Drucksache 18 / 21 323 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Bettina Jarasch (GRÜNE) vom 21. Oktober 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. Oktober 2019) zum Thema: Erleichterte Einbürgerungen für Nachfahren der Verfolgten des Naziregimes und Antwort vom 01. Nov. 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. Nov. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 2 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Frau Abgeordnete Bettina Jarasch (GRÜNE) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/21 323 vom 21. Oktober 2019 über Erleichterte Einbürgerung für Nachfahren der Verfolgten des Naziregimes ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Anträge von Nachfahren von NS-Verfolgten zur Einbürgerung oder Feststellung des Bestehens der deutschen Staatsbürgerschaft nach Artikel 116 Abs. 2 Grundgesetz wurden seit 2001 gestellt und wie viele davon wurden positiv beschieden (bitte nach Jahren sowie nach bisheriger Staatsangehörigkeit der Antragsstellenden aufschlüsseln)? Zu 1.: Es liegen keine statistischen Daten vor, sodass Angaben nicht gemacht werden können . 2. Wie verfahren die zuständigen Behörden, wenn ein Rechtsanspruch nach Artikel 116 Abs. 2 GG nicht besteht, dem Grunde nach jedoch ein Wiedergutmachungsinteresse aufgrund von Verfolgung aus rassischen, politischen oder religiösen Gründen bestehen könnte, insbesondere im Rahmen von Ermessenseinbürgerungen nach § 8 StAG? 3. Sind dem Senat die Erlasse des Bundesinnenministeriums vom 30.08.2019 an das Bundesverwaltungsamt bekannt, welche weitere Personengruppen bei der Ermessenseinbürgerung einbeziehen , und welche Schlüsse zieht der Senat damit für vergleichbare Fallkonstellationen bei Inlandseinbürgerungen (nach § 8 StAG)? 4. Welche Rahmenbedingungen setzt der Senat bei der Anwendungspraxis des § 8 StAG für die unter Nr. 2 genannte Personengruppe, bei a) Erleichterungen nach Maßgabe des § 8 Abs. 2 StAG? b) bei der Möglichkeit zur Absenkung der für eine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse notwendige Mindestaufenthaltsdauer im Inland? c) der Beibehaltung der Mehrstaatigkeit? d) den Anforderungen bei den erforderlichen Sprachkenntnissen? Zu 2. bis 4. Die Ausübung des Ermessens richtet sich in Berlin auch in diesen Fällen nach den Vorläufigen Anwendungshinweisen des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat (BMI) zum Staatsangehörigkeitsrecht. Auf dieser Grundlage wurde in der Vergangenheit wohlwollend entschieden. Seite 2 von 2 Am 04./05.11.2019 findet beim BMI die diesjährige Staatsangehörigkeitsreferentenbesprechung von Bund und Ländern statt. Im Rahmen dieser Besprechung soll u.a. auch das Thema „Erlassregelung des BMI zu Wiedergutmachungseinbürgerungen vom 30.8.2019 und Verfahrensweise bei Inlandsfällen“ (nach § 8 StAG) erörtert werden . Das Ergebnis der Diskussion und eine etwaige Anpassung oder Ergänzung der vom BMI erlassenen Anwendungshinweise bleiben abzuwarten. 5. Wird bei Ermessenseinbürgerungen nach § 8 StAG, welche Personen betrifft, die aufgrund der Regelungslücke des Art. 116 II keinen direkten Anspruch haben, von der Gebührenbefreiung nach § 38 Abs. 2 S. 5 StAG Gebrauch gemacht? Zu 5. Eine Gebührenbefreiung oder -ermäßigung ist in diesen Fällen bislang nicht generell erfolgt. Es erschiene allerdings folgerichtig, eine solche in Anlehnung an die Erlassregelung des BMI auch für Inlandsfälle vorzusehen. 6. Welche Maßnahmen oder Regelungen, insbesondere durch eine entsprechende Novellierung der Verwaltungsvorschriften (VAB), plant der Senat aufgrund der weiterhin bestehenden Regelungslücken in Art. 116 Abs. 2 Grundgesetz und der Erlasse des Bundesinnenministeriums vom 30.08., um landesrechtliche Spielräume bei der Einbürgerung von Nachfahren Verfolgter des Naziregimes möglichst auszuschöpfen? Zu 6. Der Senat plant keine eigenen Ausführungsbestimmungen, sondern geht davon aus, dass das BMI die bundeseinheitlichen Vorläufigen Anwendungshinweise zum Staatsangehörigkeitsgesetz zeitnah anpassen wird. Die VAB (Verfahrenshinweise der Ausländerbehörde Berlin) beinhalten keine Verfahrenshinweise für die Einbürgerungsbehörden. 7. Befürwortet der Senat angesichts der Regelungslücken der aktuellen Erlasse des BMI eine gesetzliche Änderung des Staatsangehörigkeitsrechts auf Bundesebene, um die Einbürgerungsvoraussetzungen für im Inland lebende Nachfahren Verfolgter des Naziregimes ebenso zu erleichtern wie es durch die Erlasse für im Ausland lebende Nachfahren nun geschehen ist? Zu 7. Zu der Frage, ob eine gesetzliche Regelung erforderlich ist, kann sich der Senat derzeit noch nicht positionieren. Das Ergebnis der weiteren Beratungen auf Bundesebene bleibt abzuwarten. Berlin, den 01. November 2019 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport