Drucksache 18 / 21 334 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Daniel Buchholz (SPD) vom 22. Oktober 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. Oktober 2019) zum Thema: Kritische Infrastruktur Trinkwasser (II): Was tun die Verwaltungen gegen zu wenig Straßenbrunnen für den Notfall, nicht funktionsfähige Pumpen und schlechte Wasserqualität? und Antwort vom 07. November 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. Nov. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz Herrn Abgeordneten Daniel Buchholz (SPD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/21334 vom 22. Oktober 2019 über Kritische Infrastruktur Trinkwasser (II): Was tun die Verwaltungen gegen zu wenig Straßenbrunnen für den Notfall, nicht funktionsfähige Pumpen und schlechte Wasserqualität? Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Verwaltung: Die Schriftliche Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Anfrage zukommen zu lassen und hat daher die örtlich zuständigen Bezirksämter von Berlin um Stellungnahmen gebeten, die von dort in eigener Verantwortung erstellt und dem Senat übermittelt wurden. Sie werden in der Antwort an den entsprechend gekennzeichneten Stellen wiedergegeben. Frage 1: Welchen Zwecken dienen die Berliner Straßenbrunnen (Notbrunnen) vorrangig und für wie wichtig hält der Senat diese für die Trinkwasserversorgung im Falle einer Havarie, eines Terroranschlags oder eines anhaltenden Stromausfalls? Antwort zu 1: Ein Teil der Straßenbrunnen (Notbrunnen) dient im Verteidigungsfall der Versorgung der Zivilbevölkerung mit lebensnotwendigem Bedarf an Trinkwasser. Diese Brunnen unterliegen der Zuständigkeit des Bundes (Bundesbrunnen). Die hier angefragten Notbrunnen unterliegen dem Katastrophenschutz und somit der Zuständigkeit des Landes Berlin (Landesbrunnen) und spielen eine wichtige Rolle, um im Fall einer Havarie, eines Terroranschlags oder eines anhaltenenden Stromausfalls die Trinkwasserversorgung der Berliner Zivilbevölkerung sicherzustellen. Frage 2: Wie viele Straßenbrunnen gibt es in Berlin und den einzelnen Bezirken, wie viele davon sind aktuell funktionstüchtig? Wie viele der genannten Brunnen sind jeweils Landesbrunnen als Einrichtungen des Katastrophenschutzes, wie viele sind Bundesbrunnen als Einrichtung des Zivilschutzes (bitte ebenfalls bezirksweise angeben)? 2 Frage 3: Hat es in den letzten Jahren Veränderungen bei der Brunnenanzahl gegeben (sofern möglich bitte bezirksweise angeben)? Welche Strategie verfolgt der Senat, um den Anteil funktionsfähiger Brunnen für den Notfall zu steigern? Antwort zu 2 und 3: In Berlin gibt es nach Kenntnis des Senats 2.070 Straßenbrunnen. Diese unterteilen sich in Bundesbrunnen (901 Stück, Stand 2019, Quelle: Bundesnotbrunnenbank), die gemäß des Wassersicherstellungsgesetzes (WasSG) für den Verteidigungsfall eingesetzt werden sollen, und in Landesbrunnen (1.169 Stück, Stand 2019, Quelle: FIS-Broker), die der Landesgesetzgebung zum Katastrophenschutz unterliegen. Der Senat hat für die Bundesbrunnen jährlich finanzielle Mittel beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) zur Reparatur von Brunnen beantragt und wirkt hinsichtlich der Landesbrunnen auf die zuständigen Bezirksämter des Landes Berlin ein, die erforderlichen Reparaturen im Rahmen der Globalsummenzuweisung durchzuführen. Frage 4: Wie viele funktionsfähige Notbrunnen gibt es jeweils pro Einwohner*in den einzelnen Bezirken? Bezirke Bundesbrunnen (Stand 11/ 2019) Bundesbrunnen (Stand 2009) Landesbrunnen (Stand 11/ 2019) Landesbrunnen (Stand 2009) Friedrichshain- Kreuzberg 78 77 62 60 Steglitz- Zehlendorf 61 50 173 170 Charlottenburg -Wilmersdorf 77 75 150 150 Spandau 53 40 75 76 Marzahn- Hellersdorf 112 100 19 8 Mitte 65 61 143 144 Neukölln 42 41 171 169 Pankow 104 103 20 22 Reinickendorf 58 41 150 149 Treptow- Köpenick 98 89 7 7 Tempelhof- Schöneberg 94 78 168 169 Lichtenberg 59 58 31 30 Gesamt 901 813 1.169 1.154 3 Frage 5: Gibt es eine angestrebte Zahl an Notbrunnen pro Einwohner*in, wie ist diese in anderen deutschen Großstädten? Antwort zu 4 und 5: Hierzu liegen dem Senat keine Angaben vor. Frage 6: Wie bewertet der Senat die Versorgung mit Straßenbrunnen in den einzelnen Bezirken auch vor dem Hintergrund der wachsenden Stadt? Konnte die im Februar 2017 auf meine Schriftliche Anfrage Drs. 18/10377 hin vom Senat angekündigte Bedarfs-Ermittlung für die einzelnen Bezirke mittlerweile abgeschlossen werden und wie sind die Ergebnisse? Antwort zu 6: Der vorhandene Bestand wird als nicht ausreichend bewertet. Bereits das vorliegende Konzept zur Trinkwassernotversorgung von 2009 weist einen Fehlbestand von ca. 1.000 Brunnen aus. Deren Anzahl dürfte mittlerweile um einiges höher sein. Eine Aktualisierung der Bedarfsermittlung zur Neukonzeption der Trinkwassernotversorgung hinsichtlich der Bundesbrunnen wurde durch den Senat im Jahr 2017 beantragt, jedoch bisher seitens des Bundes nicht beauftragt. Dem Senat ist bekannt, dass in den Berliner Bezirken ein hoher Bedarf bezüglich der notwendigen Reparaturen und Neubauten von Straßenbrunnen für die Jahre 2017 bis 2021 besteht. Frage 7: Bis wann sollen in welchen Bezirken wie viele neue Brunnen entstehen oder reaktiviert werden? Wie viele davon sollen Landes- und wie viele Bundesbrunnen sein? Antwort zu 7: Bereits zu dem im Jahr 2009 ermittelten Fehlbestand von ca. 1000 Bundesbrunnen ist eine ausreichende Finanzierung durch den Bund bisher nicht zugesagt worden. Die Abfrage bei den Bezirken ergab folgendes: Das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf von Berlin teilt hierzu folgendes mit: „Der Bezirk Steglitz-Zehlendorf hat Mittel aus der bezirklichen Pauschale der SIWANA V über 250.000 € angemeldet, mit denen er versucht, an Stellen mit Bevölkerungszuwachs auch einige neue Straßenbrunnen (Landesbrunnen) zu errichten. Die genaue Anzahl kann noch nicht angegeben werden. Außerdem sollen aus diesem Titel Sanierungen oder Überbohrungen alter Brunnen zur Wiederherstellung der Funktionstüchtigkeit bezahlt werden.“ Das Bezirksamt Neukölln von Berlin teilt hierzu folgendes mit: „Landesbrunnen je nach den zur Verfügung stehenden Mitteln. In den nächsten 3 Jahren 2020 bis 2023 sind bezirkliche Investitionsmittel für ca. 50 Brunnen in Höhe von 1.000.000,- Euro angemeldet worden.“ 4 Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin plant unter dem Vorbehalt ausreichender Finanzmittel die Reaktivierung von mindestens 6 Brunnen. Frage 8: Für welchen Zeitpunkt sehen die Planungen eine sichere flächendeckende Versorgung der gesamten Berliner Bevölkerung in allen Stadtteilen mit Straßenbrunnen für Notfälle vor? Antwort zu 8: Ein konkreter Zeitpunkt ist derzeit nicht absehbar. Frage 9: Aus welchen Haushaltsmitteln und –titeln erfolgt jeweils die Finanzierung des Baus, der Unterhaltung/ Wartung und der Reparatur der Straßenbrunnen? Antwort zu 9: Die Finanzierung der Bundesbrunnen erfolgt über den Bund (BBK). Die Wartung und kleinere Reparaturen der Landesbrunnen werden durch die Tiefbauämter in den einzelnen Bezirken selbst getragen. Die Finanzierung erfolgt dort aus dem Kapitel 3800, Titel 52101 (Tiefbau-Unterhaltungsmittel). Des Weiteren werden für Investitionsmaßnahmen finanzielle Mittel aus der sogenannten Investitionspauschale gewährt. Frage 10: Bei wie vielen der Straßenbrunnen nach Nr. 2) liegt eine Überschreitung der Grenzwerte für bakteriologische Verunreinigungen, bei wie vielen eine Überschreitung der Grenzwerte für chemische Verunreinigungen vor (bitte bezirksweise auflisten)? 5 Antwort zu 10: Stand: 30.10.2019 Frage 11: Bei wie vielen Brunnen würde das Wasser im Krisenfall den Mindestanforderungen an die Qualität von Notwasser entsprechen und wäre damit zur Versorgung geeignet (bitte bezirksweise angeben)? Antwort zu 11: Bezirk Anzahl der Brunnen, deren Qualität den Anforderungen für Notwasser entspricht Charlottenburg- Wilmersdorf 74 Friedrichshain- Kreuzberg 17 Lichtenberg 26 Marzahn-Hellersdorf 3 Mitte Dem Senat liegen keine Informationen vor. Neukölln 62 Pankow 75 Reinickendorf 128 Spandau 81 (Indikatorparameter Eisen und Mangan nicht berücksichtigt) Steglitz-Zehlendorf 62 Tempelhof-Schöneberg 59 Treptow-Köpenick 37 Stand: 30.10.2019 Bezirk Anzahl Landesbrunnen mit chemischen Verunreinigungen Anzahl Landesbrunnen mit bakteriologischen Verunreinigungen Anzahl Bundesbrunnen mit chemischen Verunreinigungen Anzahl Bundesbrunnen mit bakteriologischen Verunreinigungen Charlottenburg- Wilmersdorf 69 20 32 20 Friedrichshain- Kreuzberg 53 6 68 13 Lichtenberg 13 31 22 47 Marzahn- Hellersdorf 13 24 0 4 Mitte 91 33 47 17 Neukölln 57 4 23 3 Pankow 4 4 23 23 Reinickendorf 36 4 9 12 Spandau 4 4 16 6 Steglitz- Zehlendorf 30 12 14 4 Tempelhof- Schöneberg 104 43 57 19 Treptow- Köpenick 2 2 45 26 6 Die Angaben der Tabelle enthalten mitunter Brunnen mit mikrobiologischer Belastung, deren Wasser durch die Zugabe von Trinkwasserdesinfektionstabletten als Notwasser nutzbar gemacht werden kann. Frage 12: Auf welche Weise kann die Qualität des geförderten Wassers in Bezug auf bakteriologische und chemische Beeinträchtigungen betroffener Brunnen so verbessert werden, dass es in einer Notsituation verwendet werden kann? Antwort zu 12.: Die Förderwasserqualität weist an einigen Standorten teilweise natürlich bedingte sowie teilweise anthropogen bedingte bakteriologische oder chemische Verunreinigungen auf, die durch brunnenseitige Anpassungen nicht veränderbar sind. Das Wassersicherstellungsgesetz sieht daher vor, dass das Förderwasser vor dessen Genuss grundsätzlich mittels des Einsatzes von Chlortabletten von einer etwaigen bakteriologischen Belastung zu befreien ist. Chemischen Belastungen des Förderwassers kann demgegenüber nur eingeschränkt begegnet werden. Die die Verunreinigung häufig verursachenden Boden- oder Grundwasserverunreinigungen müssten durch umfassende Sanierungsmaßnahmen beseitigt werden. Die zulässigen Grenzwerte liegen deshalb für die Notfallbrunnen deutlich oberhalb der Grenzwerte für die öffentliche Trinkwasserversorgung. Sollten auch diese höheren Grenzwerte im konkreten Einzelfall überschritten werden, so muss das jeweils zuständige Bezirksamt über eine mögliche (temporäre) Schließung von Brunnen entscheiden. Berlin, den 07.11.2019 In Vertretung Stefan Tidow Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz