § 17 Abs. 1 ASOG als Generalklausel nicht hinter die speziellere Regelung des § 24 der 1. SprengV zurücktritt? Inwieweit erachtet der Senat die Regelung des § 24 der 1. SprengV als nicht abschließend ? Zu 1.: Der Umgang mit Feuerwerkskörpern hinsichtlich der damit üblicherweise einhergehenden Gefahren (Lärm, Verletzungen, Feinstaubimmissionen u.a.) ist in den sprengstoffrechtlichen Vorschriften des Bundes geregelt. Das allgemeine Gefahrenabwehrrecht tritt insoweit hinter diese spezielleren Regelungen zurück. Die geplanten punktuellen polizeilichen Verbotszonen dienen allerdings der Abwehr von Gefahren durch einen von vornherein bestimmungswidrigen und strafbaren Einsatz von Feuerwerkskörpern insbesondere in Form von Angriffen auf Einsatzkräfte und Dritte, zu denen es an diesen Stellen in den vergangenen Jahren gekommen ist. Hier ist die polizeiliche Generalklausel des § 17 Absatz 1 des Allgemeinen Sicherheits - und Ordnungsgesetzes (ASOG) einschlägig. 2. Nach § 56 Abs. 1 ASOG dürfen Verordnungen zur Gefahrenabwehr nicht lediglich den Zweck haben , die den zuständigen Behörden obliegende Aufsicht zu erleichtern. Damit sind insbesondere Fälle gemeint, in denen sich aus bisherigen Erfahrungen typischerweise Gefahren entwickeln könnten und die der Senat daher durch Rechtsverordnung verbietet, weil dann die Vorgänge leichter überwacht werden können. Seite 2 von 3 Ein Verbot von Feuerwerkskörpern für jedermann entgegen der bundesrechtlichen Erlaubnis am 31.12. und 01.01. aus § 23 Abs. 2 Satz 2 1. SprengV soll nach der Antwort des Senats auf meine Anfrage 18/20962 dazu dienen, Straftaten unter Verwendung von Feuerwerkskörpern zu verhindern und damit die vorbeugende Bekämpfung von Straftaten und ggf. Strafverfolgung erleichtern und wäre daher nach § 56 Abs. 1 ASGOG rechtswidrig. Wie soll eine rechtskonforme Regelung durch den Senat konkret aussehen, die nicht in die Freiheit rechtstreuer Bürger eingreift, weil Straftäter sich nicht an gesetzliche Verbote halten?? Zu 2.: Mit den geplanten polizeilichen Feuerwerksverbotszonen soll in ausgewählten Bereichen im Einzelfall bestehenden Gefahren begegnet werden. Zur Abwehr dieser konkreten Gefahren kommt eine auf § 56 ASOG gestützte abstrakt-generelle Rechtsverordnung nicht in Betracht. Die Verbotszonen sollen daher mittels Allgemeinverfügungen auf der Grundlage von § 17 Absatz 1 ASOG eingerichtet werden. Die Voraussetzungen für den Erlass einer Rechtsverordnung sind hier nicht maßgeblich. Die Allgemeinverfügungen richten sich auch gegen sogenannte Nichtstörer. Dies ist gemäß § 16 Absatz 1 Nr. 1 ASOG unter den konkret gegebenen Umständen zulässig und geboten, da die Abwehr der Gefahren auf andere Weise nicht in ausreichendem Maße möglich ist (siehe Antwort zu 4.). 3. Stellt nach Auffassung des Senats sogenannter „Feinstaub“ eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Sinne des § 17 ASOG dar?? Zu 3.: „Feinstaub“ stellt regelmäßig nur dann eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung im Sinne des § 17 Absatz 1 ASOG dar, wenn die Belastung durch diesen die in der 39. BImSchV (Verordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen ) festgelegten Grenzwerte überschreitet. Ein Rückgriff auf die polizeirechtliche Generalklausel des § 17 Absatz 1 ASOG ist in diesem Fall wegen des Vorrangs spezialgesetzlicher Regelungen im Bundes-Immissionsschutzgesetz (BIm- SchG) grundsätzlich ausgeschlossen. Denn bei Überschreitung der in der 39. BIm- SchV festgelegten Grenzwerte ist nach § 47 BImSchG ein Luftreinhalteplan oder ggfs. ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen von der hierfür zuständigen Behörde aufzustellen. 4. Welche weiteren Maßnahmen nach §§ 18 – 51 ASOG hat der Senat mit welchem Ergebnis wann geprüft, die einer etwaigen Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung an den zu 1) genannten Stellen am 31.12. und 01.01. begegnen könnten? Welche dieser Maßnahmen will der Senat anwenden bzw. anwenden lassen und weshalb erachtet er diese nicht als ausreichend? Zu 4.: Die Erfahrungen der vergangenen Jahre in den ausgewählten Bereichen haben gezeigt , dass andere gefahrenabwehrrechtliche oder strafrechtliche Maßnahmen als ein Mitführ- und Abbrennverbot allein nicht geeignet sind, um die zu befürchtenden Straftaten wirkungsvoll zu unterbinden. Eine konkrete Zuordnung einzelner gezündeter Feuerwerkskörper zu bestimmten Personen ist unter den Bedingungen der Silvesternacht mit Dunkelheit, Rauchentwicklung und hohen Personendichten nur selten möglich . Gezielte Maßnahmen gegen Störer können daher regelmäßig nicht rechtzeitig erfolgen. Ist ein Feuerwerkskörper erst einmal missbräuchlich gezündet, ergibt sich Seite 3 von 3 kaum noch eine Möglichkeit, den Schadenseintritt durch polizeiliches Handeln zu verhindern. So kam es beispielsweise zum vergangenen Jahreswechsel im Bereich um die Pallasstraße und den angrenzenden Steinmetzkiez trotz eines kräfteintensiven polizeilichen Schwerpunkteinsatzes im gesamten Einsatzverlauf zu Landfriedensbrüchen, Körperverletzungsdelikten, einem Angriff auf Vollstreckungsbeamte und mehreren weiteren gefährlichen Vorfällen mit Bezug zur Pyrotechnik. Das polizeiliche Maßnahmenspektrum reichte von Personenansprachen über Identitätsfeststellungen und Sicherstellungen zu Platzverweisen. Die Polizei wird im Übrigen zum kommenden Jahreswechsel auch in den geplanten Verbotszonen mit weiteren geeigneten Maßnahmen gegen Störer vorgehen, soweit dies im Einzelfall zur Gefahrenabwehr erforderlich ist. Berlin, den 06. November 2019 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport